In einem aktuellen Beitrag im Blog „Streitwert“ der Heinrich Böll Stiftung fragt Hans-Joachim Lenz, seines Zeichens Männlichkeitsforscher, wo die männliche Verletzbarkeit in aktuellen Diskursen zu Geschlechtergerechtigkeit und Gender bleibe:
Geschlechterforschung, Geschlechterpolitik und daraus abgeleitete politische Programme wie Gender Mainstreaming klammern bislang die Wahrnehmung der männlichen Verletzbarkeit aus.
Lenz sieht die Ursache dafür hauptsächlich in den Geschlechterkonstruktionen von Feminismus, feministischer Theorie und Politik:
Seit langer Zeit schon werden in der Frauenbewegung, Frauenforschung und Frauenpolitik Mädchen und Frauen in ihren Widersprüchen und Ambivalenzen gesehen. Jungen und Männer hingegen wurden stereotyp als Objekte von Stärke und Dominanz konstruiert. Weder wurden „die Männer“ sozial differenziert noch fand eine Binnendifferenzierung der männlichen Persönlichkeit statt. Männer wurden als homogene Gruppe und als kongruente Persönlichkeit vorausgesetzt.
Weiter kritisiert Lenz die Entwicklung und den aktuellen Stand von Männlichkeitsforschung, die Erwartungen und Rollenbilder, die mit dem männlichen Geschlecht verknüpft sind, sowie den politischen Umgang damit. Dabei lässt es sich Lenz nicht nehmen, gegen Männer aus den „grünen und linken Milieus“ zu polemisieren sowie Kindererziehung mit dem Leistungsprinzip zu verknüpfen. Was letztendlich die Legitimation für Entziehung aus der väterlichen Verpflichtung impliziert.
Doch damit nicht genug. Als Männlichkeitsforscher sollte Lenz wissen, dass sein Forschungszweig nicht erst seit Raewyn Connell (Stichwort: Hegemoniale Männlichkeit) Konjunktur hat und Männlichkeitsbilder seit den späten 1970er Jahren kritisch reflektiert und pluralisiert werden, auch und natürlich im Kontext von Gender Studies und feministischer Theoriebildung. Politische Programme wie Gender Mainstreaming beziehen ausdrücklich Männer als Subjekte und Handelnde der Veränderung von Geschlechterverhältnissen mit ein. Gender Studies und Feminismus beschäftigen sich seit langer Zeit kritisch mit dem homogenen Verständnis von und Normen über Geschlecht.
Dass Männlichkeitsbilder und Männlichkeiten (und damit auch die Einbeziehung von Verletzbarkeit) immer auf die Agenda von Geschlechterfragen gehören, ist unbestritten. Allerdings vermischt Lenz Männlichkeiten, Männlichkeitsbilder und Geschlechterkonstruktionen aus Feminismus und Gendertheorie mit Alltagswissen über Geschlecht sowie konkreter politischer Praxis (und deren Auswirkungen auf Geschlecht). Das bringt Feminismus und Gender Studies sowie das Konzept von Gender Mainstreaming in Misskredit und verdeckt zudem, dass die Rede von der Krise der Männer gern instrumentalisiert wird, um reaktionäre Geschlechterpolitik zu betreiben und den Geschlechterkampf neu aufzuwärmen.
Immerhin distanziert sich Lenz vom Maskulismus bzw. der Männerrechtsbewegung:
Dem stehen traditionell Orientierte gegenüber, die eher in den Geschlechterkampf ziehen, indem sie die Gewalt gegen Männer scheinbar aufgreifen, diese zum Teil populistisch instrumentalisieren und für Zwecke der Geschlechterrevanche missbrauchen. Dabei bleiben sie (unbewusst) an Frauen gebunden und blenden die Gewalt, der Männer mehrheitlich durch andere Männer ausgesetzt sind, und das daraus sich ergebende Schutzbedürfnis völlig aus.
Was aber letztlich auch nicht darüber hinwegtröstet, dass Lenz heteronormativ und fern jedweder Machtkontexte argumentiert, wenn er schreibt:
Menschen gleich welchen Geschlechts sind gleich verletzbar. Frauen und Männer, Jungen und Mädchen sind in ihrer Verletzbarkeit gleichwertig. […] Ein Diskurs der Gleichwertigkeit beider Geschlechter steht an.
„Danke Herr Lenz, da sind wir zum Glück schon weiter“, will mein polemisches Ich fast herauspoltern, doch Lenz‘ Kritik am Geschlechterdiskurs ist in einigen Teilen durchaus legitim. Theoretische Ausführungen und Konzepte finden in politischer Praxis kaum nachhaltige Umsetzungen, Gender Mainstreaming wird in Deutschland zur karrieristischen Frauenförderung ummodelliert, während in gezielter Politik für „die Jungen“ und „die Männer“ die Lösung zur Veränderung herrschender Geschlechterverhältnisse bereit steht. Eine Unterstützung vielfältiger Lebensentwürfe sieht anders aus.
Dass Lenz einen etwas veralteten feministischen Pappkameraden angreift, stellst du sehr gut raus… Warum er heteronormativ und machtblind argumentiert verstehe ich nicht…
Für einen Geschlechterforscher klingt das wirklich alles etwas uninformiert… Die These, die er damit rüberbringen will (Verletzbarkeit von *Männern ist weder gut erforscht noch sozial anerkannt), halte ich aber für richtig… Außerdem ist mir so eine polemische Intervention mit einem greifbaren aber innovativen Thema weitaus lieber als dieses Grüne Wischi-Waschi-Manifest, das nur nachplappert, was FeministInnen seit 20 Jahren klar ist…
Da (beim Text von Lenz) ist wieder diese „Warum dreht die Welt sich nicht um mich?“ Haltung drin, die mich immer in den Wahnsinn treibt.
Ich will ihm seine Erfahrung des Nicht-Wahrnehmens männlicher Verletzbarkeit gar nicht absprechen, aber die Art der Äußerung ist schlicht aus so ein super priveligierten Haltung heraus, dass seine fortfolgenden Äußerungen zu „Machtverhältnissen“ für mich nicht mehr ernst zu nehmen sind.
@Ekelbaron
Heteronormativ argumentiert er, weil er nur Frauen und speziell heterosexuelle Männer und deren Verletzbarkeit diskutiert, wenn er von Geschlecht spricht. Verletzbarkeit von Geschlecht und sexueller Identität bedarf mEn einer vielseitigeren Perspektive. Ich denke, dass mensch da schon weiter ist, gerade auch, was die Gewalt- und Normenthematik angeht.
Bezüglich des Machtkontextes kritisiere ich, dass er einfach so schreibt, dass Männer und Frauen gleich verletzbar sind. Das halte ich für falsch. Die Unterschiede in der Verletzbarkeit sind historisch gewachsen. Was nicht heißen soll, dass Frauen die ewigen Opfer sind. Davon distanziere ich mich. Ich würde hier vorschlagen, dass mensch Verletzbarkeit immer im Zusammenhang mit dem Kontext sehen muss. Nicht im Sinne einer Hierarchie, sondern im Zusammenspiel von Macht- und Dominanzverhältnissen.Einfach weil die Ursachen für Gewalt und Verletzbarkeit bei jedem Geschlecht, egal welches es jetzt ist, unterschiedlich sind.
Ich halte das Männermanifest der Grünen ebenfalls für sehr anachronistisch und wenig innovativ. Deswegen gibt es ja auch den Streitwert-Blog, um eben dieses u.a. zur Diskussion zu stellen. Was aber nicht legitimiert, dass Lenz Männerrechtler und grüne Männer als Antipoden zueinander konstruiert und damit in einen Kontext setzt.
@Stephanie
Dass Lenz als weißer Mann und Akademiker privilegiert ist und deswegen seine Inhalte dadurch insgesamt mehr Gewicht bekommen, okay. Aber das, was er da anspricht, ist nicht neu, so wie er es darstellt. Das ist schon lange Thema. Ich kritisiere an ihm nicht per se den Inhalt, sondern dass er es als besonders herausstellt, wenn es um Geschlechterfragen geht. Ein Thema quasi aufwärmt, was schon lange Konsens ist und daraus Schuldige eben bei denen sucht, die das Thema schon lange auf der Agenda haben. Ich frage mich, was dieser Beitrag zu der jetzigen Zeit eigentlich aussagt. Eher spielt er damit einer reaktionären Politik in die Hände, statt innovative neue Ansätze in die Diskussion zu bringen.
@Ekelbaron
Dass sich Männerforschung noch längst nicht als eigenständiger Zweig der Gender Studies etabliert hat und wenige Vorlesungen und Seminare dazu angeboten werden, sehe ich genauso, aber es gibt sie. Ich habe selbst in einer meiner ersten Vorlesungen von diesem Zweig erfahren und das verlinkte PDF gehört u.a. zu meinen Literaturkanon. Auch die politischen Stiftungen integrieren diese Sichtweise schon längst in ihre geschlechterpolitische Arbeit. Ich sehe den Zusammenhang da eher mit späteren historischen Entwicklung dieser Wissenschaft. Da wird in den kommenden Jahren noch mehr kommen.
Dass die dort herausgearbeiteten Erkenntnisse noch nicht in die alltägliche politische Praxis eingeflossen sind, ist nicht Schuld der Leute, die dazu forschen (weil sie es unter den Tisch fallen lassen, wie Lenz behauptet), sondern einem konservativen Spin in der Politik und einer noch immer sehr konservativen, normativen und biologistischen Sicht auf Geschlecht des gesellschaftlichen Mainstreams. Allein die Populärbücher à la „Männer hören nicht zu, Frauen können nicht einparken“ oder diverse „Wissenschaftssendungen“ im Fernsehen erlauben diesen Blick gar nicht.
Mann, du „Opfer“ ?! Zitat: „Rund 25 Prozent der Frauen im Alter von 16 bis 85 Jahren, haben körperliche oder sexuelle Gewalt – oder auch beides – in der Beziehung durch Beziehungspartner mindestens ein- oder auch mehrmals erlebt.“ Quelle: http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=73010.html
Ich geh da mit Nadine konform. „Ich frage mich, was dieser Beitrag zu der jetzigen Zeit eigentlich aussagt. Eher spielt er damit einer reaktionären Politik in die Hände, “
Ahoi
Hihi… sollte es nicht BeziehungspartnerInnen heißen? Auf der verlinkten Seite finde ich jedenfalls keine Angabe, ob nur Hetero-Beziehungen relevant waren, oder Liebesbeziehungen allgemein. Täter ist auch nicht gegendert. Ist das jetzt ein generisches Maskulinum, oder soll ich ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass nur Heten untersucht wurden?
Wenn ich nach vergleichbaren Zahlen über *männliche Opfer suche, finde ich zuerst jede Menge bekloppter Maskulistenseiten…
Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass Lenz recht hat, und das Thema weitgehend dem politischen Gegner überlassen wurde? Ist es nicht ein ganz zentrales Moment aller patriarchalen Gesellschaften, dass das Zeigen von Schwäche bei *Frauen belohnt und bei *Männern bestraft wird?
@Ekelbaron
Das Zeigen von Schwäche wird bei Frauen belohnt? Dazu melde ich aber ganz stark Zweifel an :)
Es gibt eine Studie des BMFSFJ zu Gewalt gegen Männer in Paarbeziehungen (auch da wieder nur Heteros genau wie in der anderen Studie), an der Lenz federführend beteiligt war. Diese hat herausgefunden, dass sich die Gewalt anders darstellt, aber Männer viel weniger offen darüber gesprochen haben, wenn überhaupt und deshalb die Studie nicht so repräsentativ sei wie erhofft. Das läge an den herrschenden Rollenmustern und Erwartungen.
Wer ist denn der politische Gegner in diesem Feld?
Ich sage ja, dass Lenz recht hat, was das Alltagswissen und die politische Praxis angeht, nicht aber das wissenschaftliche Feld, was er dafür verantwortlich macht. Ich gehe davon aus, dass sich männliche und weibliche Verletzbarkeit einfach aus verschiedenen Gründen unterschiedlich darstellt und deshalb auch nicht als gleich betrachtet werden kann, wie er behauptet. Deshalb der Hinweis zum Mitbedenken des Kontextes.
Nadine,
ich glaube, Du hast die Kritik nicht ganz verstanden. Lenz geht es doch gerade um die Enthierarchisierung von „Verletzbarkeit“, die Du mit dem Beharren auf der Einbettung in einen „Machtdiskurs“ doch explizit beibehalten willst, in dem c.p. immer ein Mann gegenüber einer Frau privilegiert ist, somit c.p. weniger verletzlich. Die Pluralisierung von Männlichkeit, die er anspricht, ist letztlich nichts anderes als die Absage an ein solches simples „Männer sind privilegiert“-Modell. Und wo bitte ist denn der feministische Diskurs über diese einfache Konstellation hinweg? Egal welche der drei falsch bezeichneten aber gewöhnlich verwendeten an der US-political correctness orientierten Dimensionen „race, class, gender“ man nimmt, wenn Du einen Mann und eine Frau hast, die bzgl. race und class gleich positioniert sind, wer hat dann in der feministischen Betrachtung mehr „privilege“? Aha. Und wo ist dann die Differenzierung/Pluralisierung von Männlichkeit? Aha. An welcher Stelle irgendwer „weiter“ sein soll, würde mich ja schon mal interessieren.
Verletzbarkeit sollte für Männer, die Connells Konzept der diversen Männlichkeiten auch für sich zu leben versuchen, nicht mehr als unmännlich gelten (auch wenn das nicht immer leicht fällt).
Der Autor Peter Redvoort ermutigt dazu am Ende seines Buches „Die Söhne Egalias“ – und auch in der psychologischen Literatur kommt das bereits vor: im Buch „Männercoaching“ von Peter Jedlicka findet sich z.B. das Kapitel „Das Ende der Männlichkeit“ …
K.F.
Im aktuellen politischen Diskurs ist es jedenfalls praktisch keinem Mann und nur sehr wenigen Frauen bewusst, dass Genderstereotypen auch und in signifikanter Weise Zwangsmittel für sich als Männer begreifende Menschen darstellen. Das heisst keineswegs, das Konzept des „Machtdiskurs“ wie jj schreibt aufzugeben, nur fallen unter dessen Zwänge weit mehr als dargestellt wird.
Dass eine emanzipatorische Geschlechterpolitik eben nicht nur die „Befreiung der Frau“ darstellt und zwar als gesellschaftlich sicher bedeutendstes Ziel die Beendigung der Diskriminierung der Frauen verfolgt, aber inhaltlich weit darüber hinaus geht und ein neues Verständnis zum Machtmittel Geschlechterrolle anstrebst ist, zumindest im Mainstream, noch lange nicht in der Akademie angekommen. (Frasers Worte in unser aller Ohr: die Verschiebung von sozialer Bewegung auf reine Identitätsbewegung als Instrumentalisationsleistung des „neuen Geist des Kapitalismus“).
Lenz Polemik gegen „Männer im Linken Mileu“ wie Joschka Fischer (man fragt sich warum Kumpel Gerhard „Gedöns“ Schröder nicht erwähnt wird) und Konsorten halte ich im übrigen für äusserst gerechtfertigt. An den Schranzen sehe ich nichts zu verteidigen, die pflegen einen geradezu unerträglichen, herablassenden Zugang zur feministischen Politik, bei dem die regierenden Männer rittterhaft den armen unterdrückten Frauen „unter die arme greifen“ ohne notabene eine Frau auch nur in die Nähe der Macht zu lassen (ausgenommen als Ehefrau Nr. 3 und 5) oder sich und ihr machogehabe auch nur im Ansatz zu hinterfragen. Man darf gerne nochmal nachlesen, wie Joschka Fischer die auf tatsächliche Gleichberechtigung ausgerichtete Parteistruktur der Grünen (man erinnere sich ans Rotationsprinzip, an die reine Frauenfraktion, an die Quotierungen) demolierte um sich als grossen Zampano (neudeutsch „Macher“) zu installieren. Von der Attacke hat sich die Partei aus der Sicht mutiger feministischer Politik bis heute nicht erholt.
Ich glaube wo Lenz irrt ist in seinem Angriff auf den Begriff hegemoniale Männlichkeit. Androzentrismus lässt sich nicht einfach wegdiskutieren, es ist konstituierendes Element der unterdrückenden Gesellschaft. Wo ich ihm aber recht gebe ist, dass die Tatsache, dass die androzentristische Gesellschaft eben nicht nur für Frauen sondern für „all kind of folks“ insbesondere auch für den grössten Teil der als Männer rezipierten verheerend ist. Mann wird eben auch nicht als Mann geboren sondern entwickelt sich dazu. Hegemoniale Männlichkeit ist für Männer eben so disziplinierend wie für alle anderen Gender.
„Die (verborgene) Gewalt gegen Jungen und Männer stellt nämlich einen entscheidenden Faktor dar, der geschlechtshierarchische Strukturen aufrechterhält und somit insgesamt die Entwicklung zu einer Gesellschaft der Gleichwertigkeit und Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern behindert.“ Das halte ich für einen richtigen und wichtigen Satz. Ob Rekrutenschule, Initiationsriten auf dem Schulhof, Schindereien auf Arbeitsfeldern wie der Baubranche oder männerspezifisches Mobbing, dass alles sind Zwangsmittel der Gesellschaftsordnung auch die nächste Generation in die Stereotypen zu prügeln und die „Männer“ die Rolle annehmen zu lassen, die sie zu spielen haben: Die Büttel der Hierarchie der Herschenden, die andere und gerade auch sich selbst zu unterdrücken haben.
Natürlich, das Aufrechnen von Gewalt gegen Männern zur Relativierung der Gewalt gegen Frauen ist quatsch und ich widerspreche Lenz, wenn er sagt, quantifizieren sei sinnlos. Denn ein nüchterner Blick auf die aktuelle Situation zeigt, dass In politischer Hinsicht der Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen viel weiter oben auf der Prioritätenliste steht. Nichtsdestotrotz ist akademisch a) ein Manko der soziologischen Wissenschaften in der deskriptiven Untersuchung der Einflüsse des Androzentrismus und der hegemonialen Männlichkeit auf den vom Staat als Männlich kategorisierten Teil der Bevölkerung festzustellen und b) auch theorethisch-konzeptionell der als männlich verstandene Teil der Gesellschaft (Militär, Fussball, Top-Etagen grosser Kooperationen, Chefbereich der KMU, Baubranche, Schwerindustrie usw. usf.) kaum erschlossen. Ich vermute stark, dass theorethische Arbeit auf diesem Gebiet endlich auch weiterhelfen, den Genderbegriff fortzuentwicklen um von der elenden Dichotomie (die auch meinen Text prägt) wegzukommen und trotzdem in klar definierten und verständlichen Begriffen zu kommunizieren.
Und natürlich wurde auf diesem Gebiet schon gearbeitet und viel kluges (und unkluges) gedacht. Zu behaupten aber, wegen zwei, drei Autoren mit Rang, die ein oder zwei Publikationen zum Thema veröffentlicht haben, das Feld sei erschlossen ist doch einiges zu weit gegriffen. Feministische Politik ist emanzipatorische Politik auch und gerade für beide Seiten der Dichotomie.
@Fairfis
vielen Dank für deinen ausführlichen und informativen Beitrag, dem ich so zustimme. Bis auf den letzten Absatz. Ich habe nicht behauptet, das Feld sei erschlossen. Im Gegenteil, hier muss noch viel passieren. Allerdings waren an der bisherigen Erschließung nicht nur 2,3 Autoren mit 2,3 Publikationen beteiligt. Vielleicht sollte hier auch nochmal bewusst gemacht werden, dass es auch außerhalb des sich als „kritische Männerforschung“ bezeichnenden Zweiges extrem viel über Gender, Geschlecht, Normen und Erwartungen gibt, die weder explizit Subjekte wie Frau oder Mann benennen. Dass es viele Männlichkeiten gibt, dürfte als Konsens auch in der Theorie gelten und nicht wie Lenz uns glaubhaft machen will.
Einzig und allein, und da gebe ich dir recht – empirisch ist dazu noch zu wenig geschehen.
@Nadine
Du hast Recht und eine Durchsicht Deiner oben angeführten Links hat meinen Bemühungen zur Eindämmung meiner Leseliste nicht gerade gut getan. Raewyn Connell steigt da jedenfalls auf den vorderen Plätzen ein (Muss sich aber mit Mouffe/Laclau die Gramsci-Ecke auf meinem Nachttisch teilen).
Aus Eitelkeit will ich aber darauf hinweisen, dass ich immerhin nicht behauptet habe, es gäbe nur 2-3 Publikationen von 2-3 AutorInnen, sondern, dass es nur 2-3 „berühmte“ Namen gibt (ein Hilfsmittel zur Vermutung über den „Mainstream“). Und ich wollte auch nicht gesagt haben „Männerforschung“ als akademische Disziplin sei die Antwort (zur Etablierung dieser Disziplin bin ich schon aus hochschulpolitischen Gründen eher kritisch eingestellt, geschweige ontologischer Fragen und die Effekte die eine solche dichotome „Gruppenbildung“ auf die Forschung haben kann). Ich glaube auch nicht, dass wir in Zukunft „Männerminister“ und dergleichen mehr benötigen.