Warum Monogamie eine schlechte Idee ist

Die These ist nicht neu: Partnerschaften zerbrechen ihre Langlebigkeit an dem Vorsatz der Monogamie. Menschen seien einfach nicht dazu gemacht, mit nur einem Sexualpartner auf Dauer glücklich zu werden, behaupten Christopher Ryan und Cacilda Jeth. Das Autorenpaar hat in den USA gerade das Buch „Sex at Dawn: The Prehistoric Origins of Modern Sexuality“ veröffentlicht, in dem allerlei Studien aus Natur- und Geisteswissenschaften für ihre These herhalten müssen. Aber sind prähistorische Gesellschaftsentwürfe und ein Blick auf Artverwandte, wie die Bonobo-Affen stichhaltig genug, um die Monogamie als Konstrukt abzumahnen?

Im Interview mit Salon erklärt Psychologe und Autor Ryan die Hintergründe, in denen Penisformen, Hodengrößen und Spermaspuren eine große Rolle spielen, mich persönlich aber nicht sonderlich überzeugen. Gegenfrage: Sagt die Größe meiner Klitoris ebenfalls etwas über meine mangelnde Monogamie-Fähigkeit aus?! Super, dann kann ich es beim nächsten Mal darauf schieben: „Sorry, Schatz, aber hättest du dir meine Klit mal genauer angesehen, hättest du wissen können, dass Fremdgehen in meiner Natur liegt…“

Ich kenne Ryan und Jeths Buch nicht, weiß aber, dass die Ehe und vor allem die Liebesehe ein soziales Konstrukt ist, nach dem unsere Gesellschaft besser funktionieren soll. Denn wo bitte kämen wir hin, wenn jede und jeder wild in der gegend rumvögeln würde? (Ironie!) Zu einem Haufen vaterloser und damit staatlich zu versorgender Kinder. Monogamie ist vor allem Sexual- und Bevölkerungspolitik. Was jedes Paar für sich entscheidet, ist deren Angelegenheit, auch wenn die meisten es lieber für sich behalten, wenn sie eine offene Beziehung führen. Und die Gegenentwürfe zur Monogamie sind facettenreich: One-Night-Stand, Seitensprung, Affäre, Polygamie als Beziehungskonzept – da muss man sich erst mal drüber klar sein, wo Sex aufhört und Betrug anfängt und ob sexuelle Freiheit wirklich immer ein Nachteil für die Beziehung sein muss – partnerschaftliches Einverständnis vorausgesetzt.

Was mich wundert: Wenn es in einer Beziehung sexuell nicht gut läuft, wird gerne darauf verwiesen, dass Partnerschaft so viel mehr sei als Bettakrobatik. Wenn dann aber woanders geturnt wird, dann hängt plötzlich doch die Beziehung dran? Verkehrte Welt!

Die Frage ist, wann geschieht Sex aus echter Lust auf das Fremde, Unbekannte und wann doch eher, um der eigenen Eitelkeit zu genügen, sich zu beweisen, ich kann jede_n haben? Oder weil es einfacher ist, das Abenteuer außerhalb des eigenen Bettes zu suchen, statt sich die Mühe zu machen, die heimische Spielweise aufzurüsten. Ich war nie lange genug in einer Beziehung, um sexuelle Monotonie zu empfinden aber wenn ich die Gelegenheit spürte, fremd gehen zu können, dann fühlte ich mich auch in der Beziehung sexuell nicht ausgelastet und das fiel dann meistens noch unter die 3-Monats-Testphase einer neuen Beziehung. Wie sich die Lust auf Sex mit anderen in einer über Jahren gewachsenen Partnerschaft sowohl körperlich als auch emotional anfühlt, kann ich nicht beurteilen – aber ich bin dagegen, Menschen in ein monogames Korsett zu zwängen, weil es gesellschaftlich verlangt wird. Und noch mehr bin ich dagegen, Männer wegen ihrer Hodengröße oder prähistorischen Jägerlateins von der Monogamie-Pflicht zu entbinden, Frauen aber im Gegenzug immer noch das Märchen von der Liebe und dem Sex zu erzählen – denn sie leben nicht immer glücklich und zufrieden bis in alle Ewigkeit.

37 Kommentare zu „Warum Monogamie eine schlechte Idee ist

  1. Hi, ich kenne weder die Studie, noch deren Autoren. Ich meine auch, das Monogamie ein soziales Konstrukt ist, daher benötige ich für meine Entscheidung keine monogame Beziehung einzugehen auch keine pseudowissenschaftlichen Begründungen…

    Was mir wichtig wäre, dass das Sex-Ding für mich nicht so das Entscheidende ist (für viele Mono-Paare wohl auch nicht: ‚Seitensprünge‘), anstrengend aber auch lohnenswert ist es Liebesbeziehungen zu nicht nur einer Partnerin oder einem Partner zu haben.

  2. ich finde es garnicht mal so verkehrt, zu schauen, was unsere vorfahren denn in beziehungsdingen so für normal hielten. oder sogar, was heute in einigen naturvölkern noch existiert an beziehungskonstrukten.
    und, siehe da, es gibt verschiedenste formen von beziehungen zwischen männern und frauen. ähnlich wie bei der sexuellen orientierung oder auch zuordnung des geschlechts, scheinen die menschen ein „entweder-oder“ bedürfnis zu haben. entweder du gehörst hierzu oder dazu. dabei wissen wir alle, dass es immer grauzonen gibt.
    wir leben in einer gesellschaft, die patriarchal strukturiert ist. der man kontrolliert gerne die sexualität/gebärfähigkeit der frau. auf der anderen seite sieht er die „vorteile“ einer ungezwungenen promiskuität. natürlich fordert er polygamie in erster linie für sich und nicht für die frau. die natur scheint ihm da entgegen zu kommen. da die frau ein höheres „elterliches investment“ trägt und durch ihre mögliche schwangerschaft auch ein stück abhängiger ist (vom mann/der geseleschaft/der sippe usw) als der mann, fühlt er sich in seinem sexuellen tun natürlich freier. auf der anderen seite sind frauen, laut biologie, diejenigen, die sich die gene aussuchen (nänner seien weniger wählerisch), während ihres eisprungs gerne einen anderen typ mann bevorzugen als den, mit dem sie gerade vielleicht liiert sind… und was heisst das? das heisst doch, wenn wir, wie viele männer es gerne machen, die „natur des geshclechts“ als rechtfertigungsgrundlage nehmen, dass die frau von natur aus untreu/polygam ist, vom einen die samen/gene und vom anderen die vaterfähigkeiten für den fortbestand ihrer eigenen gene beansprucht.
    so, das war die natur.
    jetzt kommen wir zu den naturvölkern.
    diejenigen unter ihnen, die eine matriarchale gesellschaftsstruktur haben, geben die verantwortung für die erziehung/“elterlichen pflichten“ der gesammten sippe. es ist eher unerheblich, wer der vater ist. teilweise ist in solchen gesellschaften sogar verpöt, dass die frau eine monogame beziehung zum vater ihres kindes unterhält. klingt für unsere ohren vielleicht komisch, is‘ aber so.

    und nu? was ist richtig? was falsch?
    eben! weder noch.
    aber moralisch angreifbar, je nachdem in welcher gesellschaft man lebt und welches geschlecht durch eine gesellschaftsform bevorzugt wird.

  3. Ich mag die ganze prähistorische Argumentationslinie nicht so sehr, seither hat sich viel getan, durchaus auch Gutes. Wieso haben wir Menschen denn seit Ewigkeiten das Bedürfnis, die Monogamie zu preisen und, wenn möglich, zu leben?

    Mir ist es gleich, welches Beziehungsmodell ein Paar, bzw. dann eben eventuell auch eine Gruppe von Menschen, lebt. Dennoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass auch aus vermeintlich polygamiegewohnten Völkern, von Eifersucht berichtet wird (aktuell z.B. grad Ayaan Hirsi Ali in ihrem neuen Buch). Irgendwie scheint eben doch das Bedürfnis da zu sein, den anderen zu besitzen. So scheusslich das auch klingt.

    Bei mir ist das so, und weil ich weiss, dass mein Partner gleich empfindet, lassen wir die Finger von allem, was den anderen verletzen könnte. Ich empfinde das nicht als Opfer, ich bin ohnehin nicht der Typ um mich ständig nach möglichen Sexualpartnern umzusehen…

    Mag sein, dass ich nicht repräsentativ bin, aber ich wollte dennoch mal eine Lanze für die Monogamie brechen. Für einige ist es das passende Beziehungsmodell, und für sehr, sehr viele ein Wunschtraum.

  4. @ Laura

    ich stimme dir voll zu, wenn du das für dich passende Beziehungsmodell verteidigst und es ist egal, ob repräsentativ or not – hauptsache, für dich bzw. euch stimmt es!

  5. Ich kann mich Lauras Worten anschließen, da ich genau so denke, möchte aber auch noch hinzufügen, dass Monogamie auch unter Tieren vorkommt. Raben, Albatrosse, Füchse, Wölfe, Biber und sogar einige Fische. Es ist also durchaus ein natürliches Phänomen, wobei auch im Tierreich druchaus schonmal „fremdgegangen“ wird.

    Vielleicht sollte das Thema einfach nicht überbewertet werden, es sollte jeder so leben, wie er sich am wohlsten fühlt. Ob nun mit einem Partner, oder mit mehreren.

  6. Monogamie ist vor allem dazu da, für Männer den Druck aus dem Partnermarkt zu nehmen. Wenn alle für den Rest ihres Lebens unter die Haube kommen, dann bleibt gemäß simpelster Mathematik fast für jeden eine übrig. Wenn sich Paare irgendwann wieder trennen, konzentrieren sich alle freien Männer zwischen 14 und 84 auf die paar freien Frauen zwischen 14 und 44. Das geht sich einfach nicht aus.

    Keine Ahnung, was man daraus folgern soll. Aber wenn ich im Geiste meinen Freundeskreis so durchgehe, wo viele Männer meistens Single sind und die meisten Frauen so gut wie nie allein, dann kommt mir der Verdacht, dass wir den Effekt des Endes der Monogamie schon spüren.

    Nicht, dass ich sie zurückhaben wollte, natürlich. Ich glaube, die Zukunft ist die Polyandrie. :)

  7. Ich bin froh, dass hier tatsächlich jedem sein eigenes Beziehungskonzept zugestanden wird – ich hab oft das Gefühl, überzeugte Monogamisten seien plötzlich „uncool“.

    Vielleicht bin ich nur zu faul, mir ständig wen Neues zu suchen, der dann plötzlich auf ganz andere Dinge steht als der Letzte. Vielleicht bin ich auch ausgelastet mit dem, den ich habe. Vielleicht bin ich auch zu egozentrisch – meins ist meins, und da hat keine andere was dran zu suchen.

    Wer das anders sieht – bitteschön. Partnerschaftliches Einverständnis und Gleichberechgtigung sind hier eigentlich das Einzige, was zählt, würde ich sagen.

  8. ‚Alle freien Männer zwischen 14 und 84 konzentrieren sich auf die paar freien Frauen zwischen 14 und 44?‘

    *Lach*

    Ist wohl doch nicht so – dafür kenn ich zuviele Frauen über 44, auch weit darüber, die sehr erfolgreich ihre (meist jüngeren, und manchmal mehrere) Liebhaber geniessen, (und eine Menge Spass haben) – ach so, es ging um ‚Partnerschaft‘ zwecks ‚Kinderaufzucht‘ – öd, seufz!

    Also, bitteschön, es gibt auch noch jede Menge anderer Modelle neben diesem Althergebrachten Modell!

  9. Naja, ich hab‘ das vielleicht ein bisschen unscharf formuliert. Aber es stimmt im wesentlichen trotzdem. Der Männerüberschuss innerhalb der, sagenwirmal, fertilen Altersgruppen ermöglicht es den älteren Frauen ja erst, jüngere Männer zu finden, die ansonsten auch eher eine jüngere Frau vorzeihen würden. (Ich weiß, noch eine extreme Verallgemeinerung, aber es ist ja eine statistische Angelegenheit, da kommt’s auf ein paar einzelne Gegenbeispiele nicht an. ;)

  10. Ist schon ein Dilemma, sowohl der Wunsch nach Monogamie als auch Promiskuität und die Zuneigung für mehrere Personen liegen in der Natur des Menschen.

    „Partnerschaftliches Einverständnis und Gleichberechgtigung sind hier eigentlich das Einzige, was zählt, würde ich sagen.“

    Genau! Nur sind in der „Welt da draussen“ nicht alle so verständnisvoll..auch in Onlinediskussionen wird sexuell nicht Monogam lebenden Menschen ja gerne unterstellt, sie seien egoistisch, masslos und sowieso ganz verkommen.

  11. Unscharf, ja, vor allem was die Opis Mitte 50 bis 84 betrifft.

    (Hierzu mal ein netter link, den junge Frauen zu empfehlen – 50 Reasons to Date an Older Man :-) http://www.itsjustanumber.com/member/321/blog/view/3/ )

    Und auch die Mitte 50-jährigen Männer sind halt öfter schon zu alt für viele Frauen (auch für die Ende 40 Anfang 50). Das sag ich jetzt nicht aus Provokation, ich habe es wirklich ganz oft so beobachtet, und höre es auch immer wieder von Bekannten/Kolleginnen/Freundinnen. DA hat sich irgendwie eine Menge verändert in den letzten Jahrzehnten. Die Frauen sind ja auch einfach 100 mal fitter und selbstbewusster geworden, und dadurch eben auch viel attraktiver.

    Und viele der dazugehörigen jüngeren Männer sind glücklich, und es ist fraglich,ob sie wirklich immer eine jüngere Frau vorziehen würden. MAnchmal ja, oft aber eben auch nicht. Es scheint, als ob sich da doch einiges ändert!

  12. Meine meinung:
    Der Ackerbau war der startschuss für die moderne (nukleare) familie.

    Denn land und viehbesitz werden vererbt, da hat der mann ein interesse an der monogamie seiner frau, denn bis zu diesem zeitpunkt ist ja die frau informationstechnisch privilegiert: Nur sie weiß sicher welche kinder von ihr sind.

  13. @björn
    Ja ich stimme zu.
    Ich halte die monogamie auch für eine einrichtung die zumindest den nebenzweck verfolgt, dass die masse der durschnittsmänner sich verbündet gegen die alphatiere.

    Denn was wäre die situation ohne eine strenge monogamie? 5% der männer haben allen sex und wandern von frau zu frau und 95% der restlichen männer gehen leer aus. Das wäre in etwa das natürliche gleichgewicht das sich einstellen würde ohne soziale korrektur.

    Die ironie ist dass frauen genau dagegen passiven widerstand geleistet haben um der natur hintenrum zu ihrem recht zu verhelfen. So mussten sie vielleicht den ihnen zugedachten mann heiraten, aber sex gehabt und forgepflanzt hat sich der alpha hinter dem rücker der beta-ehemänner trotzdem immer wieder. Migräne, Kukukskinder, die geschichte ist ja legion …

  14. Hä?

    @EmmiDemmi: Danke, ich wollt auch grade nachhaken, welcher junge Mann sich denn ’ne „alte“ nimmt, wenn er lieber ein junges Ding hätte.

    Und es stimmt tatsächlich, dass geade die Frauen, die jetzt so zwischen 40 und 50 sind, deutlich „jünger“ sind als die gleichalten Männer. Ich sehe das an meiner eigenen Mutter – sie ist jetzt 49, und mein Freund hat sie allen Ernstes für 35 gehalten – bis ihm auffiel, dass sie ja vier Töchter von 18 bis 30 hat…

    Während ich dagegen bei 50jährigen Männern meistens schon eine leichte „Vergreisung“ fesatstellen kann.

    Bei Beziehungen mit starkem Altersunterschied ist zwar immer noch der Klassiker alter Mann-junge Frau vorherrschend, aber die Frauen holen eindeutig auf :)

  15. Ja, und weil sich Beziehung nicht mehr notwendigerweise mit Kindern decken muss, gibt es neuerdings auch viele andere Varianten. Mono- und polygam, polyandrisch oder mal so mal so – ausserdem hetero-, homo- bisexuell – oder mal so mal so.

    Also, damit möchte ich auch sagen, dass Monogamie bei vielen über längere Lebensphasen wichtig ist (@Laura), das aber durchaus nicht immer so bleiben muss. Tut es oft nicht.

  16. @Opa Fritz:
    Das stimmt dann, wenn man davon ausgeht, dass immer in der väterlichen Linie vererbt wurde.

  17. Evolutionsbiologen haben herausgefunden, dass die optimalste Überlebenschance von Kindern bei Naturvölkern dann gewährleistet ist, wenn zwei mögliche Väter im Spiel sind, (und die Mutter auch zu beiden eine Beziehung unterhält).

    Danach folgen Kinder aus tendentiell monogamen Beziehungen.

    Kinder aus polygamen Familienstrukturen (ein Mann, mehrere Frauen) haben tendentiell die schlechtesten Überlebenschancen.

  18. Monogamie bis zu 3 jahren ist ja auch ein emotionales bedürfnis das der kinderaufzucht dient und völlig natürlich ist. Ich meinte mit „strenger monogamie“ die heirat auf lebenszeit inklusive gesellschaftlicher vernichtung aller alternativen.

  19. Klar, jeder muss schauen, dass er/sie sich in seiner Beziehung – egal ob monogam oder polygam – wohlfühlt, das ist eindeutig, das wichtigste.
    Aber ich finde es doch wichtig, dass man zumindest die Wahl hat bzw. das die Leute um einen herum nicht sagen man ist komisch nur weil man eine bestimmte Art von Beziehung führt. Und da denke ich, dass die Stigmatisierung bei der offenen Beziehung schon größer ist. Ich persönlich habe bisher nur monogame Beziehungen geführt, wäre aber auch offene für eine offene Beziehung. Das schwierige ist nur erstmal jm. zu finden, der dieses „Experiment“ mit mir wagt, weil monogame Beziehung nun mal als Standard gilt ohne weitere Alternativen.

  20. @EmmiDemmi, hast Du zu der Sache mit den Überlebenschanchen vielleicht eine Quellenangabe? Ich finde die Ergebnisse auf den ersten Blick plausibel, aber das würde mich mal genauer interessieren…

  21. @Lori

    Ja, leider, die meisten Leute haben zu viel Angst, zuwenig Phantasie und Kreativität, sind da irgendwie nicht beweglich genug. Ich finde es ein tolles Experiment. Klar kann es auch in die Hosen gehen! Aber wer wagt gewinnt! MAn kann dieses Experiment aber nur leben, wenn man sich auch allgemein von starrem geschlechts- und rollenspezifischen Vorstellungen verabschiedet. Und natürlich von Besitzdenken und dergleichen.

    Und man kann es nur gut leben, wenn man auch seinen Egoismus und seine Gier aufgibt – dann darum geht es eigentlich gerade nicht! DAs ist aber vielen zu hoch :-(

  22. @Björn: Momentan nicht, ich weiss nicht mehr wo ich das gelesen habe. Aber vielleicht mal googlen. Kann sein, dass es Sarah Hrdy war, die viel über Mutterschaft geforscht hat. Der Stamm, der da beschrieben wurde, in dem die Frauen meistens 2 Männer haben, ist ein südamerikanischer Indianerstamm.

  23. Als Absolventin eines Archäologie-Studiums muss ich das kommentieren:
    Aussagen, die die Gesellschaft der Alt- und Mittelsteinzeit (also vor dem Ackerbau) betreffen, können nie mehr als vage Spekulationen sein. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind viel zu dünn, um sich ein klares Bild darüber zu machen, welche Rolle z. B. Privatbesitz oder Kindererziehung spielte, geschweige denn welche Wertvorstellungen und Erwartungen die damaligen Menschen hatten. Vom südpazifischen „Naturvolk“ oder gar vom Bonobo, der immer noch ein anderes Tier ist, Schlüsse auf den prähistorischen Menschen abzuleiten, ist zwar immer wieder ein lohnendes Gedankenexperiment, aber keine Methode der wissenschaftlichen Beweisführung.

    Das dazu. Abgesehen davon kann an der Grundthese des Buches natürlich trotzdem was dran sein.
    (Gelesen hab ich dasselbe wie ihr alle: nur das Interview.)

  24. Nachtrag, um das noch mal plakativ in einem Satz zusammenzufassen:

    Ich halte die These des Buches für einen wertvollen Diskussionsanstoß, die wissenschaftliche Methode dahinter aber für unseriös.

  25. @Alba
    Ah, danke, dass das jemand sagt :D

    Ist zwar vom Thema weg, aber mir fällt gerade wieder ein, wie mich diese eigentlich gefestigte Meinung von der geschlechtlichen Rollenverteilung bei den Jägern und Sammlern nervt. Das hat sich doch irgendwann mal ein Wissenschaftler mit seiner gebiasten Meinung ausgedacht und es wird immernoch heute als selbstverständlich angesehen und gelehrt, dabei kann man nicht beweisen, dass diese Gesellschaftsform bei allen Menschen in dieser Zeit so stattgefunden hat.

    Mein Vater und ich sinnieren immer darüber, dass eine komplexere Rollenverteilung viel sinnvoller gewesen wäre: im Sommer sammeln beide Geschlechter, da es ja genug gibt und es wird Wert auf Handarbeit gelegt und im Winter machen sich dann wieder beide Geschlechter auf die Jagd, denn hey, bei sowas schwierigem wie Mammut-Jagen ist jede helfende Hand unersetzlich! Und die Kinder? Ja die können doch von den älteren Mitgliedern der Sippe versorgt werden.

    Aber naja… erst letztens hatte ich ein Gespräch mit einer Kommilitonin, die dieses Bild so verinnerlicht hatte, dass sie die Jäger-Sammler-Gesellschaft auf unsere heutige projezierte. Als ich dann meinte, es könne ja auch anders gewesen sein und ihr meine Idee erläuterte, meinte sie dann nur, dass Frauen ja viel schwächer vom Körper her seien (was so nciht stimmt, ihre Kraft zeigt sich nur anders, wie sollen sie sonst in einer prähistorischen Welt eine Schwangerschaft und Geburt überstehen). Als ich dann weiter diskutierte fiel dann der Satz „aber in der Schule haben wir das immer so gelernt bekommen“ und erst dann fiel mir erstmal auf, dass in der Schule immer noch dieses wissenschaftlich nicht wirklich belegte Gesellschaftsbild vermittelt wird.

  26. @lacyuu

    Meine Geschichtsdidaktik lehrende Mutter setzt sich sehr dafür ein, dass dieses Männer->Jäger, Frauen->Sammlerinnen – Bild aus den Geschichtsbüchern verschwindet – nicht nur wegen der gesellschaftlichen Konsequenzen, die es hat, sondern weil´s historisch wohl auch einfach nicht korrekt ist. Frauen haben mitgejagt, darauf gibt es ausreichend Hinweise. Das alte Bild hält sich nur, weil die Menschen leider an ihm als einfachem Rechtfertigungsmechanismus hängen.
    Ich frag sie mal nach Quellen, hab jetzt auf die Schnelle im Netz nichts gefunden.

  27. Als ich dann meinte, es könne ja auch anders gewesen sein und ihr meine Idee erläuterte, meinte sie dann nur, dass Frauen ja viel schwächer vom Körper her seien (was so nciht stimmt, ihre Kraft zeigt sich nur anders, wie sollen sie sonst in einer prähistorischen Welt eine Schwangerschaft und Geburt überstehen).

    Dabei übersehen die Leute, die sowas sagen, dass bei den Säugetieren auch fast jedes Weibchen etwas kleiner und schwächer ist, es aber trotzdem beim Jagen gut zurecht kommt. Bei den Löwen sind es sogar nur die Löwinnen, die jagen. Andere Großkatzenarten sind eher Einzelgänger und die Weibchen jagen auch alleine. Wölfinnen jagen auch. Warum sollten menschliche Frauen also nicht auch in der Lage sein zu jagen?

    Und um wieder den Bogen zum Thema zu schlagen: es gibt aber auch Hinweise, dass die Frauen sich die Männer ausgesucht haben, also nicht wirklich monogam gelabt haben:
    http://www.wissenrockt.de/2010/05/06/warum-frauen-penisgrose-wichtig-ist/

  28. @Lisa

    danke für dieses argument. das nenne ich auch immer. aber dann heisst es, menschen sind ja keine raubtiere, bei den tieren sind beide geschlechter körperlich für’s jagen geeignet..

  29. @Mel:

    Echt? Dann ist bei solchen Gesprächspartnern Hopfen und Malz verloren. Ich bestehe dann immer darauf, dass sie mir erklären, wie genau man denn als Steinzeitmensch jagt und warum Frauen das angeblich nicht können. Keine Antwort meistens.

  30. Mir geht es ähnlich wie Morjanne.
    Ich persönlich möchte durchaus monogam leben. Vor kurzem lernte ich ein paar Leute kenne, die offen polygam leben. FÜr mich wäre das nichts. Es wäre mir schon einfach zu stressig.

    Jeder soll jedoch so leben wie es ihr/ihm gefällt.

  31. „denen Penisformen, Hodengrößen und Spermaspuren eine große Rolle spielen, mich persönlich aber nicht sonderlich überzeugen. „.

    Immer wieder grassieren Studien und neue Erkenntnisse zum Frauen/Männerthema. Man kann sie mit Interesse zur Kenntnis
    nehmen und sich seinen Reim darauf machen.

    Einen passendes Statement fand ich von Prof. Zulehner :

    „Übrigens : Ein guter Ratschlag für Sie : Bleiben Sie der Forschung gegenüber sehr skeptisch. Dann haben Sie am meisten
    davon. Schauen Sie sich die Ergebnisse wie mit einem Spiegel an und fragen Sie : „Was lerne ich daraus an Fragestellungen?“
    Und wenn Sie dann im Dialog mit den Forschungsergebnissen sagen, da bieten sich mir Antworten und fragmentarische
    Antworten an, dann nehmen Sie diese. Wenn Sie sagen :“Kann ich nichts anfangen damit.“ – Papierkorb.“

    (Quelle : Männernetzwerk, Teil 2, S. 6)

    „um der eigenen Eitelkeit zu genügen, sich zu beweisen, ich kann jede_n haben? “

    Ist m.E. eine unbefriedigende Variante, denn eigentlich sucht man/frau Erotik, Nähe und Angenommensein, darf sich aber
    bei dieser Haltung nicht ganz fallenlassen. Geht so in Richtung „Baggerführertricks“, hab ich damals aber mit einem Motorradkumpel
    Krach gekriegt, der eine feste Freundin hatte, die ihn aushielt und er sich Bestätigungen aber immer wieder soanders holte.

    „..wann geschieht Sex aus echter Lust auf das Fremde..“

    Ich meine, wenn man/frau authentisch ist und die Aufregung und körperliche Nähe sich gegenseitig hochschaukelt. Manche
    sprechen schonmal vom intensiven Erleben „Kundalini“.

  32. So, ich hab jetzt eine Quelle zu Frauen als Jägerinnen :). Ist die Habil von Linda Owen,
    „Distorting the past: Gender and the division of labor in the european upper
    paleolithic“, ISBN: 3935751028.

  33. Monogamie mag ein soziales Konstrukt sein, auf individueller Ebene ändert das aber nichts daran dass sie oft das kleinere Übel darstellt. In einer Welt die weitgehend nicht monogam ist wären wir dem vollen Beziehungswettbewerb ausgeliefert, eine Aussicht die für die meisten sozial und körperlich weniger konkurrenzfähigen Bewerber wenig attraktiv sein dürfte. Ein solcher Wettbewerb ist stressig und kostet wertvolle Kraft und lohnt sich bei weitem nicht für jeden.

    Selbst wenn man nicht wirklich monogam leben will, die Hürde in ein nicht monogames Leben, mit der Aussicht potentiell erstmal gar keine Beziehungen zu haben, ist für die allermeisten Menschen offenbar ausreichend abschreckend.

    Denn wo bitte kämen wir hin, wenn jede und jeder wild in der gegend rumvögeln würde? (Ironie!) Zu einem Haufen vaterloser und damit staatlich zu versorgender Kinder. Monogamie ist vor allem Sexual- und Bevölkerungspolitik.

    Früher dürfte Monogamie in der Tat primär diesem Zweck gedient haben. Heute hat dies denke ich an Bedeutung verloren (wir leben glücklicherweise in einer Zeit, welche freiwillige Nachkommenslosigkeit erlaubt).
    Ich vermute aber auch, dass der weitgehende Verzicht auf Monogamie tatsächlich die Gesellschaft umformen und auch in gewisser Weise destabilisieren würde. Dies wäre mit Sicherheit nicht der Untergang, es würde sich ein neues gesellschaftliches Gleichgewicht einstellen. Allerdings haben offenbar viele Menschen vor solchen Veränderungen genügend Angst.

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