In Spanien gilt seit Montag ein neues Abtreibungsgesetz, welches einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 14. Woche erlaubt und unter besonderen Umständen wie z.B. der Gefährdung der Gesundheit der Mutter oder bei schweren Behinderungen des ungeborenen Kindes auch ein Abbruch bis zur 22. Woche ermöglicht. Eines der umstrittensten Regelungen beinhaltet, dass Mädchen und Frauen ab einem Alter von 16 Jahren ohne die Einwilligung der Eltern bis zur 14. Woche eine Abtreibung vornehmen lassen können – dennoch besteht eine Informationspflicht gegenüber den Eltern.
Das Gesetz wurde bereits im Februar von der sozialistischen Regierung verabschiedet. DieStandard.at fasst die bisherigen Regelungen in Spanien zusammen:
Das bisherige, seit 1985 geltende Gesetz erlaubt eine Abtreibung nur, wenn die Schwangerschaft die Folge einer Vergewaltigung ist – und zwar bis zur zwölften Woche. Bis zur 22. Woche ist eine Abtreibung legal, wenn das Ungeborene schwerbehindert sein würde. Ohne zeitliche Befristung kann abgetrieben werden, wenn „Gefahr für die körperliche oder seelische Gesundheit der Mutter“ besteht. Die Mehrzahl der Abtreibungen in Spanien wurden deshalb offiziell mit psychischen Risiken für die Frau begründet.
Die neuen Bestimmungen treffen wenig überraschend auf enormen Widerstand der katholischen Kirche und der konservativen Volkspartei (PP).
ein behinderter mensch ist also weniger wert? kann mir das einer aus der „feministischen sicht“ erklären? oder ist da nur ein „abfall“ des kampfes für abtreibungen?
Nein @papierbox. Von „schweren Behinderungen“ ist die Rede, solche, die die Überlebensfähigkeit eines Kindes drastisch einschränken oder noch nicht einmal gewährleisten.
Deine Unterstellungen bezüglich „Abfall“ sind haarsträubend. Entweder argumentierst du sachlicher oder du suchst dir einen anderen Blog, in dem man deine Unverschämtheiten hören möchte.
entschuldigung, ich hatte „abfall“ mit absicht in anführungszeichen gesetzt. wollte keinen ärger machen.
schwere behinderungen sind aber nicht definiert, für einen großteil der bevölkerung ist vermutlich auch trisomie21 eine schwere behinderung. (was man ja auch an den abbruchzahlen in D bei trisomie21 sieht) -und da ist die überlebensfähigkeit des kindes in keinster weise eingeschränkt.
also doch schon selektion zwischen lebenswerten und lebensunwerten leben? und wie erkläre ich das den jetzt lebenden menschen mit behinderungen?
Hi,
einen ausführlichen Kommentar zu dem Gesetz gibt es hier.
@Papierbox
Es ist absolut wichtig, solche Fragen zu diskutieren, aber wie gesagt, dein Ton war m.E. einfach nicht angemessen.
@Julinoir
Danke für den Link!
@ papierbox: auch bei der diagnose trisomie 21 kann die überlebensfähigkeit eingeschränkt sein. kaum ein elternpaar trifft die entscheidung für oder gegen ein kind mit beeinträchtigung leichtfertig. und solange die förderung von menschen mit beeinträchtigungen so schwammig und unzureichend ist, kann ich jedes paar verstehen, dass zweimal darüber nachdenkt. klar, kann man das auf der abstrakten ebene diskutieren und über lebenswert und nicht lebenswert sprechen. auch ich teile ethische bedenken in diesen fällen. was aber die einzelfälle betrifft, finde ich diese ebene unangemessen.
an welcher stelle sagt „die feministische sichtweise“ menschen mit beeinträchtigungen wären weniger wert?
manche feministischen sichtweisen halten es für das recht der frau, sich für oder gegen das austragen einer schwangerschaft zu entscheiden. ein recht das erschreckenderweise immer mehr in frage gestellt wird. mit dem höheren oder geringeren wert einer konkreten schwangerschaft hat das erstmal nichts zu tun.
jetzt wieder zu spaniens neuer regelung: ich finde die regelung für 16 jährige auch streitbar – allerdings wahrscheinlich aus anderen gründen als andere. mich erschreckt die informationspflicht gegenüber den eltern.
es gibt fälle, in denen minderjährigen frauen höchste gefahr droht, wenn die eltern von der schwangerschaft erfahren. um dieser bedrohung zu entgehen, entscheiden sich viele für einen schwangerschaftsabbruch (neben anderen gründen). in D ist es so geregelt, dass ärzte in ausnahmefällen auch ohne einverständniserklärung der eltern einen abbruch durchführen können. und zwar in den fällen, in denen sie die betreffende frau als reif genug einschätzen, die tragweite ihrer entscheidung zu verstehen. mit einer informationspflicht, gäbe es in solchen fällen keinen annehmbaren ausweg für die frauen.
auch wenn man sich natürlich wünschen kann, dass in allen familien eine atmosphäre herrscht in denen solche dinge ansprechbar und diskutabel sind, sieht die realität oft völlig anders aus.
@erna: natürlich werden nur die wenigsten gleich alt, es gibt mehr komplikationen. aber das deswegen die überlebensfähigkeit gestört wird, daran habe ich meine zweifel.
mir ging es nicht um den einzelfall und ich respektiere auch jede entscheidung seitens der eltern. mir ging es eher um das ganze, wenn jeder mensch angeblich gleich ist, warum nicht auch der von behinderungen. bzw. die problematik ist ja heute schon, dass sich eltern mit einem behinderten kind die frage stellen lassen müssen, warum sie nicht abgetrieben haben (obwohl heutzutage der größte teil an behinderugnen durch probleme bei der geburt entstehen). wir entwickeln uns also immer weiter richtung „solche menschen wollen wir nicht“,… und von da an ist es nicht mehr weit bis zum „warum solches leben nicht mit der giftspritze töten, was haben die schon für ein leben“.
ich habe wie gesagt gewaltige bauchschmerzen dabei, vorallem habe ich bauchschmerzen wenn mich nun menschen mit behinderung fragen, warum sie nichts wert sind, warum sie umgebracht (und ja, das wort fällt im gespräch so von ihrer seite) hätten werden können, und ob sie nun angst haben müssen. also doch menschen 2. klasse. und es bleibt fraglich wie lange sowas nicht auf „leichte behinderungen“ ausgeweitet wird (bzw. leichte behinderungen zu den schweren gehören, denn definitionen ändern sich im laufe der jahre)
ich weiß nicht was die feministische sichtweise dazu ist, deswegen habe ich ja gefragt. nur kämpfen feminist_innen ja nunmal für die abtreibung (zu recht), und ja der paragraph mit der behinderung gefällt mir dabei nicht. es hätte ja auch sein können, dass das so gewollt ist, also auch von feministischer seite. deswegen die frage.
Papierbox: Eine Abtreibung ist kein Mord. Wenn du das in irgendeiner Form gleichsetzt, ist die Diskussion zumindest mit mir beendet.
Sorry, das verstehe ich nicht ganz: Das heißt, Mädchen ab 16 dürfen ohne Einwilligung der Eltern eine Abtreibung vornehmen lassen, aber danach müssen die Eltern informiert werden?
Ich bitte um eine kurze Erleuchtung ;)
@Lori: Ja, die Eltern müssen informiert werden, aber ihre Zustimmung zur Abtreibung ist nicht nicht erforderlich.
@papierbox: Es gibt nicht *die* feministische Sichtweise. Jede Feministin hat da eine andere.
@Katharina
ich muss hier mal papierbox beipflichten. anscheinend scheinst du papierbox absichtlich falsch verstehen zu wollen, oder warum reagierst du sonst sofort so abwehrend. m. e. hat papierbox mit keinem wort abtreibung als mord bezeichnet, sondern wiedergegeben, was behinderte ihm/ihr gegenüber gesagt haben.
aber anscheinend darf man auch hier nicht mal jede meinung wiedergeben, sonst wird sofort die diskussion beendet. schade!
@katharina eine abtreibung ist kein mord, auch wenn ich in einzelfällen davon sprechen würde, bzw. mordversuch (stichpunkt oldenburger baby). -wo dort die grenze ist kann und mag ich nicht zu beurteilen, sobald ein fötus jedoch außerhalb des bauches überleben könnte, fällt es mir schwer nicht von mord zu sprechen (was nicht heist, dass ich es so bezeichnen würde…)
@helga vermutlich. ich hatte nur gedacht, da ja für für eine abtreibung seit mehreren jahrzehnten gekämpft wird, dass sich da irgendeine meinung/sichtweise diesbezüglich herauskristalisiert hat. denn diese problematik geht damit ja meist einher.
@papierbox: Im Gegenteil, inzwischen gibt es sehr viele verschiedene Strömungen des Feminismus – das Selbstbestimmungsrecht einer Frau an sich ist, denke ich, allen wichtig. Doch gerade wenn es um die Details und Grenzfragen (Behinderungen, Zeitrahmen etc) geht, wirst Du sicherlich bei 10 Feministinnen 12 verschiedene Meinungen finden.
Zwar möchte ich Papierboxs Ton nicht loben, aber ihren Aussagen kann ich teilweise zustimmen. Kaum jemand wird sich gegen die Abtreibung eines nicht lebensfähigen Kindes stellen. Aber in der Mehrheit handelt es sich um Behinderungen, mit denen ein Mensch durchaus leben könnte. Ich bin alles andere als eine Abtreibungsgegnerin aber dennoch, oder vielleicht auch deshalb, habe ich Mühe mit der Unterscheidung zwischen einem Abtreibungsverbot von gesunden Föten nach der 14. Woche und einer Abtreibungserlaubnis von behinderten. Angeblich werden nach einer Diagnose von Trisomie 21 95% der Föten abgetrieben. So lange das innerhalb der üblichen Frist geschieht, ist es ein Problem der betroffenen Frau und ihre Entscheidung. Wenn aber nur wegen der Behinderung die Frist erstreckt wird, dann habe ich ein Problem damit. Es wird zwischen lebenswerten und unlebenswerten Föten unterschieden. Und damit habe ich ein Problem.
Die Informationspflicht bei Minderjährigen ist für mich auch weniger drastisch, als es auf den ersten Blick klingt. Denn damit sollen etwa folgende Fälle vermieden werden: Ein Mädchen das schwanger wird, eigentlich keine Abtreibung will, aber nur abtreiben würde, um damit verbergen zu können, dass sie Geschlechtsverkehr hatte. Da es ausdrücklich kein Vetorecht der Eltern gibt ist es gut und die Informationspflicht hat auch ihre guten Seiten.
Eigentlich ist die Neuregelung positiv, bis auf zwei Punkte. Ich sehe nicht ein, weshalb die Frist für normale Abtreibungen bei der 14. Woche gedeckelt wird, für Behinderte aber auf die 22. erstreckt wird. Persönlich halte ich eine allgemeine Frist irgendwo dazwischen für nachvollziehbar, egal ob behindert oder nicht. Ausnahmen für sehr späte Abtreibungen sollte es nur geben, wenn das Kind überhaupt nicht lebensfähig ist, bzw. das Leben der Frau auf dem Spiel steht. Alles andere ist wieder einmal scheinheilig. Wie in Deutschland. Eine Frau wird, wenn sie in der 10 Woche abtreiben wird, zu einem Gang durch die Instanzen gezwungen, erwartet sie aber ein Kind mit Trisomie 21, kann sie mit viel weniger Papierkram, auf Kosten der Krankenkassen, in der 20. oder auch 25. Woche abtreiben. Nur weil das Kind behindert ist, oder wie man so schön sagt: Weil das Austragen eines behinderten Kindes für sie nicht zumutbar ist.