In manchen Songs steckt ein halbes Leben

Dieser Text ist Teil 14 von 19 der Serie Wanna Disco? Listen Up!

„Wir sind vier Hamburgerinnen, Freundinnen und Musikerinnen, die es seit vielen Jahren genießen, zusammen Musik zu machen, Konzerte zu spielen und einfach nur gemeinsam eine wahnsinnig gute Zeit zu verbringen. Ein bisschen wie eine Ersatzfamilie – nur besser.“ So stellt Katrin, Sängerin, Songwriterin und Gitarristin von Clara Bow, die Band vor. Und genauso wirkten die sympathischen Musikerinnen auf mich, als ich mir Videos und die Internetseite angeschaut habe. Spaß, Liebe zur Musik und Zusammenhalt sind wichtiger als unnötiges Posing. Neben Gitarre, Bass und Schlagzeug versüßen Keyboardsounds die eingängigen Pop-Nummern, gewürzt mit ein bisschen Elektro, Garage und Herzblut. Im Interview mit der Mädchenmannschaft sprechen die Hamburgerinnen über ihr eigenes Label, Freundinnenschaft und die neue Platte, die am 16. Mai bei der Release Party in Hamburg gefeiert wird.

Ihr habt Midtempo Nummern mit mehrstimmigen Gesang, die zum Mitsingen einladen, aber auch schnellere Pogonummern. Setzen sich da die unterschiedlichen Interessen der Musikerinnen durch oder ist ein Stilmix bei euch Programm?

Katrin (Gesang, Gitarre): Selbstverständlich hat jede von uns einen etwas anderen Musikgeschmack, wäre ja auch schlimm, wenn nicht. Ingrid kommt eher aus der New Wave- Trip Hop- Ecke, Phyllis ist eine der größten Beatles Fans, die ich kenne, Jeannine ist unter anderem ein großer Stones Fan und ich komme aus der Hardcore-Punk Szene. Aber unsere Schnittmenge ist enorm und die spiegelt unsere Musik wieder. Hin und wieder experimentieren wir in unterschiedliche Richtungen, aber mit den ultraschnellen Screamo Versionen, die manchmal spontan bei Proben entstehen, haben wir uns noch nicht auf die Bühne getraut.

Phyllis (Schlagzeug): Ja, das kann sein, dass ich aus Katrins Freundeskreis der größte Beatles Fan bin. Mit 16 fand ich dann Punk und Post Punk ganz toll und mittlerweile ist mein Musikgeschmack sehr breit gefächert.

Ingrid (Keyboard): Ha ha, doch so ultraschnelle Versionen sind auch schon mal ungewollt auf der Bühne passiert, wenn Phyllis oder ich zu schnell angefangen haben und Katrin dann den Text fast rappen musste :)

Warum habt ihr ein eigenes Label („Bow Records”) gegründet?

Katrin: Da wir ziemlich genau wissen, was wir wollen, kommt ein Label, dass uns verbiegt, nicht in Frage. Wir hatten mal vor Jahren das Angebot von einem Produzenten aus Österreich, aus uns das weibliche Pendant zu Tokio Hotel zu machen. Das war eine Situation, in der ich dem guten Herrn gleich eine Absage erteilt habe – ohne die Anderen zu fragen, obwohl wir immer gemeinsam abstimmen. Das ich richtig entschied, merkte ich, als der Produzent auf meinen Hinweis, dass wir doch gar nicht auf Deutsch singen würden, mit folgendem Satz beantwortete: „Ja, das lässt sich ja ändern“. Da war mir endgültig klar, dass die anderen darauf auch keine Lust hätten.

Auf eurer Facebook-Seite beschreibt ihr ausführlich, wie ihr explizit nach Musikerinnen gesucht habt. Männer bekommen ja nie die Frage gestellt, warum sie (fast nur) mit Männern Musik machen, das gilt leider als „Normalität“. Hat euer Wunsch, mit Musikerinnen zusammenzuarbeiten, zum Ziel, dieser scheinbar unhinterfragten Normalität entgegenwirken?

Katrin: Das stimmt zum Großteil. Wir machen auch gerne Musik mit Männern. Aber dies sollte unser Freundinnenprojekt sein und damit auch ein Gegengewicht zu den sehr vielen männlichen Gitarristen, Schlagzeugern und Bassisten um uns herum. Anfangs war es aber auch so, dass wir einen Mann gar nicht hätten mit ins Frauenmusikzentrum nehmen dürfen. Aber bei den „Nachbesetzungen“ haben wir schon nur nach Frauen geguckt. Live haben wir ab und an auch mal einen Gastgitarristen dabei.

Auf eurer Homepage schreibt ihr von der „testosterondominierten Hamburger Musikszene“. Könnt ihr beschreiben, was ihr damit meint?

Katrin: Das ist einfach Realität: Wie ich vor kurzem von Bernadette La Hengst las, kommen in Hamburg auf 1000 Bands gerade mal 10 Frauenbands. Wir sind ein kleines Gegengewicht, aber auch mit vielen dieser männlichen Hamburger Musiker gut befreundet. Zum Beispiel Ben Schadow. Er ist einfach ein großartiger Mensch und ein hart arbeitender Profimusiker.

Phyllis: … und ist auch Produzent unserer Platte! Die Zusammenarbeit mit ihm hat sehr viel Spaß gemacht. Und wir finden, dass etwas Tolles dabei heraus gekommen ist.

Am 18. Mai erscheint nun euer Album „Not Now” in eurem eigenen Label „Bow Records”. Was erwartet uns?

Katrin: Ohrwürmer, die sich einen Dreck um Genres, Musikerehre oder ähnliches scheren. Manche Songs sind relativ poppig und simpel geschrieben und in anderen steckt ein halbes Leben, an denen zumindest ich als Verfasserin der jeweiligen Texte emotional unglaublich hänge und die ich auch nach dem 100.000 Mal singen mal mehr, mal weniger emotional durchlebe.

Wer mehr über Clara Bow erfahren möchte, klickt auf die Homepage, FacebookTwitter oder Soundcloud.

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