Ab Mitte September finden in Berlin einige Veranstaltungen statt, die antirassistische Perspektiven mit Kunst und Kultur verbinden. Nach wie vor ist die hiesige Kunst- und Kulturlandschaft westlich, eurozentrisch und weiß(deutsch) geprägt und strukturiert, insofern verstehe ich die nachfolgend aufgelisteten Events auch als Widerstand und Intervention in diesen Normalzustand, ganz gleich, ob die Veranstaltungen diesen vordergründig zum Thema machen oder nicht.
Wenn es Veranstaltungen in eurer Umgebung mit ähnlichen Schwerpunkten oder Perspektiven gibt, dann postet sie doch in die Kommentare und ich ergänze die Übersicht von Zeit zu Zeit!
Frauenkreise Berlin: Kunst als Ort der Selbstermächtigung und des Widerstands. Perspektiven Schwarzer Frauen*, Frauen* of Color und Frauen* mit Migrationsgeschichte
Veranstaltungsreihe vom 11.9. bis 4.12.2014. Der Verein schreibt über die Reihe: „Welche Rolle spielen Kunst und künstlerisches Schaffen innerhalb von Prozessen der Identitätsverhandlungen und des Empowerments? Wie kann die Produktion und Darstellung von Kunst eingesetzt werden, um auf gesellschaftliche Dominanz- und Machtverhältnisse aufmerksam zu machen, auf diese Einfluss zu nehmen und als widerständiges Mittel fungieren, um ihnen entgegen zu wirken? In wie weit kann durch Kunst Solidarität hergestellt und Differenzen überwunden werden, und welche Bedeutung haben Kunst und ‚Kultur‘ für aktuelle politische Widerstandsbewegungen?“
Zur Eröffnung der Reihe wird am Donnerstag die Dokumentation „A litany for survival“ gezeigt, die das Leben und Schaffen der Dichterin und Aktivistin Audre Lorde nachzeichnet. Vorgestellt den gesamten Herbst über Arbeiten, Aktivitäten und Performances von Alisa Anh Kotmair, dem JugendtheaterBüroBerlin und dem Bündnis kritischer Kulturpraktiker*innen, Moona Moon, Azadê, Sarah Mouwani und Bahati, Oxana Chi und Layla Zami und Branwen Okpako.
Das gesamte Programm findet ihr hier zum Download oder auf der Webseite von Frauenkreise
Ballhaus Naunynstrasse: Rassismus im Kulturbetrieb
Am 18. September beschäftigt sich das Ballhaus mit den Herausforderungen und Perspektiven für ein diskriminierungsfreies Theater: Aus dem Ankündigungstext: „Kultur wird meist als rassismusfreie Zone gedacht – besonders im Land der Denkerinnen und Dichter. Dabei reicht schon der Blick auf das deutsche Gegenwartstheater, um die Widersprüche in diesem Selbstbild zu sehen. […] In den letzten Jahren haben postmigrantische KulturarbeiterInnen und AktivistInnen of Color unhinterfragte institutionelle Arbeitsweisen und künstlerische Konventionen aus rassismuskritischen Perspektiven problematisiert. Trotzdem hat sich an den Strukturen bisher wenig geändert.“ Was zu ändern wäre und wie das passieren kann, darüber diskutieren am 18. September u.a. Sandrine Micossé-Aikins, Kien Nghi Ha, Azadeh Sharifi
Sophiensaele: Simone Dede Ayivi – Performing back
Simone Dede Ayivi ist Theaterarbeiterin in den Feldern Regie, Dramaturgie und Performance. Letztes Jahr veröffentlichte sie im Tagesspiegel und auf der Mädchenmannschaft einen Text zur Debatte um rassistische Begriffe in Kinderbüchern. Mit ihrer aktuellen Produktion „Performing Back“ widmet sich Ayivi Fragen von Erinnerung und begibt sich dabei auf eine Expedition in die Kolonialgeschichte – auch die der eigenen Familie. Vom 19.-22. September jeweils um 21 Uhr in den Berliner Sophiensaelen.
Frauenzentrum Schokofabrik: Lesung „Amon – Mein Großvater hätte mich erschossen“
Jennifer Teege erfährt mit Ende 30, dass ihr Großvater Amon Göth war – SS-Offizier und Kommandant im Konzentrationslager Płaszów bei Krakau und verantwortlich für die Ermordung von mindestens 10.000 Menschen. Davor lebte und studierte sie viele Jahre in Israel. In ihrer Biografie verarbeitet Teege ihre Familiengeschichte. Lesung und anschließendes Gespräch finden am 19.9. um 19 Uhr statt. Die Autorin liest nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Städten.