Ostdeutschland, kurz nach der Wende. In einer thüringischen Kleinstadt treffen sich auf dem Marktplatz Nazis und Punker. Die Läden sind seit wenigen Jahren gut gefüllt, die Geldbörsen weniger. Das ist das Setting von Katrin Franks aktuellem Coming of Age Roman „Knutschpogo – verliebt bis in die Haarspitzen“, der kürzlich im Ylva Verlag erschienen ist und die Geschichte von Alexa, kurz Lexi, erzählt. Die Figuren erscheinen zuerst klassisch: Wir lernen eine alleinerziehende Mutter und einen schnauzbärtigen Polizisten – ein „Schreibtischbulle“ – kennen, der um die Mutter wirbt, während die vierzehnjährige Lexi meist nur genervt ist und genug zu tun hat mit den alltäglichen Herausforderungen eines Teenagers.
Die Geschichte, die sich entwickelt, ist allerdings weniger klassisch, sondern eine, von denen es im deutschsprachigen Raum viel zu wenige gibt: Die androgyne Lexi freundet sich mit den Punks des Ortes an und verknallt sich in die Punkerin Rosa, die in ihre Nebenklasse geht. Lexis beste Freundin, Janine, hat einen ausgeprägten Jesus-Spleen, den Lexi ziemlich unheimlich findet. Während die besten Freundinnen sich voneinander entfernen, verbringt Lexi immer mehr Zeit mit den Punks, allen voran: Rosa. Es beginnt eine aufregende und angsteinflößende Reise voll mit Dosenbier, Punkkonzerten, ersten Zärtlichkeiten, mackernden Typen-Punks und pöbelnden, gewalttätigen Nazis, die mitten in der Innenstadt ein Tattoostudio eröffnen wollen. Das können Lexi und ihre neuen FreundInnen natürlich so nicht hinnehmen und hecken einen wirklich guten Plan aus, der Lexi mit Janine und zumindest ansatzweise auch mit dem „Bullen“ versöhnt.
Obwohl die Geschichte in der Nachwendezeit spielt, könnte sie nicht aktueller sein: Die ProtagonistInnen erkennen die Gefahr der Nazis, die sich mitten in der Stadt breit machen, und möchten unbedingt etwas dagegen unternehmen. Vielleicht könnten sich auch so manche Erwachsene, die rassistische Einstellungen in Zeiten der AfD als bloße „Meinungsfreiheit“ deklarieren, davon eine Scheibe abschneiden.
Die eigentliche Geschichte dreht sich aber um Freundinnenschaft und die erste Liebe von Lexi. Es ist eine herzerwärmende, aber nicht kitschige Romanze, die Heteronormativität und Homofeindlichkeit zwar nicht ausblendet, aber auch nicht zentriert. Das ist erfrischend, weil Begehren einfach existieren kann und nicht einen langen Rattenschwanz an Problemen und Selbstzweifeln nach sich zieht. Berührend ist auch, dass Freundinnenschaft der Romanze nicht untergeordnet ist und komplex behandelt wird, in dem zwei oder mehr Menschen lernen, miteinander zu streiten, Kompromisse einzugehen und sich zu versöhnen.
Katrin Frank hat damit ein Jugendbuch geschrieben, das mehrere Handlungsstränge und sozial-politische Themen miteinander verbindet und in einer einfachen, realitätsnahen Art und Weise erzählt. Es ist ein Buch nicht nur für Ossis, Queers und Punks – und auch nicht nur für jüngere Leser*innen.