Nachdem Anne Roth vor zwei Wochen in ihrem Blog und beim Freitag die Frage nach der Wahrnehmung weiblicher Macherinnen in der Blogosphäre stellte, habe ich mir zahllose Klicks lang Gedanken gemacht. Genauso wie vor und neben mir schon Teresa Bücker beim Freitag oder Nikola Richter in der Blogmacherei.
(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de
Statt uns gegenseitig die Abkotz-Tüten zu reichen, überlegte ich, warum eigentlich konfrontieren wir die selbsternannten Alpha-Blogger nicht mit unserer Kritik und zeigen Präsenz in der Diskussion: Hey, wir sind auch noch da! Philip Banse, der seine Interviewserie ausschließlich mit meinungsmachenden Männern besetzt hat, muss vielleicht einfach sehr deutlich darauf hingewiesen werden, dass auch Bloggerinnen Meinungen haben und machen.
Wir haben schließlich Argumente, oder? Aber ach, wahrscheinlich würden diese schulterzuckend abgetan. Wir kennen das ja, oft entgleiten uns in Diskussionen unsere Argumente wie ein glitschiger Holzhammer, der die Richtung wechselt und uns mit dem einen Totschlagargument zum Schweigen bringt: „Mädchen komm mal runter“ – will sagen: „Sei nicht albern, hysterisch, zickig, dumm, aggressiv…“ – Alles beliebte Rückhandschläge, je nach Wahl und Grad unserer Argumentation. Wenn wir wild werden heißt es, wir seien hysterisch, wenn wir ruhig bleiben, sind wir zickig, wenn wir nicht nachgeben, sind wir uneinsichtig. Man knebelt uns mit Attributen und versucht dadurch Offensichtlichkeiten zurück in die Ecke zu stellen. Ein Erfahrung, die auch vomHonig neulich gemacht hat.
Vermutlich ist es unsere Schuld, wenn wir den Mund aufmachen – wir kennen einfach unsere Grenzen nicht:
Im Sommer saß ich in einer Veranstaltung, in der ein selbstgefälliger Referent über seinen Job bei einem Magazin berichtete, dessen Marketing sich ausschließlich an einer männlichen Zielgruppe orientiere. Ob sie von Frauen nicht gelesen würden, fragte ich. Doch, doch, sogar zu einem nicht unerheblichen Prozentsatz, aber das Marketing auf Frauen abzustimmen vergraule ihnen die männlichen Leser. Ach was, dachte ich und brachte sachlich noch einige Argumente vor, auf die der Referent keine rechten Antworten wußte, außer: Wenn ich weniger aggressiv wäre, ließe sich die Unterhaltung ja fortsetzen. Herrje, ich hatte wohl vergessen, meine Fragen mit einem zuckrigen Lächeln zu pudern. Das irritiert männliche Gegenüber erstaunlicherweise immer wieder. Aber auch einige Frauen, die mit in der Veranstaltung saßen, reagierten genervt – wieso musste ich bloß auf den „süßen“ Typen so einsticheln…
Abends hatte ich eine ähnlich unangenehme Begegnung, in der ein Typ mir wirklich blöd kam und ich – jetzt tatsächlich – aggressiv reagierte. Sehr zum Erstaunen aller Anwesenden. Es ist eben immer noch so, dass wir Frauen uns zwar bitte nicht alles gefallen lassen brauchen, aber dieses Missfallen adrett verpacken sollen. Ich weiß nicht, wie oft ich meine 1,58 Meter auf den Tanzflächen dieser Welt vor Typen aufbauen musste, die ein demonstratives Weggucken nicht akzeptieren wollten. Aber das ist schon fast ein anderes Thema.
Aber nur ‚fast‘ – denn egal, ob wir im beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld unseren Standpunkt vertreten wollen oder einfach nur nachts auf der Straße, Argumente und Sachlichkeit helfen oft genauso wenig wie Freundlichkeit. An erster Stelle benötigen wie ein dickes Fell, an dem Ignoranz und sexistische Querschläge abprallen. Das gilt besonders im Web 2.0; ob auch in der Diskussion zwischen Alpha-Bloggern und Beta-Bloggerinnen – das gilt es noch heraus zu finden…
Interessanterweise hat Margot Wallström, Noch-EU-Kommissarin für Kommunikation und bekennende Feministin, in ihrem allerletzten Blogbeitrag heute einer Reihe von Eurobloggern gedankt – aber alles Männer (obwohl zwei davon Mit-Initiatoren der Gender Balanced Commission sind).
Dabei hätte sie auch ein Zeichen setzen können, und Eurobloggerinnen wie eurosocialiste, La Oreja de Europa, Bit more complicated und andere nennen können, die auch unersetzliche Teile der Euroblogosphäre sind.
Ich hab manchmal das Gefühl, das Frauen sich nicht zum richtigen Zeitpunkt selbst promoten und dass es absolut wichtig ist, dass wir Männer das deshalb umso mehr tun.
„Statt uns gegenseitig die Abkotz-Tüten zu reichen, überlegte ich, warum eigentlich konfrontieren wir die selbsternannten Alpha-Blogger nicht mit unserer Kritik und zeigen Präsenz in der Diskussion“
Ja genau, warum eigentlich nicht? Meine Erfahrung ist, dass – unabhängig vom Geschlecht – sachlich mit sachlich beantwortet wird und beleidigenddummaggressivvorwurfsvoll mit beleidigenddummaggressivvorwurfsvoll. So ganz grob gesagt. (Wie man in den Wald ruft usw.)
@ Al
Und genau das ist eben nicht meine Erfahrung – darum geht es in dieser Kolumne ja…
Liebe Verena,
danke für den tollen Text!
Das kenne ich auch, dass einem, wenn man gegensätzlicher Meinung ist gerne unterstellt
wird das man zickig, hysterisch, dumm, emotional, emotional tot, etc. ist.
.. und leider lassen sich dann viele Frauen so ruhig stellen. (Mich selbst leider oft auch,
aber ich versuche mein bestes…)
@Al: „Meine Erfahrung ist, dass – unabhängig vom Geschlecht – sachlich mit sachlich beantwortet wird und beleidigenddummaggressivvorwurfsvoll mit beleidigenddummaggressivvorwurfsvoll. So ganz grob gesagt. (Wie man in den Wald ruft usw.)
“
Da habe ich bei Diskussionen andere Erfahunrgen machen müssen.
Ehrlich gesagt – meine Erfahrung deckt sich mit der von AI (Al?)
Wenn man sich den gleichen Kommunikationsstil aneignet wie
die Männer (was sehr viele, teils subtile Aspekte beinhaltet),
dann wird man als sachlich wahrgenommen und entsprechend
behandelt. Ich vermute, dass sich das Problem von alleine lösen
wird, wenn wir uns mehr und mehr angleichen. Es wäre
allerdings wünschenswert, wenn wir uns gegenseitig, nicth
einseitig angleichen könnten. Ich habe aber den Eindruck, dass
das auch der Fall ist.
Liebe Verena,
erst Mal muss ich an dieser Stelle noch mal ein Lob auf die Mädchenmannschaft loswerden, denn sie hat es geschafft sich als wichtiges Blog zu positionieren und ist auch mit der entsprechenden Aufmerksamtkeit belohnt worden.
Nun frage ich mich aber, ob dieses Alpha-Blogger-Dasein zu den von Frauen betriebenen Blogs passt. Dass es meinungsmachende Frauen gibt, ist gar nicht die Frage. Ich finde es aber wichtig zu sehen, dass Blogs kein Medium sind, dass sich nur um das „Web 2.0“ dreht. Frauen beschäftigen sich vermehrt mit anderen Themen, und sicherlich gibt es auch von Männern geschriebne Blogs, die viel mehr Aufmerksamkeit verdienen, sich aber ebenfalls mit Themen beschäftigen, die nicht auf der Agenda sind.
Vielleicht müssen wir uns vor allem auf neue Bezeichnungen einigen. Die Alpha-Blogger der Interviewserie sind vor allem Meinungsführer in einem bestimmten Themenbereich, teilweise gute Autoren, gute Selbstvermarkter.
Für mich ist eine grundlegende Frage, was ich überhaupt sein möchte? Möchte ich Alpha-Bloggerin sein? Möchte ich Autorin sein. Möchte ich eine Stimme für einen bestimmten Themenbereich sein?
Die Mädchenmannschaft ist sicherlich eine der wichtigesten Stimmen des Feminismus meiner Generation, da muss für mich nicht das Label Blogger dran kleben, um es wichtiger zu machen.
Ich finde es aber eine sehr interessante Frage für die „großen Blogger“, warum sie sich nur um sich selbst drehen. Warum sie als selbsternannte Sprecher der Blogosphäre kein Interesse dafür aufbringen, was die Mädels machen, was die Modeblogger machen, was die Musikblogger machen. Wer sich selbst zu, Experten aufruft, sollte auch für Themenbereiche-Kompetenz aufweisen, die über seinen eigenen Horizont hinausgehen. Mich würde wirklich interessieren, welche Antworten von unseren Alpha-Tierchen gegeben würden darauf, wo die Frauen in der Blogosphäre sind, oder über was sie überhaupt schreiben.
Wer fragt sie? ;)
an katharinas beitrag lose anschließend, nur in den raum und an niemanden speziell gerichtet gefragt:
ich frage mich, wie gerecht es wäre, wenn sich frauen an die „männliche“ gesprächskultur anpassen (müssen), nur um auf gleicher augenhöhe „mitdiskutieren zu dürfen“. (also einseitige anpassung)
allein schon die begriffe „an männer anpassen“ und „mitdiskutieren dürfen“ klingt in meinen ohren, als wäre die als männlich angesehene gesprächskultur die einzig richtige (für sachliche diskussionen) und als wären diskussionen alleine männersache.
genau das wird aber frauen sehr oft empfohlen, von männern wie frauen, feminist_innen, manager_innen, sachbüchern zum thema … .
wie soll ich mich aber nun verhalten, um einen beitrag zu leisten, um die gesprächskultur positiv zu verändern? wie kann ich feministisch sinnvoll ernst genommen werden? – egal ob im netz oder in der großen welt da draußen…
irgendwann in den schätzungsweise 60 jahren, die ich noch leben werde, werde ich hoffentlich draufkommen oder von einer klugen person drauf gestoßen werden :) (vielleicht auch hier ;) )
ach und nochwas:
ich hab die erfahrung gemacht, dass im netz geschlechtsneutrale nicknames ziemlich dabei helfen, ernst genommen zu werden.
und dass es allgemein auch gilt, dass nicknames leute machen.
dann frag ich mich aber auch wieder, warum ich mein geschlecht im internet verbergen muss, um ernst genommen zu werden…
interessant würde ich (wenn auch unwissenschaftliche) tests finden, in denen man die selben argumente in der selben argumentierweise usw. als kommentare in ähnlichen blogs / foren schreibt – mal als mann und mal als frau (vom nick her).
oder ein experimenteller blog, der ein thema hat, das als typisch männlich empfunden wird, sich als mann ausgibt und dann aber eine „typisch weibliche“ kommunikationskultur darin pflegt. und vice versa.
hihi, das klingt zu lustig und interessant, um es unprobiert zu lassen :D
@tordis: Es wäre doch schlimm, wenn wir jetzt Experimente anstellen, welcher Name welche Argumente vorbringen kann! Lieber offen sein, sich nicht hinter Namen verstecken, sondern raustreten wie jetzt: vernetzen, zitieren, differenzieren. Ich sehe es auch so wie @Teresa: Das Ziel kann nicht sein, so zu werden wie die so genannten Alpha-Blogger, sondern es geht darum, eine eigene Qualität zu generieren. Eigene Themen zu setzen. Weiterzudenken und weiter zu denken. Und eben nicht nur Netz- und Medienthemen zu verbreiten – obwohl die auch wichtig sind – sondern alles, was eben auch wichtig ist: Politik, Mode (bzw. Konsumkritik und Wirtschaftsfragen), Identitätsfragen, Basteln/Selbermachen, Philosophie, urbanes Zusammenleben.
Und dickes Lob an eure Suche nach dem Bloggermädchen 2009, liebe Mädchenmannschaft. Genau das ist doch sehr öffentlichkeitswirksam.
@Tessa – danke für die Lorbeeren :)
Wir haben diese Diskussion nach der eigenen Einordnung ja schon oft geführt und viele von uns leben hervorragend ohne Blogger-Medaille… aber viele von uns sind tatsächlich eine wichtige, wenn nicht sogar führende Stimme eines Themenbereichs – werden in diesem aber oft nicht herangezogen. Wie gesagt, da drehen wir uns im Kreis.
Ich dachte an ein entsprechendes re:publica-panel, kam aber dann auf die Überlegung dort eben genau in solch einer Diskussionskultur beiseite gestellt zu werden. Was meinst du?!
@ Tordis
Zur Wirkung der Nicknames hat Anne Roth neulich auch einen spannenden Artikel verlinkt
Ihr wisst doch wie das mit Männern ist, Männer werden sieben und dann… Naja. Versuch mal mit einem Siebenjährigen eine verünftige Diskussion zu führen.
Stell dir mal vor, dein Freund käme abends mit einer Liste von Pro-Argumenten ins Bett, die dich überzeugen sollen ihn heute noch ran zu lassen. Ich bin sicher, das würde dich überzeugen ihm als Gute-Nach-Snack ein Stück von deinem süßen Kuchen anzubieten;-)
Einen lieben Gruß hinterlässt ein kleiner Omegablogger…
@ Staddicc
hier bei der Mädchenmannschaft gehen wir davon aus, dass Männer auch über das Alter von sieben hinaus kommen…
Und wenn mein Freund mit einer Liste ins Bett käme, sollte er vielleicht besser woanders schlafen
Aber ich nehme an, auch ein Omegablogger erkennt, worum es in diesem Posting tatsächlich geht…
Einfach nicht unterkriegen lassen.
Um’s mal mit meiner Lieblingsband zu formulieren:
„Don’t let anyone put you down and try to tell you what to do
It’s time to show your own opinion, raise your voice and say … ‚Fuck you!‘
Show them aggression, show them pain – Now it’s time to show your gain“
Ich finde es ja äußerst interessant, dass in manchen Kreisen immer noch die Meinung existiert, man müsse Frauen anbetteln und sie mit wie auch immer gearteten Argumentenüberzeugen, um mit ihnen schlafen zu dürfen.
Wenn mein Freund mich um Sex anbetteln müsste, oder ich ihn, dann hätten wir wohl ein grundlegendes, anders geartetes Problem.
„Alles beliebte Rückhandschläge, je nach Wahl und Grad unserer Argumentation. Wenn wir wild werden heißt es, wir seien hysterisch, wenn wir ruhig bleiben, sind wir zickig, wenn wir nicht nachgeben, sind wir uneinsichtig.“
Gerade letzteres ist ja auch hier in einigen Diskussionen zu Postings gut zu sehen, wo (dem Nick nach) männliche Diskussionsteilnehmer gern mal persönlich werden.
Da frage ich mich oft wie tordis:
„wie soll ich mich aber nun verhalten, um einen beitrag zu leisten, um die gesprächskultur positiv zu verändern? wie kann ich feministisch sinnvoll ernst genommen werden? – egal ob im netz oder in der großen welt da draußen…“
Bestimmte Beiträge als Trollbeiträge einordnen und „einfach“ nichts antworten und groben Unsinn unkommentiert stehen lassen? Das behagt mir einerseits nicht so sehr. Andererseits mag ich mich von Trollen auch nicht (mehr *g*) provozieren lassen, genau das wollen sie ja.
Mir ist dazu noch keine befriedigene Lösung eingefallen. Euch vielleicht?
„Euch vielleicht?“
Aber sicher Mondfee, „hysterische“ Wortmeldungen werden einfach gelöscht. Schließlich sind die Unterschiede innerhalb der Geschlechter größer als unter ihnen.
Bezüglich „zickig“ und „hysterisch“ auch noch mein Lieblingsvorwurf:
Stimme ich in einer Diskussion Frauen zu, bin ich die Hardcore-Emanze, die Frauensolidarität über Inhalte stellt.
Stimme ich in einer Diskussion Frauen nicht zu, kommt fast unweigerlich der Vorwurf der „Stutenbeißerei“. (Dass Männern Gockelkämpfe vorgeworfen werden, lese ich so gut wie nie)
Nee Thilde, heißt ja auch „Hahnenkämpfe“. Einfach mal googeln.
„Wenn wir wild werden heißt es, wir seien hysterisch, wenn wir ruhig bleiben, sind wir zickig, wenn wir nicht nachgeben, sind wir uneinsichtig.“
„Herrje, ich hatte wohl vergessen, meine Fragen mit einem zuckrigen Lächeln zu pudern.“
„Aber auch einige Frauen, die mit in der Veranstaltung saßen, reagierten genervt – wieso musste ich bloß auf den “süßen” Typen so einsticheln…“
„Stimme ich in einer Diskussion Frauen zu, bin ich die Hardcore-Emanze, die Frauensolidarität über Inhalte stellt. Stimme ich in einer Diskussion Frauen nicht zu, kommt fast unweigerlich der Vorwurf der “Stutenbeißerei”.“
Anscheinend lebe ich in einem Paralleluniversum. Diskussionen, in denen es derart unterkomplex zugeht, kann man auch meiden. Was kein weibliches Versagen sein muss.
@Al: Vielleicht. Es gibt ja genügend Frauen, die sowas schon erlebt haben (mich eingeschlossen) und die die Diskussion leider nicht meiden konnten. Frau will ja auch nicht dauernd abhauen.
Ihr fühlt euch also zu wenig beachtet, ja? Und diese Alpha-Bloggerrüden, die sollen auch mal was über eure Themen machen, ja? Nur reden, das möchtet ihr bitte nicht wie die, ja? Weil, das geht nicht. Die sind ja und überhaupt und so. Da macht ihr es euch lieber in der Opferrolle gemütlich (absurd, gerade hier …), nech?
Sorry, aber ich befürchte, so wird das nix.
PS: Na kommt, ihr könnt das besser. Gerade Anna Roth ist doch das beste Beispiel. Die wird – soweit ich das sehe – geschätzt, weil sie was zu sagen hat.
Nach der Lektüre der verlinkten Artikel mal bei rivva.de nachgeschaut und festgestellt, dass die Maedchenmannschaft doch tatsächlich in der Kategorie „mode“ einsortiert ist. Das ist wohl auch die typische Schublade, in der sich Frauen-Blogs wiederfinden…
Sicher Helga, muss Frau – nach generalisierendem Gebrauch des Wortes „Hahnenkämpfe“ – nicht immer gleich abhauen. Find ich auch kontraproduktiv.
Ich verstehe dein Argument, tordis, aber der Punkt ist doch:
Ich will in die Bereiche rein, die jetzt von Männern besetzt
sind. Wenn ich irgendwo reinwill, läuft das doch so ab: Ich
gehe da hin (sofern man mich lässt), schaue mir an, wie
das alles da so funktioniert, lerne die Regeln und schaue
mir die Verhaltensweisen von den schon vorhandenen
Personen ab. Alles andere geht schief! Du kannst nicht
irgendwo reinstürmen und sagen: Ich bin zwar neu hier,
aber ab heute machen wir alles anders! Du kannst natürlich
darauf bestehen, dich anders zu verhalten – aber dann
kannst du nicht darauf rechnen, in den inneren Zirkel
aufgenommen zu werden. Das sind ganz allgemeine
menschliche Regeln. Wenn du erst mal drin bist, kannst
du natürlich versuchen, die Regeln zu ändern. Aber erst
dann.
Davon abgesehen sollte man vielleicht mal drüber nachdenken,
ob der männliche Kommunikationsstil nicht auch ein Produkt
seiner Umgebung ist, also an die ‚Arbeitswelt‘ (bitte nicht
an dem Begriff aufhängen) angepasst. Was spricht dagegen,
etwas zu übernehmen, das gut funktioniert? Und aus meiner
Erfahrung funktioniert er sehr gut, schont die Nerven und
erleichtert die Arbeit.
Vielleicht noch ein Wort dazu, was ich mit ‚Stil‘ meine:
– nicht zu persönlich werden
– Witze machen und drüber lachen
– Kritik nicht persönlich nehmen
– nicht über Kollegen reden
– persönliche Probleme mit Kollegen dürfen keinen
Einfluss auf die tägliche Arbeit haben
– und weiteres, was mir gerade nicht einfällt.
Natürlich gibt es auch Frauen, die das so machen (ich
z.B.), aber ich beobachte das vor allem in männlich
geprägten Gruppen. Deshalb mein etwas provokantes
Etikett ‚männlicher Stil‘. Ich kann diesen Stil für alle
empfehlen, auch für Frauen.
@ Brian
Na, dann frag Anna Roth mal, wie oft sie gefragt wird, wenn es um bloggende ExpertInnen zu politischen Themen wie Terrorismus und Überwachung geht…
Und nein, es uns „in der Opferrolle gemütlich machen“, wollen wir gerade nicht…
@Katharina:
So ein sachlicher Stil würde ich jetzt nicht „männlich“ nennen.
Hmm, ich bin ja zum Teil noch an der Uni:
Dann haben alle Profs, die ich kenne keinen „männlichen“ Diskussionsstil.
Da wird über Kollegen gelästert, jede Kritik persönlich genommen, etc…
In der Industrie, so wieder meine Erfahrung, hängt der Diskussionsstil stark davon ab, in welchem BEreich man sich bewegt.
Eine rein männlcihe Ingenieursgruppe verhält sich ander als eine rein männliche BWL-Truppe oder Juristen-Truppe.
danke für diesen tollen Beitrag. Traurig aber wahr ist, dass sich die Wahrnehmung von Frauen in Print-Medien, bei die großen Platzhirsche wie der Name schon sagt ebenfalls männlich sind, fast eins zu eins in der Blogosphäre fortsetzt.
Was kann man dagegen tun? Ich denke ich werde nicht nur für mich sprechen wenn ich sage, dass mein Blog sich nicht unbedingt liest wie die tägliche Zeitungslektüre. Es geht oft um Randthemen, welche zu behandeln und behandeln zu können für mich eine wichtige Errungenschaft der Netzkultur darstellt. Ich kann deshalb nicht sagen, dass ich meinen Blog massentauglicher machen will, um zu den sogenannten Alpha-Bloggern aufzusteigen, die Frage von @Teresa ist also berechtigt, inwiefern Frauen überhaupt in der Form wie Spreeblick und Co. dazugehören müssen bzw. wollen.
Allein dieses Statement wird uns aber auch nicht weiterbringen. Es stimmt zwar, dass die Mädchenmannschaft ein wunderbares feministisches Sprachrohr des Web 2.0 darstellt, aber ich würde auf keinen Fall sagen, dass das eine Nische ohne Alpha-Label bleiben sollte. Schließlich geht es auch darum, eine breitere Öffentlichkeit für intelligenten Feminismus zu sensibilisieren.
Und auch abseits feministischer Themen ist es mehr als lohnend, weibliche Blogs zu konsumieren, die nicht weniger Bekanntheit verdienen als ihre männlichen Pendants. Ich denke, ohne das Thema offensiv anzusprechen, wird sich an der öffentlichen Wahrnehmung wenig ändern. Und es lohnt sich hier definitiv, die Gefahr in Kauf zu nehmen, „zickig“ zu sein, wenn man eigentlich mal sagt, was Sache ist.
Darf ich hier auch noch was sagen?
Keine Ahnung was Du meinst, ich bezog mich auf Als Kommentar, das hab ich noch mal geändert jetzt.
Bettina, wenn du es schaffst, deine (evtl gegensätzliche) Meinung innerhalb der Netiquette (also ohne unangebrachte Verallgemeinerungen, ätzende Polemiken etc) und ohne uns Blogbetreiber_innen zu beschimpfen zu formulieren, dann nur zu.
@Verena: Bezüglich des zuckrigen Lächelns musste ich gerade an die nervigen Frauen denken…
Meine Beobachtungen der Thematik sind ähnliche, wie oben geschildert. Weil ich nicht unbedingt ein Blog führe, in dem feministische Themen im Vordergrund stehen, habe ich mich vor ein paar Tagen entschieden, mein Blog komplett auf ein „generisches Femininum“ umzustellen.
Interessanterweise werde ich oft von Leuten, die mein Blog nicht gut kennen, automatisch für ein bloggender Mann gehalten. Offenbar fehlen meinem Blog die Attribute, um mich als eindeutig weiblich zu identifizieren. Was mich immer wieder an die linguistischen Studien erinnert, die zeigen, dass Kommunikation zwischen den Geschlechtern sehr viel mit Erwartungshaltungen an geschlechtstypisches Verhalten zu tun hat.
@steve:
Ich gebe zu, dass ist ein ganz persönlicher Eindruck, und
ich erhebe keinen Anspruch auf objektive Wahrheit. Aber ich
merke, dass ich nach vielen Jahren fast ausschließlicher
Sozialisation in Männergruppen starke Schwierigkeiten habe,
mich in weiblichen Gruppen zurechtzufinden. Und mir fallen
genau die Dinge negativ auf, die die Männer gemeinhin an
‚typisch Frau, seufz‘ abtun. Mein persönlicher Eindruck.
Im übrigen möchte ich betonen, dass ich nicht behaupte,
alle Männer würden sich so verhalten. Nur dass es
erwünscht ist und zum guten Ton gehört. (Ok, Uni ist
sowieso nochmal ganz anders, aber da will ich auch nicht
hin….)
@Katharina:
Zum guten Ton gehört ein sachlicher Diskussionsstil auf jeden Fall.
Hm, mit rein weiblichen Gruppen habe ich eigentlich ganz gute Erfahren, aber da waren die Damen auch alle aus dem
Ingenieursbereich und eher auf Fakten fixiert.
MIr ist aufgefallen, dass bei BWLern, Politwissenschaftlern, Juristen, etc. der Diskussionsstil „härter“ ist (sowohl von MÄnnern als auch von Frauen. In so einem Umrkeis ist es mir dann eben passiert, dass, wenn ich eine andere Meinung vertreten habe meine Argumente mit „zickig“, „emontional“,
usw. abgetan wurden.
„Hm, mit rein weiblichen Gruppen habe ich eigentlich ganz gute Erfahren, aber da waren die Damen auch alle aus dem
Ingenieursbereich und eher auf Fakten fixiert. “
Ja, meine Rede, mit denen komme ich auch gut aus…
Hm… Gut geschrieben, und auch verstanden.
Aber der Titel macht es schwer, den Eintrag völlig Ernst zu nehmen.
Wie man in den Wald ruft…?
Vielen Dank, für den Artikel. Ich glaube auch, dass diese Problematik immer wieder angesprochen werden muss…