Malawi – von diesem ost-afrikanischen Staat hört man in den deutschen Medien leider wenig. Dabei gibt es dort (frauenpolitisch) interessante Entwicklungen.
Nach dem Tod des Präsidenten Mutharika ist jetzt das zweite weibliche Staatsoberhaupt Afrikas eingeschworden worden, wie immerhin die Zeit berichte. Joyce Banda war zuvor Vizepräsidentin und hat einen Machtkampf gegen den Sohn Mutharikas gewonnen.
Über ihre beeindruckende Karriere schreibt Mail & Guardian online. So gründete sie verschiedene Projekte, etwa die National Business Women Association und die Joyce Banda Foundation, die Schulbildung und Gesundheitsprogramme fördert. Zunächst Ministerin für Gender, Kinder und Gemeinden wurde sie unter Mutharika zur Außenministerin. (via Afrika Wissen Schaft)
Spannend wird damit sicher auch eine andere Debatte: Think Africa Press berichtet über die Diskussion bezüglich Abtreibungen. Eine Studie des Gesundheitsministeriums plädiert für die Legalisierung – 17% der Müttersterblichkeit seien auf unsichere Abtreibungen zurückzuführen und die Behandlung der Folgen koste über eine Million Dollar jährlich.
Während einige Menschenrechtsgruppen für die Legalisierung kämpfen, sind kirchliche Organisationen, wie auch andere Menschenrechtsgruppen dagegen. Auch die Regierung argumentiert derzeit noch zurückhaltend. Man wolle die Studie noch einmal gründlich prüfen. Derzeit ist Abtreibung in Malawi illegal, außer wenn die Schwangerschaft die Gesundheit der werdenden Mutter bedroht. Frauen und Ärzt_innen drohen 7 bzw. 14 Jahre Haft.
Klasse, dass Ihr auch über ein Afrika-Thema berichtet! Heute schreibt übrigens auch die taz über Joyce Banda.
Zunächst denke ich, dass eine Frau als Regierungschefin per se keinen Unterschied zu einem Mann an gleicher Stelle machen muss, was frauenpolitische Belange betrifft (sieht man z.B. an der unsrigen…). Ich finde allerdings Bandas Hintergrund als langjährige Frauenrechtsaktivistin sehr interessant und vielversprechend im Hinblick auf frauenpolitische Maßnahmen. Banda hat mehrere erfolgreiche Initiativen für Frauen auf den Weg gebracht und kennt sich mit Fragen von Gleichstellung, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung sehr gut aus.
Allerdings steht sie vor riesigen Herausforderungen. Malawi liegt derzeit wirtschaftlich ziemlich am Boden, was vor allem dem verstorbenen Präsidenten Bingu wa Mutharika angelastet wird. Banda wird also zunächst einmal daran gemessen werden, ob und wie schnell sie das Ruder herumreißen kann. Ein wenig Hintergrund zu Banda und dem aktuellen ökonomischen und politischen Kontext in Malawi findet sich hier; außerdem sind im Beitrag von Africa is a country ein paar weitere interessante Beiträge verlinkt.
Ohne den malawischen Kontext besonders gut zu kennen, vermute ich übrigens, dass das Thema Abtreibung keine baldige Priorität erlangen wird. Einmal, weil die wirtschaftlichen Probleme Malawis so massiv sind, und hier große Aufgaben auf die neue Präsidentin warten. Dann aber auch, weil Abtreibung in Malawi wie in vielen anderen Gesellschaften der Region ein ein sehr kontroverses Thema ist; z.T. ja auch kriminalisiert. Da spielen viele Faktoren mit hinein, wie z.B. Religion (neben dem Katholizismus v.a. das sich immer mehr verbreitende evangelikale Christentum) oder eine weitverbreitete Tabuisierung des Redens über, bzw. Thematisierens von Sexualität. Auch für eine engagierte Frauenrechtlerin im höchsten Staatsamt dürfte das daher ein sehr heißes Eisen sein.
@Claire: Dass Politikerin = Politik für Frauen nicht zwingend gilt, zeigt ja nichts besser als Deutschland mit den Damen Schröder und Merkel. Banda klingt da aber in der Tat ganz anders.
Dass Abtreibung dort demnächst erlaubt wird, glaube ich nicht. Allerdings scheinen Müttersterblichkeit und der Zugang zu Verhütung (als Teil der Milleniumziele) gerade bei einigen Organisationen wieder auf die Agenda zu rücken. Ich habe da die Hoffnung, dass auch Abtreibung dann dazukommt – aber ob das der Fall sein wird, bleibt leider abzuwarten…
Hier
ist noch ein interessanter Artikel, der sich damit beschäftigt, wie malawische und afrikanische Frauen im Allgemeinen von einer Präsidentin Banda profitieren könnten; Autor ist der malawische Journalist Gregory Gondwe.