Heute vor zehn Jahren detonierte in der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe. Sie war, auf einem Fahrrad angebracht, vor einem Friseurgeschäft aus der Ferne entzündet worden. Es wurden 22 Menschen verletzt, teilweise schwer. Das Friseurgeschäft ging in Flammen auf. Dass keine Personen an jenem Tag starben, grenzt eigentlich an ein Wunder.
Der Kölner Stadt-Anzeiger fragte am 12. Juni: „War es ein Racheakt, ein Streit im Drogenmilieu oder die Tat eines wirren Einzeltäters?“. Der Artikel legt darüber hinaus vor allem nah, dass es auch ein Anschlag der PKK gewesen sein könnte. Und bereits zwei Tage zuvor wusste die FAZ:
Nach etwa zwanzig Stunden Ermittlungen hat sich für die Kölner Polizei das Bild verfestigt, für das es schon früh Hinweise gab. Für die Explosion, die am Mittwoch nachmittag den nördlichen Kölner Stadtteil Mülheim kurz vor 16 Uhr aus seinem geschäftigen Rhythmus riß, gibt es offenbar keinen terroristischen Hintergrund.
Was die „frühen Hinweise“ sein sollen, lässt die FAZ (für die allerdings Terrorismus auch in erster Linie islamistischer Terror und nicht etwa rechter Terror ist) offen. Dass es hingegen frühe Hinweise in eine andere – nämlich rechte – Richtung gab, ist heute kaum noch abstreitbar. Die Vermutungen von Anwohner_innen eines rechten Hintergrunds der Tat hatte die FAZ schlicht mit „Aber das alles sind Mutmaßungen und Spekulationen.“ abqualifiziert. Stattdessen wurden die Anwohner_innen durch Polizeiermittlungen, Medienberichte und Politiker_innenaussagen immer wieder als kriminell verdächtigt. Erst im November 2011 wurde der Anschlag dem Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zugeordnet.
In der letzten Woche hatte in Berlin das Bündnis gegen Rassismus und Allmende e.V. ein Wandbild aufgehängt, um an den Bombenanschlag zu erinnern. Auf dem Plakat war zu lesen: „9.6. 2004: Terroranschlag. Danach: Ermittlungsterror gegen die Betroffenen. Und: Die Mehrheit schweigt. NSU: Staat & Nazis Hand in Hand. Das Problem heißt Rassismus.“ Beobachtende Polizeibeamte stellten sogleich Anzeige wegen „Verunglimpfung des Staates“ nach §90a des Strafgesetzbuchs. Die Feuerwehr entfernte „NSU: Staat & Nazis Hand in Hand.“. Dass dieser Satz nicht gegen das Strafgesetzbuch verstößt, hätte die Polizeieinheit übrigens wissen müssen. Wie das MiGAZIN berichtet, hatte dieselbe Einheit bereits im letzten Jahr bei einer Demo versucht diese Aussage zu kriminialisieren – das Verfahren war eingestellt worden.
In Köln findet heute ab 15.45 Uhr eine Großkundgebung statt, und in Berlin wird morgen ab 20 Uhr auf der Podiumsdiskussion „Ein Jahr NSU-Prozess – Eine Bilanz“ diskutiert.
Danke für den Artikel. Ich sah ihn gestern schon und habe ihn heute in einem Kommentar zu meinem eigenen Beitrag verlinkt. Bemerkenswert, dass hier, wie bei vielen Texten zum Thema kein Kommentar steht.
Meine eigenen Worte zum gestrigen Tag:
http://rheinsberg.wordpress.com/2014/06/09/ein-jahrestag-wie-die-zeit-vergeht/