Deutschland gehen die Ingenieure aus! Fachkräftemangel! Die Schlagzeilen sind genauso bekannt, wie die Forderungen an die Frauen, endlich mal was „Richtiges“ zu studieren. Maschinenbau statt Sozialwissenschaft, Chemietechnik statt Neuer deutscher Literatur.
Lohnen tut sich das allerdings nicht unbedingt auf dem Gehaltscheck, wie eine neue Erhebung im WSI-Lohnspiegel zeigt (die ganze Studie als PDF). Danach gibt es den altbekannten Gender Pay Gap auch in den verschiedenen Ingenieurwissenschaften – Ingenieurinnen bringen rund 17 Prozent weniger Gehalt nach Haus.
Während es für Elektronikingenieurinnen fast gleiche Löhne gibt, sieht es im Bauingenieurwesen deutlich schlechter aus, über 18 Prozent Unterschied. Letzteres ist dabei ein Feld, in dem noch überdurchschnittlich viele Frauen zu finden sind. Je geringer der Frauenanteil in einem Fachgebiet, umso geringer auch der Pay Gap.
Vor zwei Jahren untersuchte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) die Einkommenslücke schon einmal genauer. In der allgemeinen Untersuchung wurden damals für die Ingenieurberufe etwas über 14,3 Prozent Unterschied veranschlagt, die Schere scheint sich also noch zu öffnen. Zu den Hintergründen hieß es damals bereits:
Die Einkommensrückstände von Frauen lassen sich nur zum Teil erklären mit unterschiedlichen beruflichen Präferenzen, Unterschieden in der Ausbildung und beruflichen Unterbrechungen wegen Kindererziehung. Mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten spielen ebenfalls eine Rolle. All dies sind jedoch nur Teilerklärungen. Die Analysen des WSI bestätigen den auch aus anderen Studien bekannten Befund, dass ein wichtiger Teil des geschlechtsspezifischen Lohnrückstandes sich weder durch personenbezogene oder strukturelle Faktoren erklären lässt. Vielmehr geht er auch zurück auf die unterschiedliche, leider oft immer noch diskriminierende Behandlung von Frauen im Berufsleben.
Immerhin hat in den letzten Jahren die Arbeitslosigkeitsquote der Ingenieurinnen deutlich abgenommen, ist aber weiterhin doppelt so hoch wie unter Ingenieuren. Für Ausländer_innen sind die Zahlen ähnlich schlecht.
Ingenieurin zu werden, lohnt sich für Frauen nur, solange es kaum Geschlechtsgenossinnen in ihrem Bereich gibt. Danach öffnet sich wieder einmal die Einkommensschere, wenn frau überhaupt eingestellt wird. Am Ende scheint der Ruf von Industrie und Politik nach Zuwanderung und mehr Ingenieurinnen auch nach dem Versuch, mehr Auswahl und vor allem billigere Arbeitskräfte zu bekommen. Das überrascht natürlich niemanden, es sollte aber zum Anlass werden, frühere Versäumnisse deutlich anzusprechen. Und den Ingenieurinnen als Erinnerung dienen, ihre Gefragtheit zu nutzen und auf gleichen Chancen und gleicher Bezahlung zu bestehen.
Öhh. Na super, das sind ja tolle Aussichten! (Habe kürzlich mein Studium der technischen Chemie abgeschlossen)
Find ich aber interessant. Warum ist der Unterschied gerade größer, wenn fast gleich viele Frauen und Männer in der Sparte unterwegs sind? Gibt’s da eine(n) Erklärung(sansatz) dafür? „Exotinnenbonus“ oder so?
Bei uns in der Arbeitsgruppe (an der TU) geht’s ja fast „vorbildlich unsexistisch“ zu (bzgl. Gesprächskultur, Aufgabenteilung, usw.), aber dafür fehlt leider wirklich jegliches Verständnis für Gender Forschung und die entsprechenden Maßnahmen. Das wird alles als vollkommen lächerlich bis bestenfalls überflüssig gesehen. Dabei gibt es an der ganzen Chemie eine einzige Professorin, obwohl Frauen unter den Studierenden noch ca. 50% ausmachen (und dass die ganzen Frauen alle aus Geldgeilheit anstatt einer Unilaufbahn die Industrie wählen, das kann’s ja nach diesen Studien auch nicht sein! ;-) ) . Soviel zu überflüssig, würd ich mal sagen. Seufz.
Hmmm … Da Frauen doch durchschnittlich 37% weniger verdienen als Männer, sind Jobs, in denen man „nur“ 17% weniger verdient doch wirklich attraktiv (wobei natürlich auch 17% deutlich zu viel ist!)
Ich stelle mir gerade vor, wie der Chef von Hochtief und sein Personalreferent in der Kantine sitzen. Wenn die Statistik stimmen würde, müsste Hochtief doch alle Männer rausschmeissen und die Frauen von der Strasse holen und einstellen.
So leicht können die nämlich keine Kosten senken.
Macht der Personalreferent aber nicht. Warum ?
Zu meiner Zeit als Informatikerin haben die Frauen in vielen Firmen sogar noch 25% weniger bekommen!
> Macht der Personalreferent aber nicht. Warum ?
Unfähig?
Ich hab die Studie heute einigen Kolleginnen weitergeleitet. Eine Kollegin antwortete: „Dass ich nicht promoviert bin, hat einen viel größeren Effekt“. Traurig, dass es immer noch Frauen gibt, die den Gehaltsunterschied mit mangelnder Qualifikation begründen…
@ Dirk:
Den Grund dafuer, warum das von Dir so schoen dargestellte Szenario des Ersetzens aller Maenner durch Frauen nicht funktionieren wuerde, nennt man Marktwirtschaft. Die ist dem Chef von Hochtief wahrscheinlich bekannt. Denn neben der Tatsache, dass sowohl auf Seiten der Ingenieurinnen (dito in anderen Berufen) als auch auf Seiten der Arbeitgeber einiges an Irrationalitaet im Spiel ist (ersteres ist bedauerlich, zweiteres auch und noch dazu Diskriminierung), funktioniert das Ersetzen aller maennlichen Ingenieure durch weibliche Ingenieure schon allein aus Gruenden der verfuegbaren Menge an Ingenieurinnen nicht. Ein solcher Plan von Hochtief haette also endlich zur Folge, dass die Gehaelter von Ingenieurinnen exorbitant steigen wuerden, und das wollen die beiden Herren bei der Kaffeerunde in der Kantine ja bekanntlich vermeiden.
Solltest Du wirklich impliziert haben, dass alle Frauen selbst dran schuld sind: Schau halt nochmal in die Studie oder frag dich, warum an jeder Qualifikationsstufe (Uebergang zum Gymnasium, Abitur, die meisten Studienabschluesse etc) der Schnitt der Frauen eine leicht bessere Qualifikation hat als der Schnitt der Maenner, waehrend in der naechsthoeheren Stufe meist weniger Frauen ankommen als in der Stufe davor. Komisch, oder? Was den Uebergang Abi-Studium angeht aendert sich das gerade immerhin, aber eben leider noch lange nicht fuer Ingeniurinnen oder Naturwissenschaften. Im uebrigen ist es m.E. in der Tat so, dass bei weitem nicht nur Diskriminierung fuer diese bedauerliche Entwicklung verantwortlich ist, sondern eine Vielzahl von Vorurteilen auf allen Seiten, sowie auch subtile Effekte wie nach aussen getragenes Selbstbewusstsein (Vollkommene Sicherheit bei absoluter Unkenntnis, ein bedauerlicherweise bei Maennern verbreiteteres Phaenomen als bei Frauen).
Was die Studie und die Überschrift zu dem Blogeintrag verschweigen: Ingenieurinnen werden trotzdem in vielen Bereichen besser bezahlt als berufstätige Frauen in frauentypischen Berufen. Deswegen kann ich als Elektroingenieurin anderen Mädchen und Frauen nur zum Ingenieurstudium raten.
@ Marina: Mit der Argumentation sollte man wohl eher Jura studieren, wenn ich sehe, was man so mit legaler Steuerhinterziehung verdienen kann. Aber jemand, die/der kein gesteigertes Interesse an Wirtschafts- und Steuerrecht hat, wird sicher nach dem Studium nicht in der Rechtsabteilung einer Bank landen, wo 6-stellige Einstiegsgehälter gezahlt werden (bisher habe ich übrigens noch keineN IngenieurIn getroffen, die/der auf dem Level eingestiegen ist, aber das nur nebenbei). Genauso ist das mit dem Ingenieurberuf: Man ist nur gut in dem, was einem Spaß macht. Deswegen halte ich es für Quatsch, jemandem zu einem Studium zu raten, weil man damit später angeblich mehr verdient.
Und der Artikel zeigt doch eindeutig, dass die allgemeine Gender Pay Gap kein Stück damit zu erklären ist, dass Frauen typischerweise einen schlechterbezahlten Beruf wählen.
Naürlich könnte es sein das der Personalchef von Hochtief unfähig ist.
Ich behaupte: Die Studie stimmt nicht.
Es herrscht nämlich Marktwirtschaft und kein Unternehmen in Deutschland kann sich leisten, ein deartiges Einsparpotential (das Einsparptential, dass die Studie aufzudecken glaubt) ungenutzt zu lassen.
Meine Erklärung: Der männliche Bewerber und die weibliche Bewerberin bekommen heute bei gleicher Berufserfahrung und Qualifikation auch das gleiche Gehalt angeboten.
Und die 17% Unterschied? Erkläre ich mit dem Hinweis auf eine Redensart: „Glaube nur der Statistik die Du selbst gefälscht hast“.
@Dirk
um weiteren Spekulationen deinerseits vorzubeugen: hast du ein paar Quellen für deine steile These, Lohndiskriminierung existiere nicht? Ansonsten kannst du dich gern hier und in den Diskussionen darunter belesen. Darüber hinaus gilt auch für dich die Netiquette.
Wovon auch ich früher „betroffen“ war – oder vielleicht noch bin, woher rührt eigentlich die männliche Neigung, nachgewiesene Fakten der weiblichen Geringerschätzung durch Geringerbezahlung zu akzeptieren und sich damit einmal inhaltlich auseinanderzusetzen?
Die angegebenen Links wie VDI-Arbeitsmarktdaten finde ich fundiert und sachbezogen.
In dieser Studie steht nichts über die jeweiligen Unterschiede der Qualifikation sowie das Alter der untersuchten Personen. Wenn man davon ausgeht, dass ein Mann der seinen Ingenieursjob schon einige Jahre länger ausübt als die vergleichbare Frau, wäre das eine Erklärung. Denn:
„Berufserfahrung zahlt sich aus. Das Monatseinkommen von Ingenieur/innen mit weniger als fünf Jahren Berufserfahrung beträgt im Schnitt 3.626 Euro, bei 20 bis 29 Jahren Berufserfahrung steigt es auf durchschnittlich 5.037 Euro“
@ BinnenFrist: Warum sollte dein Erklärungsansatz bei IngenieurInnen wahrer sein als bei der allgemeinen Gender Pay Gap? Damit ließe sich vielleicht ein Teil der Lohnungleichheit begründen, aber nicht die gesamte Lücke. Noch dazu wage ich mal die steile These, dass man bei Ingenieurinnen deutlich kürzere Auszeiten wegen Kinderbetreuung vorfindet als beim Durchschnitt der Arbeitnehmerinnen.
Ich möchte gerne noch ein paar Hinweise geben :
„Es herrscht nämlich Marktwirtschaft und kein Unternehmen in Deutschland kann sich leisten, ein deartiges Einsparpotential (das Einsparptential, dass die Studie aufzudecken glaubt) ungenutzt zu lassen.“
Ich weiß, dass manche Unternehmen angefangen haben, diese Personalkosteneinsparmöglichkeit für sich zu entdecken. Ich schlage vor, dies nicht zu umfassend zu publizieren, bevor irgendwann geschrieben wird „Frauen werden gefördert, Männer gefeuert“.
Warum Frauen höher bezahlt werden, wenn sie in bisher männlich konnotierten Berufen arbeiten? Sozialmarketing aus Imagegründen. Damit soll Progressivität und Modernität suggeriert werden. Wird dies dann „normaler“ und es gibt mehr Ingenieurinnen, greift schlicht und ergreifend der Mechanismus des Verhandelns. Ich habe den Eindruck, dass eine nicht unerhgebliche Anzahl von Frauen immer noch weiblich-passiv sozialisiert sind, was sich dann auch im Verhandlungsgebaren offenbart.
Ein weiterer Aspekt wurde hier deutlich :
http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2011/winter-2011/warnung-vor-der-quote/
Abgesehen davon, dass ich überzeugt bin dass die Quote eines von mehreren Instrumenten ist, Arbeitgeberwillkürlichkeiten einzudämmen, wird in dem Beitrag der Effekt des „Anderen“ nochmal gut reflektiert.
„Eine unbekannte Psychodynamik“ hat der seit Jahrzehnten tätige Managementberater und erfolgreiche Autor Reinhard K. Sprenger den Klub genannt,: „eine Kampfgemeinschaft solidarischer Brüder“.
„Das Besondere an unserem Klub“, so Sprenger „ist nämlich, dass wir gar nichts von unserer Mitgliedschaft wissen. Es wurde kein Schwur abgelegt, es gab kein Aufnahmeritual, kein Mitgliedsbuch existiert, keine Mitgliedsnummer, nichts. Unser Mannsein reicht. Darüber hinaus gibt es nur eine Übereinkunft, ein heimliches Einverstandensein: Wir treten nicht mit Frauen in Konkurrenz! Deshalb kämpft der Klub nicht gegen Frauen, er lässt den Wettbewerb einfach ausfallen! In den Augen des Klubs sind Frauen nämlich vor allem eins: anders.“
Diese Beschreibung nähert sich m.E. der Realität besser an.
Ich habe die Übergriffigkeiten der Arbeitgeber und Willkürlichkeiten schon 1990 erfahren, als ich ins Ausland entsandt werdenb sollte und deutlich weniger Geld bekommen sollte als ein vergleichbarer Kandidat, der seit Jahren in USA arbeitete. Begründung : Er sei verheiratet, ich nicht. Von daher brauche ich weniger.
Eines von vielen Beispielen des Alltags, das verdeutlicht, hier maßen sich übergriffige Arbeitgeber an, die Bewertung persönlicher Lebensumstände als Maßstab für das Entlohnungegebaren heranzuziehen. Wenn die dies in diesem Beispiel tun, dann tun diue das auch bei Frauen, die ja „keine Familie ernähren müssen“, weil das Ernährermodell in den Köpfen der Personaler verankert ist.
Die Lösung wurde hier angedeutet :
http://maedchenmannschaft.net/endlich-da-der-gleichstellungsbericht/
„..Abschaffung des Ehegattensplittings und Mindestlöhne sind allesamt sozialdemokratische Forderungen.“
Klare Lohnvorgaben sind für mich das zweite Instrument, hier die Willkürlichkeiten und Übergriffigkeiten in der Wirtschaft zu begegnen – vorausgesetzt, sie werden konsequent umgesetzt und es bilden sich keine neuen „Clübchen“, wie z.B. sehr kooperative „Betriebsräte“ und Arbeitgeber, die sich nicht gegenseitig wehtun und geltendes Recht aufweichen helfen.
Schlußfolgerung : Klare Regelungen, die konsequent umgesetzt werden, nützen also Allen, Frauen und Männern.
@Thomas,
der link ist tatsächlich fundiert und sachbezogen.
Ausser einer Gegenüberstellung der Gehälter von Männern und Frauen kann ich jedoch nirgends erkennen welche Faktoren hierbei berücksichtigt wurden.
Berufserfahrung? Spezialisierungen? Besondere Fachkenntnisse? Akquiseerfahrung? Bekanntheitsgrad beim Kunden?
Ich selbst betreibe ein Entwicklungsbüro mit fünf Mitarbeitern m/w und kann aus dem Kollegen- und Kundenkreis keine solchen Diskrepanzen berichten. Die wesentlichen Kriterien habe ich ja aufgelistet. Die geben den Ausschlag. Obendrein bist du mit diesen Gehältern bei kleinen und mittleren Betrieben durchaus im AT Bereich angekommen und hier kommt neben den Qualifikationen auch das Verhandlungsgeschick zum tragen.
@Miriam,
das Ingenieurinnen schneller wieder einsteigen konnte ich in den letzten 25 Jahren nicht feststellen. Nicht einmal bei unseren großen Kunden. Den schnellsten Wiedereinstieg in meinem Umfeld machen die Kolleginnen meiner Frau, die als Sozialpädagogen tätig sind.
Verblüffend, Ingenieurinnen verdienen über 15 % weniger als Ingenieurie mit gleichen Eigenschaften wie Männer.
Wann endlich wird es auch nur eine einzige Firma auf dieser Welt geben die das gigantische Potenzial der Frauen erkennt und mit 15 Prozent Lohnkostenvorteil all die patriarchen vom Markt verdrängt?
@ Hakim: Das hatten wir bereits diskutiert…
Und im übrigen sind die Lohnkosten ein gerne überschätzter Kostenfaktor. Wären die Lohnkosten wirklich so relevant, wären wir hier längst alle arbeitslos…
@Miriam,
das ist jetzt zwar OT, aber die Lohnkosten sind im Bereich der Ingenieurleistung der Kostenfaktor schlechthin.
@Hakim : „15 Prozent Lohnkostenvorteil all die patriarchen vom Markt verdrängt?“
Ich kenne die Herkunft dieser Standardargumentation und ist für mich sachlich unverwertbar.
Und nochmal mein gutgemeinter Rat : Seid vorsichtig mit solchen Publikationen. Die Idee kann sich schneller verbreiten als Manche denken…
@MimoD : Es wurde schon früher massiv vermittelt, welche „Kostenfaktoren“ doch die Angestellten sind und wieviel besser es doch im Ausland ist. Einmal abgesehen davon, dass manche Unternehmen wie Siemens ganz schnell aus Indonesien zurückgekommen sind, war die Vermittlung an die Mitarbeiter_innen „Ihr seid Kostenfaktor“ sehr fatal für den Standort Deutschland und mit ausschlaggebend für so manche ausgesprochen „innere Kündigung“.
http://www.sueddeutsche.de/karriere/innere-kuendigung-statisten-am-schreibtisch-1.375928
„20 Prozent der deutschen Arbeitnehmer flüchten sich in die innere Kündigung. Das kostet die Wirtschaft bis zu 109 Milliarden Euro im Jahr. Unternehmen jammern – doch sie sind selbst schuld an der Misere.
Bespitzelungsskandale, Lohneinbußen aufgrund von Kurzarbeit, Massenentlassungen, dazu arrogante Botschaften von Bankenbossen und Korruptions- und Steuerhinterziehungsskandale deutscher Manager: Das Verhältnis der Arbeitnehmer zu ihren Unternehmen gilt in Deutschland …“
Und noch einen kleinen Hinweis auf das Lohnniveau und „Verhandlungsgeschick“ :
M.E. ist es nicht hinnehmbar, das Mitarbeiter_innen aus irgendwelchen Gründen für gleiche Qualifikation und Leistungen schlechter entlohnt werden. Und auf die männlichen Kollegen bleibt dies ja auch nicht ohne Effekt. Denn bei Verhandlungen wird sich dann auf das interne Lohnniveau für diese Tätigkeit im AT-Bereich bezogen.
Jede Art von Lohndumpingversuchen – und seien die Ursachen geschlechterspezifisch, einem „liberalisierten“ Arbeitsmarkt, altersbedingt, verhandlungsgeschickabhängig oder wie auch immer, ist also für alle Beteiligten früher oder später von Nachteil. Ich denke, dieses Bewußtsein fehlt m.E. noch viel zu häufig.
Das Siemens-Beispiel zeigt es doch:
Lohnkosten sind kein überschätzter sondern ein äußerst relevanter Kostenfaktor.
Jeder vernünftige Personalchef würde die Chance nutzen, 15% Lohnkosten einzusparen. Wenn es denn so einfach ginge. Ich bleibe aber bei meiner steilen These: Im wesentlichen wird Frauen und Männern bei gleicher Qualifikation (etc) das gleiche Gehalt geboten. Wenn das nicht so wäre wäre das schlimm.
Der angeführten Studie traue ich nicht über den Weg. Sie kommt mir pauschal und undifferenziert daher. Es ist keinesfalls nachvollziehbar, wie das Ergebnis zustande kam. Wenn man die beiden 25jährigen Ingenieurinenn mit dem Chef der Bauabteilung und dem Chef der Planungsabteilung in einen Topf wirft, kann man leicht 17 % Lohnunterschied errechnen. 17 % ? Warum nicht gleich 40 % !
@ Dirk: Und die Welt ist eine Scheibe…
@Dirk: Hast du dir das PDF durchgelesen? Dort wird nicht nur erklärt, woher die Daten stammen, sondern auch unter Punkt 2.7 Berufsbiografische Aspekte die Betriebliche Position berücksichtigt. Dort heißt es:
„Frauen sind generell in den Ingenieurberufen schwach vertreten. Zwar sind Frauen auf Leitungsebenen anzutreffen, aber ihr Anteil bleibt sehr gering: Nur 10 % der Leitungspositionen sind von Frauen besetzt. Umso deutlicher fallen dabei die Gehaltsunterschiede aus, beispielsweise verdienen Frauen auf der Hauptabteilungsleiterposition rund 22 % weniger als ihre männlichen Kollegen (Abbildung 9).“
Auch wenn ich mir gern noch eine zusätzliche M/W Aufschlüsselung unter dem Stichpunkt Berufserfahrung gewünscht hätte, denke ich, dass man gerade für Führungspositionen zumindest eine ähnliche Berufserfahrung aufweisen muss. Dass die Unterschiede in der Bezahlung ausgerechnet auf höherer Ebene besonderes krass ausfallen, ist nur schwerlich wegzudiskutieren. Zumindest werden hier eben _nicht_ „die beiden 25jährigen Ingenieurinenn mit dem Chef der Bauabteilung und dem Chef der Planungsabteilung in einen Topf“ geworfen, wir du so schön behauptet hast.
@Thomas,
ich weiss nicht, warum du so aufgebracht reagierts? Habe ich irgendwo geschrieben, dass ich D zu teuer finde und ich ob der geringeren Löhe ins Ausland wolle? Auch wenn wir uns selbst als kleine Klitsche mit Konkurrenten aus Tschechien, Rumänien, Indien oder China messen lassen müssen. Ich habe auch nicht geschrieben, dass meine Mitarbeiter für mich nur „Kostenfaktor“ sind. Ich weiss sehr wohl was ich an ihnen habe. Wenn aber geschrieben wird Lohnkosten seinen _keine_ relevante Größe dann ist das schlicht falsch, auch wenn man es nicht gerne wahrhaben möchte. Wenn man darauf nicht hinweisen darf ohne verbal gesteinigt zu werden ist das schon bedenklich.
Du greifst sehr genau auf, was ich an der Gegenüberstellung der Gehälter bekrittele. Daraus geht nämlich keine Aussage zur Qualifikation hervor. Die wird von manchen Schreibern, aus welchen gründen auch immer, hineininterpretiert.
Auch wenn es jemandem, der offenbar im öffentlichen Dinst tätig ist nicht gefällt.
Ich fände es höchst ungerecht einem Mitarbeiter, der sich neben seiner eigentlichen Tätigkeit noch auf FEM-Berechnungen spezialisiert hat den gleichen Lohn zu bezahlen wie einem MA der „nur“ konstruiert.
@MimoD :
„..warum du so aufgebracht reagierts?“
Ich weiß jetzt nicht, wo dies „aufgebracht“ wirkt? Ich denke nur an die Diskussionen der 90`er und das so hohe Lohnniveau in Deutschland. Na ja, das wurde ja jetzt aufgeweicht mit prekären Beschäftigungen, befristeten Arbeitsverträgen, Leiharbeit u.a.
Die Nebeneffekte sind Steuerausfälle, Defizite, Leute die trotz Arbeit soziale Zusatzleistungen beantragen müssen.
Meine Erfahrung ist beim „Verhandeln“ einfach die :
Wenn z.B. Jemand branchenintern wechselt und Know-How sowie Kontakte mitbringt, die sich auf Umsatz und Gewinne sowie neue Produkte auswirken können, besteht sehr sehr viel Gestaltungs- und Handlungsspielraum.
Ich will jetzt nicht sagen, Jemand bringt Rezepturen, Zeichnungen und gute verwertbare Kontakte im Köfferchen mit, sondern „die Erfahrungen, die er/sie im Kopf mitbringt.“
Die Leute, die diese Möglichkeit und Referenz nicht haben und wo es nach Ausbildung/Berufserfahrung u.a. geht, geht es nach Standardprozeduren und nach dem Marktgeschehen. Und ich glaube schon, dass hier Überlegungen mitwirken wie „die Bewerberin bekommt möglicherweise noch Kinder und fällt aus“ o.a. strukturelle Faktoren.
Und wie sieht es im AT-Bereich aus? Da müsste es ja eigentlich dann besser sein :
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/0,2828,652884,00.html
„.. männlichen Kollegen – im Durchschnitt 28 Prozent. Im oberen Management ist der Gehaltsunterschied mit 30 Prozent sogar noch etwas größer.“
Wie ist der Effekt zu erklären?
Auch das Argument wird strapaziert :
„Wären Managerinnen nämlich tatsächlich billiger, würden Unternehmen nur noch Frauen einstellen, so lautet das häufigste Gegenargument.“
Die Berufsorientierungspräferenzen können es ja hier nicht sein, denn es wurde ja oben der pay-gap in reinen Ingenierberufen verglichen.
@MimoD :
„..warum du so aufgebracht reagierts?“
Ich habe Fakten benannt. Und ich erinnere mich an die endlosen Diskussionen der 90`er, das Lohnniveau in Deutschland sei ja so hoch. Der Pro-Kopf-Umsatz in Italien sei viel höher. Der Standort Deutschland wurde lange Zeit ziemlich schlecht geredet. Das hat mich in der Tat genervt. Heute ist es im EU-Vergleich erheblich gesunken durch prekäre Beschäftigungen, befristete Arbeitsverträge, Leiharbeit u.a. An die Konsequenzen der Liberalisierung wird meist erst dann gedacht, wenn Steueraufkommen, Gesundheits- und Rentenkassen plötzlich „unerklärliche“ Defizite aufweisen.
Und was das verhandelbare Know-How anbetrifft, da kenne ich auch den Effekte, dass bei Bewerbern, die über detaillierte technische Kenntnisse und Kontakte verfügen, die sich in Umsatz auswirken können, einen sehr großen Gestaltungs- und Verhandlungsspielraum haben. Es geht dabei im Gespräch um die Erfahrungen, die ja jeder im Kopf hat, und nicht um Köfferchen mit Rezepten, Zeichnungen und Kunden-Preislisten (oder doch?).
Die, die nicht diese Verhandlungsmöglichkeit haben, da spielen meist vereinfachte Kriterien eine Rolle wie Ausbildung, bisherige Tätigkeit u.a. Ob da auch strukturelle Überlegungen eine Rolle spielen bei weiblichen Bewerbern, die ggf. lange ausfallen können wg. Elternzeit?
Es müsste dann auf jeden Fall im AT-Bereich eigentlich besser ausfallen :
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/0,2828,652884,00.html
„Auch Frauen, die bereits oben angekommen sind verdienen weniger als ihre männlichen Kollegen – im Durchschnitt 28 Prozent. Im oberen Management ist der Gehaltsunterschied mit 30 Prozent sogar noch etwas größer.“
Wie erklärt sich das?
„Wären Managerinnen nämlich tatsächlich billiger, würden Unternehmen nur noch Frauen einstellen, so lautet das häufigste Gegenargument.“
Da im hier vorliegenden Fall der pay-gap im Ingenieurswesen verglichen wurde, greifen hier Erklärungsversuche über Berufsorientierungspräferenzen nicht. Und die Wahrheit der Studie einfach zu bezweifeln, ist mir zu einfach.
Die Schnittstelle Frauen-Männer will ich einfach mal so benennen, wie die schweizer Männer.ch das tat : „Wenn Frauen weniger verdienen als Männer, da haben wir kein Interesse dran, weil es uns auf die Ernährer- und Versorgerrolle fesselt.“
Ich finde, das stimmt.
Es gibt aber etwas, was mich vermehrt aufbringt :
Wenn eine Mitarbeiterin wg. Überlastung einen Nervenzusammenbruch bekommt und das Telefon in den Computerbildschrim schmeißt, um dann heulend rauszurennen (die Frau ist mittlerweile tot) und sich die Geschäftsleitung mit Antworten wie „ja dann versuchen sie mal“, weil sie keine weiteren Leute einstellen wollen wg. der Personalkosten oder Leute rücksichtslos überfordert werden und lediglich Druckkulissen installiert werden statt Führungskompetenzen, dann sind diese Erscheinungsformen ebenfalls nicht hinnehmbar. S. auch den Männergesundheitsbericht hierzu.
Ich hab damals auch Leute unter Druck gesetzt. Das o.g. Ereignis war für mich auch eine Art Schlüsselerfahrung.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,649485,00.html
Hier sind bereits bestimmte Grenzen überschritten. Und das nur, weil wenige Einzelne den Hals mal wieder nicht voll genug bekommen? Ich finde dies in der Tat nicht in Ordnung.
Oh, o.g. Beitrag ist wohl doppelt. Sorry!
Wenn ich die Studie richtig vesrtehe, liegt die Lohndifferenz auf mittlerer Führungsebene bei mehr als 20 %? Da würde mich wirklich interessieren, wie solche Werte noch zu erklären sind. Ich denke, ab einer gewissen Führungsverantwortung wird man kaum die genannte 25-Jährige Ingenieurin einstellen, sondern wahrscheinlich eine Frau mit Berufserfahrung und entsprechendem Fachwissen.
P.S. Da immer wieder auf das schlechtere Verhandlungsgeschick der Damen hingewiesen wurde. Ich finde generell bei der ganzen Debatte um Lohndifferenzen sollte man sich fragen: Warum sind es immer noch Frauen, die in erster Linie Teilzeit arbeiten? Warum wählen Frauen immer noch v.a. „frauenspezifische“ Berufe (und Männer „männerspezifische“). Und warum werden diese frauenspezifischen Berufe schlechter entlohnt? Und, ganz wichtig: Warum verhandeln Frauen schlechter (wenn es denn so ist, wie behauptet)? Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass der Hintergrund immer noch Erziehungsfehler und Rollenklischees sind. Ich z.B. gebe offen zu, dass ich schlecht verhandle. Weil ich es schlichtweg nicht schaffe zu übertreiben, nicht schaffe Schwächen zu leugnen und Fähigkeiten zu behaupten, die ich (noch) nicht habe. Weil es mir unverschämt erscheint, ein hohes Gehalt zu fordern (v.a. als Mutter). Und ich weiß auch ziemlich genau, warum das so ist. ZUmindest ich wurde so sozialisiert (und beileibe nicht nur von meinen Eltern): Bescheiden sein, sich selbst zurücknehmen, nicht zuviel fordern, lieb sein und auf GAR KEINEN FALL JEMALS fordernd oder gar aggressiv sein. Das wurde nie direkt gesagt, es lief einfach über „belohntes“ und „bestraftes“ Verhalten. Das zog sich vom Kindergarten bis hin zum Gymnasium. Erst in der Uni lief das etwas anders. Insofern bin ich mir nahezu sicher, dass sich ein Teil der Gender Gap mit falscher Sozialisation erklären lässt. Oder anders gesagt: Frauen fehlt oft das nötige Selbstbewusstseintreten, sie treten darum in Bewerbungsgesprächen häufiger unsicher auf, wirken dadurch, als wären sie schlechter qualifiziert (was meist gar nicht der Fall ist). Um die Stelle trotzdem zu bekommen, müssen sie dann also etwas bieten. Sprich: Sie müssen weniger Lohn fordern. Ich bin mir relativ sicher, dass das ein relevanter Hintergrund der Gender Gap ist. Darum weiß ich nicht, ob eine Quote da wirklich etwas bringen würde, oder ob es nicht vielmehr um einen Wandel in den Köpfen (v.a. von Eltern, Erziehern und Lehrern) geht.
hallo Helga, danke für deinen post.
finde ich zumindest nachwievor „interessant“ – speziell hier von wg. bezahling.
// wie war das mit statistik // und von wg. „dld. ./. OECD“
vielleicht gibts noch andere ingenieuras die da entsprechende/persönliche/erfahrungen haben – oder sind diese hier nicht erwünscht ?
(weshalb ich erstmal/nicht „meine erfahrungen“ einbringe)
@Angelika: Ich war neulich beim CyberMentor-Kongress und da berichtete eine, dass sie das schon gemerkt hätte, dass Ingenieurinnen weniger verdienen. *seufz*
@Helga – von wg. CyberMentor – ja, das habe ich bei dir/deinem blog gelesen ;)
(zB kenne ich es seit meinen 1990iger-berufsjahren = seitdem sinkendes real-einkommen)
ändert meiner analyse- u. meiner erfahrung nach aber/auch nix „am system“ bzw. „its the system“.
also, wie machen „wir“ das/was, damit sich auch/hier am „pay-gap“ was ändert ?
//ceterum censeo : der sog. fachkräftemangel herr-scht nach wie vor i.d. politik //