Vergangenen Samstag fand der sogenannte „Marsch für das Leben“ statt, der wie bereits in den Jahren zuvor vom „Bundesverband Lebensrecht“ (BVL) organisiert wurde. Rund 1000 – nach eigenen Angaben 2200 – christlich-fundamentale Abtreibungsgegner_innen zogen in einem Schweigemarsch mit weißen Kreuzen durch Berlin Mitte bis zu ihrem Gottesdienst in der St. Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz und trafen auf mehrere hundert Gegendemonstrant_innen, die unter dem Motto „1000 Kreuze in die Spree – Gegen christlichen Fundamentalismus“ für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen demonstrierten.
Bunt und laut waren die Aktivist_innen, so die junge Welt:
Sie warfen Konfetti, riefen Parolen und schwenkten Dildos sowie aufgeblasene Kondome. Bei der Ausgabe der Kreuze kam es zu absurden Szenen: Auch hier hatten sich Feministinnen und Antifaschisten unter die Abtreibungsgegner gemischt.
Die taz verrät, welche Politiker und Politikerinnen Grußworte an die Abtreibungsgegner_innen schickten:
Grußworte hatten etwa die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Maria Böhmer (CDU), die Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dorothee Bär, und deren Fraktionschef Volker Kauder geschickt. „In unserer Gesellschaft schwindet das Bewusstsein für das moralische Gewicht einer Abtreibung und anderer Angriffe auf das Leben“, ließ Kauder denen ausrichten, die dem Aufruf des Bundesverbands Lebensrecht gefolgt und aus ganz Deutschland angereist waren.
Keine Überraschung: Die Unterstützung kommt überwiegend aus der (rechts)konservativen Ecke. Kaum verwunderlich, dass auch in diesem Jahr nach dem Gottesdienst Exemplare der rechtskonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit verteilt wurden.
Die Gegendemonstrant_innen selbst ziehen eine positive Bilanz:
„Der Protest gegen den 1000 Kreuze Marsch hat sich etabliert“, so Joanna Doe. „Konnten vor einigen Jahren christliche Fundamentalistinnen und Fundamentalisten in Berlin noch relativ ungestört ihre antimodernen Gesellschafts- und Menschenvorstellungen verbreiten und über Lobbyarbeit versuchen, diese auch in Gesetzesform gesellschaftlich relevant werden zu lassen, ist ihnen das nicht mehr möglich. Insoweit sehen wir es als Erfolg an, dass sie dies nicht mehr ungestört können, sondern unter beständiger Beobachtung stehen. Sie können nicht mehr einfach ihre antifeministischen, homophoben und nationalistischen Vorstellungen unwidersprochen äußern.“
Fotos gibt es auf flickr, noch mal flickr, bei Andreas Domma und just.ekosystem.
Würde ich in Berlin wohnen, wär ich auch gekommen. Aber von Brüssel ist es etwas weit… :(. Vielen Dank an alle, die bei der Gegendemo mitgemacht haben!
Ein Video von der Demo: klick!
Bei den ganzen tollen, lustigen Sprüchen und dem kreativen Protest der Gegendemonstrant_innen kann mensch nur sagen: Chapeau! Super Sache =)
Berlin, Berlin, warum ist alles nur in Berlin? :-) Aber der Widerstand freut mich natürlich.
Der Zusammenhang zwischen Abtreibungsgegner_innen und Faschismus war mir gar nicht bewußt bisher. Gibt´s dazu empfehlenswerte objektive weiterführende Literatur?
„Feministinnen und Antifaschisten“
Fast schon drollig: Bei der jW beißt sich das generische Maskulinum in den Schwanz…
@Maja, auf was beziehst du dich genau? Meinst du die Nähe von Abtreibungsgegner_innen zu rechten und konservativen Ideologien? Falls ja, kann ich morgen mal sehen, was ich dazu finde.
Hey
Ich bin christlich, links und verstehe mich selbst als Feministin. Und trotzdem finde ich sowohl den Schweigemarsch als auch die Gegendemonstration falsch und beide Seiten fürchertlich einseitig. Was ist denn bitte so falsch daran sich beraten lassen zu müssen bevor eine Abtreibung vorgenommen werden kann? Und wieso reicht es nicht dieses innerhalb der ersten drei Monate tun zu können. Natürlich gibt es viele Fälle indenen Abtreibungen gerechtfertigt sind, aber es gibt auch viele Fälle indenen eben dies nicht der Fall ist. Grundsätzlich sollte doch gelten, wer vögeln kann muss auch Verantwortung übernehmen können. Und eine Abtreibung als einen normalen medizinischen Eingriff zu betrachten der jederzeit vorgenommen werden kann, weil eine Frau dies möchte, halte ich auch für extrem schwierig. Ich hätte Angst, dass Abtreibung dadurch zu einer Art Ersatzverhütung verkommt.
@ MeA
Magst Du mit Deinen Fragen vielleicht in den Thread zum Artikel „Abtreibungen dürfen nicht tabuisiert werden“ rüberkommen?
http://maedchenmannschaft.net/abtreibungen-duerfen-nicht-tabuisiert-werden/
Da diskutieren ein paar Leute nämlich schon seit mehreren Beiträgen Dinge, die zu Deinem Beitrag eher passen, als dieser Thread glaub ich. Ich würd Dir auch gern was antworten, aber mach das „drüben“, ja? Dann splittet sich die Diskussion nicht so auf.
In München fand die Demo schon im Mai statt. Trotz Regens wurde auch hier eine (kleine) Gegendemo veranstaltet. Kurzes Video hier: http://www.youtube.com/watch?v=qrt19xgjhRQ