Mein Halloween Kostüm in diesem Jahr war simpel: Eine Blume im Haar, Unmengen an Glitzer im Gesicht und eine fiese Narbe auf der Wange, aus der noch etwas dramatisch das Kunstblut floß. Die Leute in der U-Bahn fanden es eklig – also war ich zufrieden.
Viele andere Frauen gingen dieses Jahr ganz klassisch als Katzen, Teufel oder Häschen verkleidet, welches Kostüme sind, die mit ihrem simplen Kopfschmuck leicht zu erkennen sind. Traf man nun beispielsweise ein verkleidetes Teufelchen mit knallroten Hörnern, fiel allerdings auf, dass der Rest des Outfits in der Regel recht minimalistisch war – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
Halloween ist neben der Zeit des Verkleidens nämlich auch die Zeit der nackten Tatsachen.
Auf sociological images bemerkt man, wie die übersexualisierte Darstellung von recht unschuldigen Charaktären – darunter Kinderfiguren wie Rotkäppchen oder Alice im Wunderland – eine weitreichende Konsequenz hat: jene fiktiven Figuren werden mit einer ordentlichen Portion Sex aufgepeppt und die Frauen, die diese Kostüme tragen, wirken gleichzeitig unschuldig, infantil und dennoch verrucht sexy. Und damit gelingt die perfekte Symbiose der Unschuld und Verführung.
Andy Marlette hat die Kommerzialisierung des sexy Kostüms und dessen Vermarktung an die weibliche Kundschaft in einem netten Cartoon dargestellt:
Da bleibt uns zwar die Auswahl zwischen Krankenschwester, Hexe, Häschen, Vampir, Katze oder Fee, aber kurz muss der Rock schon sein!
Auch die Kleinen sollen da schon üben, und zwar mit einem Riot Grrrl Kostüm (!!), in dessen Beschreibung es heißt:
„She’s sure to turn heads when she wears this stylish Riot Grrrl Child’s Halloween Costume. (..) Add the Camo Girl boot tops as seen below and she’ll be ready to riot in style.“
(zu deutsch: „Sie kann sich sicher sein, dass sie so einige Köpfe verdrehen wird, wenn sie ihr stylisches Riot Grrrl Halloween Kostüm trägt. Füge das Tarnanzug Netz-Top hinzu und sie ist fertig zum stylischen Krawallmachen.“)
Da würden die Riot Grrrls wohl ordentlich rebellieren: Kritisch ist wohl nicht nur, dass die Riot Grrrl Bewegung durchgestylt kommerzialisiert wird, sondern auch, dass dies mit dem Anspruch geschieht, anderen stylisch den Kopf zu verdrehen.
Neben sexistischen Halloween-Kostümen (hier eine Top 10 von The Sexist), gab es dieses Jahr auch jede Menge ausländerfeindliche (via racewire) und rassistische Kostüme (via AngryAsianMan und sociological images).
Guten Morgen,
hier noch ein Cartoon der in die gleiche Kerbe schlägt!
http://www.someecards.com/card/i-cant-decide-this-halloween-whether-to-go-as-a-slutty-witch-a-slutty-nurse-a-slutty-schoolgirl-or-just-a-total-slut
@ Frank: Den hast Du doch von uns ;) http://maedchenmannschaft.net/keine-satire-aber-brueste/ Außerdem hab ich Deinen Kommentar bearbeitet, vorher konnte jeder Deine Emailadresse sehen.
Guten Morgen und vielen Dank für diesen tollen Artikel – ich ärgere mich jedes Jahr wieder über Miniröckchen und tiefe Dékolletées in der KINDER-Kostüm-Abteilung. Schrecklich, wie bereits auf den Verpackungen Kinder als Sexualobjekte ausstaffiert werden, und ich habe mich bereits gefragt, was genau mir blühte, wenn ich die Bilder vollkommen kommentarlos und ohne Bezug zu Halloween ins Internet stellte…
Was ist nur aus dem guten, alten Bettlakengespenst geworden…
Mal abgesehen davon, dass die Kostüme ziemlich daneben sind, haben sie meiner Meinung nach auch nicht viel mit Halloween zu tun. Da soll man doch gruselig aussehen und nicht sexy (es sei denn man geht als VampirIn).
@Emily: Nur hier in Europa solls gruselig sein. In Amerika ist Halloween wie hier der Rheinische Karneval. Hauptsache irgendwie verkleidet. Oder: Hauptsache irgendwie verkleidet – solangs sexy ist… ;)
Bezeichnenderweise wird das Riot-Grrrl Kostüm unter der Kategotie „Diva Girls Costumes“ angeboten..
(„to turn heads“ hat nach meiner Auffassung eine andere Bedeutung als „jemanden den Kopf verdrehen“)
Hmmm ich würde das irgendwie anders übersetzen. Eher mit „Blicke auf sich ziehen“, anstatt „Köpfe verdrehen“. So wie früher die Punks, also Blicke von nicht sexueller Natur, eher Empörung. Und das letzte heißt wohl eher „Tarnfarben Stiefelschaft“, oder so inner Art, wie mans halt aufem Bild auch sehen kann, wenn mans anklickt.
Davon abgesehen ändert das natürlich nichts anner grundlegenen Problematik. Auch empfinde dieses sexualisieren von Mädchen als äußerst bedenkenswert.
@ stephen
du hast Recht. Keine Ahnung wie ich von boots auf Tops komme?
@ Mat
ich kenne die Redewendung „to turn heads“ nur in dem Kontext, in dem ich es uebersetzt habe. Wenn jemand bspw. ein aufregendes Outfit traegt, sagt man durchaus: „Girl/Boy, you’re damn sure to turn heads!“ (vielleicht aber auch spezifisch ein Suedstaaten-Slang?).
Habe noch mal mit dict.cc gecheckt, da gibt es nur „to turn sb.’s head“, was so viel heisst wie „jemanden den Kopf verdrehen“. Jetzt kann man natuerlich streiten, inwiefern das „somebody“ ausschlaggebend ist.
@magda: Okay, im Sinne von „der Hingucker“ (Da drehen sich die Köpfe), aber mir geht es um das deutsche „jemanden den Kopf Verdrehen“ – und das sagt imho etwas anderes als „da konnte ich nicht anders, als mal kurz hinzuschauen“, sondern eher „ich kann (länger, Tage, Wochen, Monate) an nichts anderes denken“
„Die hat mir ganz schön den Kopf verdreht!“. Was sagt uns das?
Belegen kann ich das natürlich vorläufig nicht..
Hi!
Die Sexualisierung von Kinderkostümen geht echt garnicht! Das möchte ich im weiteren außen vor lassen.
Was allerdings die Sexyness von Erwachsenenkostümen angeht, wo es im Karneval oder an Halloween keine großen Unterschiede gibt, so denke ich, dass es einfach etwas damit zu tun hat, dass man, wenn man sich verkleidet, eben Seiten an sich zeigen kann, die man sonst nicht ohne Sanktion frei legen kann. So wird man schnell mal ein wenig sexier, oder mehr zum Superhelden. Oder beides gleichzeitig. Ich finde das eher interessant, als dass ich es verurteilen würde.
Die Flirtrate dürfte zu den Verkleidungsevents auch ziemlich hoch sein, die Hemmschwelle durch die Verkleidung, die dann vielleicht auch zweckmäßig ausgesucht wird – so kommen Pilot und Teufelchen mit Sicherheit besser an, als die Plüschschweinchen und -kühe.
Ich meine, es ist ja auch niemand dazu gezwungen sich die überteuerten „sexy“ Kostüme zu kaufen. Ich habe mir noch nie ein Kostüm gekauft, immer nur einzelne Teile und dann selbst kombiniert. Womit der Fantasie auch weniger Grenzen gesetzt werden.
Und wenn ich mir so manche Frauengruppen im kölner Straßenkarneval anschaue, so scheinen sie mir doch sehr zufrieden mit ihrer Kostümierung zu sein.
Einen Zwang dazu, sich sexy verkleiden zu müssen kann ich nicht sehen. Die, die es tun, machen es, weil sie es wollen.
Ich denke, hier hat niemand was gegen sexy Kostüme an sich. Sondern dass die langsam überhand nehmen. Wer keine Zeit oder Kreativität hat, der hat bald keine andere Wahl mehr, als knappe Fummel zu tragen. Aber es geht halt auch nicht jeder zu Events, um jemanden abzuschleppen, sondern einige auch um „nur so“ Spaß zu haben. Am Ende muss man auch ganz klar sehen, dass Läden mit ihrem Angebot einfach Trends vorgeben. Ich erinnere mich an ein Interview mit ner Fashion-Chefin von H&M, die meinte, die Deutschen seien widerspenstig, aber man werde ihnen die Röhrenjeans schon noch verkaufen. Indem man einfach nichts anderes mehr anbietet. Der Grund war übrigens, dass sie von ausgestellten Hosen genug hatte.