In der Serie „Icons of the Decade“ des guardian.co.uk krönte Naomi Wolf, Politikberaterin und Autorin von The Beauty Myth, ihre feministische Ikone des letzten Jahrzehnts. Und diese ist nicht etwa Susan Sontag. Oder Beth Ditto. Oder Ellen Degeneres, die gerade von PETA zur Frau des Jahres gekürt wurde. (Diese Liste darf beliebig erweitert werden.)
Wolf wählt die Hauptfigur von Sex and the City, Carrie Bradshaw, die sie als „erste popkulturelle Philosophin“ beschreibt, deren sexuelle Freizügigkeit und ihre Fähigkeit, offen über ihre Wünsche und Sehnsüchte zu sprechen eine „Revolution“ darstelle.
Ähm, gut.
Das offene und schonungslose Ausleben der eigenen Sexualität in allen Ehren, aber ist eine Sex in the City Darstellerin, die sich in ihrer Freizeit primär mit Shopping und der Suche nach dem Richtigen beschäftigt, wirklich das beispielhafteste, was der Feminismus – ob politisch, popkulturell und/oder theoretischer Natur – hervorgebracht hat?
Nichts gegen Mode, Romantik oder eine gute Lästerei. Die Darstellerinnen von Sex and the City haben sicherlich mit dem Vorurteil der passiven Mauerblümchen aufgeräumt und gezeigt, dass auch Frauen sexuell freizügig und manchmal schonungslos und gemein sein können. Aber bevor mir die Damen dieser Serie in den Sinn kommen, fallen mir locker zehn andere Namen ein.
Eine interessantere Liste von popkulturellen feministische Ikonen gefällig? Dann checkt mal die Decade in Feminist Pop Culture vom Bitch Magazine aus.
Das halte ich auch für einen schonungslosen Fehlgriff!
Gerade Sex and the City schaffen neue Normen, was Aussehen, Körperpflege, Look und eben auch Sexualität belangt. Interesse für Politik, Geschichte, Gesellschaftliches legt keine der Figuren an den Tag. Sie sind recht wohlhabende Cosmopolitinnen, die all ihr Geld und ihre Energie in ihren Lifestyle pumpen. Und das in der Form, wie gängige Frauenzeitschriften uns weiß machen wollen, dass es das erstrebenswerte Ideal ist – was wir jedoch aus beruflichen und finanziellen Gründen auch beim Bestreben danach garnicht umsetzen könnten.
Der Mr. Right, der gesucht wird selbst ist stehts wohlhabend. Das Finden dieses Mannes ist die Antwort auf die Sinnsuche dieser Frauen.
Was ist daran bitte feministisch erstrebenswert?
Schuhe und der richtige Mann, so ist es eben, wenn Frauen könnten, wie sie wollten, und nicht von der Gesellschaft zu dieser komischen Selbstverwirklichung getrieben würden. Habs ja schon immer gewusst. (urgs)
Und Sarah Jessica Parker ist ja jetzt auch keine derartige Vorzeigefeministin, dass man ihre große Rolle als Stellvertreterin nehmen müsste. Carrie war ohnehin die schlimmste von den vieren.
Und was „Miss“ Nocturne sagt :)
steile these von mir: vielleicht ist die wahl doch nicht so schlecht.
stellen wir uns vor, das satc (mit der begründung von naomi wolf) die basis aller frauen sein kann.
ergänzung: vielleicht nicht feministische ikonen genannt, sondern eher frauen-ikonen.
satc war lange meine lieblingsserie, weil ich es bahnbrechend fand, wie dort das thema frau verhandelt wurde. zum ersten mal im fernsehen und zum ersten mal für den mainstream, imo.
Naja.
Männliche Hauptpersonen in Sitcoms haben auch eher einseitige Interessen (Sex, Sport).
In SATC haben die weiblichen Protagonistinnen zumindest Alibi-Jobs. Es geht nicht nur um die Suche nach dem richtigen, sondern oft auch um die Vorteile des Single-Daseins, besser gute Freundinnen als schlechte Beziehungen usw.. Familienleben wiederum wird oft als konfliktlastig, nicht als harmonisch dargestellt.
Sicher gibt es vorzeigbarere feministische Ikonen, inklusive politischem/sozialen Engagement. Aber SATC erreicht(e) Frauen, von denen Susan Sontag als Zielgruppe nur träumen kann.
Spannend wäre, wie Susane Sontag Naomi Wolfs Wahl bewerten würde…
@ Mademoiselle Nocturne
Dass Mr. Right in SATC vor allem auf wohlhabenden Füßen stehen muss, sehe ich nicht. Miranda und Steve sind zum Beispiel ein Paar, wo sie die erfoglreiche Anwältin und er der „mittellose“ Barkeeper ist – ein Konflikt, der ja auch durchaus thematisiert wird- Übrigens genauso wie Carries Erfolg als Autorin ihrem Kurzzeitfreund Jack Berger sein mickriges Selbstbewusstsein ankratzt.
Was ich an SATC feministisch einwandfrei finde, ist Miranda während ihrer Schwangerschaft und als Mutter – auch, weil ihre Schwangerschafts-Oberschenkel nach der Geburt wie selbstverständlich gezeigt und mit in die Rolle eingebaut werden. Von wegen, die müssen alle nur top dünn sein…
Ich glaube, daß die Serie eine ungute Entwicklung durchgemacht hat, die mit dem zweiten Film im Mai ihren bisherigen Abschluß findet. Die erste Folge ist noch fast eins zu eins aus dem Buch übernommen, die ersten Folgen bringen das weibliche Singleleben in den 90ern in NYC auf einen neuen Nenner. Danach wurde die Serie zunehmend unerträglich. Aber man darf das vermutlich auch nicht ohne den Kontext der USA in den Bush-Jahren sehen, in denen die USA im Mainstream auseinander gerückt sind. Heute sind GLEE und Glen Beck Publikumserfolge auf zwei Kanälen des gleichen Medienkonzerns. SATC hat dem schon früh durch eine deutliche Entpolitisierung der Aussagen Rechnung getragen – wie heißt es im neuen Trailer: The Friendship, The Fashion. Genau. Bla, bla, bla.
Was die feministische Ikonen Sache betrifft. Für den Mainstream ist die offen zur Schau gestellte selbstbewußte weibliche Sexualität sicher eine Botschaft, die so in den späten Neunzigern neu war. Das Problem sehe ich daher weniger in der generellen Rezeption der Serie, sondern in der Reaktion nicht weniger Feministinnen in dem Zusammenhang – erinnert alles ein wenig an das lustige Aufeinandertreffen von Alice Schwarzer und Verona Pooth vor neun Jahren.
irgendwie kommt es ein bisschen seltsam rüber, sex and the city verbinde ich sicher nicht zuallererst mit feminismus. andererseits liebäugele ich duchaus mit der „steilen these“ von @lantzschi: warum irgendwie eigentlich nicht.
es stimmt, dass durch satc zum ersten mal sexuelle selbstbestimmung von frauen für die breite masse zu haben war, und ich bin sicher, dass die serie staffel für staffel auch eindruck gemacht hat.
dann kommt natürlich das ganze geshoppe und cosmopolitan-/sektgesaufe und schminke und high heels und heiße typen und der ein oder andere mittelmäßige dialog. trotzdem handelt es sich um positivbeispiele ohne weibchenklischee, starke frauen trotz all ihrer widersprüche. und vielleicht sollte man diese intelligent verpackte sexuelle emanzipationsgeschichte (schon allein aufgrund ihres wirkungsgrads durch die enorme anhängerInnenschaft) auch mal honorieren.
Sicher ist die Serie nicht das Aushängeschild für den Feminismus schlechthin, von der Konsumfixiertheit ganz zu schweigen.
Aber für mich gab es so viele erhellende Momente.
Erinnert ihr euch an die Folge, wo Miranda zu einer Hochzeit eine Plus one-Einladung bekommt und kein Date hat, das sie mitbringen könnte? Da macht sie kurz entschlossen beim Speed-Dating mit. Dort teilen sich zu Anfang gleich alle mit, was sie beruflich machen. Immer wenn Miranda von ihrer erfolgreichen Anwaltskarriere erzählt, schaltet ihr Gegenüber ab. Beim dritten oder vierten erfolglosen Versuch behauptet sie, sie sei Stewardess. Und schon kann sie sich vor Männern kaum retten!
Solche Szenen gibt es immer wieder und für solche Augenöffner-Momente lieb ich die Serie!
Die ersten Folgen SATC fand ich damals recht gelungen und fand die Frauen ziemlich cool.
Im Lauf der Serie sind die Ladies aber immer mehr zu kleinen Weibchen verkommen, außer Samantha,
die dafür zur Strafe Brustkrebs bekommen hat.