Wir mögen Männer!

Angeblich verachten und hassen FeministInnen Männer. Genau das Gegenteil ist der Fall: Die wahren MännerfeindInnen verstecken sich in guten alten Geschlechterstereotypen

(C) Frl. Zucker – fraeuleinzucker.blogspot.com/

Ja, auch eine Feministin kann Männer ganz schön lieben. Mehr noch: eine Studie der University of Houston hat herausgefunden: „Contrary to popular beliefs, feminists reported lower levels of hostility toward men than did nonfeminists.” Ha! Feministinnen wie Jessica Valenti, ‚Stadtpiratin‘ Eva Ricarda und die Mädchenmannschaft freut so eine Bestätigung natürlich sehr! Denn die Vorurteile gegenüber feministisch eingestellten Menschen sind gerade in Bezug auf Männerfeindlichkeit unerschöpflich. Das „Feindbild Mann“ als ewiger und nicht überwindbarer Bestandteil wird dem Feminismus bis heute in jeder einzelnen Debatte immer wieder unterstellt – nicht darauf achtend, dass es gerade FeministInnen waren und sind, die sich vehement gegen Geschlechtsrollen-Stereotype stellen und damit gegen jegliche Deklassierung von Menschen qua Geschlecht. Tatsächlich finden sich männerfeindliche Tendenzen vor allem in Köpfen und Denkmustern, die von traditionellen Männerbildern geprägt sind: Der aggressive, testosterongesteuerte Mann, der wenig einfühlsam oder zärtlich ist etc..

Ein schönes Beispiel ist das Buch 111 Gründe, Männer zu lieben, das mir vor einiger Zeit in die Hände kam (ich hatte es zur Besprechung beim Verlag Schwarzkopf&Schwarzkopf bestellt) und mit dem ich seit Monaten hadere, was daraus zu machen sei. Der Titel und die Werbung dafür hatten meine Aufmerksamkeit erregt, denn mir ist es immer wichtig, als Feministin nicht einseitig gegen ein Feindbild Mann zu kämpfen, sondern zur Überwindung des Kampfes der Geschlechter einen Beitrag zu leisten. Denn leider leben wir immer noch in einer Gesellschaft, die sich an der Geschlechter-Kategorie spaltet wie eh und je: Starke Normierung von Geschlechterrollen und Geschlechtscharakteren und daraus resultierende strukturelle Unterschiede und Nachteile bleiben ein umkämpftes Dauerthema.

Autor und Männerforscher Walter Hollstein geht in seinem Buch Was vom Manne übrig blieb sogar so weit, zu behaupten, der Grund, warum 2/3 aller Scheidungen von Frauen eingereicht würden sei der, dass es in den meisten Ehen immer noch kein Zusammen der Geschlechter gäbe und keine gerechte und gleichwürdige Aufteilung von (reproduktionsbedingter und anderer) Arbeit. Hollstein – ein Männerforscher, der den deutschen Feminismus der letzten 20 bis 30 Jahre sicherlich zu Recht auch scharf angreift – sieht in alten Geschlechterstereotypen die Ursache für unnötige Kämpfe zwischen den Geschlechtern und für eine Krise „der Männer“.

Zurück zu den 111 Gründen, Männer zu „lieben“: Die Kapitel-Übersicht am Anfang des Buches ließ mich ratlos dastehen, das vereinzelte Reinlesen in manche Kapitel zu der Überzeugung kommen, dass es besser für die Welt sei, so ein Buch einfach zu ignorieren. Doch es kann demonstrieren, wie männerfeindlich scheinbar „männerliebende“ Autorinnen wie Victoria B. Robinson sein können, wenn sie einfach unreflektiert ganz tief in die Klischeeschublade greifen. In Kapitel 1, in dem es um den Mann als „Lover“ geht, klingt es nett und lieb, warum wir die Männer lieben sollten: „Weil Männer nach Mann riechen“ (aha), „Weil Männer unsere Muschi mehr lieben, als wir selbst“ (soso – na wenn das mal kein Grund ist!), „weil Männer falsche Brüste und Haare nicht von den natürlichen unterscheiden können“ (Hä?) und als krönender Abschluss: „Weil Männer sich total lächerlich machen, um uns ins Bett zu kriegen.“ Sehr liebenswert – nicht wahr?

Die detailierten Ausführungen sind entsprechend „nett“: Ausflüge in die persönlichen Erfahrungen der Autorin, welche männliches Verhalten schlicht und ergreifend als lächerlich darstellen und dann mit Zitaten enden wie: „Männliche Dummheit bereitet mir größtes Vergnügen. Gott sei Dank ist das eine schier unerschöpfliche Quelle der Unterhaltung.“ (Marc Wortley Montagu)

Nein, ich habe dieses Buch nicht komplett gelesen und muss es auch nicht. Sicherlich stehen auch tatsächlich „liebe“-volle Würdigungen des männlichen Geschlechts und Verhaltens darin. Doch Gründe, Männer zu „lieben“ wie „Weil Männer Beziehungskrisen gar nicht mitbekommen“ oder „Weil Männer uns den Hintern versohlen“ oder „Weil Männer lieber uns entscheiden lassen“ sind wirklich alles andere als liebevoll, anerkennend oder einladend, dieses Buch zu lesen und auch noch zu würdigen.

111 Gründe Männer zu lieben ist aber keine einzelne Ausnahme unter einer Fülle männerliebender Frauen und Männer, die an Geschlechtsstereotype glauben: MännerrechtlerInnen kritisieren scharf und zurecht, dass das Sorgerecht für Kinder in den meisten Fällen immer noch unhinterfragt den Müttern zugesprochen wird – meistens, weil diese als besser geeignet für die Kindersorge gelten – qua Geschlecht natürlich. Der Film, Der entsorgte Vater thematisiert dieses Problem und portraitiert Männer, denen es so erging. Ein Thema, das viele Gemüter stark erhitzt und vor einem Abdriften in wiederum pauschal frauenfeindliche Attitüden nicht gefeit ist. Das kriegen vor allem Frauen und Männer ab, die sich öffentlich und offen feministisch äußern. Doch nicht erst seit der Studie aus Houston sollte sich die Frage aufdrängen: Sind es nicht gerade Frauen wie Eva Herman, die in „Eva Prinzip“ auf 263 Seiten darlegte, warum Frauen die besseren Eltern sind, die es Männern erschweren als gleichwürdige Partner anerkannt zu werden?

Zum Nachlesen:

111 Gründe, Männer zu lieben : ein Lobgesang auf das starke Geschlecht Victoria B. Robinson Berlin, Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2009

Was vom Manne übrig blieb : Krise und Zukunft des starken Geschlechts Walter Hollstein – 1. Aufl.. – Berlin, Aufbau, 2008

Das Eva-Prinzip: für eine neue Weiblichkeit Eva Herman Unter Mitarbeit von Christine Eichel. München/Zürich: Pendo, 2006

(Dieser Text erschien ursprünglich als Kolumne auf Freitag.de)

100 Kommentare zu „Wir mögen Männer!

  1. Das Ergebnis der Studie ist natürlich erfreulich (wenn auch nicht allzusehr überraschend).

    Das Buch klingt aber wirklich schrecklich nach gesammelter „Frauenzeitschriftenweisheit“. Ich muss sagen, da fallen mir einige bessere Gründe ein, Männer (oder Frauen) zu lieben, aber ich schätze, da bin ich nicht allein. ;)

  2. Super Text!!
    Wenn ich so überlege sind es auch in meiner persönlichen Erfahrung die Frauen, die den Feminismus eher ablehnen die, die das negativste Männerbild haben:
    Da kommen dann auch Sprüche Markte „Männer sind toll, weil „Weil Männer sich total lächerlich machen, um uns ins Bett zu kriegen.“ “
    .. oder der Spruch, dass man sich als Frau nicht zu aufreizend anziehen darf, weil frau sonst gleich vergewaltigt wird, weil Männer ihre Triebe ja nicht kontrollieren können. Was ja bedeutet Männer = brutales Tier. (Nein, ich spreche nicht davon der Frau im kurzen Rock einfach hinterherzuschauen, sondern von Frau mit kurzen Rock gleich vergewalitgen)

  3. „MännerrechtlerInnen kritisieren scharf und zurecht, dass das Sorgerecht für Kinder in den meisten Fällen immer noch unhinterfragt den Müttern zugesprochen wird – meistens, weil diese als besser geeignet für die Kindersorge gelten – qua Geschlecht natürlich.“

    Diese Aussage muss noch ergänzt werden: Ich denke, dass die Frauen das alleinige Sorgerecht für die Kinder in weit über 80 Prozent aller Scheidungen im allgemeinen auch wegen der immer noch unterschiedlichen Erwerbsstruktur der Geschlechter (v. a. Beschäftigungsgrad: Frauen arbeiten überwiegend Teilzeit, Männer Vollzeit) zugesprochen kriegen.

    Das geteilte Sorgerecht, wie es auch D. Wolfensberger fordert, ist allerdings eine völlige Utopie. Dafür sind z. Z. weder die Gesellschaft, die Politik noch die Wirtschaft bereit und reif genug. Schade eigentlich.

    Eva Herman wurde übrigens kürzlich per Gerichtsentschluss im Bezug auf ihre scheinbaren Beschönigungen der Nazizeit vollumfänglich rehabilitiert. Anlass genug für mich, ihr umstrittenes Buch doch einmal zur Hand zu nehmen- bisher habe ich mich aufgrund der weit verbreiteten Meinung, sie sei eine Exponentin der „Frau-zurück-an-den Herd-Fraktion“ schlichtweg geweigert, es zu lesen- aber wer weiss: Vieleicht war ja auch das gelogen..?

    Ich denke, der Feminismus muss sich nicht darauf kaprizieren, den Männern zu gefallen um zu zeigen, dass er sie lieb hat- genauso wenig wie sich Männer, die sich über ihre eigene Rolle Gedanken machen, versuchen sollten, den Feminismus als (einzigen) Orientierungspunkt zu betrachten.

    Ihren Weg müssen diese Männer zuerst schon alleine- und erst später zusammen mit den Frauen finden.

    Ich heisse von jetzt an wieder Marcel- und nicht mehr deleted mind.

  4. muß ich jetzt männer mögen? für was ist das wichtig? und geht es wen was an, wen oder was ich mag? ach ja, hunde mag ich auch nicht. ausgenommen Nicky, aber der ist schon tot…

  5. Katrin,

    wenn man sich die entsprechenden Threads auf feministing ansieht, wird aus meiner Sicht schnell klar, woran es liegt, daß die Annahme, Feministinnen seien pauschal männerhassend, immer noch besteht. Ich sehe da vor allem zwei Elemente: Zum einen, daß „der Feminismus“ im wesentlich noch als der Feminismus der Andrea Dworkins, Valerie Solanas und Alice Schwarzers wahrgenommen wird, weil sich am ideologischen Unterbau seitdem nicht wirklich was geändert hat – gender/women’s studies replizieren das marxistisch inspirierte und epistemologisch nicht haltbare Gedankengebäude des Radikalfeminismus in immer neuen Begrifflichkeiten. Und das ist ein Problem auch für den modernen Feminismus, dessen Männerfreundlichkeit sich im wesentlichen daraus ergibt, die eigenen Maßstäbe für Männer gelten zu lassen – auch hier wieder vor allem in Bezug auf die Sexualität – während der feministische Tonfall doch zum Teil immer noch fragwürdig ist, und das ist der andere Punkt. Männer tun dies, Männer tun das – aber wenn es ernst wird, wurde nur gegen „das System“ argumentiert, nicht gegen individuelle Männer. Sehr bequem, das, aber die dauernde Beschäftigung mit den Fehlern erzeugt eben einen Eindruck, der nicht einfach mit dem Argument beiseite gewischt werden kann, daß es doch letztlich infantilisierend sei, wenn man das *nicht* kritisiere (
    „[Naomi] Wolf famously wrote in her book Fire with Fire: The New Female Power and How It Will Change the 21st Century that she finds shelter and solace in the male body, and that „there is an elaborate vocabulary in which to describe sexual harm done by men, but almost no vocabulary in which a woman can celebrate sex with men.“ http://www.alternet.org/sex/103035/%22do-me%22_feminism_and_the_rise_of_raunch/?page=1). So wie hier mit den 111 Dingen – die meisten Feministinnen sehen so was nicht als *nett* an, im Gegenteil. Und da haben sie auch aus meiner Sicht Recht. Aber sie sehen eben auch nicht (oder nur selten), daß ein nicht geringer Teil ihres Diskurses – berechtigt – die negativen Seiten von Mann und Männlichkeit in den Vordergrund bringt und die Systemabstraktion sowohl bei ihnen selbst als auch bei den meisten Rezipienten nicht so funktioniert. Nicht selten machen Feministinnen nicht selten etwas selbst, das sie am gesamtgesellschaftlichen Diskurs in Bezug auf Frauen kritisieren: Sie erheben den eigenen Standpunkt zur Normgröße, an der sich alle anderen zu orientieren haben, und sie hören (Männern) oft schlicht nicht zu, gerade *wenn* die mal reden wollen (was ja schon nicht so oft sein wird, denn vermeintliche Schwäche wird uns ja gerade von Frauen immer noch nicht als Stärke ausgelegt…). Daher entsteht der Eindruck von tendenzieller Misandrie – ich würde als Beispiel dafür (und als Negativbeispiel für die Mädchenmannschaft) gerne Meredith’s „Heul doch“ Beitrag von irgendwann im vergangenen Jahr anführen.

    Für mich stehen die Kernprobleme dieses Mißverständnisses hier (ohne http, wg. Spamsperre:

    tigerbeatdown.blogspot.com/2009/06/dear-andrea-dworkin.html
    saucebox.almeidaisgod.com/?p=85

  6. http://www.wdr.de/tv/frautv/team/lisa_ortgies.jsp

    „..Simone de Beauvoir oder Elisabeth Badinter gab es nur eine logische Fortsetzung dieser frauenbewegten Anfänge: bei der ersten und einzigen Frauensendung im deutschen Fernsehen – die auch Männer mag.“

    Das Problem besteht nach wie vor, daß Feminismus von bestimmten Persönlichkeiten vereinnahmt worden ist.

    Vor einigen Monaten war ich über folgendes Zitat überrascht, was ich zufällig fand :

    „Zwei Liebende, die in allem übereinstimmen, sind schon tot. Sie sterben vor Langeweile“. Das war mein erster Berührungspunkt mit Simone de Beauvoir.

    Ich habe in ihrem Buch einige interessante Zitate gefunden.

    Feministinnen wie diese oder auch Gloria Steinen wollten auch den Männern andere Lebensalternativen anbieten.

    Ich glaube ihnen das.

    Leider wurde die Thematik von ganz bestimmten Persönlichkeiten vereinnahmt und geprägt. Insbesondere in Deutschland kommt man da kein Schritt voran.

    Als Männerbewegter im Sinne von Robert Bly oder Steve Biddulph (der Begriff Masku ist mir mittlerweile zu negativ besetzt, da ich da zu viele Negativbeispiele gelesen habe, wo ich mich nicht wiederfinde) finde ich das Thema Stereotype – von mir aus auch Überwindung archaischer Beuteschemen hochinteressant.

    Und ich bin mittlerweile aufgrund guter Erfahrungen für Diversity.

    Mit Frauen die ebenfalls sachliche Aufklärung, objektive Medien und Berichterstattung und eine vernünftige Politik für Frauen und Männer wollen.

  7. Da kommt mir noch etwas in den Sinn, weshalb dem Feminismus auch heute noch ein gewisser, männerfeindlicher Schatten anhaftet- abgesehen von den Gründen, die jj aufführt: Als ausgesprochener Anhänger statistischer Daten und empirischer Studien zum Thema Gleichberechtigung fällt mir immer wieder auf, wie einseitig die Ergebnisse heutzutage präsentiert werden. Gerade heute wieder habe ich mir eine ausführliche Studie zum Thema Gleichberechtigung in der Schweiz von 1970 bis 2000 zu Gemüte geführt: Sagenhaft, wie einzelne Datensätze darin einseitig ausgewertet und interpretiert- und dann schlussendlich von Teilen des Feminismus und den Medien portiert werden, wirklich sagenhaft! Das zieht einem ja die Socken aus! Heute zogen mir die Fakten zur Erwerbstätigkeit Alleinerziehender (Männlein und Weiblein) und v. a. deren schier unglaubliche Interpretation- bzw. die Quintessenz, die die Forscherinnen daraus gezogen haben, die Socken aus!

    Das kann einfach nicht sein- und das im 21. Jahrhundert; im Zeitalter der Informationsgesellschaft also, in der jeder Hanswurst per Mausklick die Aussagen aller Opinion Leader aus Wirtschaft, Kultur und Politik eigenhändig binnen weniger Sekunden auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen kann!

  8. hmm, jj, ich weiß ja, was du meinst. Wir hatten dieses thema hier ja auch nun schon oft genug. Und die Vorurteile gegenüber des Feminismus sind uns nun auch schon so oft angetragen worden, wir haben sie so oft zu spüren bekommen – dass es sehr schwer wäre zu sagen, diese Vorurteile müssen ja völlig unbegründet sein – sie sind einfach historisch und aus bestimmten Erfahrungen gewachsen. Ich bin ja so ein Hollstein-Fan, dass man fast schon glauben muss, ich sei verknallt in den (und rein inhaltlich bin ich das wohl auch ;)) – aber nochmal er: Es gibt in Deutschland Männer die unter einer sich feministisch nennenden sehr rigiden männerfeindlichen Atmosphäre aufgewachsen sind und deren Selbstwert dadurch enorm litt. Und gerade in Deutschland der 60er/70er Jahre muss das ein Phänomen gewesen sein, wie es in den USA oder in Frankreich – wo der Feminismus zu dieser Zeit auch sehr stark war und sich ebenso viel in Sachen Emanzipation getan hat – nicht existent war. Von daher: der Vorwurf mag in diesem historischen Erfahrungshorizont von manchen Männern verständlich sein. Aber wenn man HEUTE Frauen fragt, die sich selbst feministisch nennen, dann wird man eben zu dem Schluss kommen dass ein Großteil Kritik an hegemonialer Männlichkeit übt OHNE zugleich männerfeindlich per se zu werden, sondern auf ein konstruktives, gleichwürdiges Miteinander der Geschlechter zielend. UND: Es ist ja auch eine Kritik an (ehemals?) hegemonialer Weiblichkeit – siehe unsere Rubrik „Weibsbilder Mannbilder“ – es geht um beide Formen der Stereotypisierung.

    Andrea Dworking ist immer so das Extrem-Beispiel. Das ist wie wenn alles was sich „links“ nennt (was ich tue) automatisch immer gleich mit Mao in einen Topf geworfen würde…
    Well. Das ist eben wieder die alte Diskussion. Aber wäre SO schön, eine solche Studie und hoffentlich auch die Erfahrungen mit diesem Blog – und auch den meisten Debatten bei feministing, die ich zu 90% gar nicht männerfeindlich finde (wo liest du denn?) zum Anlass zu nehmen, ohne die historisch gewachsenen Erfahrungen zu negieren oder runterzuspielen, dem Feminismus gegenüber aufgeschlossener zu werden.

  9. „Hollstein – ein Männerforscher, der den deutschen Feminismus der letzten 20 bis 30 Jahre sicherlich zu Recht auch scharf angreift – (…)“
    – Oha – Mädels, was ist los bei Euch???

    ;-)

    „„Weil Männer unsere Muschi mehr lieben, als wir selbst“ (soso – na wenn das mal kein Grund ist!),“

    – Ganz ehrlich? Manchmal glaube ich das fast ein bisschen. Ich finde, dass man das z.B. gerade in den kommerziellen Medien hervorragend erkennt.

    Wenn z.B. nackte Genitalien in „normalen“ Spielfilmen gezeigt werden, so sind diese garantiert männlich – und niemals weiblich; soll heißen: Einen Penis kann man zeigen – eine Vulva ergo Labien (geschlossen) nicht. Woher kommt diese Verkrampftheit?

    Das hängt – ich habe mich mehfach – kein Spaß – bei TV-Sendern erkundigt, nicht etwa mit Jungendschutzbestimmungen zusammen – (Nacktheit zu zeigen ist nicht verboten) – sondern scheinbar mit „moralischen“ Einstellungen gegenüber Muschis, um bei der Wortwahl zu bleiben – à la „das geht ja gar nicht“!

    Ich könnte bei Bedarf mehr Bespiele bringen. Ich finde das komisch und übrigens auch unnatürlich.

    „weil Männer falsche Brüste und Haare nicht von den natürlichen unterscheiden können“ (Hä?) und als krönender Abschluss: „Weil Männer sich total lächerlich machen, um uns ins Bett zu kriegen.“ Sehr liebenswert – nicht wahr?

    – Die Frau hat wohl einen großen Schluck aus der postfeministischen Pulle genommen, oder …?

  10. @Thomas:

    „Feministinnen wie diese oder auch Gloria Steinen wollten auch den Männern andere Lebensalternativen anbieten.“

    Die lasse ich mir nicht anbieten – die nehme ich mir, wenn ich meine, dass ich sie leben will.

  11. Katrin,

    „Andrea Dworking ist immer so das Extrem-Beispiel. Das ist wie wenn alles was sich “links” nennt (was ich tue) automatisch immer gleich mit Mao in einen Topf geworfen würde…“

    Andrea Dworkin war ja nur *eines* von einigen Beispielen. Und zu Twisty Faster verlinkt ihr ja auch. Radikalfeminismus ist ja nun wirklich kein abgeschlossenes Kapitel, sondern eines, an dem immer weiter geschrieben wird und dabei wird immer noch oft lauter geschrien als das die etwas sinnvoller argumentierenden Feministinnen tun. Aber das ist *nicht* wie mit links. Mao? Ernsthaft? Wenn jemand sagt, er/sie sei „links“, dann bedeutet das für mich mal eher gar nichts, das ist eine geradezu inhaltsleere Aussage geworden, dafür gibt es zuviele Dimensionen, die da eine Rolle spielen, das einzige übergreifende Element ist vielleicht ein „links“ vorhandenes Vorurteils, das soziale Schwäche moralisch höher bewertet als soziale Stärke, die inhärent als charakterlich korrumpierend bewertet wird, und letztlich nie als Individualleistung gesehen wird, was natürlich einher mit einem in einer derartig heterogenen Gesellschaft kaum zu vermittelnden soziologischen Menschenbild zusammenhängt. Da ist dann wieder eine gewisse Parallele zum klassischen Feminismus gegeben.

    „Aber wenn man HEUTE Frauen fragt, die sich selbst feministisch nennen, dann wird man eben zu dem Schluss kommen dass ein Großteil Kritik an hegemonialer Männlichkeit übt OHNE zugleich männerfeindlich per se zu werden, sondern auf ein konstruktives, gleichwürdiges Miteinander der Geschlechter zielend. UND: Es ist ja auch eine Kritik an (ehemals?) hegemonialer Weiblichkeit – siehe unsere Rubrik “Weibsbilder Mannbilder” – es geht um beide Formen der Stereotypisierung.“

    „Gleichwürdig“ habe ich noch nie gehört. Interessant. Nochmal – ich glaube, ich kenne kaum eine Frau die nicht in dem von Dir gemeinten Sinne feministisch ist. Und ich weiß, daß die Männer mögen. Und manchmal sogar hegemoniale Männlichkeit ;) Allerdings kenne ich auch kaum einen Mann, der so gesehen nicht ein Stück weit „feministisch“ ist. Was dann wiederum die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Labels aufwirft. Denn mit der Wahl des Labels stellt man sich zumindest in der Wahrnehmung zwangsläufig in die intellektuelle und personelle Tradition der Bewegung und kauft sich mit der Identifikation auch die Vorurteile und Beurteilungen ein. Und dann müssen sich alle progressiven Frauen nicht wundern, daß man immer Twisty Faster und Alice Schwarzer denkt, wenn man „Feministin“ hört. Und das in dem Wort eine gewissen misandrische Stimmung mitschwingt, auch wenn die meisten Feministinnen keine SCUM Mitglieder hätten sein wollen und durchaus auch ihre eigene Verhaltensweise skeptisch reflektieren. Wäre halt besser, wenn das öffentlicher geschähe, aber da scheint dann oft (nicht bei Dir, s.o.) eine Art Angst vor der Wiederabschaffung des Frauenwahlrechts oder zumindest einer politischen Bestrafung im Wettbewerb um die gesellschaftliche Diskurshoheit in Geschlechterfragen zu bestehen, sollten die Verfehlungen der Vergangenheit allzu klar angesprochen werden. Anfänge sind da, aber wirklich zu selten.

    http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-10-59.htm

    „Well. Das ist eben wieder die alte Diskussion. Aber wäre SO schön, eine solche Studie und hoffentlich auch die Erfahrungen mit diesem Blog – und auch den meisten Debatten bei feministing, die ich zu 90% gar nicht männerfeindlich finde (wo liest du denn?) zum Anlass zu nehmen, ohne die historisch gewachsenen Erfahrungen zu negieren oder runterzuspielen, dem Feminismus gegenüber aufgeschlossener zu werden.“

    Das Problem ist wie gesagt, daß da aus meiner Sicht eine unterschiedliche Sichtweise besteht, was „männerfeindlich“ ist und was nicht. Bleiben wir beim Thema männliche Sexualität, das ja einen, vermutlich *den* Kern des Problems ausmacht. Ich habe Naomi Wolf oben zitiert, weil ich denke, daß das durchaus noch immer zutrifft. Auf Feministing macht man es sich einfach, weil man Sex und Gewalt begriffslogisch getrennt hat. In der Perspektive kommen Männer da so gut wie gar nicht vor. Dafür aber nahezu täglich in Bezug auf sexualisierte Gewalt oder in Bezug auf Sexismus, angebliche Objektivierung von Frauen etc…. Ist es so verwunderlich, daß man ein Stück weit von der Themenwahl und der Häufigkeit der Diskussion von bestimmten Themen auf die Einstellung schließt? Der Punkt ist halt – das sind wichtige Dinge, und die feministische Öffentlichkeit ist vermutlich der Teil des öffentlichen Raums in dem diese Dinge diskutiert werden müssen. Das bedeutet dann aber eben auch, daß der Debatte immer ein gewisses „Männer sind (potentielle) Schweine“ innewohnen wird. Und damit wird der Feminismus, der diese Debatten führt – in einem „oppression olympics“ Intersektionalismus-Paradigma, tendenziell immer als zumindest latent „misandrisch“ erscheinen wird. Heißt nicht, daß Feministinnen keine Männer mögen können, das passiert ja auch ab und an, und es heißt nicht, daß der Feminismus keine auch für Männer mitunter relevanten Themen auf die Tagesordnung bringen kann. Aber es bedeutet schon, daß Männer unter einer Art generalverdacht stehen. Hugo Schwyzer, Women’s Studies Professor in LA hat das mal so formuliert „Only a soft penis is a good one?“.

    hugoschwyzer.net/2006/06/09/the-only-good-penis-is-a-soft-one-some-long-reflections-on-pro-feminism-and-male-heterosexuality/

    In dem Beitrag verlinkt er übrigens den von mir oben schon mal verlinkten Beitrag „of biological imperatives and cultural response“,

    saucebox.almeidaisgod.com/?p=85

    den ich für das *allerbeste* halte, was ich jemals von feministischer Seite über männliche Sexualität gelesen habe. Besser geht bestimmt immer, aber der Artikel legt die Latte (pun intended) schon ziemlich hoch.

  12. Thea Dorn in der taz (der Feminismus stagniert):

    http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2006/11/18/a0136

    „Der Gedanke, dass ich diskriminiert sein könnte, war für mich absurd.“

    „Wenn man diese feministische Urerfahrung, dass man als unterdrücktes Wesen auf die Welt kam, nicht gemacht hat, dann wird man’s auch nicht mehr.“

    „Bei dem Begriff Feminismus geht eine Schublade auf und im Zweifelsfall sitzt Alice Schwarzer drin. So sehr ich sie schätze – das ist nicht produktiv. Feminismus hat ein schlechtes Image. Wenn man etwas ändern will, kann man nicht mit einem so vorbelasteten Begriff anfangen.“

  13. Endlich mal ein (aus meiner Sicht) versöhnlicher („vertöchterlicher“ hört sich doof an) und daher … ahem … „lesenswerter“ Beitrag. Allerdings muß ich gleich einfügen: Daß es ausgerechnet Feministinnen seien, die die Männer zu würdigen wüßten, na ja, wer’s glaubt…

    Jede Ideologie braucht ihren „kleinsten gemeinsamen Nenner“, kurz: ihr Feindbild, lebt davon. Was wäre wohl der Feminismus, wenn es keine Männer mehr gäbe, auf denen sich rumzutrampeln lohnte und auf die frau mit dem verächtlich gehobenen, moralisierenden Zeigefinger zu tippen wüßte? Dann wär’s nämlich ganz schnell aus mit dem schönen Opfer-Dasein, in dem „frau“ sich über Jahrzehnte hinweg so hineinlawiert, hineingeredet, eingerichtet und schließlich etabliert hat.

    Keiner kann so gut über angebl. „Benachteiligungen“ stöhnen und lamentieren wie die Allianz des gemeinsamen Geschlechts. Daß Frauen wie Herman nicht eher verkappte wandelnde „Vaterkomplexe“ sind und in Wahrheit mit reifen, gleichberechtigten Männern nichts anzufangen wüßten, will ich nicht ganz von der Hand weisen (auch wenn ich sie in ihrem „Kampf“ für ziemlich mutig halte). Und ehrlich gesagt: Ich würde mich weitaus lieber mit ihr als mit einer Alice Schwarzer unterhalten (wer nicht?)…

    Ich lese auch schon wieder den (in vielfältigen Variationen abgewandelten) Satz: „Starke Normierung von Geschlechterrollen und Geschlechtscharakteren und daraus resultierende strukturelle Unterschiede und Nachteile.“ So so. Ich frage mich dann immer: Wo SEHEN die Leute bloß so etwas? Ich kenne – zumindest in meiner Umgebung – keinen Einzelnen, der auf Geschlechterklischees oder Benachteiligungen zugunsten anderer wertlegte? Deswegen halte ich das weitgehend für eine künstlich herbeigeredete Chimäre.

    Good Will hin oder her: Feminismus ist nunmal ganz klar Geschlechterparteilichkeit, das kann man/frau nicht einfach so leugen. Ja: Ich denke, wir müssen von dieser Spaltung runter, sie überwinden: Männer und Frauen, Frauen und Männer, ziehen gemeinsam an einem Strang, sitzen im selben Boot! Dieser Text ist wahrlich ein guter Anfang dafür, daß Frauen und Männer wieder „ins Gespräch“ miteinander kommen, szsg. ´“in den Dialog treten“ (eine Art „runder Tisch“, an dem keiner ausgeschlossen wird), jeder Mann und jede Frau auf seine/ihre spezifische Art.

    Im übrigen: Das Leben ist doch verdammt viel zu kurz dafür, um sich gegenseitig das Leben schwer zu machen und die Köpfe einzuhauen, oder nicht? Meine Beobachtung ist: Der Aspekt „Geschlecht“ spielt für – sagen wir mal vorsichtig – „reife“ Leute kaum eine Rolle. Die wissen, daß Mann und Frau zueinander gehören und sich nicht etwa „ausschlössen“. Die haben höchsten monetäre Probleme oder Themen. Es ist ja auch reichlich kindisch zu behaupten, ein Mensch sei schlechter als der andere, nur weil er nicht dieselben Geschlechtserkmale mit mir teilt.

    Deshalb mein bescheidenes Gegen-Plädoyer (das Deines ja nicht aus-, sondern geradezu einschließt!): Ja, ich bekenne: Ich mag Frauen! (Daran sieht man/frau schon, wie ungewöhnlich/ungewohnt noch Deine Aussage/Überschrift ist. Sie sollte aber nicht ungewöhnlich bleiben, um zur Normalität zurückzukehren und sich den wirklich wichtrigen Themen und Herausforderungen unserer Welt zu stellen…) So sollte ein Buch heißen, das zum Bestseller wird (anstatt „Vagina-Monologe“ oder „Feuchtgebiete“).

    http://www.youtube.com/watch?v=EoOil2Nl6Kg&feature=channel_page
    http://www.majastorch.de/download/starkefrau.pdf

  14. Was wäre wohl der Feminismus, wenn es keine Männer mehr gäbe, auf denen sich rumzutrampeln lohnte und auf die frau mit dem verächtlich gehobenen, moralisierenden Zeigefinger zu tippen wüßte?

    Tu uns allen den Gefallen und les dich hier erstmal durchs Archiv, bevor du sowas schreibst.

  15. Ich mag auch Männer! :-)

    Die Message aus dem Buch scheint ja wirklich furchtbar zu sein. Wenn ich sowas lege, dann kommt es mir immer ein wenig so vor, als würde man von Männern, wie von exotischen Haustieren denken, die das neue Must-Have der Saison sind.

    Und wenn der Clou wirklich ist, dass Männer unsere Mumus lieber mögen, als wir selbst, sollten wir uns mit unserem Selbstbild mal ein wenig auseinander setzen.

  16. @ Jürgen:

    Wie sehr ihr Männer mögt, kann man ja daran erkennen, wie ihr auf Gan-Chans Beitrag http://maedchenmannschaft.net/gewalt-von-frauen/#comment-16759 (bei “Gewalt von Frauen”) reagiert habt…

    Ich vermute, du beziehst dich auf seine Aussage „An sich betrachte ich Frauen als den Männern grundsätzlich überlegen.“

    Also, mal kurz schauen, wie „wir“ darauf reagieren: Peter stimmt dem zu, ich widerspreche Peter, mehr Reaktionen gab’s nicht. An „unserer“ Reaktion lässt sich also nicht allzu viel ablesen, würde ich behaupten.

  17. @Susanne:
    Naja, auf deleted minds „Gewalt ist männlich- und zwar auf allen Gebieten, auch wenn’s unbequem ist.“ und Helens „Aber ihre Gewalt ist nicht als Machtdemonstration gedacht und deshalb anders, milder zu beurteilen.“ kam von eurer Seite kein Widerspruch.
    Das läßt tief blicken.

  18. @Marcie: “Gewalt ist männlich- und zwar auf allen Gebieten, auch wenn’s unbequem ist.”

    Ich bin ein dem Feminismus äusserst kritisch eingestellter Mann- und was Gewalt in all ihren Erscheinungsformen- v. a. straftatsrelevanter Ausprägung- anbelangt, weiss ich ganz genau, von was ich spreche. Ein Studium sämtlicher Kriminalitäts-, Gefängnisbelegungs- und sonstigen, kriminologischen Statistiken und Studien weltweit beweist das unzweifelhaft.

    Das ist unbequem, ich weiss.

    Aber eine Tatsache.

  19. @Marcie: Wir sitzen nicht non-Stop vor dem PC und haben auch nicht die Zeit, jeden Kommentar zu kommentieren – sorry, aber das zu erwarten wäre deutlich überhöht. Dieses Blog ist unser aller „Freizeit“ und wir alle haben nebenher noch genügend andere Aufgaben.

  20. @marcie: Es ist in keiner Weise unsere Aufgabe nach jedem Kommentar zu sagen, wie unser Standpunkt dazu ist. Wenn du unsere Meinung wissen willst, empfehle ich, das Archiv durchzuschauen.

  21. Ich möchte an dieser auch gerne anmerken, daß ich mich darüber freue, daß dieses oder auch das Thema Gewalt von Frauen hier diskutiert wird. Ich denke, daß – bei allen möglichen Mißverständnissen – Katrin und den meisten anderen Autorinnen der Maedchenmannschaft im Regelfall fair an diese Fragestellungen dran gehen. Ich lese und kommentiere schon eine ganze Weile hier und finde, das sollte hier mal gesagt sein. Es ist ein für Feministinnen mutiger Schritt, solche Themen anzusprechen, weil er eben ganz konkret mit sich bringt, für die Aussagen und Taten anderer in Sippenhaft genommen zu werden. Das bringt das Label mit sich, aber die explizite Bemühung um Fairness ist aus meiner Sicht schon deutlich, unabhängig vom Nichtkommentieren bestimmter Kommentare.

  22. Eine Filmkritik aus dem Guardian von gestern bringt die Ursache des Mißverständnisses (wo es ein Mißverständnis ist) auf den Punkt:

    http://www.guardian.co.uk/commentisfree/cifamerica/2009/aug/03/the-ugly-truth-women-sexism

    „It’s strange that feminists are called „man-haters“, given the fact that so many sexist prescriptions for women rest on the concept of male inferiority.“

    Das Problem der Feministinnen in diesem Zusammenhang ist dann wieder, daß sie ihre eigene Wahrnehmung normalisieren und etwas als „inferior“ ansehen, was einfach anders ist – und gleichwertig/würdig – und von anderen eben nicht als „inferior“.

  23. @David Reimer : In einer Demokratie, die von der Pluralität von Meinungen und Ansichten lebt, prüfe ich gerne wohlwollend auch Ansichten von Gloria Steinen sowie Simone de Beauvoir wie auch Astrif von Friesen und dann entscheide ich, was ich für mich tue.

    Daß das Patriarchat mehr männer- als frauenfeindlich ist, hat Hr. Klonovsky in einem gerne zitierten Satz beschrieben.

    Esther Vilar schrieb von einen weiblichen Feminismus und von der Frauenfeindlichkeit des männlichen. Eine kluge und geschickte Vorgehensweise in dieser Richtung würde ich hierin sehen :

    http://diegesellschafter.de/diskussion/forum/thread.php?fid=13&nid=38803&thread_order=startfirst

    Mit dieser Strategie könnte man eine Menge Leute zum Nachdenken bringen, aus dem Hamsterrad der traditionellen Männlichkeit auszusteigen, bevor sie nach einem Herzinfarkt mit 45 dazu gezwungen werden. Sehr gute Ansätze dazu sehe ich auch bei Markus Theunert wie auch Astrid von Friesen in den Beiträgen in „Befreiungsbewegung für Männer“. Solche Leute wie auch Eckhardt Kuhla und Andere sind gefragt, die die Möglichkeiten aufgreifen und mit belesenem Sachverstand weiterentwickeln und etwas bewegen.

    Da ich Frauen mag, ist der offene und billige Frauenhass, den Manche in div. Foren zelebrieren, nicht meine Welt und ich fühle mich davon abgestoßen. Den Revanchismus gegen den Revanchismus – von wem auch immer begonnen und von wem auch immer weitergeführt – nennt man Gewaltspirale.

    Wer clever ist, überspringt 40 Jahre Fehlentwicklung und machts gleich richtig.

    Ich sehe Männer und Frauen als Opfer einseitiger Berichterstattung von Kartellen mit persönlichen Ambitionen, und sei es nur Fördermitelambitionen. Daß damit traditionelle Bilder zementiert werden, wollen die Medien bisher nur zögerlich aufgreifen.

    Da ich objektive Berichterstattung – und zwar in jeder Hinsicht – will, warum wurde dieses hier nicht angemessen gewürdigt ?:

    „Im Jahr 1997, als Dr. Margret Chan Leiterin der Behörde von Hongkong war, ordnete sie die Schlachtung von 1,4 Millionen Hühnern und Enten an, um eine Ansteckungswelle zu verhindern, nachdem die allerersten Fälle von Vogelgrippe entdeckt wurden. Anschließend kaufte sie Impfstoffe im Wert von 1,3 Mill. US$ ein. Trotz Kritik hielt sie an ihrem Standpunkt fest. … Niemand wusste, wie weitsichtig sie gehandelt hatte, am wenigsten Dr. Chan selbst. In jenem Jahr starben am H5N1-Virus der Vogelgrippe insgesamt 6 Menschen. H5N1 ist eng verwandt nit dem Erreger der Spanischen Grippe, die 1918 ausbrach und in einem einzigen Jahr 40 Millionen Menschendahinraffte – die verheerendste Seuche der Weltgeschichte. H5N1 hätte also leicht eine globale Katastrophe auslösen können. …“ (Quelle : Susan Pinker, Das Geschlechterparadox, S. 242).

  24. @Thomas
    der link gefällt mir – denn genau das versuche ich eigentlich auch immer wieder zu vermitteln: das patriarchat ist auch der knast der männer.

    besonders beeindruckt hat mich ein satz eines kommentators. nämlich der: „die bemutterung hat mit der volljährigkeit zu enden“. aber ja doch!, kann ich dazu nur sagen, spätestens dann – und erinnere mich an den fall der mutter, welche ihren söhnen das jugendzimmer in der gemeinsamen wohnung pünktlich zum 18.geburtstag kündigte. unterhalt in bar, ok, aber ich möchte wieder für mich sein, so sprach sie. da haben nicht nur die jungs schwer geschluckt, sondern auch meine kollegen. die meisten fanden das „unmöglich!“, „lieblos!“ und „verantwortungslos!“.

    das war keine intellektuelle, by the way, und ob sie jemals Emma gelesen hatte, weiß ich nicht – aber ich fand, sie hatte recht.

  25. Rahab,

    „Wie Richter gehöre ich zu jenen Menschen, die glauben, dass das Patriarchat den Männern nicht weniger schadet als den Frauen. Kerle, die den kriegerischen, empfindungslosen Macker spielen, erleben Stress, Gewalt und existenzielle Ungeborgenheit. Ein Team von britischen Wissenschaftlern fand durch statistische Vergleiche in 51 Staaten heraus, dass sich in Ländern mit hoher Gewaltrate gegen Frauen auch das Leben der Männer enorm verkürzt. Aggression, Konkurrenz und Emotionsunterdrückung seien »schädigend und gefährlich«.

    Das Patriarchat schadet Ihrer Gesundheit, ob Sie nun Frau oder Mann sind. Weicheier aller Geschlechter, schließt euch zusammen!“

    ist vielleicht auch indirekt die Fortsetzung unseres Religionsgesprächs – wie titelte die Weltwoche kürzlich: „Männer lieben Krieg und Frauen lieben Krieger“. Henne und Ei – intrinsischer männlicher „Wettbewerb um die besten reproduktiven Ressourcen“, verstärkt durch Polygynie, wird durch individuell rationales weibliches Interesse an den Gewinnern dieses Wettbewerbs verstärkt. Was genau ein „Weichei“ ist und was nicht, ist dann immer Interpretationssache, aber das Problem ist, daß Frauen Weicheier vielleicht rhethorisch, aber tendenziell nicht als Träger von Genen für ihren potentiellen Nachwuchs wollen, denn der muß sich ja in der feindlichen Umwelt bewähren. Und damit geht der Kreistlauf von vorne los. Individuell rationale Entscheidungen zugunsten relativer Aggression führen zu den Entwicklungen, die am Ende keiner Will. Lysistrata 2.0 müßte bewußt „Sofies“ wählen um auf Dauer die Aggression weg zu brüten. Problem ist: Jede/r der sich bei dem Spiel nicht daran hält, hat relative Vorteile, weswegen das „Spiel“ (Spieltheorie!) nur ein stabiles Gleichgewicht hat: sich nicht daran zu halten -> Prisoner’s Dilemma. Das ist halt das Fundamentalproblem.

  26. jj – ich weiß nicht, ob es diesen kreislauf
    „Henne und Ei – intrinsischer männlicher “Wettbewerb um die besten reproduktiven Ressourcen”, verstärkt durch Polygynie, wird durch individuell rationales weibliches Interesse an den Gewinnern dieses Wettbewerbs verstärkt. Was genau ein “Weichei” ist und was nicht, ist dann immer Interpretationssache, aber das Problem ist, daß Frauen Weicheier vielleicht rhethorisch, aber tendenziell nicht als Träger von Genen für ihren potentiellen Nachwuchs wollen, denn der muß sich ja in der feindlichen Umwelt bewähren“
    wirklich gibt. für mich fällt er unter „mythos“, und zwar im schlechten sinne. denn weil er immer wieder postuliert wird, entwickelt er so etwas wie die tendenz zur selbstverpflichtung (oder etwas ähnliches). am besten und traurigsten bei vielen westlichen männern zu beobachten, wenn sie im begriff sind, vater zu werden. da müssen sie auf einmal unbedingt mehr geld verdienen – obwohl sie am ende garnicht mehr geld verdienen/beibringen. aber sie sind dann ausgedehnter weg.
    und zum polygyniefaktor fällt mir wirklich nur noch der kreationismus ein, welcher so tun kann, als habe der mensch sich von der religion emanzipiert und der wissenschaft zugewandt.

    … überleg doch mal: woher kam dein widerstand, das beispiel Papua als genauso rational aufzufassen wie den polygyniefaktor, der in Indien außer rand und band gerät? das ist als ökonomisch sinnvoll zu erklären , sagtest du – und zu Papua fiel dir auf, dass träger von rechten vernichtet werden! zu Indien dagegen nicht! -> da liegt der hase im pfeffer begraben. vor allem auch, weil im falle Papua die androhung von gewalt aus deiner sicht bereits gewalt war und den womöglich noch garnicht gezeugten männlichen babies ihre rechte wegnahm.

    und ganz persönlich: als der vater meiner töchter zu meinen begann, ich hätte ihn wegen seiner qua berufstätigkeit+karriere dokumentierten fähigkeiten, das überleben unserer töchter zu sichern, ausgewählt, da begann ich mich zu entlieben. denn genau deshalb eben nicht! das waren andere qualitäten – und die verschwanden, je mehr er sich auf berufstätigkeit+karriere warf.

    im übrigen: aus dem, womit ich mich so im alten orient beschäftige, weiß ich, dass auch damals schon frauen nicht nur von babies und starken männern träumten. bedeutet, dass wir (hier+heute) vieles von dem, was wir meinen über unsere religion über menschheitsgeschichte gelernt zu haben, über bord werfen müssen. der alte orient war nicht so patriarchalisch, wie unsere religionslehrer_innen uns noch glauben machen, und prostitution ist auch nicht das älteste gewerbe der welt…

  27. Rahab,

    ob Rationalitätsmythos oder Realität ist ja für das individuelle Verhalten nicht so relevant. Will sagen: der Kreislauf existiert weil sein Mythos existiert, und das ist unabhängig davon, welche Gründe zu seiner Etablierung geführt haben. Will sagen: Auch wenn das eine Tendenz sein sollte, die individuellen Interessen und der angenommenen menschlichen Natur widerspricht, wäre es individuell höchst riskant, auszusteigen – und daher passiert das nicht. Und im Laufe des Kreislaufs wird er sich logisch immer schneller drehen, wenn es keine anderen Attraktionskriterien gibt, die die Eskalation reduzieren können – ich bin der Meinung, daß es die gibt (und Du ja auch). Aber welche genau, 0welche Bedeutung sie haben und wie sie in das Modell eingebaut werden können, ist mir noch nicht ganz klar.

    „und zum polygyniefaktor fällt mir wirklich nur noch der kreationismus ein, welcher so tun kann, als habe der mensch sich von der religion emanzipiert und der wissenschaft zugewandt.“

    Sorry, kapiere nicht, was Du damit meinst. Kreationismus/Intelligent Design sind doch Steckenpferde der religiösen Fundamentalisten (und des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus…) Der Polygyniefaktor ist ein Maßstab für reproduktive Konkurrenz unter Männern und mißt die Anzahl von Frauen mit denen ein Mann reproduktiv erfolgreich war und beschreibt tendenziell das Problem, daß die Inhaber der nicht knappen reproduktiven Ressource (Sperma) sich weniger häufig fortpflanzen als das die Inhaber der knappen reproduktiven Ressource tun. Was das mit Kreationismus zu tun haben soll? Keine Ahnung.

    „und zu Papua fiel dir auf, dass träger von rechten vernichtet werden! zu Indien dagegen nicht! ->“

    Hä? Sorry, aber dann haben wir uns mißverstanden. Papua ist vermutlich systemstabilisierend, Indien systemdestabilisierend. Beides ist individuell rational aber moralisch nicht zu rechtfertigen, auch nicht mit dem Argument der Systemstabilität. Das ist, was ich gesagt habe.

    Die Menschheitsgeschichte ist sicher komplizierter als wir uns das vorstellen können und man sollte gegenüber neuen Erkenntnissen immer offen sein. Was Prostitution betrifft, käme es, glaube ich, auf die Definition an, die zugrunde gelegt wird.

  28. DANKE, DANKE, DANKE! Endlich mal ein Beitrag hier, den ich als Mann lese und keine Aversionen bekomme. (habe vor langer Zeit öfter mal hier reingeschaut und es irgendwann dann genervt seingelassen)

    Vielleicht wird ja doch noch was aus dem partnerschaftlichen Geschlechtergespräch. Nötig wäre es.

    Wenn ich mich als Mann ernst genommen und nicht abgewertet fühle (wie hier in dem Text), dann höre ich gern auch Kritik.

    Noch was zu den Rollen: Wenn die Bedeutung der biologischen Unterschiede in der Fortpflanzung wieder stärker als zentrale Ausgangspunkte von Weiblichkeit (Mutter werden und sein können) und Männlichkeit (Vater weden und sein sein können) nehmen und das als Identitätsquelle entsteht, dann brauchen wir auch weniger gesellschaftliche Zwangskorsette, um unsere Idenditäten als Männer und Frauen leben zu können. Alle Versuche, das abzustellen, haben sich ja bisher als kontraproduktiv erwiesen.

    Ich als Mann produziere Spermien und kann Vater werden (bin es leider noch nicht). Das macht meine Männlichkeit und Unterschied zu Frauen vor allem aus. ob ich da nun putze, in der Firma eine Chefin habe oder als Karrierist für Hausfrau und Kinder Geld verdiene, ist für meine Männlichkeitsgefühle weitgehend wurscht, solange ich bei den Entscheidungen darüber ernsthaft von meiner Frau gefragt werde.

  29. einspruch Euer ehren – genau das ist relevant! denn wir leben individuell, hier+heute, so wie andere vor uns und nach uns. und wir basteln uns begründungen für unser verhalten – wahrscheinlich im unterschied zur evolution (bastelt die sich auch begründungen – keine ahnung, nie drüber nachgedacht…). also muß ich, wenn ich verstehen will, was wir (je konkrete menschen in je unterschiedlichen gesellschaftlichen konstellationen, in je unterschiedlichen materiellen wie immateriellen kulturen miteinander veranstalten, mich mit den etwas kleinteiligeren phänomena beschäftigen.

    kann ja sein, dass deine gene und meine gene und ihre auch und seine auch und unser alle gene etwas ‚wollen‘ – aber personen ‚wollen‘ auch etwas. zu ihren lebzeiten. und sie wollen immer mehr als dem reproduktionsdrang ihrer gene nachgeben.

    wenn ich nun aber dies aushandeln, wie wer was miteinander und gegeneinander und füreinander (und für andere) will auf, platt gesagt, den polygyniefaktor reduziere, ja, dann wird es fundamentalistisch. genau das meinte ich mit meinem kreationismus-vergleich. dann tritt an die stelle einer höheren macht das gen. – und so, denke ich, sollten wir über gesellschaft nicht miteinander diskutieren. weil uns dabei das problem mit der macht völlig aus dem blick gerät, der macht zwischen, unter, über menschen.

  30. @Thomas: Der von Dir gepostete Link- und das darin beschrieben Buch „Die Krise der Männlichkeit“- scheint mir auf den ersten Blick inhaltlich erst einmal etwas speziell- und der im Link selbst von einer Ute Scheub sowie der hier gemachte Kommentar von Rahab etwas pharisäerhaft: Aha, das „Patriarchat“ oder wenigstens die „patriarchalen Strukturen“ schaden also- wen wundert’s, auch den Männern selbst: Auf den Gedanken muss man erst einmal kommen!

    Das setzt ja voraus, dass es heute immer noch so etwas gibt wie ein Patriarchat, dass von zahlreichen Männern mit dem einzigen Ziel, Frauen zu diskriminieren und zu unterdrücken, am Leben erhalten wird.

    Mit Verlaub: Aber das glaube ich schon lange nicht mehr. Bestenfalls kann heute von Ruinen ehedem patriarchaler Strukturen gesprochen werden, die nur noch am Leben sind, weil sie existieren- aber nicht, weil Mann sie ganz bewusst zwangs- oder künstlich beatmet (was ja angesichts der sozioökonomischen Entwicklungen während der letzten fünfzig Jahren ohnehin völlig chancenlos wäre)– aber im 21. Jahrhundert immer noch unverdrossen zu behaupten, es gäbe ein (aktives) Patriarchat halte ich, sorry, für Pipifax.

  31. na dann, Marcel, erklär’s uns doch mal haarklein als echter sadduzäer! und dazu bitte auch, weshalb es immer noch leute gibt, die sich an die ruinen ehedem patriarchaler strukturen klammern wie der so oft bemühte säufer an die flasche.

  32. Rahab,

    ich habe keine Ahnung was Du mit „reduzieren“ meinst. Na klar bauen wir jeden Tag neu an unserer Realtität damit auch an der Evolution, die man ja leider immer erst ex-post erkennen kann. Aber das bedeutet nicht, daß man die Asymmetrien nicht berücksichtigen sollten, die die fundamentalen Unterschiede unserer Existenz ausmachen. Ich persönlich habe für die nächsten Jahre nicht vor, mich fortzupflanzen, und dennoch: Ich gehe ins Fitnesstudio um besser auszusehen, um attraktive Frauen zu bekommen, ich lehne mich nicht nur am Strand zurück, sondern „beweise“ mich immer wieder neu, damit ich „Wettbewerb“ nicht zurückfalle. Natürlich haben wir unmittelbare soziale Begründungen, warum wir das machen. Aber das sind doch alle intermediäre Begründungen. Klar ist Sex lustig und wir alle haben Sex ohne uns jedesmal fortzupflanzen – wir versuchen das zumeist sogar aktiv zu verhindern. Und trotzdem ist Fortpflanzung der Grund für die Entstehung von und den Spaß am Sex. Das ist doch kein Widerspruch. Es ist allerdings bedenklich, wenn der vermeintlichen biolgischen Determination die Illusion völliger Freiheit entgegengesetzt wird – denn die ist schlicht nicht vorhanden. Wir können uns darüber unterhalten, was wir als „human essentials“ betrachten und wie genau die Asymmetrien aussehen und wir können uns darüber unterhalten wie wir als Kulturen/Gesellschaften/Religionen mit den sozialen Auswirkungen und wie wir als Individuen mit der Kombination dieser Faktoren umgehen. Aber an den Asymmetrien kommen wir nicht vorbei. Sie sind das E=MC2 unserer Existenz.

  33. „weshalb es immer noch leute gibt, die sich an die ruinen ehedem patriarchaler strukturen klammern wie der so oft bemühte säufer an die flasche.“

    Das würde ich langsam auch gerne wissen.

    Sowohl die Säuferinnen (es sind übrigens mehr Säuferinnen als Säufer) als auch diese unseligen patriarchalen Ruinenstrukturen sind doch mittlerweile zu einem völlig inhaltsleeren, anachronistischen Selbstläufer geworden.

    Oder zu einem Irrläufer.

  34. …Nein, ich saufe nur noch selten- immer seltener übrigens.

    Aber, Rahab, da Du ja passenderweise Juristin bist (ist in diesem thread off-topic, ich weiss), eine Frage, an deren Beantwortung mir wirklich etwas liegt- keine Angst, das ist kein pathologischer Gedankensprung:

    Was hältst Du eigentlich vom neuen deutschen Scheidungsrecht?

    Haben die Politik und die Rechtssprechung damit wirklich die Hausfrau abgeschafft?

    Stellt das neue Scheidungsrecht die Männer besser?

    War das eigentlich mal ein Thema bei der Mädchenmannschaft? Und wenn nein- wär doch vieleicht einmal einen Thread wert?

    Ich weiss, dass das hier der denkbar ungünstigste thread ist, um diese Frage zu stellen- aber solch plötzliche Einfälle muss ich immer sofort bearbeiten, sonst vergess ich sie wieder.

    Danke für die Antwort, Rahab!

  35. Natürlich weiss ich, das die Gerichtspraxis bei der Beantwortung dieser Frage auch noch ins Gewicht fällt.

    Aber zu diesem Thema weisst Du hier drinenn sicher am allerbesten Bescheid, Rahab.

    Wir hier in der Schweiz schauen nämlich diesbezüglich öfters zu Euch rüber.

  36. Rahab,

    ernsthaft? kleine Anzahl Eizellen, große Anzahl Spermien. Ziemlich Fundamental. Geht erstmal nicht weg. Bleibt erstmal so. Führt zu: tendenzieller „female choice“ und einer gewissen Polygynie. Asymmetrie. Ziemlich fundamental, bleibt erst mal so. Keine von den Variablen, auf die wir irgendeinen Einfluß haben – wir können nur die Konsequenzen sortieren und organisieren, auf die eine oder auf die andere Weise.

  37. Marcel – willst du asyl beantragen? ich täte davon abraten.

    zu deiner anderen frage: sollte es das? ich meine, so in toto.
    im grundsätzlichen ist allerdings das passiert, dass sowohl die hausfrauen als auch die männer als gleiche rechtssubjekte deutlicher geworden sind. zumindest als möglichkeit. ich bin versucht, das im unterschied zum 19.jahrhundert einen fortschritt zu nennen.
    wenn ich mich allerdings so umgucke, dann können die wenigsten damit was anfangen.

    vielleicht nimmt sich die mädchenmannschaft ja mal einen anderen aspekt des zusammenhangs von recht-politik-gesellschaft vor, aus dem gebiet des ehe- und familienrechts unter einbeziehung einer ganzen menge anderer rechtsgebiete vielleicht. dann könnten wir ja mal gucken, was wir da rausfinden…

  38. ja jj, ernsthaft. allerdings kann ich deine antwort nicht richtig ernst nehmen. sie reduziert.

    so – und nun geh ich mich mal in post-klimakterischem leichtsinn um meine eierchen kümmern

  39. guten morgen jj! – damit, dass wir nicht einer meinung sind, kann ich leben! nach dem schönheitsschlaf finde ich allerdings immer noch, dass du mit dem, was bei dir von der evolution übrig bleibt, zu kurz greifst.

    und guten morgen Marcel! – hast du dich über nacht über die pharisäer informiert? wenn nicht – hol’s doch bitte nach!

  40. Schade, daß (einige) Feministinnen meinen, sich mit „Wir mögen Männer!“ dafür rechtfertigen zu müssen, daß sie Feministinnen sind…
    Warum eigentlich? (Ernstgemeinte Frage!)

  41. Liebe Mondfee,
    es gehört zum täglich Brot eines jeden Menschen, sich zu positionieren. Ich rechtfertige mich nicht dafür, dass ich Feministin bin – das bin ich einfach so, das ist mein Selbstverständnis – sondern ich positioniere mich als solche gegenüber anderen (Menschen, Meinungen).

  42. @jj: und hier: http://kommentare.zeit.de/user/loki45/beitrag/2009/08/06/die-macht-der-evolution
    findest du ein beispiel dafür, wofür die evolution all herhalten muß, ganz sachlich und emotionsfrei versteht sich. obwohl ich das einfach nur für ein sehr schönes beispiel dafür halte, welcher versatzstücke sich das bestreben, eine petit-bourgeois gefühlte/gewünschte/geträumte männliche hegemonie zu erhalten, bedient. letztlich bedauernswert, wenn einer so was schreiben muß… oder ob’s seine gene waren?

    also: ohne dir persönlich zu nahe treten zu wollen – könnte es nicht sein, dass dich die eitelkeit ins fitness-center treibt? und verrate mir bitte, wie du dir deine gen-widrige entscheidung erklärst, keinen nachwuchs zeugen zu wollen! und wozu willst du attraktive frauen bekommen? um der ‚female choice‘ eins auszuwischen?

  43. Ach Rahab,

    „also: ohne dir persönlich zu nahe treten zu wollen – könnte es nicht sein, dass dich die eitelkeit ins fitness-center treibt? und verrate mir bitte, wie du dir deine gen-widrige entscheidung erklärst, keinen nachwuchs zeugen zu wollen! und wozu willst du attraktive frauen bekommen? um der ‘female choice’ eins auszuwischen?“

    Und woher kommt Eitelkeit? Und die Sache mit dem Nachwuchs ist bei mir weniger eine dauerhafte denn eine zeitgebundene – irgendwann soll das schon noch passieren. Und wozu ich attraktive Frauen will? Fundamental vermutlich deswegen, weil gewisse Merkmale wie körperliche Symmetrie wohl genetische „Fitnesskriterien“ sind und deswegen als „schön“ angesehen werden. Und wie wische ich der female choice eins aus, wenn ich mich ihr „unterwerfe“?

    Das dazu – ich persönlich denke nicht, daß es beim Menschen eine harte Form von „female choice“ gibt – gibt meine Realitätswahrnehmung einfach nicht her. Männer wollen wohl mehr und schneller Sex als Frauen, aber es ist ihnen definitiv nicht egal mit welcher Frau. Und auch nicht jede Frau kann jeden Mann dazu bringen, mit ihr Sex zu haben, selbst dann wenn sie gut aussieht. Ich habe derartige Angebote abgelehnt, z.B. weil sie mit einem Bekannten zusammen war – evolutionär sinnvoll oder nicht kann man da sicher noch diskutieren.

    Das Problem ist halt, daß da soviel unklar ist und soviel spekulativ. Das ganze Feld bewegt sich zwischen diesen beiden Artikeln –

    http://www.psychologytoday.com/blog/the-scientific-fundamentalist/200807/men-do-everything-they-do-in-order-get-laid-iii
    http://www.alternet.org/sex/104149/caveman_sex:_how_evolutionary_psych_pushes_sexist_stereotypes/?page=entire

    – und beide können für sich beanspruchen, bestimmte Aspekte der Realität sinnvoll zu erklären, an anderen scheitern sie. Deswegen bin ich auch wirklich kein Anhänger irgendeiner biologischen Determination. Aber ich halte es für genauso falsch und problematisch, die fundamentalen Asymmetrien unserer Existenz aus der Analyse unserer sozialen Koordination heraushalten zu wollen, nur weil man Angst hat, daß dabei am Ende irgendwas raus kommt, das einem nicht in den Kram passt. Und es ist genau blödsinnig, Dinge zu behaupten, die in der Wahrnehmung der meisten Menschen nicht stimmen, nur weil sie die eigene Theorie stützen (wie die These, daß jede genetisch „fitte“ Frau jederzeit mit jedem Mann Sex haben könne).

    Es wäre reduzierend, wenn ich behaupten würde, daß unsere Existenz von nichts anderem beeinflußt wird. Es ist nicht reduzierend hierin die ursprüngliche Motivation menschlicher Aktivität und sozialer Organisation zu sehen – darauf baut eine ganze Menge auf, das nur mittelbar oder entfernt mit der Fundamentalasymmetrie zu tun hat.

  44. Sorry für die späte Antwort, bin nur gelegentlich im I-net-cafe online.

    Mit dem „Patriarchat“ meine ich als synonym die Hiercharchien und gängige Wertesysteme.

    Ich sah vor Kurzem ein Bericht über altrömische Kriegsstrategie. Es wurde von Flanken aufbrechen und so berichtet. Heute sehe ich solche Berichte anders : Diese „Flanken“ waren Menschen. Das Patriarchat – die Generalitäten nutzten Männer als Schlachtvieh, unterstützt vom gängigen Wertesystem.

    Und heute? Das Schlimmste, was Dir passieren kann, ist ein viktimisierter Mann, da wird man von den meisten belächelt. Fördergelder die für Männer im Kontext mit Gewalt bereitgestellt werden, gehen in Richtung „Täterarbeit“. Also schafft man so eher noch Belohnungseffekte ganz abgesehen davon daß Dominanz gerne noch geschätzt wird.

    Die Nachteile für Frauen?

    „Karl Grammer schreibt : Für Männer mit hohem Einkommen spielen emotionale Wärme, Gesundheit, Häuslichkeit und Kinderwunsch eher eine untergeordnete Rolle. … – die Männer mit hohem Status stellen die Obergrenze der Anforderungen dar -, für sie scheinen Frauen eher Spielzeug zu sein (Quelle : Überlisten Sie Ihr Beuteschema, Dr. Stephan Woinoff, S.33).“

    By the way : Es ist immer gut sich zu positionieren und auch – wenn nötig – abzugrenzen. Ich tue es ebenfalls sehr gerne. Die Geschichte sollte lehren daß ein kritikloses Strömen mit der Masse fatale Folgen haben kann.

  45. hi jj!
    wie du der ‚female choice‘ eins auswischst? vielleicht durch eine solche erklärung „Fundamental vermutlich deswegen, weil gewisse Merkmale wie körperliche Symmetrie wohl genetische “Fitnesskriterien” sind und deswegen als “schön” angesehen werden.“ vermutlich was? wohl was? nichts genaues weißt auch du nicht…. man könnte das also auch ganz platt eine rationalisierung nennen.
    symmetrie? worin besteht die denn?
    und der von dir angeführte verzicht – könnte der nicht seine erklärung ganz simpel darin haben, dass, hättest du mit der einen oder anderen frau was angefangen, ihr freund (oder aktueller lover oder ???) ganz furchtbar eine verplättet hätte, möglicherweise?

    schau, ich will nicht behaupten, dass ihre biologie/natur mit den menschen nicht etwas mache. aber ob das gleich etwas „fundamentales“ ist – ich weiß es nicht. ich weiß für den moment nur, dass neben und in der biologie auch das wirkt, was menschen sich je unterschiedlich unter biologie/natur vorstellen und wie sie sich die möglichkeiten von wirkung/beziehungen zwischen biologie/natur und kultur vorstellen.
    ich möchte das auch nicht einander gegenüberstellen: hier biologie/natur und da kultur. dazu waren und sind heute noch kulturen im sinne von umgang mit biologie/natur und umwelt viel zu unterschiedlich, veränderlich.
    um dir ein beispiel zu geben: im rabbinischen judentum findet sich eine auseinandersetzung mit dem (damals noch zu großen teilen rein orientalischen und dem beginnenden römischen) christentum der spätantike, in der es um die frage ging, ob eine frau ein eigenes sexuelles begehren habe oder nicht. die christen dieser zeit sagten: nein, hat sie nicht, von natur/gott aus nicht – und falls doch, dann ist es ein unnatürliches, sündhaftes. die rabbinen dieser zeit sagten: hat sie von gott/natur aus, aber aussprechen sollte sie es nicht, jedoch irgendwie signalisieren darf sie es schon. (damit hätten wir dann auch wieder einen kleinen bogen zu ‚die weiber seien untertan‘ geschlagen).

  46. @ Rahab: „wenn ich mich allerdings so umgucke, dann können die wenigsten damit was anfangen.“

    Wenn ich ehrlich sein will: Ich auch nicht. Das neue Deutsche Scheidungsgesetz und seine Auswirkungen auf gesellschaftliche Entwicklungsprozesse kann man wohl erst aus einer langfristigen Perspektive beurteilen. Aus der Optik der bestehenden Erwerbs- und Haushaltsstrukturen heraus halte ich diesen gesetzlichen Schritt, der ja im Vorfeld von Juristen aller Himmelsrichtungen als geradezu revolutionärer Akt gefeiert worden ist, sogar für einigermassen problematisch- v. a. für Frauen aus bildungsfernen Schichten.

    Danke für die Antwort! Ja, das wäre doch einmal ein Thema auf dem Mädchenblog wert, oder nicht?

  47. @Marcel
    immer diese fragen zu später stunde …

    welches neue deutsche scheidungsgesetz meinst du eigentlich?
    oder meinst du das neue unterhaltsrecht?
    oder was sonst?
    und was willst du damit sagen -> „Aus der Optik der bestehenden Erwerbs- und Haushaltsstrukturen heraus halte ich diesen gesetzlichen Schritt, der ja im Vorfeld von Juristen aller Himmelsrichtungen als geradezu revolutionärer Akt gefeiert worden ist, sogar für einigermassen problematisch- v. a. für Frauen aus bildungsfernen Schichten“?

  48. Rahab,

    nein, nichts genaues weiß man nicht. Das habe ich doch schon mit den beiden Links gesagt, die ich in meinem letzten Kommentar gepostet habe. Das liegt daran, daß man den Menschen halt nie in Rohform zur Paarungsfindung bekommt. In dem Alter hat man/frau eben schon eine Reihe von Erfahrungen gemacht, und all das spielt auch eine Rolle.

    Symmetrie (in einer Reihe von Varianten), vor allem aber bzgl. der linken und rechten Körperhälfte, Gesichtshälfte wird offenbar überall als schön angesehen. Und dann gibt es eben Theorien warum, und ich finde es sinnvoll in diesem Zusammenhang evolutionäre Fragestellungen zu berücksichtigen. Und die haben eben mit natural und sexual choice zu tun. Wir alle stammen von Menschen ab, die in dem Spiel erfolgreich waren.

    „schau, ich will nicht behaupten, dass ihre biologie/natur mit den menschen nicht etwas mache. aber ob das gleich etwas “fundamentales” ist“

    Großzügig. Was soll es denn sonst sein? Fundamental heißt für mich – GRUNDLEGEND. Bei aller cerebralen Plastizität und Lernfähigkeit des Menschen, ein Mann mit einem IQ von 71 wird keinen Nobelpreis gewinnen. Ein Mann wird keine Kinder bekommen können. Ein Kind wird nach der Brust der Mutter suchen. Und es dauert einige Jahre, bis es herangewachsen ist. Der freie Wille erlaubt nur selten, die materiellen Existenzvoraussetzungen zu verändern. Unsere Psyche ist, in begrenztem Maße, beeinflußbar. Aber zu behaupten, daß die biologische Basis all dessen nicht fundamental, grundlegend, ist, ist doch, sorry, irgendwie komisch.

    “ – ich weiß es nicht. ich weiß für den moment nur, dass neben und in der biologie auch das wirkt, was menschen sich je unterschiedlich unter biologie/natur vorstellen und wie sie sich die möglichkeiten von wirkung/beziehungen zwischen biologie/natur und kultur vorstellen.“

    Klar. Hat doch auch niemand was anderes behauptet.

    Und was hat Dein Beispiel mit der Frage zu tun? Du gehst doch davon aus, daß das nahezu alles eine Frage der Sozialisation sei. Warum sollte es dann nicht so sein, daß die Frage der Existenz eines weiblichen Begehrens auf diese Weise institutionalisiert oder deinstitutionalisiert wird? Aus Deiner Perspektive wäre das weibliche Verlangen doch genauso verhandelbar wie das männliche. Es gäbe ja keine essentielle Grundlage, die zu berücksichtigen wäre, und die hier mißachtet wurde. Wenn das alles so ist, dann kann man mit dem gleichen Recht weibliche Sexualität in die eine wie die andere Richtung definieren. Sie wird ja erst durch die Defintion und dann folgende Institutionalisierung und konsequente Konstruierung durch Frauen in der Folge erschaffen. Sorry, aber das macht doch echt keinen Sinn.

  49. na ja, den schwangeren mann haben wir ja grade hinter uns …

    für alles andere bin ich jetzt zu müde…

  50. „schwangeren mann“

    Thomas Beattie ist Deine Argument? Ernsthaft? Wünsche eine geruhsame Nacht…

  51. @Katrin: …Es hätte mich auch gewundert, wenn das neue deutsche Scheidungsrecht hier drinnen nicht bereits schon behandelt worden wäre, danke für den Link!

  52. ahoi jj und Marcel – guten morgen!

    einfach als zarten hinweis auf die gefahr von vergesetzlichung lesen. im sinne von „die evolution sagt, deshalb muß unsere/meine gesellschaft so sein“. evolution und was wir glauben, darüber zu wissen, als religionsersatz. kommt mir manchmal genauso übel vor wie die kirchenväter!

  53. Eigentlich war ich mir nicht sicher, ob ich zu dem Thema noch was schreiben wollte. Es ist doch vollkommen klar, dass das Verhältnis Feminismus – ‚Männer‘ weitestgehend davon abhängt, wie sich Feminismus definiert:
    1. Als Kampfbegriff im Geschlechterkampf? Dann werden ‚Männer‘ halt gehasst oder maximal geduldet.
    2. Als Kampfbegriff von ‚Frauen‘ gegen das Patriarchat, unter dem auch ‚Männer‘ zu leiden haben? Dann sind ‚Männer‘ logischerweise wertvolle Verbündete.
    3. Als weiter Kampfbegriff gegen die Benachteilung aufgrund der Kategorie ‚Geschlecht‘, der lediglich in der Frauenbewegung (siehe 1. und 2.) seinen Ursprung hat? Dann ist Feminismus ohnehin Sache aller Geschlechter.
    Die erste Lesart scheint mir kaum noch verbreitet zu sein, aber das Außenbild zu bestimmen; die zweite ist hier bestimmend (weshalb diese Aussage „Wir mögen Männer“ hier eigentlich auch nichts Neues sagt) und die dritte, die ich selbst bevorzuge, wirft die Frage auf, ob wir noch von ‚Feminismus‘ sprechen wollen. Ich würde dazu tendieren, den meiner Meinung nach guten Kampfbegriff halt zähneknirschend aufzugeben, wenn es der Verbreitung des entsprechenden Gedankenguts dient.

    In der der Debatte zwischen Rahab und jj kann man glaub ich ganz gut sehen, wohin dieser biologistische Unsinn führt. Zum Verlust der ethischen Dimension. Und das auch noch schwach begründet. Wenn die Natur/Biologie bestimmte Voraussetzungen für unser Handeln setzt, wenn es Gesetzmäßigkeiten gibt, die wir nicht übertreten können, dann können wir die halt nicht übertreten. Punkt. Über die brauchen wir uns dann auch keine Gedanken zu machen (abgesehen von den massiven erkenntnistheoretischen Zweifeln, die ich daran habe, wenn jemand Naturgesetze von ihrem Status als Konsens innerhalb bestimmter Wissenschaften zu objektiven, unhinterfragbaren Wahrheiten erhebt), menschliches Handeln findet immer auf diesem ‚Fundament‘ statt. Und nur menschliches Handeln ist politisch und ethisch bewertbar.

    Am konkreten Beispiel der zwischenmenschlichen Beziehungen wird es deutlich: Menschen können sich (momentan nur mit Hilfe) mit Hilfe vorkultureller Dinge fortpflanzen. Ob und mit wem sie es tun, ist aber ihre Entscheidung. Biologie mag bei der Partnerwahl als auch bei der Ausübung unserer Sexualität eine Rolle spielen, aber 1) können wir die Größe ihres Anteils niemals zweifelsfrei bestimmen, denn jede derartige Bestimmung wäre bereits ein kulturelles Produkt und 2) wäre dieser Anteil ohne jeden Belang für die (ethische) Frage, wie wir Handeln sollen, da dieser Anteil das Fundament für jegliches Handeln bilden würde.
    Jede biologistische Deutung von Partnerwahl und Sexualität unterliegt also einem naturalistischen Fehlschluss. Jeder Versuch, vermeintlich vorkulturelle Kräfte zu Leitlinien des eigenen Handelns zu machen, ist eine kulturelle Rekonstruktion dieser Kräfte. Fatal ist, dass ein derartiges Handeln sich versucht, Autorität darüber zu verschaffen, dass es sich als ’natürlich‘ erklärt, ohne es zu sein.
    Die vielen Möglichkeiten, Sexualität und Partnersuche abseits von Fortpflanzung zu betreiben, brauche ich hoffentlich aufzuzählen – aber sie wären Beispiele dafür, wie wenig die Biologie als normative Grundlage unseres Handelns taugt.

    Leider führt Biologismus immer zu solchem Unsinn… Empirisch nicht haltbar und wenn es dazu eine passende Empirie gibt, kann sie doch keine Aussagen über vorkulturelle Gegenstände treffen… und dann noch diese unterschwelligen, essentialistischen Tendenzen…
    „Männer wollen wohl mehr und schneller Sex als Frauen, aber es ist ihnen definitiv nicht egal mit welcher Frau. Und auch nicht jede Frau kann jeden Mann dazu bringen, mit ihr Sex zu haben, selbst dann wenn sie gut aussieht.“

  54. Sven,

    „Biologie mag bei der Partnerwahl als auch bei der Ausübung unserer Sexualität eine Rolle spielen, aber…“

    Wenn Du das *mag* vegläßt, stimme ich Dir bzgl. der epistemologischen Einschränkungen weitgehend zu. Der Punkt ist aber doch nicht, daß heute biologische Volldetermination von irgendjemandem ernsthaft behauptet wird, sondern daß die Illusion kompletter Gestaltbarkeit (soziologisch, psychologisch) des menschlichen Verhaltens „in der soziologischen Geschlechterforschung/“dem Feminismus“ zum oft nicht mehr hinterfragten Rationalitätsmythos geworden ist (auch wenn in der sehr oberflächlichen öffentlichen Debatte vermutlich das Gegenteil der Fall ist).

    „Die vielen Möglichkeiten, Sexualität und Partnersuche abseits von Fortpflanzung zu betreiben, brauche ich hoffentlich aufzuzählen – aber sie wären Beispiele dafür, wie wenig die Biologie als normative Grundlage unseres Handelns taugt.“

    Nochmal, hier scheint es ein grundlegendes Mißverständnis dahingehend zu geben, wie bewußt grundlegende Triebe des Individuums dem Einzelnen zum Handlungszeitpunkt sein müssen. Daß Fortpflanzung der Ausgangspunkt der „vielen Möglichkeiten“ war/ist, bedeutet doch nicht, daß man dabei ständig die Fortpflanzung im Kopf haben muß. Wieso das scheinbar immer wieder angenommen wird, ist mir nicht klar.

    Und daß Biologie als *normative* Grundlage nicht taugt, ist doch der ganze Punkt der Diskussion zwischen Rahab und mir gewesen. Die Frage, die sich aber dennoch stellt ist die des sinnvollen Umgangs mit ihren Voraussetzungen. An dieser Stelle kann ich einfach nicht verstehen, wie man als körperliches Wesen die Biologie verleugnen kann. Das ist wohl noch so ein wenig ein Ausfluß der gedanklichen Konsequenzen des deutschen Idealismus.

    Rahab,

    weil ich’s gestern Nacht vergessen habe:

    „und der von dir angeführte verzicht – könnte der nicht seine erklärung ganz simpel darin haben, dass, hättest du mit der einen oder anderen frau was angefangen, ihr freund (oder aktueller lover oder ???) ganz furchtbar eine verplättet hätte, möglicherweise?“

    Dir ist aber schon klar, daß Deine Argumentation mir hier einen Teil genau dessen vorwirft, was ich als „fundamentale Grundlage“ bezeichnet habe und daß Du als Kontrollmechanismus implizite Gewalt annimmst, während ich das als Beispiel für die Komplexität des Gesamtsystems (auf Basis der „Grundlage“) angeführt habe, und als Argument, daß Sex nicht immer für alle Männer und jederzeit die einzige Motivation ist – widerspricht ja auch schlicht der Realität. Der Freund hätte mir sicher keine „verplättet“, auch wenn er sich offensichtlich immer in diesem Zusammengang von mir bedroht fühlt und ihr gegenüber besonders aufmerksam und präsent ist, wenn ich dabei bin. Ich will’s so sagen: Wenn er nicht auch einer meiner Freunde wäre, er mir also komplett egal wäre, dann hätte ich vermutlich nicht nein gesagt. Wenn sie sich irgendwann von ihm trennt, und ich dann auch verfügbar bin, dann – wer weiß. Die Realität ist aus vielerlei Gründen komplexer als Modelle und Annahmen über unsere fundamentalen Motivationen. Aber das bedeutet nicht, daß man diese Fragestellung außen vor lassen darf, wenn es um die Frage sinnvoller und moralischer Koordination menschlichen Verhaltens geht.

  55. also gut, jj: du möchtest mir jetzt also die komplexität der realität erklären? und außerdem „den feminismus“ vor verhängnisvollen irrtümern retten?
    ad 1) genau um diese komplexität habe ich mit dir gerungen
    ad 2) „der feminismus“ bedarf dieser deiner hochwohllöblichen rettungsversuche nicht, der schafft das ganz alleine. aber danke dafür, dass du es mit „dem feminismus“ so gut meinst!

    und was ich meinte war, in der komplexität heruntergebrochen auf die unmittelbare gefühlsebene, schlicht und ergreifend feigheit. klingt blöd, ich weiß.

  56. und das hier -> „An dieser Stelle kann ich einfach nicht verstehen, wie man als körperliches Wesen die Biologie verleugnen kann. Das ist wohl noch so ein wenig ein Ausfluß der gedanklichen Konsequenzen des deutschen Idealismus.“
    kleiner schmock, ist schlicht und ergreifend ne unverschämtheit!

  57. Rahab,

    das ist vielleicht einfach nur Dein Stil, aber manchmal habe ich den Eindruck, Du suchst Streit…

    ad 1) dann ist ja gut.
    ad 2) Sarkasmusklammern nicht vergessen.
    ad 3) Schon klar. Aber was ändert das an der Argumentation?

  58. Rahab,

    „und das hier -> “An dieser Stelle kann ich einfach nicht verstehen, wie man als körperliches Wesen die Biologie verleugnen kann. Das ist wohl noch so ein wenig ein Ausfluß der gedanklichen Konsequenzen des deutschen Idealismus.”
    kleiner schmock, ist schlicht und ergreifend ne unverschämtheit!“

    Hilfe, ich versteh’s nicht.

  59. ihr lieben,
    mir scheint, ihr redet teilweise aneinander vorbei. Wo ihr nicht aneinander vorbei redet ist glaube ich mittlerweile klar, dass ihr einfach grundverschiedene Positionen vertretet. Jedenfalls fängt es an, im Ton aggressiver zu werden und ich fände es gut, wenn alle einen kleinen Gang zurückschalten.

    Liebe Grüße

  60. Hallo Katrin,
    ich bezog mich mit meinem Posting auch teilweise auf diese Studie:
    wozu braucht es solche Studien?
    1. Wenn Anti-Feministen Feministinnen Männerhass unterstellen, ist das ein beliebtes Vorurteil und wird sich durch solche Studien auch nicht ändern.
    2. Warum ist es so wichtig, was irgendwelche Leute von Feministinnen denken?
    Sorry, ich verstehe das echt nicht, vielleicht mag es mir ja jemand erklären…;)
    Eine Frage zu Hollstein habe ich noch:
    „Hollstein – ein Männerforscher, der den deutschen Feminismus der letzten 20 bis 30 Jahre sicherlich zu Recht auch scharf angreift“
    Inwiefern hat Deiner Meinung nach Hollstein damit Recht?
    Gespannte Grüße von
    Mondfee

  61. Sind zwo Links (oben einer [gut] und unten einer [hundsmiserabel])- sieht jetzt doch anders aus, als gedacht.

    Diese HTML-Codes aber auch…

  62. „‚Biologie mag bei der Partnerwahl als auch bei der Ausübung unserer Sexualität eine Rolle spielen, aber…‘ – Wenn Du das *mag* vegläßt, stimme ich Dir bzgl. der epistemologischen Einschränkungen weitgehend zu.“
    Der Konjunktiv ist aber an dieser Stelle bedeutend. Menschen können aus Kultur und Sprache nicht heraustreten. Über außersprachliche Gegenstände kommen wir nie über Hypothesen hinaus. Da sich ‚die‘ Biologie nach meiner Wahrnehmung (von außen), wie alle ‚Natur’wissenschaften dadurch auszeichnet, Erkenntnisse über die außersprachliche Welt sammeln zu wollen, ist dieses „mag“ bedeutend, um klar zu machen, dass solche Aussagen immer wieder rückgebunden werden müssen auf ihren kulturellen Kontext, aber niemals zweifelsfreie Wahrheiten darstellen können.

    „die Illusion kompletter Gestaltbarkeit (soziologisch, psychologisch) des menschlichen Verhaltens“
    Wenn du meinen Kommentar aufmerksam gelesen hättest, wäre dir aufgefallen, dass der Rest für die Frage nach Emanzipation irrelevant ist. Entweder etwas ist veränderbar oder nicht. Gegen nicht-veränderbare Dinge kann man per se nicht aufbegehren – der Rest ist der Raum für Handlungen und unterliegt ethischer Bewertung. Deshalb brauch ich als Feminist (oder Gender-Bewegter oder so) keine Gedanken um mögliche materielle Grundlagen meines Handelns zu machen, da diese mein Handeln ohnehin determinieren. Es mag zwar wahrscheinlicher sein, dass ich Partnerinnen anziehe, wenn ich statt Hegel zu lesen, meine Zeit im Fitnessstudio oder bei der Kontaktpflege verbringe, ökonomischer Erfolg ist mir auch sicherer, wenn ich Jura statt Philosophie studiere… aber hallo?!? Aufklärung und so!

    „Nochmal, hier scheint es ein grundlegendes Mißverständnis dahingehend zu geben, wie bewußt grundlegende Triebe des Individuums dem Einzelnen zum Handlungszeitpunkt sein müssen. Daß Fortpflanzung der Ausgangspunkt der “vielen Möglichkeiten” war/ist, bedeutet doch nicht, daß man dabei ständig die Fortpflanzung im Kopf haben muß. Wieso das scheinbar immer wieder angenommen wird, ist mir nicht klar.“
    Ich habe nicht angenommen, dass Fortpflanzung ständig im Kopf sein muss, wohl aber dass du unterstellst, dass sie (wenn auch unbewusst) die leitende Motivation hinter Sexualität und Partnerwahl darstellt. Und das ist fragwürdig oder irrelevant. Fragwürdig aufgrund der erkenntnistheoretischen Einsprüche gegen Wissen über außersprachliche Gegenstände, irrelevant für die Frage danach, was wir eigentlich tun sollen. Diese Frage kann nicht mit dem Verweis auf die Biologie beantwortet werden, sonst befinden wir uns auf der gleichen Ebene (oder je nach Gottesbegriff sogar noch unter) wie wenn wir die Antwort irgendwo in den zahlreichen Worten Gottes (oder der Göttin) suchen wollen…

    „Und daß Biologie als *normative* Grundlage nicht taugt, ist doch der ganze Punkt der Diskussion zwischen Rahab und mir gewesen. Die Frage, die sich aber dennoch stellt ist die des sinnvollen Umgangs mit ihren Voraussetzungen. An dieser Stelle kann ich einfach nicht verstehen, wie man als körperliches Wesen die Biologie verleugnen kann.“
    Sorry, das verstehe ich nicht. Wenn es materielle Voraussetzungen des eigenen Denkens und Handelns gibt, dann kann man die per se nicht verleugnen, dann sind sie jedoch auch kein Gegenstand der Bewertung. Das einzige, was ich diesbezüglich verleugnen kann (und was ich auch mit Vehemenz bestreite), ist die Idee, materielle Voraussetzungen mit einer normativen Grundlage gleichzusetzen.
    Beispiel Partnerwahl: Natürlich kann Mensch sich die ganze Zeit einreden, dass seine/oder ihre Präferenzen von der Biologie bestimmt werden. Meinetwegen auch nur zum Teil. Nur worin besteht der Gewinn in dieser fragwürdigen Einstellung? Erstmal behaupte ich, dass die Idee „Triebe statt Liebe“ nicht besonders fröhlich macht, aber sie zeigt vor allem keine Handlungsmöglichkeiten auf. Desweiteren macht sie intransparent, wo Handlungsmöglichkeiten bestehen. Es ist meine freie Entscheidung, welche Art von Partner ich suche und mit welchen Mitteln ich ihn oder sie (gerne auch im Plural) anspreche. Es sollte allerdings klar sein, dass nicht alle Menschen Attraktivitätsmerkmale aus dem kulturellen Konstrukt namens Biologie ableiten, manche finden sogar Menschen attraktiv, mit denen sie nicht mal fortpflanzen können.

    „Das ist wohl noch so ein wenig ein Ausfluß der gedanklichen Konsequenzen des deutschen Idealismus.“
    Besser deutscher Idealismus als naiver Realismus oder Szientismus oder (dialektischer) Materialismus oder … oder… Das nur am Rande, auch, wenn ich mich nicht als Idealisten bezeichnen würde…

  63. Sven: Wie hoch schätzt Du den Anteil der rein biologischen Determination bei unserem Denken, Handeln und Fühlen denn ein? Ich gehe davon aus, dass sich sowohl die biologischen als auch die kulturell bedingten Einflussfaktoren (bisher) nicht quantifizieren lassen- und genau darin liegt der Knackpunkt bei der von Dir, jj und Rahab geführten Diskussion: Keiner vermag genau zu bestimmen, wie hoch der jeweilige Anteil nun definitiv ist. Das eröffnet weiteren Diskussionn natürlich ein weites Feld- ein unendliches Feld sogar, würde ich sagen. Ein Feld notabene, das voller Variablen ist. Ginge es um ein mathematisches Problem, wäre das Thema schnell abgehandelt. Was mir persönlich missfällt, ist die scheinbare Überlegenheit, die die Anhänger der Gender-Theorie an den Tag legen- analog dazu (lediglich als Beispiel gedacht, nicht als Hinweis auf eine politische Position) lässt sich hier der moralische Imperativ aufführen, mit dem die Linke in den vergangenen Jahrzehnten gerne operiert hat.

  64. @Marcel
    so was: „Was mir persönlich missfällt, ist die scheinbare Überlegenheit, die die Anhänger der Gender-Theorie an den Tag legen- analog dazu (lediglich als Beispiel gedacht, nicht als Hinweis auf eine politische Position) lässt sich hier der moralische Imperativ aufführen, mit dem die Linke in den vergangenen Jahrzehnten gerne operiert hat.“
    macht mich schon wieder ungehalten! denn das fragt nicht nach den voraussetzungen von denken beim gegenüber, das unterstellt einfach welche.

  65. Gut, Rahab, das zielt aber an der von mir aufgeworfenen Frage vorbei:

    WAS ist nun biologisch determiniert und was nicht?

    Ich stelle die Gender-Theorie übrigens nicht einfach per se in Abrede.

    Abgesehen davon: Ein bisschen Ungehaltenheit kann nicht schaden. Wenn ich jeweils so sehe, wie Biologisten von ihren Gegenern auf ganz subtile Art und Weise der Denkunfähigkeit bezichtigt werden- und mitunter sogar lächerlich gemacht werden, wie nur schon alleine Satzaufbau, Interpunktion und die Diktion zeigen, dann werde ich jeweils auch ganz, ganz ungehalten. Stichwort Transaktionsanalyse- Basics in der Kommunikationspsychologie: Da wird jeweils aus einem völlig überbordenden Erwachenen-Ich an das Kindheits-Ich des Adressaten appelliert. Auch nicht seriös, finde ich.

  66. zu deiner ‚was-frage‘ verweise ich auf die beiträge von Sven. der hat es schön auf den punkt gebracht: wir wissen es nicht. und- da wir immer noch teil von evolution sind – können wir es vermutlich auch nie wissen.

    oder anders gesagt: kann ja sein, dass die gene wirkten, als ich kinder bekam. aber als ich sie großzog, da hatte ich mit umwelt zu tun, jahrelang und bis heute (und wie es aussieht, hört das bis zum tode nicht auf – vielleicht geht es auch nach dem ableben noch weiter, aber ich kann heute als lebende noch nicht wissen, ob es mich als dann tote noch bewegen wird)

    ich kann verstehen, dass jemand die biologie (in den geschlechterverhältnissen – und nicht nur da) gern als letzt-begründung hätte. meine lebenserfahrung sagt mir allerdings, dass sie dafür nicht taugt. was spätestens dann zutage tritt, wenn andere eine etwas andere, aber dennoch auf biologie beruhende/beruhen sollende, letzt-begründung haben.

  67. Stimmt, wir wissen es nicht. Die Gender-Theorie hat genauso ihre Berechtigung, wie der Biologismus. An der Quantifizierbarkeit scheiden sich die Geister.

    Es reicht übrigens auch schon, sich in andere Kulturen zu begeben- länger, versteht sich, nicht nur einfach in ein Resort für ein paar Wochen (ach, die Leute sind ja alle soooo nett in diesem Land…)- und schon wird einem bewusst, wie stark der Einfluss von Kultur (und mitunter auch Religion) im Bezug auf unser aller Denken, Handeln und Fühlen- Letzteres wird bei den meisten Diskursen grosszügigerweise einfach ausgelassen- ist.

    Manchmal bin ich fast versucht zu sagen leider.

    „(und wie es aussieht, hört das bis zum tode nicht auf – vielleicht geht es auch nach dem ableben noch weiter, aber ich kann heute als lebende noch nicht wissen, ob es mich als dann tote noch bewegen wird)“ Schön ausgedrückt!

  68. ich glaub nicht, dass die quantifizierbarkeit der punkt ist, sondern der ansatz: die einen meinen, wenn sie es denn nur messen könnten, dann hätten sie die legitimität bestimmter sozialer verhältnisse bewiesen – und damit die diskussion um macht und gerechtigkeit erledigt. die anderen stellen dagegen die macht bestimmter sozialer verhältnisse in frage, zumindest insoweit, als sie danach fragen, wie sie über geschlecht/er (und anderes ) hergestellt wird und ob es nicht vielleicht auch anders – und manchmal auch weniger machtvoll und stattdessen gerechter – ginge.

    eins der probleme in diesen diskussionen ist dann, dass ‚biologisten‘ ‚genderisten‘ denselben drang danach unterstellen, sie wollten ihre feststellung, dass sich etwas so oder so verhalte, zurück bis in den allerersten anfang von was auch immer verlängern.
    beispiel: tausende von jahren patriarchat. – pustekuchen! vielleicht tausende von jahren ganz unterschiedlicher formen von patriarchalen formen bei diesem oder jenem und hier und da und dort auch. um es ganz extrem aufzuspannen; die frau (auch die verheiratete!) im Babylon des Hammurapi (der wird so auf 1750 vor datiert) war wesentlich „emanzipierter“ als die Britin im 19.jhdt nach -> also war mehr rechtssubjekt als die britische suffragette! (wozu ein Sir Frazer der suffragette allerdings erzählte, der damaligen babylonierin sei es noch viel schlimmer ergangen, die hätte sich auch noch im tempel der Ishtar heiligmäßig prostituieren müssen, wie sie auch schon bei Herodot um 500 vor nachlesen könnte, wenn sie nur in der lage sei, alt-griechisch zu lernen – aber das solle sie mal besser lassen, das schade ihrer weiblichkeit) und das frühchristliche ‚patriarchat‘ formte sich anders aus als das entstehende rabbinisch-jüdische, beide zur gleichen zeit und mehr oder weniger am gleichen ort, mit sehr unterschiedlichen konsequenzen (und auch in einer stellenweise überhaupt nicht mehr lustigen konkurrenz).

    vielleicht ließe es sich auch so sagen: ‚biologisten‘ haben in der diskussion um geschlechterverhältnisse diesen gestus von „das war schon immer so“. ‚genderisten‘ sagen dazu, dass könne sein, aber bedeute nicht, dass es so bleiben müsse, nicht zuletzt, weil die vergangenheit/die geschichte so eindeutig garnicht „immer so“ war.

  69. Sven,

    spannend.

    „Der Konjunktiv ist aber an dieser Stelle bedeutend. Menschen können aus Kultur und Sprache nicht heraustreten. Über außersprachliche Gegenstände kommen wir nie über Hypothesen hinaus.“

    Sorry, aber weder Wittgenstein noch logische Autopoiesie stehen der zwangsläufigen Erkenntnis im Weg, daß jede Konzeptionalisierung von Realität eine materielle, biologische, physische Grundlage haben muß – selbst in der „Matrix“ ist das so. Das aber bedeutet nicht, daß die Komplexität des Gesamtsystems etwas eigenes, über die materielle Grundlange Hinausgehendes sein oder werden kann.

    „Deshalb brauch ich als Feminist (oder Gender-Bewegter oder so) keine Gedanken um mögliche materielle Grundlagen meines Handelns zu machen, da diese mein Handeln ohnehin determinieren. Es mag zwar wahrscheinlicher sein, dass ich Partnerinnen anziehe, wenn ich statt Hegel zu lesen, meine Zeit im Fitnessstudio oder bei der Kontaktpflege verbringe, ökonomischer Erfolg ist mir auch sicherer, wenn ich Jura statt Philosophie studiere… aber hallo?!? Aufklärung und so!“

    Sorry, aber was hat denn die Frage nach den impliziten Grenzen der eigenen Handlungsoptionen mit der Befreiung aus der selbstgewählten Unmündigkeit zu tun? Da widersprichst Du Dir doch selbst – Aufklärung kann doch eigentlich nur für den gestaltbaren Bereich gelten – wobei ich ja der Meinung bin, daß dieser durch zunehmende Erkenntnis über die vermeintlichen impliziten Grenzen eher größer als kleiner wird – will sagen: Je mehr wir über die impliziten Grenzen wissen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit von Erkenntnissen über die Explizierung dieses Handlungsraums. Das Herauskürzen aus der Analyse bringt dagegen gar nichts, sondern erzeugt, wenn überhaupt, eine Illusion eines Ausmasses an Freiheitsgraden die so tatsächlich nicht existieren.

    „Diese Frage kann nicht mit dem Verweis auf die Biologie beantwortet werden, sonst befinden wir uns auf der gleichen Ebene (oder je nach Gottesbegriff sogar noch unter) wie wenn wir die Antwort irgendwo in den zahlreichen Worten Gottes (oder der Göttin) suchen wollen…“

    Sehe ich anders. Die Frage nach Formulierungen außen vor, ist die Frage schlicht die nach der materiellen Grundlage von Gedanken. Wenn es ein materielle Korrelat zu Gedanken gibt, und das ist ja unzweifelhaft, dann ist die Grundlage unserer Existenz biologisch. Dann ist die Motivation für unser Handeln biologisch. Und allein die Annahme von Evolution in deren Verlauf unser Gehirn zu dem geworden ist, was es heute ist, impliziert eine biologiche Motivation. An welchem Punkt in der menschlichen Phylogenese war unser Gehirn Deiner Meinung nach denn in der Lage sich von seinen materiellen Grundlagen zu emanzipieren?

    „Sorry, das verstehe ich nicht. Wenn es materielle Voraussetzungen des eigenen Denkens und Handelns gibt, dann kann man die per se nicht verleugnen, dann sind sie jedoch auch kein Gegenstand der Bewertung.“

    Ja, warum wird das dann immer wieder getan?

    „Das einzige, was ich diesbezüglich verleugnen kann (und was ich auch mit Vehemenz bestreite), ist die Idee, materielle Voraussetzungen mit einer normativen Grundlage gleichzusetzen.“

    Tue ich doch gar nicht. Im Gegenteil, es geht nur darum, mit besserem Wissen um unsere Handlungsoptionen und -beschränkungen organisatorische Alternativen zu entwickeln, die normative Ansprüche unter den Nebenbedingungen menschlicher biologischer Existenz möglichst konfliktfrei koordinieren können.

    „Nur worin besteht der Gewinn in dieser fragwürdigen Einstellung? Erstmal behaupte ich, dass die Idee “Triebe statt Liebe” nicht besonders fröhlich macht, aber sie zeigt vor allem keine Handlungsmöglichkeiten auf.“

    „Liebe“, zumindest in den Varianten „Lust“ und „romantische Liebe“ ihren verschiedenen Varianten, hat definitiv ein chemisches Korrelat. Inwieweit die nach der „romantischen Liebe“ ggf. folgende Phases der dauerhaften Zuneigung eine solche eindeutige Korrelation hat, scheint noch nicht klar zu sein.

    „Desweiteren macht sie intransparent, wo Handlungsmöglichkeiten bestehen.“

    Wieso das? Du willst Dich verlieben? Kurbele Deinen Dopamin- und Noradrenalin- und Testosteronhaushalt an (fahr in Urlaub, werde aktiver, etc.). Eindeutige Handlungsalternative.

    „Es ist meine freie Entscheidung, welche Art von Partner ich suche und mit welchen Mitteln ich ihn oder sie (gerne auch im Plural) anspreche. Es sollte allerdings klar sein, dass nicht alle Menschen Attraktivitätsmerkmale aus dem kulturellen Konstrukt namens Biologie ableiten, manche finden sogar Menschen attraktiv, mit denen sie nicht mal fortpflanzen können.“

    Es ist Deine freie Entscheidung, welche Partner Du suchst, aber es ist eher nicht Deine *freie* Entscheidung, welche Du attraktiv findest – wobei nur einer von vielen Faktoren in diesem Zusammenhang biologisch ist. Ich schätze psychische Faktoren, Mélange aus Biologie und Umwelt, als bedeutendste Variable in diesem Zusammenhang ein. Und, ja, manche Menschen finden Menschen attraktiv, mit denen sie sich nicht fortpflanzen können – soll man deswegen davon ausgehen, daß sexuelle Auswahl keine Rolle in der Evolution gespielt hat? Das wäre doch absurd.

    Rahab,

    „macht mich schon wieder ungehalten! denn das fragt nicht nach den voraussetzungen von denken beim gegenüber, das unterstellt einfach welche.“

    Wer im Glashaus sitzt. Der „Schmock“ war way out of line in einer ansonsten fair geführten Diskussion. Anyway.

    „vielleicht ließe es sich auch so sagen: ‘biologisten’ haben in der diskussion um geschlechterverhältnisse diesen gestus von “das war schon immer so”. ‘genderisten’ sagen dazu, dass könne sein, aber bedeute nicht, dass es so bleiben müsse, nicht zuletzt, weil die vergangenheit/die geschichte so eindeutig garnicht “immer so” war.“

    Mein Eindruck ist genau umgekehhrt: Genderisten behaupten, daß jede Annahme eines auch nur teilweise biologisch geprägten, vorkulturellen Verhaltens „Biologismus“ sei, während Menschen, die davon ausgehen, daß es vorkulturelle Verhaltensanteile gibt, im Regelfall sehr wohl von einem bedeutenden Einfluß von Umwelt und Psychologie ausgehen. Der Ansatz ist vermutlich „individueller“, während der Ansatz der „Genderisten“ eher soziologisch ist.

  70. Marcel:
    „Das mir persönlich missfällt, ist die scheinbare Überlegenheit, die die Anhänger der Gender-Theorie an den Tag legen- analog dazu (lediglich als Beispiel gedacht, nicht als Hinweis auf eine politische Position) lässt sich hier der moralische Imperativ aufführen, mit dem die Linke in den vergangenen Jahrzehnten gerne operiert hat.“
    Das ist keine „scheinbare Überlegenheit“, sondern eine theoretische. Derjenige, der Aussagen über eine außersprachliche Welt machen möchte, muss belegen, wie er Zugriff auf diese bekommt. Das plausibel zu tun, gelingt den wenigsten; ich würde sagen, dass es unmöglich ist. Das Ganze läuft dann nur über naiven Common-sense-Realismus, was aber theoretisch recht billig ist.

    „WAS ist nun biologisch determiniert und was nicht?“
    Wenn man aufmerksam lesen würde, würde man feststellen, dass etwas, das unser Handeln determiniert, für die Frage danach, wie wir richtig handeln, irrelevant ist. Das ist der andere Punkt, an dem der Biologismus versagt: Er kann keine Ethik begründen. Das ist doch aber genau das, was FeministInnen interessiert: wie können wir eine geschlechter_gerechte_ Welt aufbauen? Gerechtigkeit ist ein ethischer Begriff.

    „Die Gender-Theorie hat genauso ihre Berechtigung, wie der Biologismus. An der Quantifizierbarkeit scheiden sich die Geister.“
    Nix Berechtigung. Biologismus ist Blödsinn. Das muss man in aller Härte sagen. Sowohl sein erkenntnistheoretisches Fundament ist Schrott; seine Relevanz für ethische und politische Fragen ist nicht vorhanden.

    Ich kann Rahab nur zustimmen, Quantifizierbarkeit ist nicht das Problem:
    „ich glaub nicht, dass die quantifizierbarkeit der punkt ist, sondern der ansatz: die einen meinen, wenn sie es denn nur messen könnten, dann hätten sie die legitimität bestimmter sozialer verhältnisse bewiesen – und damit die diskussion um macht und gerechtigkeit erledigt. die anderen stellen dagegen die macht bestimmter sozialer verhältnisse in frage, zumindest insoweit, als sie danach fragen, wie sie über geschlecht/er (und anderes ) hergestellt wird und ob es nicht vielleicht auch anders – und manchmal auch weniger machtvoll und stattdessen gerechter – ginge.“

  71. na, ob soziologisch da das richtige wort ist? – kulturell trifft es meiner meinung nach besser.

    aber noch mal, was ist ein biologisch geprägtes, vorkulturelles verhalten?
    dass ich als menstruiernde nicht alles volltropfe – vielleicht? aber wie ich es mache, dass ich nicht alles und jeden volltropfe, das ist kultur – oder?

  72. So liebe „ich habe am Freitag einen Post geschrieben und bin beleidigt, weil mir nicht sofort geantwortet wird!“ Mondfee,

    zu erstens: Wenn es irgend einer politischen Bewegung egal ist, was die Welt von ihr denkt – was ist dann an ihr noch politisch? Natürlich bin ich hier um mit politischen Gegnern zu diskutieren und andere – oder sogar die Gegner – von meiner politischen Meinung zu überzeugen! Und dafür muss ich mich genauso wenig rechtfertigen wie dafür, dass ich das Wochenende mit meiner Familie verbringe.

    Zweitens: Hollstein beschreibt recht ausführlich, wo es im deutschen Feminismus männerfeindliche Tendenzen gab und grenzt das auch von dem französischen oder amerikanischen Feminismus ab. Er bezieht sich auf verschiedene Quellen und Publikationen aus den 60ern und 70ern, die belegen, dass die damalige Frauenbewegung in großen Anteilen männerfeindlich war. Ein schöner Satz aus einer 89er EMMA lautete zum Beispiel immer noch: „Wenn wir es unseren Töchtern einfacher machen wollen, müssen wir es unseren Söhnen schwerer machen.“ Was noch die harmlose Variante ist – war ja aber auch schon ca. 20 Jahre später. Alles weitere einfach bei Hollstein selbst nachzulesen – die Literaturangabe ist ja im Artikel.

  73. Hallo Katrin,
    ich war nicht im Geringsten „beleidigt“, dachte nur, meine Fragen wären wegen anderer Sachen in den Kommentaren untergegangen.
    Zum Rest: zum Glück sind Anti-Feministen nicht „die Welt“ und ich finde es sehr schade, daß Du hier ihre Ansichten von wegen „Männerfeindlichkeit“ des „alten“ Feminismus übernimmst.
    Und damit lasse ich es jetzt gut sein, denn ich halte diesen „Alpha-Mädchen“ (wie Ihr) gegen „alte“ Feministinnen (wie mich)- Kampf immer noch für äußerst überflüssig.
    Gruß,
    Mondfee

  74. Liebe Mondfee,

    ich würde stark zwischen Anti-Feministen und Männerforschern wie Hollstein unterscheiden! Offenbar kennst du ihn und sein Buch nicht. Deswegen würde ich Urteile erst einmal sein lassen.
    Ich halte seine Kritik weiterhin für berechtigt und fände es schade, wenn berechtigte Kritik aufgrund dogmatischer Einstellungen unterginge.
    Damit lasse ich es auch gut sein, weil ich es ebenso für überflüssig halte, mit Menschen zu diskutieren, die nicht bereit sind zu differenzieren.
    Liebe Grüße,
    Katrin

  75. @Mondfee: Wir sind ein feministisches Blog, daher greifen wir Studien über Feministinnen auf, egal ob es Kritiker überzeugt oder nicht und ob wir deren Zustimmung überhaupt wollen. Wäre komisch, wenn die Tagesschau nicht mehr die Fußballergebnisse berichten würde, oder?

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