Zum 100. Frauentag: Eine Tasche voller Feminismus

Eine Gruppe von US-amerikanischen Student_innen rief im letzten Jahr den Feminist Coming Out Day aus, der auch heute zum 100. Internationalen Frauentag zelebriert wird. Sich als Feminist_in „outen“ – auch heute ist das F-Wort ein Schreckgespenst in vielen Ohren. Nicht bei uns! Wir sprechen es laut und deutlich aus.

Eine Tasche voller Feminismus

Erzählt uns von eurem feministischen Coming Out! Wann habt ihr euch zum ersten mal mit Feminismus be­schäftigt? Wann wusstest ihr, dass ihr Feminist_in seid? Ob beim Girls Day bei der Feuer­wehr, auf einem Riot Grrl Konzert oder nach einem langen Gespräch mit der Mutter, die schon vor Jahr­zehnten für das Recht auf Abtreibung kämpfte, wir interessieren uns für eure Geschichten!

Eine Woche lang habt ihr Zeit, eure Geschichten aufzuschreiben. Nach Zufalls­prinzip losen wir am 15. März eine_n Geschichten­erzähler_in aus, der_die sich über eine Mädchen­mannschafts­tasche freuen darf.

Wir sind gespannt!

36 Kommentare zu „Zum 100. Frauentag: Eine Tasche voller Feminismus

  1. Das ist ne tolle Aktion! Wo soll mensch die Geschichte den hinposten? Als Kommentar oder per Mail?

  2. Wichtige Erlebnisse hatte ich mit meinem Vater (vier Töchter und teilweise alleinerziehend). Der hat mir Autofahren, Tapezieren und den Radwechsel beigebracht. Ganz unvoreingenommen. Jetzt wehre ich mich gegen rosa Klamotten für Babies. Aber ob man das gleich feministisch nennen muss?

  3. Ein konkretes Erlebnis gab es nicht, deswegen habe ich auch keine spannende Gesichte zu erzählen. Dafür habe ich aber eine spannende Spendenaktion ins Rollen gebracht, die verschiedene Projekte für Frauen fördert – von den Boxgirls in Berlin zu skatenden Mädchen in Afghanistan. Nicht die Höhe der Spende zählt, sondern dass möglichst viele dabei sind. Freiwillige vor, bei meiner Spendenaktion von Frauen für Frauen: Girlpower!
    http://de.betterplace.org/groups/girlpower

  4. @ Blumenbriga: Müssen nicht ;) aber wenn du Fähigkeiten nicht vom Geschlecht abhängig machst und rollenstereotype Kleidervorschriften für überflüssig hältst, bist du wohl mit im Feminismus-Boot :)

  5. Ich behaupte, dass die Bücher schuld sind. Ich habe immer schon viel und gerne gelesen. Beim Lesen lernt man, sich in andere Personen hineinzuversetzen, und zumindest bei mir hat das wohl für einen großen Gerechtigkeitssinn gesorgt. Alternativ bin ich Waage (zumindest nach den alten Sternzeichen).

    Diesen Gerechtigkeitssinn hatte ich mit meiner Oma gemein, die in ihrer Jugend bereits für viel Unruhe bei ihren Chefs gesorgt hat, als sie z.B. eine Gehaltserhöhung für alle Frauen in ihrer Abteilung erzwang. Meine Oma war bis kurz vor ihrem Tod sehr kämpferisch und nie zu fein, ihre Meinung zu sagen. Ähnlich verhält es sich mit meiner Mutter, und mein Opa wiederum hat sich sehr für Schwächere eingesetzt. Der kirchlichen Hintergrund des Ganzen habe ich nicht übernommen, aber geprägt wurde ich trotzdem.

    Während meiner ersten Uni-Zeit schließlich habe ich meine beste Freundin kennengelernt und wurde konkret mit feministischen Inhalten konfrontiert, die auch diesen Namen trugen. Damals fragte ich mich auch, ob man sich als Mann überhaupt Feminist nennen dürfe. Heute mache ich das einfach, wenn auch 1) oft von Umstehenden belächelt und 2) dezidiert als Teil meiner humanistischen Ausprägung gegen jede Ungerechtigkeit.

    Leider gibt es aber kein Schlüsselerlebnis, das ich jetzt nennen könnte. Feminismus und der Schutz von Schwächeren war für mich einfach zu selbstverständlich, weshalb ich mich auch bisweilen mit Leuten schwer tue, die da keinen Handlungsbedarf sehen.

  6. Ihr Lieben, hier meine Geschichte: Das ich Feministin bin, wusste ich eigentlich schon immer, denn meine Mutter hat mich so erzogen (die als alter Hippie auch meinen Vater einen Antrag gemacht hat, nicht umgekehrt). In der Schule mussten wir dann allerdings in der 7. Klasse Referate machen zu sozialen Themen. Ich landete beim Feminismus und rollte die ganze Geschichte auf, inkl. der Erstellung eines Hefts, das ich in meiner (wohl gemerkt: Mädchen)Klasse verteilt habe. Denen standen ordentlich die Münder offen. Was war ich stolz!

  7. Eigentlich habe ich 2008 etwas für Männer / Männerrollen / Weiterentwicklung & Co. gesucht. Prompt wurde ich Mitglied in einem – für mich nachträglich als obskur empfundenen – Männerclübchen, um 4 Monate später wg. Vorstandsgockeleien wieder auszutreten – mir zu dogmatisch. Die „Alphamädchen“ sah ich in FrauTV und war irgendwie wie ein Befreiungsschlag, das erste feministische Buch war „Wir Alphamädchen“.

    Stand nichts „Schlimmes“ drin. Weitere Buchempfehlungen von FrauTV wie „Männerseelen“ interessierten mich mehr und mehr. Da ich auf einige Widersprüchlichkeiten aufmerksam wurde, wollte ich Simone de Beauvoir gegenlesen – stand auch nichts „Schlimmes“ drin, obwohl es für einige Universitätsprofessoren der damaligen Zeit schwere Kost waren und das Buch teilweise vor Wut quer durch die Hörsäle warfen (Quelle : Alice Schwarzer / Simone de Beauvoir, Gespräche),

    Hedwig Dohm und weitere Bücher verschafften dann ein für mich korrigiertes Bild von Feminismus.

    Eine Empfehlung hier „Geschlechterdemokratie“ von Prof. Hollstein machte mich mit Geschlechterhierarchien und subtil verinnerlichten Geringerschätzungen von „Weiblich“ bekannt, was ich früher so gar nicht wahrgenommen ahbe aber – leider und erschreckenderweise – nachvollziehbar ist.

    Auch bei Anita Heiliger stand – entgegen popularverbreiteter Falschinformationen – nichts „Schlimmes“ drin und formulierte die gesellschaftlich transportierten begünstigenden Faktoren zu Geschlechter- und Generationenhierarchien für Prädispositionen zu sexuellen Übergriffigeiten, die in den Normen liegen und nicht in den Individuen „die Männer“ oder „die Frauen“.

    Feminismus ? Weiter so !

    http://maedchenmannschaft.net/frauen-in-wissenschaft-und-geschichte/#comment-37163

    “Es ist wichtig, dass die Weiblichkeit ihre Werte in sich selbst – unabhängig von Männern – definiert.”

  8. Bei mir waren es die SPD-Frauen in Münster, die alle 1986 die erste Quotenregelung in einem SPD Unterbezirk und zwei Jahre später dann bundesweit durchgesetzt haben und denen ich mich vor ca. fünf Jahren nach einigen Jahren bildungspolitischer Arbeit bei den Jusos (wohlgemerkt in NRW und Münster, bei denen die harte Quote lange schon galt und deswegen klar war: Frauen und Männer werden gleich beteiligt) angeschlossen habe. Seitdem beschäftige ich mich beruflich, politisch und privat sehr intensiv mit frauenpolitischen und gleichstellungspolitischen Fragen. Und was während der Schulzeit noch ein Schimpfwort war, ist heute eine Auszeichnung: ich bin Feministin!

  9. Der Gedanke, dass Männer und Frauen unterschiedlich behandelt werden und ihnen unterschiedliche Rollen zugeschrieben wurden und ich das irgendwie als ungerecht empfand, hatte ich schon recht früh. Lange waren meine Gedanken zu dem Thema aber noch sehr diffus und zum Teil wiedersprüchlich, feministisches Bewusstsein war bei mir kein plötzlich eingetretener Zustand, sondern ein Prozess (der immer noch andauert).
    Ich kann mich noch erinnern, wie ich mit 4/5 Jahren einen Teddy geschenkt bekommen hatte. Mir kam der Gedanke, dass merkwürdrigerweise alle Teddys als männlich angesehen werden. Ich beschloss, dass mein Teddy weiblich sein sollte, weil: wieso sollte es keine weiblichen Teddys geben?
    Ich will diese Sache gar nicht als besonderes Ereigniss abstempeln, ich denke viele kleine Kinder fragen sich oft warum gewisse Sachen so zu sein haben, wie sie nun mal sind – vor allem in Geschlechterfragen.
    In der Pubertät war ich begeisterte Leserin von historischen Romanen, mich faszinierten die starke Frauenfiguren. In diesen Büchern kam jedoch auch oft sexuelle Gewalt gegen die Protagonistinnen vor. Ich wusste, dass es immer noch Vergewaltugungen, Belästigungen etc. gegen Frauen gab und empfand dies als kaum zu ertragender Zustand. Weiterhin blieb mein vorfeministisches Weltbild aber noch diffus, ich empfand die Erniedrigung von Frauen zwar als furchtbar ungerecht, auf der anderen Seite stellte ich aber noch nicht die dem zugrunde liegende Stereotypen in Frage (in Gegenteil: auch ich habe mal das Buch gelesen „Warum Frauen nicht einparken können…“).
    Jedoch konnte ich mich auch nie mit gewissen „Mädchenträumen“ anfreunden: Kinder zu haben, Mutter zu sein, war für mich nie sonderlich interessant. Ich fand es ok, wenn andere ihre Erfüllung in diesen Sachen fanden, jedoch störte mich zunehmend das Nichtakzeptieren meiner Träume (sieh auch hier). Frauen sind zwar rechtlich geleichgestellt, aber hatten doch trotzdem ein gewissen Bild zu erfüllen – und das passte mir nicht.
    Mit zunehmenden Alter wurde meine Gedanken jedoch konkreter, der letzte Schubs in Richtung Feminismus, hab mir letztendlich die Mädchenmannschaft bzw. ihr Buch „Wir Alphamädchen“ (nein, keine Schleimerei, das war wirklich so ;) ). Ich erkannte, dass es also wirklich Menschen gab, die so ähnliche Gedanken hatten wie ich! Meine Reise durchs Internet und durch feministische Blogs began bis ich schließlich meinen eigenen Blog eröffnete, um meine Gedanken festzuhalten.
    Damit einhergehend traute ich mich zunehmend meine Meinung auch öffentlich zu vertreten – auch wenn ich damit als „Kampfemanze“ in die Schulgeschichte eingehen sollte [;)]. Mich störte es nicht (mehr), dass die Leute mich z.T. etwas komisch fanden, Feminismus (und linke Politik) war etwas in dem ich einen Ort gefunden habe, wo ich mich wohlfühle, der mich inspiriert. Für mich geht es bei dem Feminismus darum, dafür zu kämpfen, selbstbestimmt leben zu können – und zwar alle, egal welchen Geschlechts sie angehören.

  10. Ich gehöre wohl zu der Gruppe von Menschen, welche sich über das Internet und eine humanistische Erziehung das Thema gefunden haben:
    Ich war sehr froh, als ich mit etwa 12 Jahren erstmals Internetzugang hatte. Insbesondere die Teilnahme an Mailinglisten, Chats und Foren war (und ist) toll! Die üblichen Kommentare, wie „wie schaust du denn aus?“ und so waren weg, wichtig war nur, was ich da geschrieben habe. Irgendwann kam dann eine gewisse Interesse für Computersicherheit dazu und entsprechend habe ich dann halt da auch mit herumgespielt. Das ging dann so ein paar Jahre, immer ein bisschen Außenseiterrolle, aber im Wesentlichen alles in Ordnunug. Bis da ein gewisse innenpolitische Geschehnisse mich dazu zwangen, mich mal etwas genauer mit Hierarchie, Macht und sozialer Rolle zu beschäftigen. Kurz: Eben noch waren scheinbar (also für mich war es zu dem Zeitpunkt so) alle irgendwie gleich, sahen zwar alle etwas anders aus, etwas anderes Verhalten, etwas anderer Besitz, aber die Möglichkeiten waren gefühlt gleich. Naja, „waren“ trifft es. Auf jeden Fall habe ich mich dann zunehmend als „liberitär“ (nix FDP oder so!) verstanden, entsprechend organisiert und so fort. Und dann kam irgendwann auch die Problematik „multiple oppression“ und viele Diskussionen bezüglich Definitionsmacht und Machtgefälle. Sowohl „vor“ der Definitionsmacht, als auch „durch“ eben diese. Und das war, wo ich mich wohl erstmalig als aktiv im Anti-*ismus verstanden habe.
    Seitdem ist wieder etwas Zeit vergangen, einiges sehe ich mittlerweile pragmatischer, so musste ich feststellen das es schnell zu Missverständnissen kommen kann, welche die eigenen Grenzen verletzen. Auch sehe ich nun auch andere Probleme wie Steuerungerechtigkeiten verstärkt. (Auch wenn ich immer noch nicht verstehe, warum nicht versucht wird, sämtliche formale Eintragungen von Beziehungen abzuschaffen.)
    Und jetzt? Versuche ich mich queer einzubringen und an konkreten Verbesserungen zu arbeiten. Und ich verstehe mich inzwischen als Anti-Feministisch in dem Sinne, als das als langfristiges Ziel die Abschaffung der binären Geschlechterlogik steht. Und damit ist das Wort „Feminismus“ dann überholt.
    *Hoffentlich bald*

  11. Das ist bei mir auch eher eine Entwicklung gewesen, die ich aber auch nicht für abgeschlossen halte. Als Teenager habe ich mir nicht so viele differenzierte Gedanken gemacht, die ganze Welt war einfach scheiße ;-) , aber mir ist auch aufgefallen, dass Mädchen schnell als Schlampen gelten, wenn sie ihre Sexualität ausprobieren, Jungs aber dann voll die Obermacker sind. Oder, dass ich dafür gemobbt wurde, weil ich mich „wie ein Junge“ benahm. Solche Sachen eben.
    Wenn ich einen Punkt festmachen müsste, seit dem ich mich endlich aktiv für Feminismus und Politik interessierte, dann ist es das: Eva Hermans Bücher! Ich meine, da stellt die sich hin und wirft „dem Feminismus“ und Alice Schwarzer vor, dass sie (Herman) durch die Emanzipation zu viele Freiheiten hatte und deshalb auch Fehler gemacht hat, die sie heute bereut (mal abgesehen vom Untergang des gesamten Abendlandes durch die Emanzipation der Frau). Man kann ja Frau Schwarzer viel vorwerfen (z. B. ihre Küngeleien mit der Bildzeitung), aber nicht, dass Frauen Gelegenheit bekamen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
    Zwar scheint Frau Herman auch leider viel Zustimmung bekommen zu haben, doch vielleicht ist es einigen Leuten auch so wie mir gegangen, ein Erweckungsruf sozusagen.

  12. Polen war schuld bei mir. Zwei Auslandssemester war ich dort. Im ersten Semester war ich verwundert bis geschockt nicht nur darüber, wie eng definiert „Frau“ dort ist, sondern auch wie wenig in die Rolle passe und wie sehr das mein tägliches Leben betrifft. Im zweiten Semester hatte ich dann das Glück ein Seminar zum Thema „Gender and Nation“ bei Agnieszka Graff, einer polnischen Feministin und großartigen Dozentin, zu besuchen. Spätestens als ich bei der Frage, wer von uns schonmal nach 1 Uhr nachts im Warschauer Zentrum unterwegs war, die einzige Frau war, die aufzeigte, habe ich gemerkt, wie viel von feministischen Ideen schon immer in mir drin war – was ich wohl vor allem meinen Eltern und ihrer recht feministischen Erziehung zu verdanken habe. Nach diesen polnischen Schlüsselerlebnissen habe ich dann u.a. durch „Wir Alphamädchen“ und die Mädchenmannschaft den „neuen“ Feminismus in Deutschland entdeckt.

  13. Wenn es ein Ereignis gibt, zu dem ich sagen kann: Da bin ich zur Feministin geworden, dann war es dieses:
    Es war auf einer Sitzung der Jusos. Für mich war es das erste Mal, dass ich an einer überregionalen Besprechung teilgenommen habe. Als wir über eine bevorstehende Konferenz sprachen, kam die Frage auf: Soll es eine geschlechterquotierte Redeliste geben? Ein Teilnehmer fragte, indirekt an die Frauen gewandt, ob wir das wirklich bräuchten. Da war es wieder: das unterschwellige Gefühl, mich als Frau rechtfertigen zu müssen. Natürlich können Frauen das auch ohne Quote! Frauen können alles ohne Quote! Wenn ich etwas erreiche, dann doch bitte, weil ich eine gewisse Leistung vollbracht habe. Was ich zu sagen habe, werde ich schon sagen, egal ob vor mir 10 Männer eine gegenteilige Meinung vertreten haben oder nicht. Aber ich kam gar nicht dazu, diesen selbstverteidigenden Unsinn von mir zu geben. Ein männlicher Teilnehmer antwortete ganz ruhig an meiner Stelle. Er sagte, er werde für Gleichberechtigung kämpfen, er werde für die Quote stimmen, er werde alles tun, um männliche Netzwerke aufzubrechen. Und er untermauerte alles mit unheimlich vielen Fakten und Zahlen, die mir bis dahin völlig neu waren. Diese Solidarität, die ich bei den Jusos zum ersten Mal erlebte, hat mir den Mut gegeben, ganz offen zu sagen, was ich denke, mich gewissermaßen als Feministin zu „outen“. Dafür danke ich den Jusos sehr.

  14. als tochter einer alleinerziehenden mutter musste ich bereits recht früh erfahren was es heißt, als frau sowohl im berufsleben als auch als alleinerzieherin diskriminiert zu werden. somit wurde ich bereits in kinderschuhen für benachteiligungen auf grund patriarchale strukturen sensibilisert und entwickelte sehr früh den frauenvernetzungsgedanken. ein richtiges „aha – erlebnis“ war der brief vom jugendamt, der meine mutter darüber informierte, dass sie regelmäßige kontrollen bekommen wird, um zu überprüfen, ob sie als alleinstehende frau ohne männlichen familienvorstand und -ernährer überhaupt im stande ist, ein kind zu erziehen.

  15. wie ich Feministin wurde: als ich meine Diplomarbeit über Geschlechtsidentität bei Transsexuellen und Transvestiten schrieb und darauf stieß, dass diese ihre Weiblichkeit u.a. über (heteronormative) Passivität (interaktiv) herstellen.
    Die authentische Selbstinszenierung vorausgesetzt, gibt es Dichotomisierungen, die verleiblichend wirken. Da es im Falle sexueller Akte nicht dauerhaft möglich ist, die körperlichen Geschlechtszeichen zu invisibilisieren, greifen Transgender hier auf bestimmte sexuelle Praktiken zurück, die oftmals Hand in Hand mit der in die Körper eingeschriebenen Begehrensrelation gehen. So ist das Frau-Sein automatisch mit der passiven Position im Begehren der Geschlechter verknüpft. Ganz im Sinne dessen, was Engel nach Grosz mit den Worten, „dass das moderne westliche Geschlechtersystem kein aktives sexuelles Begehren von Frauen […] vorsieht, sondern Frauen in den Status sexueller Objekte verweist“ (Engel 2002, S. 165) beschreibt, fügen sich Transgender als Frauen selbständig in die Rolle des Begehrensobjektes ein und erfahren genau darüber eine besondere Form weiblichen Selbstempfindens. Laut der Transvestiten Bernhard und Nick wird dieses umso authentischer, wenn es sich bei der Beziehung zwischen den Akteuren um eine heterosexuelle handelt: „Also es fühlt sich natürlicher an, in der Frauenrolle von nem Mann gefickt zu werden [I: mhm] als in der Frauenrolle ne Frau zu ficken“ (Interview Nick, Z. 809-810). Vor dem Hintergrund einer weiblichen Darstellung definiert sich ‚natürlich weibliches’ Empfinden für Nick über das Zusammenspiel zweier Faktoren: Eine aus dieser Warte verschiedengeschlechtliche Praktik wirkt verweiblichend, entspricht sie doch der naturalisierten heterosexuellen Matrix, die das Begehren des anderen Geschlechts als das natürliche, unhinterfragte und authentische deklariert. Hand in Hand mit dieser heterosexuellen Begehrensrelation geht schließlich die Internalisierung der Passivität. Der Penis „definiert sowohl das Geschlecht für andere als auch die eigene Begehrensposition, von der aus andere vergeschlechtlicht werden“ (Lindemann 1993a, S. 213), was zur Folge hat, dass Nick in seiner submissiven Position als Frau von einem begehrenden Mann respektive seinem erregten Penis auch als Frau vergeschlechtlicht wird. Der Penis, der ein aktives Begehren als Mann ausdrückt, bringt Nick/Tina in die Rolle des/der Begehrten und damit in die Rolle des Objektes, das penetriert wird. Obwohl es sich natürlicher anfühlt, muss für Nick in einer derartigen Situation nicht zwingend ein Mann anwesend sein, „es könnte durchaus auch ne Frau sein, die so sich mit künstlichen Hilfsmitteln dazu verhilft, [I: ok] . diese Rolle einzunehmen“ (Interview Nick, Z. 303-304). Dennoch geht es auch in diesem Falle darum, die heterosexuelle Relation von Weiblichkeit und Männlichkeit herzustellen. Engel konstatiert in Bezug auf Teresa de Lauretis: „Maskulinität beinhaltet das Versprechen, den Status eines sexuellen Subjekts zu erlangen“ (Engel 2002, 184). Diese Formel – umgekehrt angewendet – bedeutet, dass sich eine Frau durch die Aneignung einer aktiven Position als maskulin inszeniert, was, entsprechend der heterosexuellen Matrix, Nick wiederum verweiblicht. Auch hier spielt die phallozentrische Dominanz des Penis bzw. einer nachempfundene Phalloplastik die entscheidende Rolle, die den Phallusträger zum männlich-aktiven, die Phallusempfängerin jedoch zum weiblich-passiven Part macht.“

  16. Für mich gab es glaub ich auch nie ein Schlüsselmoment „Feminismus“. Eher einen andauernden Kampf gegen die Geschlechterrolle, die mir die Gesellschaft (also alle außerhalb meiner Familie) immer aufdrängen wollte: Mädchen klettern nicht auf Bäume – sie spielen mit Puppen (ups ich hab beides gemacht), Mädchen schlagen sich nicht (wohl und ich gewinne sogar!), Mädchen werden nicht Indianer oder Pirat (pff so ein Müll) und Mädchen bekommen keinen Bart (wirklich sehr schade das, ich liebe Bärte!) Glücklicherweise hatte ich grandiose Frauen und einen nicht minder grandiosen Mann als Vorbilder (Eltern, Omas, Lehrerinnen), die mich darin bestärkt haben, dass biologisches Geschlecht keinen Weg vorschreiben darf, keine Handlungen erzwingt und kein behandelt werden rechtfertigt. In meinem kurzen Ausflug in die Soziologie und Politikwissenschaften in meinem ersten Studium, hab ich mich dann auch wissenschaftlich mit dem Ganzen auseinandergesetzt. Direkt mal im ersten Semester den gender studies Einführungskurs belegt, weil die „Emanzen“-Lehrerinnen an der Schule waren immer meine Lieblingslehrer_innen (weil größte Klappe und größter Arsch in der Hose – das imponierte mir schon immer) und da wollt ich es genauer wissen. Vielleicht war das doch der Schlüsselmoment, denn plötzlich hatte ich nicht nur ein inneres Gefühl sondern auch Argumente, Statistiken und den ganzen Kram. Diese Argumente habe ich dann mitgenommen, in meine zweites Studium an einer von Männer überfluteten Uni (TU eben, wie das heute leider noch so ist) und da konnte ich diese Argumente super gebrauchen und einige Menschen nerven und die anderen als Freunde gewinnen. Und auch wenn ich Kategorien hasse, weil ich finde, dass das immer nur einschränkt und einengt, den Feministenschuh, zieh ich mir liebend gern an und halte ihn wenn es nötig ist auch hoch!

  17. mit fragen der geschlechtergerechtigkeit beschäftige ich mich spätestens, seit dem in unserer familie die jungs zu weihnachten kicker-spiele und die mädchen blockflöten geschenkt bekommen haben (vom eher undezenten „orientalismus“ [auch wenn ich das damals noch kein wort dafür hatte] meiner familie gengenüber meiner arabischen wurzeln gar nicht zu sprechen…). darauf folgte ein großes interesse für simone de beauvoirs beziehungsmodell- und lebensmodell inklusive verschlingen ihrer hauptwerke, eine langjährige tätigkeit in einem typischen frauenberuf (flugbegleiterin), der definitv noch von misogynen nachwehen gekennzeichnet ist (musste mich zum beispiel von meinem chef in einem gespräch zur beruflichen neuorientierung fragen lassen, ob ich denn keine kinder bekommen will – als ob das eine tätigkeit wäre, die ich statt meines berufes ausüben könnte!) bis ich schließlich mit meinem studium (gender studies) im kern meiner leidenschaft angekommen war (und endlich auch die richtigen worte für mein ansinnen an die hand bekam…) den zeitpunkt meines definitven outings würde ich aber hier veranschlagen : http://postgedanken.com/
    und das ist wirklich noch gar nicht so lange her (anfang 2011), auch wenn ich mit der idee schon lange schwanger ging ;-)

  18. Wenn du mit 13 merkst, dass du auf Frauen stehst, wirst du dich automatisch mit Frauenrechten beschäftigen. Du willst wissen, was mit dir los ist und gehst auf die Suche nach Antworten. Diese Antworten geben dir Bücher, die in der Stadtbücherei direkt neben Alice Schwarzers „Der kleine Unterschied“ stehen und dich immer tiefer in die Untiefen der Frauenthematik schwemmen. Ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen und mein Interesse konnte nicht anders gedeutet werden, als dass ich als Feministin geboren wurde.
    Ein Feuer brennt in mir, wenn ich mit anderen Frauen für unsere immernoch hinterher hinkenden Rechte demonstriere, wenn ich mit Männern diskutiere und mich rechtfertigen muss, dass ich „noch nicht alles habe, was ich brauche“.
    Ich verstehe nicht, wie man als Frau nicht feministisch denken kann.

  19. Wenn du auf den Mädchenmannschaft Blog gehst, der eine Alpha-Mädchen -Tasche verlost, du darüber nachdenkst, dass es Alpha-Mädchen nur geben kann, wenn auch ihr Gegenüber- die Beta-Mädchen – existieren, dann wird dir klar: Nein! Ich will keine Hierarchien mehr und ich will nicht, dass meine Emanzipation auf dem Rücken anderer ausgetragen wird!

    Ich sage euch: Ich bin Feministin!

  20. Feministin bin ich eigentlich ziehmlich genau ein Monat! Ich hab mich zwar schon immer für „Frauenthemen“ interessiert, aber diesen Begriff Feminismus nie für mich verwendet. Das waren immer Menschen, die weit weg von mir waren. Doch irgenwie kam dann eins zum anderen: eine Freundin, die mit ihrem homophoben Umfeld zu kämpfen hat, sexistische und homophobe Bands an der Uni, gegen die es sich zu wehren galt, Diskussionen im Freundeskreis und der Familie, die Tatsache, dass ich einen sehr männerdominierten Studiengang belege und oft mit Vorurteilen deswegen zu kämpfen hab.. Irgendwann da wurde mir immer bewusster, was überhaupt Feminisumus heißt, ich las Bücher und und nicht zuletzt auch mädchenmanschaft… Der Tropfen, der regelrecht das Fass zum überlaufen brachte, war eine Party, auf der in einer anfänglich unscheinbaren Diskussion mir einer ins Gesicht sagte, dass es ja wisschenschaftlich erwiesen ist, dass Frauen einen geringeren IQ haben als Männer. Ich hätte heulen und gleichzeitig um mich schlagen können.. Seit dem bin ich Feministin!

  21. @tinitus: Das Ablehnen von Hierarchie würde ich aber eher als anarchistisch bezeichnen. Wahlweise auch mit dem weniger vorbelasteten Wort „Liberitär“.
    (Wobei Anarchie ein für mich angenehm assoziiertes Wort ist.)

  22. find den alphamädchenhype auch eher problematisch und ganz und gar nicht gesellschafts- und herrschaftskritisch. allerdings habe ich eine nette geschichte zu erzählen, von einer situation in der mir zum ersten mal bewusst wurde, dass man mich als mädchen anders behandelt.
    ich war ungefähr acht jahre alt und meine volksschulklasse hat einen ausflug zur feuerwehr gemacht. ich war unglaublich aufgeregt und hab mich sehr darauf gefreut. wie viele andere kinder in dem alter wollte ich auch mal feuerwehrfrau werden (oder wohl eher feuerwehrmann) und habe meine lehrerin dann dort gefragt, was ich machen muss, um feuerwehrmann zu werden. meine lehrerin hat mich angeschaut und gesagt: „aber du kannst doch nicht feuerwehrmann werden, du bist ein mädchen. aber dafür kannst du die köchin der feuerwehrmänner werden.“

    eigentlich muss ich das nicht weiter kommentieren – außer, dass das nicht in den 50er jahren, sondern 1992 passiert ist…

  23. Ich erinnere mich, dass ich mich dem Ereignis selbst mich immer schon für Frauenpolitik interessierte. Es werden gerade in linken Parteien immer wieder (junge) Frauen gesucht, um wenigstens die Quote zu erfüllen. Anfangs fand ich es unglaublich beleidigend, nur die Quoten-junge-Frau zu sein. Ich wollte gerade den Männern beweisen, dass ich es gerade deswegen auch kann.
    Als ich 2005 beim Parteitag in Potsdam eine wunderbare, rotgetönte Frau über Kapitalismus und Frauen sprechen, ja rufen, hörte, wusste ich, sie meinte auch mich. .
    Durch den Irakkrieg und die Verschärfung des Nahost-Konfliktes wurde ich zur Pazifistin.
    Meine Radikalisierung setzte dann ein, als ich mich mit der Vergangenheit meiner Familie auseinandersetzte und erkennen musste, dass die Frauen vor mir zwar einen Staat aus den Ruinen des 2. WK aufgebaut hatten, aber 1990 um (fast) alles gebracht wurden. Ich merkte, dass mir die Traditionen meiner Vormütter fehlen und ich doch aus dem Osten komme. Ich gehöre zu einer verlorenen Generation, die versucht, sich aus den Bewegungen des 20. Jahrhunderts ihren Weg zusammenzubasteln.
    Ich bezeichne mich als Alt-Feministin, ohne jedoch (hoffentlich) in den Konservatismus u.a. einer Alice Schwarzer zu fallen. Ich beschäftigte mich bereits während des Studiums mit Frauenliteraturgeschichte und schreibe zur Zeit meine Diss. zur feministischen japanologischen Literaturwissenschaft. Mich hat schon immer die Frage fasziniert, in wieweit Erfahrungen geschlechtlich geprägt sind und konstruiert werden, ohne biologistisch determiniert zu sein.

  24. Einen genauen Tag gabs nicht, es war eine Entwicklung zwischen meinem Engagement in einem Schwullesbischtransidentischen Verein, wo ich durch die Kontakte zu transidenten Menschen das erste Mal mit Gendertheorien konfrontiert wurde.
    Im Studium traf ich dann auf meine erste feministische Theologin, die mir mit Fragen eine ganz andere Sicht auf Bibel und Kirchengeschichte vermittelte. Und mich damit erst verunsicherte und dann zum Denken/zu einer kritsichen Haltung anregte. Und zum Lesen.

  25. Ich bin quasi als Feministin aufgewachsen — meine Eltern haben mir eigentlich nie das Gefühl gegeben, ich wäre für irgendwas nicht geeignet, nur weil ich ein Mädchen bin. Habe mit meinem Papa Leitungen verlegt, Bäume gefällt, mit meiner Mama Autos geguckt, wurde von ihr zu einem Pannenhilfekurs mit Reifenwechseln usw. und gemeinsam mit meiner Schwester für Selbstverteidigungs-Kurse angemeldet … und mein Bruder war eigentlich immer der Bravste von uns ;) (Klavier spielen, stricken und Kuchen backen durfte ich aber trotzdem, weil’s mir Spaß gemacht hat!) Dass ich Feministin bin, habe ich gemerkt, als mir Diskriminierungen zum ersten Mal aufgefallen sind — in Online-Diskussionsforen, wo ich völlig schockiert war, dass es tatsächlich und in echt Leute gibt, die solche anachronistischen Weltbilder vertreten. Hätte ich mir nie vorstellen können.

  26. gechlechterungerechtigkeiten nehme ich wahr und interessiere mich dafür, seit ich denken kann: wieso mein bruder von den anderen jungs im kindergarten auf die mappe bekam, weil er an karneval rotkäppchen sein wollte und gerne armbänder und nagellack trug. wieso die oma ihm wiederum ein für ihn uninteressantes mikroskop schenkte, das ich mir eigentlich gewünscht hatte. ich wiederum ich die xte glatzköpfige babypuppe bekam, mit denen bei uns zuhause wirklich kein kind spielte. wieso die mutter neben ihrem job bis in die nacht die hausarbeit machte, während der vater seine ruhe brauchte. wieso ich die „schlampe“ war, wenn ich einen jungen küsste, mit dem ich nicht zusammen war, der junge allerdings im ganzen freibad damit angeben konnte. – uncool.

    richtig unangenehm wurde das thema für mich in der schule. sportkurse wählen. – juhu! ich war immer super in sport und entschied mich für fußball, während die anderen mädchen naserümpfend zu rhythmischer sportgymnastik und tanzen gingen. ich hatte mich so gefreut, da angekündigt worden war, dass in dem kurs auch andere „mann“schaftssportarten wie hockey und rugby drankommen sollten. mit extra ausgeliehenen stollenschuhen ging es dann zur ersten stunde, wo ich neben 2 anderen mädchen nur von jungs umgeben war. begrüßt wurden wir 3 vom lehrer mit den worten: „und was wollt ihr hier? unsere socken stopfen? passt mal auf, wenn ihr nicht stört, gebe ich euch keinen unterkurs, ja?“.
    leider nahmen die jungs, mit denen ich außerhalb des sportunterrichts sehr gut klar kam, beim sport ziemlich schnell eine ähnlich abfällige haltung an. die beiden anderen mädchen besorgten sich für das restliche schuljahr krankschreibungen. was ich tat, war dem lehrer ziemlich egal. kurzum: ich habe mich zum ersten mal offen aufgrund meines geschlechts diskriminiert gefühlt. ägerlicherweise hatte ich dieses sexistische ekelpaket von einem lehrer auch in politik (lol!), weswegen ich mich für ein anderes abi-prüfungsfach entschied. darüber ärgere ich mich bis heute. erst recht über mein mangelndes selbstbewusstsein und die verantwortungslosigkeit mich nicht gegen diese behandlung gewehrt zu haben.

    mein schlüsselerlebnis passierte ebenfalls nicht in den 50ern, sondern 2001.

    explizit mit feminismus und geschlechterfragen beschäftige ich mich, seit ich internetzugang – und damit auch den zugang zu (alternativen) wissensquellen habe, also ca. 2003. damals habe ich auch mit dem bloggen begonnen, irgendwann damit geld verdient und es privat wieder eingestellt. nun tobe ich mich beim klettern und boxen aus und versuche mit dem freund über die blöden blicke zu lachen, die er erntet, wenn er alleine zu tanz-workshops fährt. ich versuche cool zu bleiben und zu intervenieren, wenn auf der arbeit unter „frauenliteratur“ ausschließlich humorige liebesgeschichten oder die confessions of a shopaholic geführt werden, bringe meinen kolleg_Innen binnen-I und gender gap bei, erkläre den freund_Innen, was vätermonate und das agg sind, lasse mich nicht mehr mit jedem spon-link provozieren und habe letztes jahr angefangen an der hu gender studies zu studieren. dazu gekommen sind seit dem der blick für das komplexe feld von struktureller ungleichbehandlung, ausschlusspolitiken und othering, was ich selbst im alltag dazu beitrage und die kritische reflexion der eigenen privilegien.

    dumme sprüche kann ich nicht immer ignorieren, gegen das bitterfotzig sein, muss ich mich manchmal selbst motivieren und bei diskussionen weniger mit dem erhobenen gender-zeigefinger auf menschen herab reden, die sich ihre sozialisation/rollenzuschreibungen auch nicht ausgesucht haben. ansonsten versuche ich jeder diskussion etwas positives abzugewinnen.

  27. http://mindinprogress.wordpress.com/2011/03/13/%E2%80%9Ccoming-in%E2%80%9D-and-find-feminism-2/

    […] Die Mädchenmannschaft warf zum 100. Internationalen Frauentag die Fragen „Wann habt ihr euch zum ersten mal mit Feminismus beschäftigt?“ und „Wann wusstet ihr, dass ihr Feminist_in seid?“ auf und ich komme aus dem Nachdenken gar nicht mehr heraus. Aber von meinem feministischen Coming Out möchte ich dennoch nicht sprechen. Ich weigere mich das Label „Feministin“ anzunehmen. […]

  28. Wie ich Feminist wurde? Gute Frage, ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich es wirklich bin, ob ich mich wirklich als das bezeichnen darf oder ob ich als „Mann“ die patriachalen Strukturen noch viel zu sehr verinnerlicht habe und unbewusst immer weiter reproduziere…

    Ich weiß nur, schon mit ganz jungen Jahren (Kindergarten/Grundschule) fand ich Mädels cool, die nicht so ganz dem Klischee entsprachen. Mädels, die „stark“ waren und nicht nur rosa trugen. Und das bedurfte doch schon einiges Muts, denn weder Kindergärtnerinnen, noch Lehrerinnen (beide leider ohne Gendergap, wegen Realität) haben das besonders gefördert. Und auch der Gruppenzwang war groß. Mädels hatten im Kindergarten und Hort mit Puppen zu spielen, Jungs mit den Dinosauriern & Matchbox. Klar, ich mochte meine Matchbox und Dinos, aber auch ich wollte mit Puppen spielen (sogar mit Barbies)… Und ich glaube, beim Vater-Mutter-Kind-Spiel im Kindergarten wollte ich unbedingt auch mal der sein, der zu Hause bleibt und die Mutter sollte Arbeiten gehen. Irgendwie fand ich die Rollenbilder schon immer komisch und liebte das „Spiel“ mit den Geschlechtern und Rollenbildern. Ich habe total gerne & bewusst dem Rollenbild widersprochen und Dinge gemacht, die „nur Mädels machen“…

    Das kann aber auch daran gelegen haben, dass ich wohl nie so ganz in das männliche Rollenbild gepasst habe: Ich bin nicht der, der beim „Rumkämpfen“ gewonnen hat, ich habe deshalb auch nie gerne rumgekämpft. Ich war nicht „stark“, wie ich es als Junge zu sein hatte. Und auch beim (Schul-)Sport habe ich es nie geschafft auch nur ansatzweise die hässlichen Notenvorgaben zu erfüllen, besser als einer 3 kam fast nie raus, meist sogar 4 oder schlechter. Und das, obwohl ich mich wirklich angestrengt habe. Und doch kam jedes Mal danach die Enttäuschung: Ich schaffte es nicht, die Maßgaben zu erfüllen, die ich als Junge zu erfüllen hatte.
    Ich war auch schon immer sehr gefühlsbetont. Ich habe häufig geheult und immer kam der Spruch: Jungs weinen nicht! Anstatt irgendwelchen „groben Dingen“ habe ich immer viel lieber Dinge gemacht, für die ich nicht viel Kraft brauche, sondern Feingefühl und ein bisschen Geschick. Ich habe mich damals auch immer viel lieber mit Mädchen umgeben. Und ich habe auch nie verstanden, warum mir in Musik und Literatur immer eingeredet wurde, ich müsse in dem Alter Mädchen blöd finden… Ich fand nur Fußball blöd und wusste nicht, warum ich „als Junge“ es mögen sollte. Und so weiter, da gäb’s jetzt viele weitere Beispiele.

    Alles in Allem: Ich konnte und kann das männliche Rollenbild in vielen Teilen nicht erfüllen. Das hat mich dem ganzen Scheiß gegenüber prinzipiell kritisch gemacht.

    Und wie ich dann wirklich mit feministischen Gedanken in Berührung kam? Ich war auf einem linken Sommercamp und dort gab es den Workshop „Feminismus für Männer“, der ganz ganz viele Gedanken in meinem Kopf gepflanzt hat, die dann mit der Zeit aufgegangen sind und immer mehr gezogen haben. Trotzdem habe ich die ersten Jahre, einfach durch meine männliche Sozialisation, ganz stark dem feministischen Zeugs widersprochen – ich fand die Frauenquote, doppelt-quotierte Redelisten, Frauenplena, etc. dumm etc. Aber mit der Zeit bemerkte ich doch, dass es notwendigt ist. Und mittlerweile streite ich dafür. Das war ein langer Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist und regelmäßig bemerke ich aufs Neue, welche Denkmuster, die ich jahrelange pflege, eigentlich total unemanzipatorisch sind. Deswegen zögere ich auch, mich als Feminist zu bezeichnen. Ich weiß nicht, ob ich diesen Anspruch an mich selbst wirklich erfüllen kann.

  29. dieses Alphamädchen Konzept ist wohl nicht gerade das gelungenste aus der feministischen Ecke, oder? Was sind denn die Betamädchen? Die die es nicht schaffen Karriere zu machen? Die nicht weißen, gut verdienenden Frauen?

    Und Coming Out zu benutzen, um zu beschreiben wie größtenteils weiße, gut situierte Menschen (Frauen zum größtenteil) ihrer Umwelt zu verstehen geben, dass sie Feministin sind?
    In gewissen Lebensrealitäten ist es vielleicht noch ein Problem…aber Coming Out beschäftigt sich eigentlich mit dem Prozess des bewusstwerdens von abweichender Sexualität in unserer heteronormen Gesellschaft.
    Ich finde ein Feminismus steht in keinem Verhältnis dazu und die Anwendung des „Coming Out“ darauf relativiert so einiges.

    und das Konzept Coming Out ist auch schwierig…weil es gerade nur die Abweichung wieder nur in den Blick nimmt. Heteros müssen sich dabei nicht in den Blick nehmen, bleiben weiter unsichtbar, die Begrifflichkeit Coming Out suggeriert allein die (konstruierte) Unnormalität von Homosexualität (in unserer Gesellschaft) und verstärkt diese.

  30. Na hoffentlich bin ich nicht zu spät zum posten.
    Aus Zeitgründen muss ich mich an dieser Stelle kurz fassen.

    „Der Feminismus“ kam nicht zu mir, ich kam zu ihm.
    Lange Zeit war ich auch eine der Frauen, die meinten, dass wir die Gleichberechtigung nicht nur im Grundgesetz stehen haben, sondern sie auch bereits existiert. Ich wurde meines Erachtens nie in Rollenmuster gepresst, spielte sowohl mit Barbies, Kuscheltieren und Puppen und baute ebenso gern aus den alten Baukästen meiner Eltern irgendwelche Maschinen. Oder Wetteranzeigehäuschen im Werkunterricht, wenn andere Mädchen lieber Styropor-Dekozeug bastelten. Ich lernte ein Instrument und Kampfsport. Und machte, was mir halt gefiel. Ich wüsste nicht, dass mir etwas verboten wurde, nur, weil ich ein Mädchen/eine Frau war.
    Ich schätze, das liegt an meiner ostdeutschen Sozialisation. Die Frage, ob oder wie lange ich Zuhause bleibe, sobald ich Kinder habe (und ich wollte schon immer Kinder) stellte sich mir nie. Ein Leben ohne Arbeit, ohne die Erfüllung, die ich in einem Beruf finden und ausleben kann, ist keine Alternative.

    Aber natürlich habe ich mich gefragt, wieso es denn Menschen gibt, die meinen dass wir qua Geburtsgeschlecht nicht dieselben Fähig- oder Möglichkeiten haben bzw. uns verboten würde, etwas nicht zu tun.
    Während meines Erststudiums habe ich dann die Möglichkeit genutzt mich intensiver mit feministischen Anliegen zu beschäftigen und mein Praxissemester in einem Jugendzentrum nur für Mädchen absolviert.
    Tja und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Sowohl meine eigene privilegierte Position wie auch die Tatsache direkter und indirekter Bevor- bzw. Benachteiligung – allein aufgrund der Tatsache, dass ein Mensch in einem bestimmten Geschlecht geboren ist.
    Um das aufgekeimte Interesse zu vertiefen, studiere ich nun Gender Studies. Weil es mich nicht nur interessiert, wie diese unterschiedlichen Zugangsweisen und Möglichkeiten entstehen, sondern auch was ich dagegen tun kann. :)

  31. Noch eine Stunde (bis 15:00Uhr) könnt ihr hier eure Geschichten erzählen. Dann lassen wir den Zufall entscheiden, wer sich über eine Tasche freuen kann.

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