Beim Lesen des Buches habe ich eine Menge Beißreflexe entwickelt: Als ich es bestellte, dachte ich mir, dass das ja ein tolles Buch zum Weiterverschenken sei. Nun muss ich leider sagen: Nee, das gebe ich nicht mehr her!
Das gerade bei Beltz erschienene Buch „Mach’s Selbst – Do it Yourself für Mädchen“ der Missy Magazine-Macherinnen Sonja Eismann und Chris Köver gibt nicht nur die Grundlagen für’s Selbermachen zur Hand, sondern besticht auch durch die liebevolle Gestaltung der Grafikerin Daniela Burger.
Die neun Kategorien „Musik Machen“, „Senden und Schreiben“, „Crafting“, „Protestieren und Organisieren“, „Verkabeln und Sichern“, „Kochen“, „Reparieren und Bauen“, „Pflanzen“ und „Reagieren und Analysieren“ behandeln die ganze Bandbreite des Selbermachens. Ob mit grünem Daumen ausgestattet, technisch interessiert oder politisch engagiert, in diesem Buch ist für fast jede etwas dabei: Hier lernst du, wie du ein WLAN sicher machst, eine Milchkarton-Vase bastelt, im Alltag gegen Rassismus kämpfst oder Ohrringe aus Computerteilen baust. Dahinter steckt die einfache Idee, durch das Selbermachen ein Stückchen Autonomie zu bewahren.
In ihrer Rezension fasst Anna von different needs diese Idee sehr schön zusammen:
Die DIY-Kultur wird hier wieder in einen politischen Zusammenhang gerückt, der bei bloßen Etsy- und DaWanda-Einkäufen wohl eher außen vor bleibt, wenn auch da oft mit einem DIY-Begriff hantiert wird. Chris Köver und Sonja Eismann versuchen, gemeinsam mit Daniela Burger und all den Beiträger_innen, ein Bewusstsein für gestalterische und letztlich eben auch politische Autonomie zu schaffen. All das nie mit dem berühmten erhobenen Zeigefinger, sondern ermutigend und kooperativ.
Auch wenn der Titel es suggeriert: Für dieses Buch gibt es weder eine Altersbeschränkung noch eine Eingrenzung hinsichtlich des Genders. Strengstens empfohlen zum Selberschmökern und Verschenken.
Ich versteh nicht so recht… Ü-Eier „für Mädchen“ sind katastrophal aber DIY Bücher „für Mädchen“ voll okay, weil ist ja nur der „suggerierende Titel“?
Hey Kyri,
die Inhalte unterscheiden sich: Während die Ü-Eier nur mit pinken Gewand und den Schönheitsnormen entsprechenden Figuren ausgestattet sind (also ein einseitiges Bild von Weiblichkeit propagieren), ist das Buch vielfältig und behandelt ganz unterschiedliche Arten des DIY (wie oben erwähnt!). Da gibt es Kuchen backen wie auch mit technischen Geräten basteln und greift somit nicht in die krasse Stereotypen-Kiste rein, wie die Eier. Das Buch ist als Empowerment gedacht und behandelt unterschiedliche Themen, die auch welche umfassen, die gar nicht weiblich konnotiert sind – während die Ü-Eier leider gar nichts Neues anbieten.
Plus: Das Buch ist auf gesellschaftlichen Wandel angelegt. Es sensibilisier für geschlechtergerechte Sprache, es thematisiert Rassismus etc. Die Ü-Eier leisten dies leider nicht.
@Kyri: Bei den rosa Ü-Eiern heißt es auch „nur für Mädchen“. „Mach’s selbst“ richtet sich in erster Linie an Mädchen, das heißt aber eben nicht, dass Jungen es nicht auch lesen dürfen. Außerdem gibt es leider genügend „Anleitungsbücher“ für Mädchen und Frauen, die sich nur auf Schminke und Männer angeln beschränken, also stereotype Rollenerwartungen prägen. Dagegen zeigt „Mach’s selbst“, dass es völlig ok ist, wenn Mädchen sich für Stereoanlagen interessieren und bricht Geschlechtervorgaben auf.
Natürlich wäre es schön, wenn das eines Tages nicht mehr nötig ist, weil Mädchen nicht nur „pink und sexy“ als Ziel gegeben wird. Bis dahin ist das Buch leider dringend nötig.
Ich finde es auch schade, dass das Buch als „für Mädchen“ bezeichnet wird, weil damit die Hemmschwelle für Buben, sich ebenfalls für das Buch zu interessieren (und noch viel mehr die Hemmschwelle für Eltern, ihren Buben das Buch zu kaufen) ziemlich hoch liegt.
@ Sandra,
bei Empowerment-Strategien für Mädchen (in einer männlich dominierten Welt) gehört es auch mal dazu, dass das in einem abgesteckten Rahmen passiert. Da steht explizit „für Mädchen“ drauf, um Mädchen zu verdeutlichen, dass all die Dinge, die in diesem Buch angeboten werden (von politisch aktiv werden bis technische Dinge selbst machen) alle für Mädchen geeignet sind – etwas, was sonst gesamtgesellschaftlich nicht vermittelt wird, denn da gibt es meist die „rosa Mädchenecke“ und die „blaue Jungenecke“.
Mädchen spielen auch manchmal mit Spielzeug, was sich (traditionell) an Jungs richtet – also sehe ich kein Problem darin, das Buch auch Jungen in die Hand zu geben. Wer denkt, dass das „für Mädchen“ abschreckt, sollte lieber mit Kindern darüber reden, warum so ein Label abschreckend wird (Stichwort: „Mädchenkram“ ist gesellschaftlich negativ konnotiert).
hm, finde das buch gut und das anliegen super. aber wieso brauchen jungs so ein buch nicht? wieso können die das auch ohne anleitung oder machen einfach? frage ich mich ernsthaft, weiß leider keine antwort…
@steffi
Dazu haben Helga und ich in den oberen Kommentaren schon etwas geschrieben.
Ihr habt über Ü-Eier geschrieben. Meine Frage bezog sich aber darauf, warum muß mensch Mädchen zu etwas ermuntern und Anleitung geben, Jungs machen das aber von ganz alleine und kommen von selber drauf, wie das geht?
Habe ich bei mir selber genauso bemerkt und ich hoffe, daß meine Kinder das einmal anders haben werden.
@ steffi
Weil deine Frage riesengroß ist, kann ich nur ein paar Stichworte geben: Sexismus, stereotype Rollenbilder, unterschiedliche Sozialisation von Mädchen und Jungen… Somit ergibt sich das, was ich oben schon schrieb: Warum es wichtig ist, in dieser Gesellschaft so ein Buch zu haben – Stichwort Empowerment.