Heute ist der erste Tag des Women’s History Month!
Vor 30 Jahren wurde mittels eines vom US-amerikanischen Kongress initiierten Gesetzes der Grundstein des Women’s History Month („Monat der Frauengeschichte“) gelegt. Damals war es noch eine Women History Week, welche in der Woche um den Frauentag (8.März) stattfand. 1987 wurde aus der Woche dann ein ganzer Monat. Wie im Februar zum Black History Month, welcher die Errungenschaften von afroamerikanischen Frauen und Männern zelebrierte, finden in den USA in diesem Monat viele Veranstaltungen statt, die sich thematisch mit Frauen und ihren verschiedensten Rollen in der Geschichte auseinandersetzen.
Das diesjährige Thema ist Writing Women Back into History (in etwa: „Frauen in die Geschichtsschreibung aufnehmen“). Auf der Webseite des National Women’s History Project wird beschrieben, warum es wichtig sei, Frauen und ihre vielseitigen Beiträge in Geschichtsbüchern und Lehrmaterialien sichtbar zu machen:
When we began our work in the early eighties, the topic of women’s history was limited to college curricula, and even there it languished. At that time, less than 3% of the content of teacher training textbooks mentioned the contributions of women and when included, women were usually written in as mere footnotes. Women of color and women in fields such as math, science, and art were completely omitted. This limited inclusion of women’s accomplishments deprived students of viable female role models.
Mehr Informationen gibt es unter womenshistorymonth.gov.
Sollte es so was auch bei uns geben? Oder impliziert das, dass ansonsten auf Frauen oder Migranten gar nicht eingegangen wird?
Den internationalen Frauentag (8.März) gibt es ja auch bei uns. Auch in Deutschland finden an diesem Tag viele frauenspezifische Aktionen statt.
Beispielsweise in Paderborn: http://groups.uni-paderborn.de/mia/?p=5571
@ Patrick
Ich denke, dass es nicht schaden könnte, wenn wir häufiger einen kritischen Blick in die Geschichtsschreibung werfen und analysieren, welche historischen Momente oder Personen in welcher Art und Weise dargestellt werden.
Z.B: Werden nur publikumswirksame Taten honoriert und die Arbeit im Hintergrund (häufig von Frauen erledigt) ignoriert? Beispiel dafür: Die Bürgerrechtsbewegung in den USA, wo Frauen häufig Arbeiten übernahmen wie z.B. Aufrufe schreiben und abtippen, anderen Menschen die Ziele und Strategien beibringen, Community Organisation etc.
Es geht bei solch intensiver Beschäftigung mit Geschichte häufig um die Aufarbeitung von Vergangenem, um mögliche Fehler oder Ungereimtheiten aufzudecken und damit in der Konsequenz sensibler auf aktuelle politische Gegebenheiten reagieren zu können. Geschichte und Geschichtserzählung sollte eben nicht nur Gegebenheiten der öffentlichen Sphäre wiedergeben, sondern auch die Realitäten von denjenigen, die lange Zeit gar nicht Teil dieser Sphäre sein konnten. Das sieht heute sicherlich anders aus, da Frauen längst Teil dieser so genannten öffentlichen Sphäre sind, ändert aber nichts an der ultimativen Kritik an einer Geschichtsschreibung, die bestimmte Teile der Gesellschaft (und somit auch Männer) stärker in den Mittelpunkt stellte.
Muss jetzt kein Frauenmonat sein. Ich wünsche mir da eher, dass wir da immer wieder dran arbeiten.
@Magda
„Z.B: Werden nur publikumswirksame Taten honoriert und die Arbeit im Hintergrund (häufig von Frauen erledigt) ignoriert? Beispiel dafür: Die Bürgerrechtsbewegung in den USA, wo Frauen häufig Arbeiten übernahmen wie z.B. Aufrufe schreiben und abtippen, anderen Menschen die Ziele und Strategien beibringen, Community Organisation etc. “
Vollkommen richtig. Aber auch die negativen Seiten, zum Beispiel die Täterschaft der Frauen im Nationalsozialismus gehören aufgearbeitet. Aber dazu ist einfach kein Wille da.
@ Magda
Das Problem ist aber doch kein primär geschlechtsspezifisches. Wo Politik- oder Geistesgeschichte betrieben wird, werden natürlich vornehmlich die handelnden Personen betrachtet und das waren bis in die jüngere Vergangenheit hinein eher Männer. Die „Hintergrundarbeiter“ bleiben dabei aber eher außer Betracht, unabhängig davon, ob es Männer oder Frauen waren, die Plakate geklebt haben. Die Gesellschaftsgeschichte nimmt sich dem gegenüber durchaus der Frauen und ihrer Rolle an.
@ Franka
Wozu fehlt aus Deiner Sicht der Wille? Die Täterrolle der Frauen aufzuarbeiten oder die Rolle der Frauen in der Geschichte insgesamt zu betrachten?
@Ben
Ich denke zu beidem fehlt der Wille. Bei denen die sich nicht sonderlich für Geschlechterthemen interessieren, sprich normale Geschichtsprofessoren/Forscher, einfach deshalb weil es sie nicht interessiert wer im Hintergrund war, und bei denen die sich für Geschlechterthemen interessieren, sprich Gender Studies und ähnliche Bereiche, einfach deshalb weil sie genau wissen, das bei ehrlicher Aufarbeitung das Bild der „besseren Frau“ ins Wanken geraten würde. Vor allem in Deutschland ist Geschichte ja untrennbar mit dem Nationasozialismus verbunden. Daher hält man sich meiner Meinung bei dem Thema zurück, denn wenn bei diesen Forschungen herauskäme das Frauen genauso überzeugte Nationalsozialisten wie Männer warten, fleissig im Hintergrund arbeiteten, und die Männer sie nur nicht an die Macht liessen, wie sollte man dann noch argumentieren das die Welt besser würde wenn mehr Frauen an der Macht wären (was häufig sowohl implizit als auch explizit behauptet wird, Beispiel SPD Parteiprogramm, „Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden“) ?
Das ist so dringend nötig; die Geschichte muss neu entdeckt werden und Frauen, die geschichtlich-großes vollbracht haben, auch nur mal erwähnt werden.
In meinem Geschichte-Unterricht gibts da kein einziges Wort zu einer wichtigen Frau. Kein einziges. Als ich es ansprach, kam: „Ja, früher waren Frauen nicht so wichtig.“
Die Lehrkräfte sollten alle mal neu geschult werden, was es alles an beispielsweise Autorinnen unter Pseudonym gab. Ich habe noch keine einzige Autorin oder ihr Werk im Deutschunterricht besprochen.
Ja, dieses Thema muss dringend Aufmerksamkeit bekommen!
@ Franka
Sehr guter Punkt. Nur eine Kleinigkeit: Das „kein Wille“ da sei, die Mittäter_innenschaft von Frauen im Nationalsozialismus zu thematisieren, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Einen der ersten Texte, den ich in einem Gender-Kurs las, war von Birgit Rommelspacher zu „Dominanzkultur“. Als Beispiel von Nutznießer_innen einer solchen Dominanzkultur nannte sie u.a. weiße, christliche Frauen, die zu Zeiten des Nationalsozialismus allein auf Grund der Tatsache, dass sie nicht jüdisch waren, enorm vom System profitierten – ganz davon abgesehen, dass Frauen oftmals (wenn auch etwas weniger vordergründig) ordentlich an den Greueltaten teilnahmen und wenig Empathie für Jüd_innen übrig hatten (wie Rommelspacher betont).
@ Ben
es wurden auch schon oft die Beiträge und Leistungen von Frauen ignoriert. Viele Dichterinnen, Schriftstellerinnen, Aktivistinnen etc. wurden erst nach ihrem Tod bekannt und konnten von ihren Werken nicht leben – oder veröffentlichten diese unter männlichen Pseudonym. Heute weiß man z.B., dass John Stuart Mill viele seiner Ideen von seiner Frau Harriet bekam. Dies deutete er zwar schon damals in seinen Büchern an – die Frage ist nur, warum schrieb Harriet nicht selbst? Wahrscheinlich, weil man ihr weniger Aufmerksamkeit geschenkt hätte.
Es hat also viel mehr mit Geschlecht zu tun, als es scheint, denn auch sich in der Öffentlichkeit agierenden Frauen konnten sich nicht wirklich Gehör verschaffen.
@Magda:“Als Beispiel von Nutznießer_innen einer solchen Dominanzkultur nannte sie u.a. weiße, christliche Frauen, die zu Zeiten des Nationalsozialismus allein auf Grund der Tatsache, dass sie nicht jüdisch waren, enorm vom System profitierten “
Blöde Frage, aber was sind „weiße, christliche Frauen“? Sind damit die deutschen Frauen gemeint, oder meinst du auch Polinnen,
Französinnen, Russinnen?