New Black Diaspora Studies, Black Bremen Studies, African American Research – was zunächst als längst überfällige Forschung und Lehre in Deutschland zu Schwarzer Geschichte, Kultur, Literatur, etc. erscheint, entpuppt sich schnell als Teil des Problems: Black Studies, auch die „Black Knowledges Research Group“ („Schwarzes Wissen“-Forschungsgruppe) in Bremen, sind weiss, sowohl personell als auch von der Herangehensweise, dass Schwarze Menschen oft als Forschungs-„Objekte“ und auszuschöpfende Informationsquellen, nicht aber als Kolleg_innen, Impulssetzer_innen und Wissensproduzent_innen betrachtet werden. Schwarze Wissenschaftler_innen, Aktivist_innen und Künstler_innen haben am vergangenen Freitag ein Statement veröffentlicht, das gegen die Weißwaschung und Appropriation (Aneignung) von Black Studies in Deutschland protestiert. Mitgezeichnet und unterstützt wird dieses Statement unter anderem vom Braunen Mob e.V., der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), ADEFRA e.V. (Schwarze deutsche Frauen und Schwarze Frauen in Deutschland), dem Bündnis kritischer Kulturpraktiker_innen, Prof. Dr. Angela Davis, Prof. Dr. Maisha Eggers, Dr. Peggy Piesche, Noah Sow und Sharon Otoo.
Das gesamte Statement und die umfassende Auflistung der Unterstützer_innen könnt ihr beim Present_Tense Scholars Network: Black Perspectives and Studies Germany lesen. Weitere Infos findet ihr auch auf Noah Sows Blog (…generell: Eine ständige Lektüreempfehlung!).
Ein Auszug:
Wir, die hier Unterzeichnenden, verurteilen die Art und Weise, in der Black Studies an der Universität Bremen mobilisiert und in Dienst genommen werden. […]
Angesichts der offenkundigen, proaktiv praktizierten Ausschließungen, den mehr oder minder feststehenden inhaltlichen Ausrichtungen der Arbeitsgruppen der Creative Unit, den diversen personellen Überschneidungen und den bereits laufenden bzw. angegliederten Forschungsprojekten stellen sich außerdem die Fragen, wie und von wem über die im Proposal beantragten Stellen und Gelder entschieden wird und auf welchen Auswahlkriterien diese Entscheidungen beruhen. Immerhin handelt es sich dabei um 1 Postdok-Stelle, 4 Doktoranden-Stipendien, 2 halbe Promotionsstellen und 4 Stellen […] für wissenschaftliche Hilfskräfte. […]
Es ist ein Skandal, dass Schwarze deutsche Wissenschaftler_innen und Aktivist_innen im Zuge der Gestaltung der Unit nicht konsultiert worden sind und ihre Arbeit umfassend entnannt wird, jedoch ihre Namen im Proposal auftauchen, wo sie ohne ihre Zustimmung als aktuelle oder „prospektive“ Kooperationspartner_innen gelistet wurden. Überdies werden die Forschungen von Schwarzen deutschen Wissenschaftler_innen, die in Deutschland seit vielen Jahren zu diesen Themen arbeiten und publizieren, ausschließlich „im Zusammenhang eines basisdemokratischen Aktivismus schwarzdiasporischer Autoren“ verortet. […]
Mit anderen Worten: Während die finanziellen Ressourcen der Creative Unit dazu genutzt werden, um Stellen für weiße Wissenschaftler_innen zu finanzieren, werden die Namen von Schwarzen Wissenschaftler_innen / Aktivist_innen, wenn sie denn überhaupt Erwähnung finden, ohne die entsprechende Erlaubnis als Token verwendet. Eine solche Vorgehensweise ist nicht nur ungeheuerlich und unethisch, sondern bekräftigt das koloniale Modell der Enteignung: Schwarze Deutsche dürfen weißen Akademiker_innen gern als „Rohmaterial“ und „native informants“ dienen, es wird ihnen allerdings nicht erlaubt, als eigenständige Wissenschaftler_innen zu agieren. Weiße deutsche Akademiker_innen und Aufbaustudierende hingegen stehen bereit, um von noch mehr ökonomischem und symbolischem Kapital als Teil der geplanten Creative Unit zu profitieren. […]
In den USA sind Departments für Black Studies einst ins Leben gerufen worden, weil studentische und community-Gruppen politischen Druck auf die Universitäten ausübten, um die Wissensproduktion über und vor allen Dingen von (!) Schwarzen Menschen anzuerkennen, finanziell zu unterstützen sowie strukturell und personell zu etablieren.
Übrigens: Die Forschungsgruppe „Black Knowledges Research Group“ an der Universität Bremen hat sich im Zuge der Kritik nun innerhalb von zwei Tagen aufgelöst. Hier findet ihr die Stellungnahme (auf Englisch).