„Die Hälfte der Macht – Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern“

Ein Blickfang: Das Doppelplakat "Frauen nach Oben" (Quelle: Gruene.de)

Ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl (PDF, 1.247 KB) haben die Grünen „Der Grüne Neue Gesellschaftsvertrag“ genannt. Zentrale Themen: „Klima, Arbeit, Gerechtigkeit, Freiheit.“ Wir haben geschaut, ob und in wie weit die Grünen sich den Themen Geschlechterdemokratie und Feminismus gewidmet haben.

In der Präambel

„Ohne eine Politik der Teilhabe an Bildung, Arbeit, Gesundheit und Einkommen bleibt Freiheit für viele ein leeres Versprechen. Deshalb wollen wir eine durchlässige Gesellschaft, in der die sozialen Blockaden aufgesprengt sind und niemand ausgeschlossen wird. Deshalb streiten wir für öffentliche Institutionen, die diese Teilhabe ermöglichen – für bessere Kindertagesstätten, für bessere Schulen, für bessere Arbeit, für ein besseres Gesundheitssystem und bessere Löhne für Geringverdienende sowie gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Deshalb verbinden wir Verteilungsgerechtigkeit mit Teilhabegerechtigkeit, Generationengerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit und globaler Gerechtigkeit.“

Das Wort Geschlechtergerechtigkeit, zieht sich wie ein roter Faden durch das Wahlprogramm und taucht an verschiedenen Stellen auf: Eine Grüne Marktwirtschaft etwa sei „ökologisch verträglich, wirtschaftlich vernünftig, sozial und geschlechtergerecht“.

Im Kapitel zur Wirtschaftspolitik:

„Ein gesetzlicher Mindestlohn ist zudem ein wichtiger Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit, weil vor allem Frauen von Niedriglöhnen betroffen sind.“

Im Kapitel zur Gesundheitspolitik

„Ursachen und Auswirkungen von Erkrankungen sind bei Frauen und Männern unterschiedlich, ebenso die Bewertungen von Krankheitserscheinungen und der Umgang mit Krankheit. Eine geschlechtergerechte Gesundheits- und Pharmaforschung steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Wir GRÜNE fordern auch in diesem Bereich eine konsequente Politik, die den spezifischen Bedürfnissen von Frauen und Männern gerecht wird.“

Im Kapitel zur Demokratie

„Mehr Demokratie zu wagen, heißt für uns, Geschlechterdemokratie zu verwirklichen. Im Bundestag liegt der Frauenanteil bei gerade einmal 32 Prozent, in den Kommunen und Landtagen allerdings erheblich niedriger. Die grüne Frauenquote ist eine Erfolgsgeschichte – und doch bleibt noch viel zu tun. Mehr Demokratie zu wagen, heißt, der multikulturellen Vielfalt Rechnung zu tragen. Demokratie braucht wechselseitige Anerkennung von Unterschiedlichkeit ebenso wie die gemeinsame Anerkennung von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat. Eine Demokratie ist dann stark, wenn Frauen und Männer gleichermaßen in ihren Parlamenten vertreten sind. Wir werden uns dafür einsetzen, analog dem französischen Paritätsgesetz Grundlagen dafür zu schaffen, damit mehr Frauen in den Parlamenten vertreten sind.“

Das Kapitel zur Geschlechtergerechtigkeit
Doch damit nicht genug: Die Grünen widmen darüber hinaus ein ganzes Kapitel dem Thema „Die Hälfte der Macht – Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern“. Vielleicht können wir uns sogar alle angesprochen fühlen, wenn sie schreiben:

„Eine junge Frauengeneration hat den Feminismus selbstbewusst für sich reklamiert. […] Junge Frauen wollen Beruf und Kinder, ohne dabei in eine finanzielle Abhängigkeit zu geraten – sei es vom Ehemann, von der Partnerin oder dem Partner oder vom Staat. Wir brauchen einen Feminismus für die neue Zeit, der solidarisch und generationenübergreifend ist. Verbündete kann dabei eine neue Männergeneration sein, aufgewachsen mit erwerbstätigen Müttern und gut ausgebildeten Schwestern, die Gleichberechtigung im Alltag bereits erlebt hat.“

Zentrale Forderungen des Gleichstellungsteils:
– ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft,mit Personalentwicklungsplänen und klaren Zielvorgaben für Einstellung, Qualifizierung und Beurteilung
50 % Frauen in die Aufsichtsräte
– Erhöhung des Migrantinnenanteils im Öffentlichen Dienst
– Bestehende negative Erwerbsanreize wie das Ehegattensplitting, die Steuerklassen III und V, die Subventionierung von Minijobs oder die kostenfreie Mitversicherung von Ehegattinnen und -gatten abschaffen
Abschaffung der partnerabhängigen Leistungsberechnung im Falle von Langzeitsarbeitslosigkeit
– Arbeitsrechtliche Mindeststandards in der Prostitution
Bleiberecht für Frauen, die Opfer von Zwangsprostitution und Frauenhandel werden
Abschaffung der Pflichtberatung bei Schwangerschaftsabbrüchen
– Durchsetzung von Gender Mainstreaming und Budgeting in der Politik
– Mehr Forschung auf dem Gebiet der Männerrechte, beispielsweise wie stark die Ausprägungen der Gewalt sind, die gegen Männer verübt wird.
– Mehr Fokus auf die Jungen und ihre Bildungsnachteile
– geschlechtersensible Erziehungseinrichtungen
– mehr Männer in Kitas und Grundschulen

Das Kapitel zur Außen- und Friedenspolitik

„Ohne Geschlechtergerechtigkeit gibt es keinen Frieden Der Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen messen wir eine hohe Priorität zu. Frauen tragen weltweit wesentlich zur Verhinderung von gewalttätigen Auseinandersetzungen und zur Konfliktbewältigung bei, sie sind Schlüsselakteurinnen für den Wiederaufbau und haben eine zentrale Rolle für die Versöhnungsarbeit. Frauen sind aber auch die Hauptleidtragenden gewaltsam ausgetragener Konflikte. In Kriegen wie im Kongo oder in Darfur sind Frauen und Mädchen systematisch Massenvergewaltigungen ausgesetzt. Sexualisierte Gewalt wird als Kriegswaffe eingesetzt. Ohne Frauen auf allen Ebenen und in allen Fragen der Krisenprävention und Konfliktbewältigung einzubeziehen, ist kein Frieden zu machen. […] Wir setzen uns dafür ein, dass geschlechtersensible Ansätze in der Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik umgesetzt werden. Für die Gestaltung einer geschlechtergerechten Außen- und Sicherheitspolitik wollen wir einen nationalen Aktionsplan und Monitoringstellen auf nationaler und auf internationaler Ebene institutionalisieren. Wir brauchen dringend eine Aufwertung des UN-Frauenrechtskonventionsausschusses und seiner Instrumente.“

Was nicht drin ist:
Leider hat die Idee für ein neues solidarisches Zusammenleben von Menschen jenseits der Ehe auf dem Programm-Parteitag der Grünen keine Zustimmung finden können. Genauso wurde eine Informationspflicht der Standesämter über das neue Unterhaltsgesetz bei der Eheschließung abgelehnt.

37 Kommentare zu „„Die Hälfte der Macht – Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern“

  1. Wer glaubt dem Wolf, wenn er dem Schaf verspricht, dass er ihm nur beim Grasen zusehen will?
    Der-/Diejenige glaubt auch den Grünen!
    Sobald sie an der Regierung sind, sind alle Grundsätze über Bord.
    Danach wird dann auf den Missständen, die man selbst verursacht hat, rumgeritten. Sobald wieder an der Regierung, wird das ganze wieder nicht mehr interessant sein.
    Die Grünen sind die größte Mogelpackung jenseits der Linken, beide Parteien brechen so gnadenlos mit ihren Grundsätzen, wenn sie regieren, dass man sich nur noch an den Kopf fassen kann. Sie sind eine Partei von Charakterfratzen und Heuchlern, wundert mich, dass die aufrecht gehen können (Rückgrat und so).

  2. Das Programm erscheint mir sinnvoll, ich frage mich nur was aus der Abtreibungsdebatte geworden ist. Werder wurde sie von den Grünen erwähnt, noch in dem von Kathrin zugefügten „was nicht drin ist“.
    Dies finde ich sehr schade, da ich denke, dass Frauen mit dem §218, so wie er derzeit im Strafgesetzbuch steht, nicht zufrieden sein können.
    Leider will dieses ungemütliche Thema, aber niemand mehr ansprechen, vor allem die etablierten Volksparteien.

  3. Gute Idee übrigens, hier die Wahlprogramme aus feministischer Sicht vorzustellen. Eine Frage dazu: Katrin hat hier jetzt das Grüne Programm vorgestellt. Sie ist ja selbst bei den Grünen aktiv. Ist das bei den Vorstellungen der anderen Parteien auch so, dass sie vorgestellt werden von jemandem, der die jeweilige Partei selbst unterstützt?

  4. @ Johannes: Nein. Die Wahl, wer welches Programm vorstellt, ging eher nach dem Prinzip „Eene meene Muh“. Aber da Katrin das Wahlprogramm der Grünen gut kennt, war es auch sinnvoll, dass sie es vorstellt.

  5. @access denied: Ich bin nicht mit allem einverstanden, was die Grünen jemals gemacht haben. Aber auch bei den Grünen haben wir eben keine Gleichschaltung, sprich, es gibt unterschiedliche Meinungen. Was wir den Grünen während ihrer Regierungszeit aber definitiv zu verdanken haben, ist z.B. der Atomausstieg. Dass die gegenwärtige Regierung den verwässert, ist nicht die Schuld der Grünen. Außerdem hat Renate Künast im Verbraucherschutz eine Menge rumgerissen. Und die Grünen haben den Klimaschutz nicht erst entdeckt, seit der Spiegel drüber schreibt.

    Ich habe den Eindruck, von den Grünen erwarten die Wähler einfach ein höheres moralisches Niveau, und sind umso enttäuschter, wenn das mal nicht erreicht wird. Aber dass es erwartet wird, das spricht doch schon mal für sich. Von der FDP würde ich sowas wie Moral nie erwarten. Ich wähle auf jeden Fall wieder Grün.

  6. @Katharina

    Ich habe den Eindruck, von den Grünen erwarten die Wähler einfach ein höheres moralisches Niveau, und sind umso enttäuschter, wenn das mal nicht erreicht wird. Aber dass es erwartet wird, das spricht doch schon mal für sich. Von der FDP würde ich sowas wie Moral nie erwarten.

    Das liegt wohl daran, dass die Grünen oft als Moralprediger auftreten und versuchen die Menschen mit dem moralsichen Zeigefinger und manchmal auch „mit Arschtritten“ umzuerziehen. Das macht die FDP halt gar nicht. Die machen den Menschen gar keine moralischen Vorschriften, was richtig ist und was falsch und haben vielleicht deshalb auch den Vorteil, dass sie sich nicht an moralischen Grundsätzen messen lassen müssen.

    Wobei das auch nicht so ganz stimmt. Die FDP wird wahrscheinlich viel Schelte von enttäuschten Wählern bekommen, wenn sie in Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU ihre Grundsätze zu Bürgerrechtsfragen aufweicht oder über Bord wirft.

    @Susanne: Danke für die Erklärung.

  7. Liebe Grüne,

    alles nett und schön, bei dem restlichen Geschlechtergerechtigkeitsprogramm bin ich dabei, aber

    – ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft,mit Personalentwicklungsplänen und klaren Zielvorgaben für Einstellung, Qualifizierung und Beurteilung
    – 50 % Frauen in die Aufsichtsräte

    geht einfach gar nicht. Die Grünen und auch die SPD bekommen immer mal wieder quasi-totalitäre Anfälle, die sie einfach unwählbar machen. Leider. Denn es gibt soviel bei ihnen, das ich gut finde, gerade in diesem Bereich – andererseits gibt es da halt auch das Grüne Frauenstatut, das schlicht und ergreifend die einzige formale geschlechtliche Diskriminierung in der deutschen Politik darstellt. Geht gar nicht. Sorry. Ich bin Pirat.

  8. @jj: Schön auf den Punkt gebracht. Erst wenn diese beiden Punkte aus dem Grünen Programm bzw. Statut gestrichen sind, werde ich überlegen, wieder grün zu wählen. Solange wähle ich gelb. Da fühle ich mich irgendwie akzeptiert, so wie ich bin, und nicht so einem ständigen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, wie im Prinzip bei allen anderen Parteien.

    Ich nehme mir jetzt das Grüne und das Gelbe Programm mit in den Zug und lese mal.

  9. Schon lustig, kaum gehts um die „Wirtschaft“, schreien alle totalitär…
    ideologisiert bis zur Hutkrempe.

    @Katharina
    Der Atomausstieg wurde doch absichtlich so gestaltet, damit man lange genug Zeit hat, ihn zu verwässern. Keine Leistung. Und auch sonst waren die 8 Jahre rot-grün die Jahre der Selbstverpflichtungen, weil man sich nicht traute, jm. an den Karren zu fahren. Was konsequenterweise die Folge hatte, dass alle selbstverpflichteten Ziele nicht erfüllt wurden, sondern sich die Zustände teilweise verschlimmerten.
    Wie gesagt, Grüne: das trojanische Pferd.

  10. @access denied
    Ich kann das alles nicht mehr hören!
    1) JEDE Partei, die schon einmal an der Regierung war, hat angeblich seine Wähler verraten. Man kann sich die Zeiten, in denen man regiert, nun mal leider nicht aussuchen. Man darf nicht erwarten, dass eine Partei immer 100% ihr Programm durchsetzen kann. Für manches muss die Zeit reif sein – und die äußeren Umstände!
    2) Außerdem sind es auch immer KOALITIONEN. Also gilt es auch hier zu differenzieren.
    3) Wie schon erwähnt gibt es nicht „DIE“ Partei. Parteien setzen sich aus Ihren Mitgliedern zusammen, die – dem Rechtsstaat sei dank – alle Ihre Meinung haben/äußern dürfen. Allgemeine Richtschnur sollte das zusammen verabschiedete Wahlprogramm sein. Aber dies wurde durch Mehrheiten bestimmt und so sind NIE alle Parteimitglieder damit 100%ig zufrieden.
    …ud somit erst Recht nicht alle (potenziellen) Wähler.

    Fazit: Ich wähle Grün. Alles andere ist ökologischer Sicht unverantwortlich.

  11. access denied,

    Irrtum. Es geht hier um die Frage, ob und inwieweit der/die Einzelne seine/ihre Vertragsfreiheit zugunsten politischer Ziele aufgeben muß. Es geht um das Verhältnis von Bürgern untereinander und nicht das Verhältnis von Bürgern zum Staat oder dessen Institutionen untereinander. Ich kann es als problematisch ansehen, wenn der Souverän in den staatlichen Institutionen nicht sinnvoll repräsentiert wird und daher unter Umständen auch positive Diskriminierung akzeptieren. Aber die Übertragung dieses Gedankens auf die Privatsphäre ist halt (selbst über die Generalklauseln des BGB) extrem problematisch. Sowas EXPLIZIT als Gesetz anzugehen ist daher sehr wohl, überspitzt formuliert, ein quasi-totalitäres Unterfangen.

  12. Am Rande – das hier –

    „- Arbeitsrechtliche Mindeststandards in der Prostitution“

    finde ich ist genau der richtige Weg um Sicherheit und Selbstbestimmung so weit es geht zu garantieren. Ein „Sicher, Sauber und Selbstbestimmt“-Siegel und ISO-Zertifizierung vom „TÜV“ oder so mit jährlicher Überprüfung wie bei Michelin-Sternen wäre sicher ein cooles Differenzierungsmerkmal für Bordelle und Escort-Agenturen. Würde auch helfen, die Branche aus der Schmuddelecke rauszuholen und damit diejenigen Gestalten zu entfernen, die das Tageslicht eher scheuen.

  13. @Marie: Du sollst es ja auch nur lesen, nicht hören.
    Fakt ist nunmal, die Sozialdemokraten haben ihre Ideale noch nie Ernst genommen und das ist seit über 100 Jahren bekannt. Nur keine deutsche Partei hat ihre Grundsätze jemals derart über den Haufen geworfen wie die Grünen. Die haben alles gemacht, gegen was sie angeblich mal angetreten sind! Und es ist armselig, mit angeblichen, von Menschen gemachten Sachzwängen das entschuldigen zu wollen. Das wiederum kann ich nicht mehr lesen, dieser Persilschein war noch nie wahr.

    @JJ: dieser angeblich private Bereich war noch nie privat, sondern immer Wirklichkeit der Gesellschaft. Schlimm genug, dass sich die gesellschaftlich wichtigen Produktionsmittel nach wie vor in privater Hand befinden und der Warenförmigkeit unterliegen, es ist auch noch armselig, die Ökonomie als die einzige Beziehung zwischen den Bürgern zu sehen und genau der Zustand, der abgeschafft gehört. Und solange dies nicht gewährleistet ist, ist jede, aber auch wirklich jede Maßnahme, die ökonomomischen Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen auszugleichen, wenn auch nur auf Basis der allgemeinen Irrationalität. Und es ist völlig belanglos, was BDI und Arbeitgeberverband dazu zu sagen haben.

  14. „Wir sind konservativ, liberal und links.“ Wählt HSP, wählt alles, denn es ist von allem zuwenig! Horst Schlämmer Partei ist unser Weg und unser Ziel!

    Alles einerlei- speziell vor den Wahlen.

  15. Und da hier am Rande auch noch die SPD erwähnt worden ist, ein Zitat, dass es buchstäblich in sich hat:

    „Ich halte Vodafone für authentischer als die SPD.“

    So ein Kommentator auf Freitag.de zum Thema Sascha Lobo und die mit ihm landesweit geschalteten TV-Spots. Da hat einer in einem einzigen Hauptsatz den ganzen Zeitgeist gegenüber der Politik brilliant auf den Punkt gebracht- und zwar auf allerhöchstem Niveau!

    Gibt es in Deutschland eigentlich auch so etwas wie die Grünliberalen?

  16. access denied,

    „Und es ist völlig belanglos, was BDI und Arbeitgeberverband dazu zu sagen haben.“

    Korrekt. Allerdings sind das auch nicht die relevanten philosophischen Größen. Du interpretierst übrigens ein ganzes Stück zuviel in meine Aussagen hinein. Dennoch – ohne Privatautonomie gibt es nichts mehr zwischen Bürger und Gebietskörperschaft – das ist Totalitarismus. Diskriminierung ist eben auch ein Freiheitsrecht.

  17. Marcel,

    „Grünliberalen?“

    die eine Hälfte der Grünen und ein Viertel der FDP, 2 Frauen in der SPD und ein Mann bei der CDU…

  18. access denied,

    Ich muß Dir meine Wohnung nicht vermieten, wenn ich nicht will (und – seit dem AGG von 2006, wenn’s kein Massengeschäft (dafür ja auch teilweise sinnvoll) ist, ich also keine 50 Wohnungen habe), ob Du schwarz, weiß, dick, dünn, Frau, Mann, schwul oder behindert bist und ich brauche dafür noch nicht mal eine Erklärung. Mein Freiheitsrecht.

    Steht sogar in der Verfassung:
    Art 2 GG in Verbindung und in Güterabwägung mit Art. 1 GG.

  19. Wenn Du gar nichts sagst, kann man Dir nichts nachweisen, ist klar. Wenn Du sagst, ich nehm keine Türken, wirste verklagt und hast Pech, denn das fällt unter das Gleichbehandlungsgesetz.
    Denn im Gegenteil zu der geläufigen Meinung hat niemand das Recht auf Diskriminierung anderer und das ist auch gut so. Diskriminierung ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

  20. @access denied:

    Heißt das, ich kann auch einen Arbeitgeber verklagen, der mich nicht genommen hat, weil ich gepierct bin? Oder das falsche Outfit trage?

    Ich finde nämlich Diskriminierung wird immer nur auf Dinge wie Frauen, Ausländer etc. bezogen, aber es gibt noch viele andere Gründe, aus denen Leute diskriminiert werden und die niemanden interessieren.

  21. Danke @Marie.

    Es muss erlaubt sein auf die inneren Funktionsweisen unserer Demokratie hinzuweisen. Wir wollten nicht den „einen“ an der Spitze, sondern lebendige Organisationen. Eine Partei, eine Koalition, ein Parlament besteht immer aus etwas mehr als der Summe seiner Einzelteile.
    Diese Mitglieder sind auch nicht geschützt vor dem Zeitgeist. In den 80ern haben die meisten eben kein Techno gehört und in den 90ern wurde eben gern über Deregulierung gesprochen. Von allen! Eine Partei ist immer auch nur Teil ihrer Zeit. Aber das gute daran ist, dass wir uns darauf verlassen können, wenn die Zeit sich weiter dreht, dass die Parteien mitdrehen. Manchmal hinterher, manchmal vorweg.

    Insofern kann man die Aussage von Herrn Lobo auch nur mit einem einzigen Satz entkräften und sieht, dass sie vor allem auf Effekthascherei setzt, weil er Äpfel mit Birnen vergleicht:

    „Ich halte die SPD für demokratischer als vodafone.“

  22. „Heißt das, ich kann auch einen Arbeitgeber verklagen, der mich nicht genommen hat, weil ich gepierct bin? Oder das falsche Outfit trage?“

    Wenn Dein Outfit religiös begründet ist, ansonsten sind die Bereiche klar umschrieben:

    * Rasse und ethnische Herkunft,
    * Geschlecht
    * Religion und Weltanschauung,
    * Behinderung
    * Alter (jedes Lebensalter)
    * sexuelle Identität

  23. Ich bin ein Goth, das ist für mich eine Weltanschauung. (Ich weiß, dass ich mit dieser Argumentation in keinem Gericht durchkommen würde…)

    Ich will eigentlich mit dem ganzen nur sagen, dass mir die vom Gesetzgeber bestimmten Bereiche zu wenig sind. Ich muss mir auf der Straße wahrscheinlich genauso viele blöde, respektlose Kommentare anhören, wie ein Ausländer oder ein Schwuler.

  24. @ Emily: Aber in deiner Argumentation solltest du berücksichtigen, dass sich Homosexuelle und Ausländer ihren „Status“ nicht freiwillig wählen. Du wählst ja das Goth-Sein auch als Ausdruck deiner Selbst. Und vor den Folgen deiner freiwilligen Entscheidung muss dich der Staat nicht zwangsläufig schützen, auch wenn sie nervig oder sogar verletztend sind.

  25. @Susanne:

    Ich verstehe dein Argument und sehe das in dieser Form auch so. Aber wenn man so argumentiert, dann ist die Frage, warum der Staat die Religion der Leute schützt. Das ist schließlich auch eine Sache, die man sich aussuchen kann.

  26. „Ich bin ein Goth, das ist für mich eine Weltanschauung.“

    Naja…
    Ich bin auch jahrelang auf Gothicparties gegangen, ich find die Musik ziemlich cool und die Outfits mag ich auch, und habe bisher niemanden getroffen, der das als Weltanschauung sieht. Auch hat mir nie jm. von Probleme wegen seiner Kleidung erzählt. Sei mal dahingestellt. Aber Du suchst Dir das aus, genau wie ich mein Antideutsch-Sein, ich nehme in Kauf, für meinen Israel-Pullover auf die Fresse zu kriegen usw.
    Ich finde, dass sind Einstellungen und genau an denen messe ich mein gegenüber (ich mag keine Emos, weil mir der inflationäre Umgang mit dem Begriff Borderline zum Hals raus hängt). Aber wenn jm. wegen etwas verurteilt wird, wofür er nichts kann, dann ist das was anderes (plus Schwangerschaft, dafür kann man ja schon was).

  27. Lese gerade, Religion hat auch was damit zu tun, dass das in der Charta der Menschenrechte, den Bill of Rights usw drin steht.

  28. @access denied:

    Ich gebe zu, dass ich das etwas überpitzt formuliert habe. Mal ganz abgesehen davon, dass die Lust an Provokation auch nicht unterschlagen werden darf.
    sons: siehe mein letzter Beitrag.

  29. access denied,

    „Wenn Du sagst, ich nehm keine Türken, wirste verklagt und hast Pech, denn das fällt unter das Gleichbehandlungsgesetz.
    Denn im Gegenteil zu der geläufigen Meinung hat niemand das Recht auf Diskriminierung anderer und das ist auch gut so. Diskriminierung ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.“

    Nein. Wenn es sich nicht um ein Massengeschäft handelt, dann nicht. Und das ist ja auch ganz sinnvoll. Diskriminierung ist ein Verbrechen? Kommt sehr drauf an. Wir diskriminieren ständig – der türkische Teeladenbesitzer will lieber mit seinem Landsmann reden als mit mir, weil der türkisch spricht. Ist auch Diskriminierung. Es gibt Diskriminierungen, die nicht zulässig sein sollten, und solche, die ein unabdingbares Freiheitsrecht sind. Wenn ich mit jemanden kein Bier trinken will, dann ist das mein Recht, egal ob die Person grün oder grau ist.

  30. @ Emily:
    dank AGG geben wir u.A. bei der Ablehnung von Bewerbern keinerlei Gründe mehr an. Das ist vielleicht unhöflich und bringt den Bewerber für die Zukunft nicht weiter, ist aber sicherer für uns.

    Es gibt auch noch einige andere Nebeneffekte, die wahrscheinlich nicht im Sinne der Erfinder liegen, auf die ich aber nicht näher eingehen möchte.

  31. „Wenn ich mit jemanden kein Bier trinken will, dann ist das mein Recht, egal ob die Person grün oder grau ist.“

    Hat ja auch soviel mit Diskriminierung zu tun
    Das ist symptomatisch für Dich, wenn Dir die Argumente ausgehen, bringst Du sinnlose Beispiele, die so allgemein gefasst sind, dass sie nur irgendwie reinpassen. Auf so einen Scheiss hab ich kein Bock, platte Phrasendrescherei ist meine Zeit nicht wert.

  32. @jj:
    Sorry, würde den Rahmen sprengen und wäre ziemlich am Thema „Grüner Wahlkampf“ vorbei, deshalb nur 3 Beispiele:
    – wen man nicht einstellt, kann man hinterher auch nicht diskriminieren (und dafür belangt werden).
    – Umkehr der Beweislast/aufhebung des Unschuldsvermutung im AGG
    – es gab eine Gruppe Kölner Jurastudenten, die sich zum Schein auf „falsch formulierte“ Stellenanzeigen beworben und die entsprechenden Firmen dann von einem befreundeten Anwalt abmahnen kostenpflichtig ließen, mit anschließender Aufteilung der eingenommenen Gebüren.
    Auch eine Möglichkeit, sich das Studium zu finanzieren.

  33. access denied.

    „Hat ja auch soviel mit Diskriminierung zu tun“

    Ja sicher, sorry, aber ein wenig Abstraktionsvermögen ist bei Grundsatzfragen schon notwendig.

  34. Frauen (sic!) tragen weltweit wesentlich zur Verhinderung von gewalttätigen Auseinandersetzungen und zur Konfliktbewältigung bei, sie sind Schlüsselakteurinnen für den Wiederaufbau und haben eine zentrale Rolle für die Versöhnungsarbeit.

    Das kann man sehr eindrucksvoll hier ab 23:19 beobachten.

    Selten so einen Rekurs auf das Weiblichkeitsgeschmonz von anno 1910 gehört.

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