Von Schmetterlingen und Ponys: Kristina Schröder spricht mit dem Spiegel

Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hat dem Spiegel ein Interview gegeben. Dieser wiederum hat eine Vorankündigung dieses Interviews online gestellt und seitdem die draußen ist, überschlagen sich die Kommentatorinnen und Kommentatoren auf Twitter und in Blogs geradezu.

Inzwischen ist das Interview in gesamter Länge bekannt und die Reaktionen schwanken zwischen „noch schlimmer als erwartet“ und „kein mann dieses landes hätte solch ein perverses interview über sich ergehen lassen müssen.“.

Aber um was geht es nun eigentlich in dem Interview? Es geht um Schröders Verhältnis zum Feminismus, um Jungsförderung, darum, dass sie bei der Hochzeit ihren Namen abgegeben hat, um Helmut Kohl … alles keine überraschenden Fragen und auch bei den Antworten ist keine dabei, die wirklich überrascht. Das hat man alles so oder so ähnlich von der Ministerin schon mal gehört.

Gehen wir also gleich in die Vollen und beginnen mit dem Teil, der durch die Vorankündigung viel Aufmerksamkeit und Widerspruch hervorrief. Schröder sagt ziemlich zu Anfang des Interviews:

SPIEGEL: Wie finden Sie Alice Schwarzer?
Schröder: Ich habe viel von ihr gelesen – „Der kleine Unterschied“, später dann „Der große Unterschied“ und „Die Antwort“. Diese Bücher fand ich alle sehr pointiert und lesenswert. Etliche Thesen gingen mir dann aber doch zu weit: zum Beispiel, dass der heterosexuelle Geschlechtsverkehr kaum möglich sei ohne die Unterwerfung der Frau. Da kann ich nur sagen: Sorry, das ist falsch.
SPIEGEL: Warum?
Schröder: Es ist absurd, wenn etwas, das für die Menschheit und deren Fortbestand grundlegend ist, per se als Unterwerfung definiert wird. Das würde bedeuten, dass die Gesellschaft ohne die Unterwerfung der Frau nicht fortbestehen könnte.
SPIEGEL: Dachten Sie, Feministinnen würden Beziehungen zwischen Männern und Frauen grundsätzlich ablehnen?
Schröder: Es gab in der Tat eine radikale Strömung, die in diese Richtung argumentiert hat und die die Lösung darin sah, lesbisch zu sein. Dass Homosexualität jetzt aber die Lösung der Benachteiligung der Frau sein soll, fand ich nicht wirklich überzeugend.

„Bei ihrer Kritik machte die jüngste Ministerin der schwarz-gelben Bundesregierung auch vor der Ikone der deutschen Frauenbewegung, Alice Schwarzer, nicht Halt.“ schrieb Spon dazu.

Nein, so was. Eine Frau, die es wagt, Schwarzer zu kritisieren. Bitte, damit sollte doch auch Der Spiegel niemand mehr hinter dem Ofen hervor locken können. Das Problem liegt doch an einer ganz anderen Stelle, nämlich an der völligen Gleichsetzung von der Figur Schwarzer und „dem Feminismus“, sowohl von Seiten der Interviewer als auch durch Schröder.

Darüber hinaus lässt Schröder jeden Bezug zur Entstehungsgeschichte dieser Texte und ihrer „radikalen Thesen“ vermissen. Im Kern ist ihr diese Distanzierung an sich erstmal nicht vorzuwerfen (siehe auch hier). Aber, und hier verschließt Schröder wohl wirklich die Augen vor der Wahrheit, denn was nicht sein kann, darf auch nicht sein: Ja, der Fortbestand der Gesellschaft wie sie sich damals darstellte war tatsächlich ohne die „Unterwerfung der Frau“ nicht gesichert, sei es nun im Bett oder außerhalb dessen.

Das wirklich erschreckende ist jedoch, dass Schröders Vorstellung vom Feminismus an dieser Stelle verharrt. Sie distanziert sich – aus heutiger Sicht nachvollziehbar – von einigen Statements der „zweiten Welle“, aber schafft es im Anschluss nicht, zu bemerken, dass es weder „den Feminismus“ gibt, noch dass die Themen, Theorien und auch die Rhetorik der Feminist_innen sich verändert haben.

Wenn unser Finanzminister sagen würde, er kann mit Feminismus nichts anfangen, weil er Schwarzer blöd findet, dann ist das bedauerlich. Wenn unsere Frauen- und Familienministerin so etwas sagt, dann ist das ein Armutszeugnis. Auch die Frage danach, ob der Feminismus Frauen „unterm Strich glücklicher“ gemacht habe, beantwortet sie ausweichend und wieder mit Bezug auf „den frühen Feminismus“. Dieser habe übersehen, „dass Partnerschaft und Kinder Glück spenden“. Dass wir hier natürlich ausschließlich von heterosexuellen Partnerschaften sprechen, muss wahrscheinlich nicht näher erwähnt werden.

Darüber hinaus führt dieses Statement nahtlos zum zweiten, großen Lücke in Schröders Weltbild: Wenn es nach ihr ginge, so könnte das „Frauen-“ im Titel wohl gegen ein „Mütter“ ersetzt werden. Denn Frauen sind immer Mütter oder anders gesagt, die Frauen, um die „wir“ uns kümmern müssen, die „unsere Unterstützung“ brauchen, das sind die Mütter. Nicht die kinderlosen Frauen, nicht die Migrantinnen, nicht die Lesben (außer vielleicht, sie haben Kinder), nicht die …. Nein, es geht nur um die Mütter. Frauenpolitik erschöpft sich darin, sich irgendwo im Dunstkreis „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ zu positionieren. So ist es auch nur konsequent, wenn Schröder zum Thema Quote unter anderem folgendes sagt:

Schröder: Sie müssen sich auch einmal fragen, welche Frauen von einer Quote profitieren würden: wahrscheinlich jene, die keinerlei familiäre Verpflichtungen haben. Aber wollen wir nicht genau den Frauen mit Familie helfen? Deswegen müsste man, wenn überhaupt, theoretisch eine Mütterquote einführen, was praktisch aber unmöglich ist.

Das ist also das Frauenbild unserer Ministerin. Erstmal schön den Auftrag der Gesellschaft erfüllen und brav reproduzieren und dann sehen wir mal weiter. Was wäre das auch für eine Welt, in der Frauen ohne familiäre Verpflichtungen von einer Quote (oder gar anderer Frauenförderung) profitieren würden?

Was uns gleich zum nächsten Punkt bringt, der Gender Pay Gap. Auch hier zeigt sich Schröder völlig unbeirrt: Wirklich strukturell benachteiligt sind – natürlich – nur die Frauen mit den familiären Verpflichtungen aka Mütter:

„Erstens wird Frauen oft noch jahrelang nachgetragen, wenn sie für die Familie eine berufliche Auszeit genommen haben. Zweitens bekommen Frauen, die Teilzeit arbeiten, dafür im Schnitt rund 6,5 Prozent weniger Lohn als Männer.“

Und sonst? Nun, Frauen studierten eben Germanistik und Männer Elektrotechnik und

„Wir können den Unternehmen nicht verbieten, Elektrotechniker besser zu bezahlen als Germanisten.“

Aber warum studieren Frauen Germanistik? Vielleicht, weil es einfach zu viele Menschen wie Schröder gibt, die unterschiedliche Interessen von Jungen und Mädchen schon im Kindesalter als zementiert und biologisch gegeben erachten (denn dass auch de Beauvoir sie nicht überzeuge, wurde ebenfalls gleich zu Beginn des Interviews klar gestellt). So sagt sie im Zusammenhang mit einem ihrer Lieblingsthemen, der Jungenförderung:

Schröder: Wir müssen auch die pädagogischen Inhalte in Kitas und Schulen daraufhin prüfen, ob sie die Bedürfnisse von Jungs angemessen berücksichtigen. Mal überspitzt ausgedrückt: Schreiben wir genug Diktate mit Fußballgeschichten? Dafür interessieren sich auch die Jungs. Oder geht es immer nur um Schmetterlinge und Ponys?

Schmetterlinge und Ponys sind also die Germanistik der Grundschule und es ist anzunehmen, dass Artikel wie der aus dem Tagesspiegel von letzter Woche („…weil ich im stehen Pinkeln kann“, wir berichteten) für Schröder keinerlei Anlass sind, etwas an ihrer Einstellung oder Politik zu ändern.

Apropos Tagesspiegel. Dort war zu lesen, dass weibliche Jugendliche über ein weniger positives Selbstbild als männliche Jugendliche verfügen und weniger in ihre eigene Leistungsfähigkeit vertrauen. Sie wählten „in der großen Mehrheit geschlechterstereotype Berufe mit geringen Aufstiegschancen“. Und weiter heißt es:

„Wie stark Rollenstereotype Mädchen beim Lernen behindern, ist unlängst in der OECD-Studie „Equally prepared for life?“ beschrieben worden. Trotzdem ist es in konservativen Kreisen heute üblich, die Jungen als Opfer des Schulsystems zu betrachten und zu beklagen. Wenn man aber nicht nur auf die Schulabbrecher und die Haupt- und Sonderschüler schaut (unter ihnen übrigens auch ein sehr hoher Anteil an Migrantinnen), sondern auf die Persönlichkeitsentwicklung allgemein, ist festzustellen, dass weibliche und männliche Jugendliche am Ende der Schulzeit nicht gleichermaßen gut auf das Leben vorbereitet sind.“

Schröder hingegen sagt:

Schröder: […] Ich fand schon immer, dass wir das Thema Jungen- und Männerpolitik sträflich vernachlässigen. Es ist doch so: Früher hatte das katholische Arbeitermädchen vom Land die größten Probleme in der Schule. Heute sind es die Jungs aus bildungsfernen Schichten.

und

SPIEGEL: Wie würden Sie uns Jungs denn gern helfen?
Schröder: Ich will zum Beispiel dafür sorgen, dass es mehr männliche Erzieher in Kitas und Grundschulen gibt. […]

Es ist wirklich ein Jammer, dass „der Feminismus“ für Schröder vor Jahrzehnten stehen geblieben ist. Sonst wüsste sie, dass sie mit so einer Forderung bei vielen Feminist_innen wirklich offene Türen einrennt. Aber, liebe Frau Schröder, da schließt sich der Kreis zur Gender Pay Gap: Der Beruf der Erzieherin ist leider einfach zu schlecht bezahlt, das wollen nur wenige Männer machen. Die sind eben klüger als wir Frauen und studieren lieber Elektrotechnik.

Wie kommt nun angesichts all dieser Abgründe aber unter anderem Nele Tabler zu folgender Einschätzung:

„Dieses Interview und die Vorabmeldung sind auch ein Paradebeispiel dafür, wie zwei eingebildete arrogante Gockel versuchen, eine Frau zu diskreditieren, lächerlich zu machen, ihr das Wort im Mund herumzudrehen …“

Nun, sie hat Recht. Das gesamte Interview hinterlässt an vielen Stellen einen faden Beigeschmack, der sicher nicht nur durch die Antworten Schröders entsteht. Die Spiegel-Interviewer geben sich jovial-überheblich, finden sich selber wohl ziemlich lustig (das „Referat für Jungs“ wird da zum „Referat für die Opfer des Feminismus“), stellen übergriffige Fragen zu Schröders Privatleben und gefallen sich insgesamt sehr in der „jetzt führen wir die junge Dame aber echt mal vor“ Rolle. Über die Gründe dafür, sich angesichts der sich wirklich selbst entlarvenden Ansichten und Antworten Schröders für diese Art der Interviewführung zu entscheiden, könnte viel spekuliert werden. Das Mitleid mit Schröder hält sich allerdings im Hinblick auf ihrer klaren Distanzierung von allem, was nach Feminismus auch nur riechen könnte, trotzdem in Grenzen. Und ich hoffe wirklich, dass Nele Tablers Satz „Ach, Frau Schröder, ich denke ja, dass Sie in Ihrem Innersten doch eine Feministin sind!“ ihr nicht doch noch eine Verleumdungsklage einbringt.

36 Kommentare zu „Von Schmetterlingen und Ponys: Kristina Schröder spricht mit dem Spiegel

  1. habe jetzt ein schlechtes gewissen, weil ich literaturwissenschaft studiere und keine frau bin.
    aber ehrlich gesagt: wieso wird sie vorgeführt? sie wird ja nicht plötzlich zu einer stellungnahme bezüglich ethnischer konflikte in zentralasien ausgefragt, sondern zu dingen, die in ihrem verantwortungsbereich als ministerin liegen.

  2. Bin ich der einzige, der das Gefühl hat, dass Männer vielleicht auch deshalb Karriereberufe einschlagen, weil sie das Gefuhl haben, mit ihrem Gehalt später eine Familie ernähren können zu MÜSSEN.

    Ich glaube, die meisten dieser Karrierejobs sind kein Spaß, und vielleicht würde sich mancher Versicherungsmathematiker wünschen, einen interessanteren, erfüllenderen Job zu haben, allein, das Gefühl, ohne wirtschaftliche Basis keine Partnerin zu finden, mit der er eine Familie gründen kann, hält ihn davon ab.

    Es gibt genug Untersuchungen, die ergeben, dass Frauen nun mal bei der Partnersuche sozial und wirtschaftlich gut gestellte Männer bevorzugen. Und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie sich das auf die Karriereplanung von Männern auswirkt.

    Oder anders gesagt, ist es denn abgemachte Sache, dass die Erzieherin mit dem Gehalt eine schlechtere Berufswahl getroffen hat als der IT-Administrator mit dem besseren Gehalt? Geld ist dafür doch wohl kaum das einzige Kriterium.

  3. @Milhouse. Bist du nicht, aber das Einfühlungsvermögen fehlt vielleicht hier. Oder ist es vielleicht das mädchen Mann nicht zutraut, soweit vorauszudenken?

    Werden Frauen eigentlich auch gefragt wenn sie sich Orchideenfächter oder Fächer wie Germanistik oder Sozialwissenschaften aussuchen, oder generell einen Beruf erlernen der nicht so viel einbringt, ob sie damit später auch eine Familie ernähren können? Stellen sie sich überhaupt selbst die Frage?

    Komischerweise beantworten mir sämtliche Männer in meinem IT-Studiengang oder bei den Ingenieuren diese Frage mit einem lauten und deutlichen JA! Es ist ja nicht so, dass es deren einziges Interesse ist. Aber vielleicht das, welches sich am besten monetär verwerten läßt.

    Wieviele Männer gibt es wohl, die sich für engl. Literatur, Kunstgeschichte, Fremdsprachen, Geschichte und Co. interessieren aber auch gleichzeitig die wirklich eingeschränkten Berufschancen in diesen Felder sehen. Dann ist es halt wieder was Technisches. Dort fehlt es an Leuten, die Bezahlung ist gut und man hat Aufsteigschancen. Um die privaten Interessen kümmert man sich halt in der spärlichen Freizeit, oder stellt das hintenan bis die Familie aus dem Gröbsten raus ist.

  4. Den Mechanismus gibt es sicher. Männer meinen sie „müssen“ wirtschaftlich erfolgreich sein, um als Partner in Frage zu kommen.
    Aber hast du dich schonmal gefragt, ob Frauen vielleicht meinen sie „müssen“ sich einen bessergestellten Mann suchen, weil sie in den Berufen, die sie „können“ nicht genug Geld bekommen?

  5. Den Denkfehler, den die Ministerin dann macht, wenn sie meint, dass Partnerschaft und Kinder Glück spenden, ist der, dass ja gerade die Frauen der zweiten Welle das häufig eben nicht ausschließlich so erlebt haben. Sie agierten ja aus der Situation raus, dass Frauen damals ihren Männern rechtlich unterlegen waren. Sie durfte nicht ohne Erlaubnis arbeiten, Gewalt in der Ehe wurde nicht geahndet, und u.U. war der Zugang zu (effektiven) Verhütungsmitteln auch nicht gegeben. Da kann man es den Feministinnen damals ja wohl nicht vorwerfen, dass sie die heterosexuelle Kleinfamilie damals nicht als Quell des höchsten Glücks ansahen, oder?

  6. @neeva

    Guter Gedanke. Allerdings spricht für mich die Tatsache, dass insbesondere gutverdienende Frauen wert auf einen Partner mit hohem Status und Einkommen legen, dagegen.

  7. @milhouse: Die Diskussion, auf was Frauen nun angeblich wert legen, hatten wir hier schon mehrere Male und es gibt einen deutlichen Trend, dass Frauen inzwischen öfter Männer mit weniger Einkommen oder niedrigerem Bildungsgrad heiraten. Das es meist noch anders ist, liegt auch daran, dass bis heute wenig Frauen mehr verdienen als Männer, erst die jungen Frauen bei der Bildung gleichgezogen haben etc. Eine weitere Diskussion über angebliche Motive (oder weitere Reduktion aller gesellschaftlichen Vorgänge auf die Partnerwahl von Frauen) ist hier weder spannend noch angebracht.

  8. Es stimmt: Männer denken bei der Berufswahl meist daran, womit sich am besten Geld verdienen lässt.
    Das hat ihnen Ihre Mutter (und ihr Vater, wenn er mal da ist) so beigebracht.
    Aber sie denken dabei eher ans „Porsche fahren“ und weniger an die Partnerwahl und ans Heiraten.

  9. @helga

    „Das es meist noch anders ist, liegt auch daran, dass bis heute wenig Frauen mehr verdienen als Männer“.

    Damit ignorierst du komplett meinen zweiten Kommentar, der sich eben damit auseinandersetzt.

    Ein Link auf die Diskussion zum Thema Partnerwahl wäre nett gewesen.

    „Eine weitere Diskussion über angebliche Motive (…) ist hier weder spannend noch angebracht.“

    Der Artikel befasst sich u. a. mit Motiven für die Berufswahl bei Frauen und Männern, warum sollte man diese hier nicht diskutieren dürfen? Ist das der von euch erbetene „vernünftige Umgangston“?

  10. „Wenn unsere Frauen- und Familienministerin so etwas sagt, dann ist das ein Armutszeugnis. “

    Weil das Frauen- und Familienministerium feministisches Hoheitsgebiet ist?

    „Sie müssen sich auch einmal fragen, welche Frauen von einer Quote profitieren würden: wahrscheinlich jene, die keinerlei familiäre Verpflichtungen haben.“

    Da hat sie doch vollkommen Recht. Es wäre eine Verzerrung zugunsten der Frauen, die die Förderung am wenigsten benötigen.

    „Der Beruf der Erzieherin ist leider einfach zu schlecht bezahlt, das wollen nur wenige Männer machen.“

    Und warum? Steht auch heute im Spiegel: Frauen schauen nicht nach unten bei der Partnerwahl und nur Frauen dürfen bei der beschriebenen, nicht namentlich genannten Partnerbörse angeben, welches Einkommen sie beim potentiellen Partner erwarten.

    Zur Identifikation von Feminismus mit Alice Schwarzer siehe auch mein Kommentar am Selbermachsonntag. Solange der „neue Feminismus“ keine eigene Theorie von irgendwas aufstellt – vielleicht nicht aufstellen kann, weil dann der axiomatische Schwachsinn der zweiten Welle erst Recht wieder in den Fokus gerückt würde und eine inhaltliche Abgrenzung unter Beibehaltung des Begriffs wiederum erschweren dürfte – sondern nur die von Frauen wie Mary Daly, Katherine MacKinnon oder Andrea Dworkin aufgestellten und von Alice S. übersetzten Kategorien lebensfreundlicher gestaltet, muß man sich doch nicht wundern, warum die dritte Welle nicht als etwas wirklich Neues gesehen wird, sondern letztlich für die Erkenntnis herhalten muß, daß man Jahrzehnte lang Gender- und Diversityforschung betrieben hat ohne daß dabei wirklich viel mehr herausgekommen ist als eine Auseinandersetzung mit den theoretischen Kategorien von vor 40 Jahren. Ausgenommen Judith Butler, die den Individualismus auf feministisch erklärt hat.

  11. @milhouse und jj

    Der vernünftige Umgangston hier beinhaltet u.a, auf Pauschalisierungen zu verzichten. Es gibt weder die Frauen, noch die Männer, noch den Feminismus, denen mensch irgendwie Eigenschaften, Verhaltsweisen, etc. universell zuschreiben könnte. Bitte bei weiteren Kommentaren darauf achten. Vielen Dank!

  12. Haben milhouse und Michael die gleiche ip? Oder wo kommen die ganzen Alphatiere mit ihrer unschuldig-ablenkenden Frageweise plötzlich her?

  13. vielen dank für diese treffende Analyse. Wollte erst noch was zur „Jungenförderung“ schreiben, als ich jedoch weiterlas … auch dazu ist hier alles Nötige gesagt. Hab mal in einem Kinderbuchladen gearbeitet, aber was es da „für Jungen“ gab, das war schon traurig. (btw, wenn ich mir das Kinderschokoladenbildchen im verlinkten Tagesspiegel ansehe, dann bin ich heilfroh, dass diese verfi… Kindheit endlich vorbei ist.) Diktate mit Fussballgeschichten, das ist ja gerade der Horror.

    Und wenn ich nach einer all-in-one Ideologie zu suchte, um Unterdrückung und das Ressentiment und den Selbsthass, den sie erzeugt, gegen Frauen, zumindest in der Phantasie (an die Wirklichkeit will ich gar nicht erst denken), auszuleben und grade noch dadurch einen perversen Lustgewinn daraus zu ziehen, dass nicht nur dies gerechtfertigt wäre, sondern dann auch noch meine dadurch nur zunehmenden Ressentiments und die durch sie aufgepeitschte Frauenfeindlichkeit, dann würde ich exakt so argumentieren, wie Schröder in der zweiten Antwort oben bei Dir im Text. Bin ja echt nicht sehr weit unterwegs in Sachen Feminismus oder Ideologiekritik, aber wer bemerkt denn icht, wie dumm, ja, es geht nicht dümmer, wie dumm das ist!

  14. „Schreiben wir genug Diktate mit Fußballgeschichten?“

    Diese Stelle ist mir auch ausgesprochen unangenehm aufgestoßen. Was ist denn mit den Jungs, die den „Fußballterror“ nicht mitmachen? Fallen die hinten rüber, weil sie eben keine „richtigen Jungs“ sind?

    Kritik an radikalen Positionen sind ja durchaus angebracht, allerdings wären diese dan auch entsprechend anzureichern mit radikalen Positionen gewisser Herrenaktivisten:

    http://www.welt.de/debatte/kommentare/article10710948/Die-fatale-Maennerkungelei-mit-den-Kachelmaennern.html

    Und wer über Feminismus spricht, sollte hierzu nicht dem fatalen Fehler auflaufen „Fr. Schwarzer = Feminsmus“.

    Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema wäre m.E. wünschenswert wie auch mit Namen wie Hedwig Dom, Adriana Cavarero, Susan Faludi, Betty Friedan, Gloria Steinem u.v.a.m.

    Die Geringerschätzung „weiblicher Berufe“, die ihren Niederschlag auch in den Verdiensten finden, ist genaus kritisch zu
    beleuchten wie die billigende Inkaufnahme der Tatsache, dass techn. Berufe „höherwertig“ seien. Ich denke allerdings auch, hier zeigt sich die Verbundenheit zu ihrer Partei und der „wirtschaftlichen und unternehmerischen Entscheidungsfreiheit“.

    Und dass die höhere Beteiligung von Männern in Grundschulen und Kitas den Forderungen moderner Feministinnen entspricht, hat sie meiner Meinung nach also noch nicht erfahren. Vielleicht wäre hier eine Richtigstellung angezeigt?

  15. Nadine,

    „Es gibt weder die Frauen, noch die Männer, noch den Feminismus, denen mensch irgendwie Eigenschaften, Verhaltsweisen, etc. universell zuschreiben könnte.“

    Das ist doch genau das Problem, von dem ich spreche. Entweder ist „Feminismus“ als Sammelbegriff nahezu komplett inhaltsleer („the radical notion that women are people, too“), er wird als Thema durch einen sinnvoll zu Ende gedachten Intersektionalismus wie dieser selbst logisch überflüssig („category of ONE“), oder man bleibt bei den pseudo-proto-marxistischen Kategorien aus den 60ern/70ern, potentiell ergänzt eben genau um die Frage, die Schröder anspricht: Sex gleich Gewalt. Letzteres ist eine Konsequenz der axiomatischen Struktur, bedingt die Annahme von fehlender weiblicher Agency und damit die fehlende weibliche Fähigkeit zur Zustimmung (nicht nur zum Sex, zu egal was, aber das war halt der relevanteste Punkt). Dann war aber die Debatte mit den Sex Wars Anfang der Achtziger eigentlich durch.

  16. Bravo, Mädchenmannschaft: Der mit weitem Abstand beste Bericht über ein Interview, das nur die Wenigsten wirklich gelesen haben!!

    Eine andere Frau hätte den Spiegel bereits schon in der ersten Hälfte auflaufen lassen und das Interview abgebrochen. Nein, Ministerin Schröder hat sehr galant und souverän gekontert und den beiden recht eitel und selbstgefällig daher kommenden Herren sozusagen einen Spiegel vorgehalten- absolut professionell, wie man es von einem Kommunikationsprofi, der Frau Schröder nun einmal ist, erwartet. Vor allem hat sie nie die Contenance verloren, das rechne ich ihr hoch an. Kein Wunder, wurde das Interview von der Pressestelle (es wurde garantiert zuerst gegen gelesen) durchgewunken: Platz zwei belegen schliesslich eindeutig die beiden Herren im Schlips! Die Schröder hat Stil bewiesen in diesem Interview, Hut ab!

  17. Autsch! Also auf einer feministischen Platform hätte ich doch keine solch doofen sexistischen Beleidigungen unkommentiert zitiert erwartet. Also „…eingebildete arrogante Gockel…“ finde ich, wie z.B. auch „Stutenbissigkeit“, absolut nicht akzeptabel. Auch wenn es „wahr ist“.

    „Catfight“ ist ja auch daneben, aber wenn selbst Autorinnen hier nicht die Form wahren können, kann man dann den Kommentatorinnen wirklich böse sein?

    zum Thema: (Köhler, Schwarzer, Spiegel)
    Bei manchen Dingen kann man einfach nicht viel mehr machen als es zu ignorieren. Sonst führt das nämlich dazu, dass man sich von irgendwelchen Konservativen die Agenda bestimmen.

  18. Bravo! Habe das Thema die letzten Tage ein wenig verfolgt und bei der Langfassung des Interviews befiel mich dann nicht nur ein ohnehin existierendes Unbehagen gegenüber den Antworten der Ministerin, sondern auch gegenüber der Attitüde der (männlichen) Interviewer.
    Diese sehr gelassene – da die beiderseitig uneingestandenen Voraussetzungen bloßlegende – Darstellung des Interviews finde ich daher wirklich hervorragend.

  19. jj,
    dualistische denke much? entweder intersektionalismus oder „pseudo-proto-marxismus“ (wie du es nennst)?! ja, neee, mehr gibt’s da ja auch nich‘, wa?

    und im übrigen „er wird als Thema durch einen sinnvoll zu Ende gedachten Intersektionalismus wie dieser selbst logisch überflüssig“
    äh, nö… find ich nicht schlüssig…
    komma aus deinem eineinheitlichen x=x denken raus.

  20. @pika und jj

    wenn ich kurz dazwischenklugscheißen darf, es heißt: intersektionalität oder engl. intersectionality/intersection. wenn das eine_r googlen will, findet mensch doch mit diesem hässlichen wie falschen begriff gar nichts :)

    und damit bitte zurück zum thema: frau schröder über ihr privatleben, ihre politik und ihre sicht auf „den“ feminismus.

  21. Die aktuelle Familienpolitik ist doch ätzend langweilig. So langweilig, dass ich mich für die „Vorschläge“ und „Ideen“ die vorgetragen werden weniger interessiere als für das reale Gewicht einer Schneeflocke.

    Ist es jetzt ein Aufreger wegen den Äußerungen im Interview oder steckt im Kern vielleicht eher eine Unzufriedenheit weil sich kaum jemand für das gesagte interessiert und noch weniger damit identifiziert ?

    Familienpolitik ist derzeit den flauschigen Hasen streicheln, anstatt den Igel anzufassen.

  22. Mann, ist das alles …blöd.
    Eine bislang blasse Ministerin versucht, sich als „Konservative“ zu profilieren, indem sie immer und überall wohlfeile – nun ja, nennen wir es mal – „Kritik“ an „DEM Feminismus“ (der, mal verknappt gesprochen, ihr erst die Möglichkeit, sich öffentlich als Politikerin zu äußern, gegeben hat) äußert… Natürlich lässt sie dabei auch nicht eine Frau Schwarzer ungeschoren davonkommen, klar, auf die Art und Weise ist einem der Beifall gewisser Gruppen immer sicher! Und dann reagiert besagte Dame auch noch auf eine Art und Weise, die wiederum Hohn und Spott bei den gewissen Gruppen erzeugt, nicht aber Nachdenken oder irgendeine Form des „Weiterkommens“.
    Das ist alles so entsetzlich vorhersehbar, so öde, so hundertmal durchgekaut, so …blöd.
    Wie gesagt. Macht mich irgendwie traurig.

  23. „..nicht aber Nachdenken oder irgendeine Form des “Weiterkommens”.“

    Ein Engagement, diese Grüppchen dazu anzuregen, ist meiner Erfahrung nach waste-of-time. Borniertheit ist Standard-Tugend.
    Sollte Fr. Dr. Schröder durch diese Absicht motiviert sein, wird sie m.E. sehr enttäuscht werden.

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