Nachdem auf der dailymail.co.uk vor zwei Wochen über eine Auktion im italienischen Florenz berichtet wurde, in der die italienische Designerin Eliana Lorena zum 50. Geburtstag von Barbie 500 Puppen mit verschiedensten Outfits entworfen hatte, um Geld für die Kampagne “Rewrite the Future” von Save the Children zu sammeln, hat besonders eine bestimmte Barbie Aufmerksamkeit erregt:
Die so genannte „Burka-Barbie“, die eine afghanische Frau in „ihrem“ kulturellen Gewand zeigt.
Auf elanthemag.de, ein Blog, der von und für muslimische Jugendliche geschrieben wird, setzt sich Sara Elghobashy kritisch mit der Aufruhr wegen der Puppe auseinander:
Mattel’s release of these 500 special collectors’ Barbies spurred a lot of controversy, but you won’t hear about Kimono Barbie, Gomesi Barbie or Selwar Kameez Barbie. Nope. Everyone’s talking about Burqa Barbie – and it’s not because they’re admiring her colorful choices.
(zu deutsch: „Mattels Ausgabe der 500 speziellen Sammel-Barbies hat eine Menge Aufmerksamkeit erregt, aber du wirst nichts von Kimono-Barbie, Gomesi-Barbie oder Selwar Kameez Barbie hören. Nope. Jede/r spricht nur von Burka Barbie – und nicht etwa, weil man ihre verschieden farbenfrohen Varianten toll findet.“)
Anzunehmen ist also, dass jene Barbie nicht zufällig in die Schlagzeilen geriet, sondern sich thematisch sehr gut in die anti-islamische Grundstimmung einfügt, die seit 9/11 die mediale Darstellung von Muslimen beeinflußt.
Elghobashy schreibt außerdem:
The doll was meant to represent Afghani culture and was never intended to be political, though many are interpreting Lorena’s decision to outfit Barbie in a burqa as just that.
(zu deutsch: „Die Puppe sollte die afghanische Kultur darstellen und war nie politisch gemeint, obwohl viele KritikerInnen Lorena’s Entscheidung, die Puppe mit einer Burka auszustatten, genau als solches interpretieren.“)
Auf MuslimahMediaWatch.org wundert sich Raaz, ob es nicht auch positiv für muslimische Barbie-Fans sein kann, eine Puppe zu haben, mit der sie sich identifizieren können. Doch bleibt eine Frage offen: Warum soll ausgerechnet die Burka das traditionell afghanische Gewand repräsentieren? Ist die Burka nicht vielmehr durch deren zunehmenden Präsenz in den Medien insbesondere in Verbindung mit der seit 2004 stetig anwachsenden Taliban Bewegung zu der kulturellen Robe geworden, welche andere traditionelle Kleidungen in Afghanistan völlig außer Acht lässt?
Immerhin wäre die Darstellung einer amerikanischen Barbie im Mini-Rock auch nicht sehr differenziert und würde nur eine der vielen amerikanischen Modestile aufzeigen.
Die Kritik an der „Burka Barbie“ – übrigens sowohl von NOW (National Organization for Women) als auch von IslamkritikerInnen und/oder Rechtskonservativen findet Raay scheinheillig und resumiert:
Barbie herself symbolizes an unrealistic portrayal of women, and some of her other forms of cultural clothing should also be seen as degrading and oppressive. Instead of singling out a single form of cultural dress that is “oppressive” and “degrading” towards women, we should look at the myriad of clothing styles that contribute to degrading portrayals of women (even those in Western cultures) so that girls everywhere can identify with culturally-relevant forms of dress that can be seen as liberating.
(Zu deutsch: „Barbie selbst präsentiert ein unrealistisches Bild von Frauen und einige ihrer anderen Kleidungsstile sollten ebenfalls als unterdrückend und entwürdigend gesehen werden. Anstatt sich an einer Form von kultureller Kleidung aufzuhalten, welches angeblich erniedriegend für Frauen sein soll, sollten wir die Vielzahl an Kleidungsstilen analysieren, die zur Erniedrigung von Frauen beitragen (selbst solche in westlichen Kulturen) so dass Mädchen überall auf der Welt mit traditioneller kultureller Kleidung identifizieren können, die sie als befreiend sehen.“
Auch auf dem (rechts-)konservativen Nachrichtensender FOX News wurde „Burka Barbie“ wenig überraschend recht einseitig diskutiert.
Die große Frage bleibt nun:
Zeigt „Burka Barbie“ kulturelle Differenz auf und trägt somit zur Diversität bei oder importiert sie, wie Brigitte Gabriel bei Fox News betont, „islamische Frauenunterdrückung“ in die westlich liberalen Länder?
ich muss sagen, dass ich in der burka-frage grundsätzlich der meinung von brigitte gabriel bin – allerdings ist die frage wie das ganze diskutiert wird und in welches politische umfeld sich diese diskussion einfügt..
und warum ist barbie unter ihrer burka hübsch geschminkt und zurechtgemacht?
tba, wenn ich mich richtig erinnere, meine ich mal gehört zu haben, dass es nicht unüblich ist, sich trotz Verschleierung zu schminken. Das mag sich für uns im Westen seltsam anhören, aber bei der Verschleierung geht es, wenn ich das richtig verstanden habe, nicht darum, die Frauen hässlich zu machen. Ausserdem wird die Burka ja nur außerhalb des Hauses getragen und ich habe auch schon von Frauen hier in Deutschland gehört, die sich auch schminken, wenn sie das Haus nicht verlassen…
Ich bin sicher keine Verfechterin von Verschleierung, aber der Zusammenhang Burka = Frauenunterdrückung ist mir zu eindimensional…
ich habe mal versucht herauszufinden, seit wann eigentlich die burka ‚traditionell‘ ist. bislang ist mir das nicht gelungen. – ich erinnere mich andererseits an mindestens einen film aus afhganistan, in dem ‚traditonell‘ gewandtete frauen keine burka trugen. was nun?
Ich würde ja wetten, dass Brigitte Gabriel hohe Schuhe und einen engen Rock trägt, die sie behindern und sich sich nicht vernünftig bewegen lassen… Ich finde, auch hohe Schuhe und Bleistiftröcke kann man als Symbol der Unterdrückung intrepretieren, weil sie helfen, diegenigen Vorurteile über Frauen, die Unterdrückungsmechanismen unterfüttern, zu zementieren…
Die Burka wurde m.E. von den Medien hochstilisiert und zu dem einzig „traditionellen“ Gewand von Afghaninnen konstruiert, obwohl es viele andere traditionelle Moden gibt – was man schnell rausbekommt wenn man z.B. online nach Modegeschäften sucht, die afghanische Mode anbieten.
Spontan finde ich eine Burka erst mal ähnlich ‚degrading‘ wie Hotpants. Aber der große Unterschied ist halt, dass Hotpants-Trägerinnen sich das selbst ausgesucht haben – wie sehr sie dabei vom westlichen Frauenbild beeinflusst wurden, ist da erst mal nicht relevant. Die Burka MUSS man aber in bestimmten Regionen tragen, wenn man sich nicht erheblichen Gefahren aussetzen will. Das verhindert meiner Meinung nach, dass die Burka in anderen Zusammenhängen als ’normales‘ Kleidungsstück gelten kann.
In abgeschwächter Form gilt diese Argumentation auch für das Kopftuch. Ich habe überhaupt nichts gegen Kopftücher, die können richtig gut aussehen, und es sollte sowieso jeder anziehen können was er oder sie will. Aber die Tatsache, dass viele Frauen und Mädchen mit mehr oder weniger starkem Druck dazu gebracht oder sogar gezwungen werden, Kopftuch zu tragen, nimmt diesem Kleidungsstück seine Unschuld. Und die kann auch nicht mehr hergeredet werden. Was daraus für
Konsequenzen zu ziehen wären, da bin ich mir allerdings auch nicht sicher.
War das jetzt Off-Topic? Dann sorry. Das war jetzt mehr laut überlegt.
@ miriam: und ich meine mich zu erinnern, mal gelesen zu haben, das frauen, die ihre nägel lackierten, kurzerhand die finger abgehackt wurden. aber make-up ist okay?
@tba: ja klar, weil man es ja nicht sieht. Das ist ja DAS Pro-Argument, was gerne vorgebracht wird. Es geht darum, die Schönheit der Frau für andere (Männer) unsichtbar zu machen. Lackierte Fingernägel sind in der öffentlichkeit sichtbar.
@Katharina: Das ist genau der Punkt, der bei mir das Unbehagen auslöst, dass sich in manchen Regionen die Frauen nicht entscheiden können, was sie tragen. Wenn eine Frau sich wohler fühlt, wenn sie sich verhüllt, dann soll sie das tun dürfen (meinetwegen auch als Lehrerin an einer deutschen Schule).
@miriam, okay, alles klar, das erklärt einiges, danke!
Zur Frage: da bin ich der Meinung von Frau Gabriel.
Ich hätte allerdings nocu einen netten Gegenvorschlag zur „Burka Barbie“: einen Ken mit Augenbinde oder Scheuklappen. Mit einem Schildchen dran: „Macht Burkas überflüssig.“ ;)