Unbefleckte Empfängnis, Angela Davis und eine afghanische Präsidentschaftskandidatin – kurz notiert

Die anti-rassistische Aktivistin und Professorin Angela Davis hat an der University of Kansas über feministische Kämpfe heute und damals gesprochen.

Auf Crunk Feminist Collective schreibt crunktastic über ihre Dating-Erfahrungen als dicke Frau.

Jede Woche der gleiche Mist in den USA: Diese Woche ist der US-amerikanische Bundesstaat Arizona in den Schlagzeilen, weil ein Gesetzesentwurf nun vorsieht, dass Frauen bereits zwei Wochen vor der Empfängnis als schwanger gelten sollen – so sind sie quasi immer schwanger.

Wer braucht Feminismus?

Die schwedische Kulturministerin hat sich einen unglaublich rassistischen Totalausfall geleistet – ohne Worte. (Triggerwarnung für die Kommentare bei uns, dort wird die Aktion noch einmal sehr genau beschrieben.)

Die fünfzehnjährige Tavi Gevinson, Gründerin von RookieMag.com, einem Online Magazin für Mädchen und junge Frauen, spricht über vier Jahre Rookie, Feminismus und das ständige Ausprobieren als Teenager.

Erstaunlich visionäre Spielkarten von 1902 hat io9 gefunden. „Die Frauen der Zukunft“ heißt eine Serie, die gleich doppelt anzügliche Bildchen zeigt: Weibliche Abgeordnete und Jouarnalistinnen in „sexy“ Posen! Heute arbeiten Frauen tatsächlich in diesen Berufen und die Vorgabe, sexy zu sein, ist überall.

Das Gender Pay Gap der letzten neun Jahre hat Flowing Data einmal visualisiert.

Am Wochenende haben in Afghanistan Frauen gegen die aktuelle Politik demonstriert, die stark auf die Taliban zugeht. Außerdem berichtet msnbc.com, dass Fawzia Koofi 2014 als erste Präsidentschaftskandidatin antreten wird.

Warum der Ausspruch „Ich bevorzuge kleine Brüste“ nicht immer hilfreich ist, erörtert Caperton auf Feministe.

Weiter unterirdisch bleibt der Umgang des US-Militärs mit Opfern von sexualisierter Gewalt. Sie werden nicht ernst genommen, sondern als psychisch krank eingestuft, um die Vorgänge zu vertuschen, so Jezebel.

Neues zum Thema „Lego und ihr gegendertes Spielzeug in der Kritik„: Abgeordnete der Firma werden sich zu einem Gespräch mit den Initiatorinnen der Online-Petition gegen Legos sterotypes Mädchenbild treffen.

Die Termine:

Eine Vorlesungsreihe in Köln beschäftigt sich mit der Einführung in die feministische Rechtswissenschaft. Mit dabei ist auch unsere Kolumnistin Maria Wersig.

Auch die Queere Ringvorlesung in Giessen bietet ein tolles Programm.

Ein Seminar zu Geschlecht, Körper und Kapitalismus findet vom 20-22. April in Schwarzwald (BaWü) statt.

Am Samstag bieten die Rails Grirls Berlin außerdem einen weiteren Einführungsworkshop in Ruby on Rails an.

Die 15. Berliner Trans*tagung wird vom 12. bis 14. Oktober 2012 stattfinden. Es gibt bereits einen Call for Workshops.

19 Kommentare zu „Unbefleckte Empfängnis, Angela Davis und eine afghanische Präsidentschaftskandidatin – kurz notiert

  1. Ich bin vielleicht nicht die typische Leserin, vielleicht auch nicht Mitglied des Zielpublikums dieses Blogs. Ich würde mich nicht als Feministin bezeichnen. Ich bezweifle (wenn auch immer weniger) die großflächige Verbreitung rassistischen Denkens in Westeuropa. Ich habe mit vielem, was hier kritisiert wird, keine oder nur geringe Probleme. Ich konsumiere mit Vergnügen viele Kulturprodukte, die viele Autorinnen und Leserinnen hier unter zahlreichen Gesichtspunkten als gewalthaltig ansehen.

    Aber: Die verlinkte Aktion, an der die schwedische Kulturministerin beteiligt war, ist wirklich das Unterirdischste und Widerlichste, was ich seit langer Zeit gesehen habe. Von dem Video ist mir übel geworden. Ich weiß, dass der Link zu einer Triggerwarnung geht, aber das ist so jenseitig, dass ich auch hier im Text darauf hinweisen oder sonst die Warnung verdoppeln würde. Wenn ich versuche mir vorzustellen, wie sich eine schwarze Frau mit entsprechender Gewalterfahrung fühlen könnte, wenn sie das sieht, könnte ich heulen.

  2. zum vorfall in Schweden – jenseits von worten für mich.

    z.K./wen’s interessiert, gestern habe ich etwas hintergrundinfo von wg. rassismus in schweden gefunden.
    „When it comes to the discrimination of migrants and their descendants, particularly non-white and non-European groups, Sweden barely differs from any other western country today.“ – englische übersetzung des schwedischen originals von 2011 hier :
    http://www.eurozine.com/articles/2011-10-18-hubinette-en.html

    weitere infos zur usa „war on women“ z.B. auch hier nach bundestaat etc. suchbar – im 1. quartal 2011 alleine 916 massnahmen („To date, legislators have introduced 916 measures related to reproductive health and rights in the 49 legislatures that have convened their regular sessions.“) – englisch
    http://www.guttmacher.org/statecenter/updates/2011/statetrends12011.html

  3. Der Vorfall in Schweden ist unfassbar. Das ist so dermaßen widerlich und ekelhaft, dass ich zwischen Sprachlosigkeit und Ausgüssen von Fäkalsprache schwanke.

    Ich möchte auch noch einmal separat darauf hinweisen, dass die Bilder extrem (!) triggern (können).

    Unglaublich.

    Nochmal TRIGGERWARNUNG:

    Wie ich las, weißt die Ministerin den Rassimusvorwurf von sich und hat es – natürlich – nur gut gemeint. Außerdem wird – the same procedure as every … – auf das Totschlagargument mit der künstlerischen Freiheit verwiesen.

    Es gibt eine Reaktion von The Mic Movement.

  4. Ich finde die Aktion in Schweden, so wie ich sie in euerem Link gelesen habe auch unter aller Kanone, geht gar nicht!

    Was mir aber auffällt, ist, daß ihr ausschließlich den rassistischen Gehalt (zurecht!!) kritisiert, aber scheinbar keiner/m der VorkommentatorInnen und der Mädchenmannschaft selbst bislang vor allem der super SEXISTISCHE Gehalt dieser „Kunst“-Aktion aufgefallen ist?!

    Daß ein männlicher(? so hab ich das vertanden im Text) Künstler, sich in die Kuchen“-Vulva“ schneiden lässt, um awareness(?hallo?!) in Sachen FMC zu fördern – ich bitte euch! ?!! Klingeln da nicht alle Alarmglocken?

    Dazu der exponierte, weibliche verstümmelte „Kuchen“-Unterleib – das erinnert sehr an die Form doppelter Vergewaltigung in den Medien/vor Gericht wenn es um Vergewaltigung geht: Da muß sich auch das Opfer (meist weiblich) nochmal „gynäkologisch“ zwangsuntersuchen lassen, ihren Unterleib exponieren, ihren Opfer“status“ dem sensationsheischenden Publikum (Medien) oder den patriarchal-verhunzten Justiz-/Medizinapparat darbieten.

    Gewalt gegen Frauen/Mädchen scheint unbewusst so tief verankert, daß sie scheinbar selbst FeministInnen manchmal nicht mehr auffällt; im Kontext mit Rassismus scheint sie daher unterzugehen. Das kann doch wohl nicht wahr sein?!

    Und hier findet es ein männlicher Künstler eine gute Aktion oder weiß nicht was, sich in eine imaginierte Vulva schneiden zu lassen? DAs zeugt von null awareness – mit FGC macht man(n) keine unterhaltsame Kunstaktion. Entweder man nutzt Kunst, um awareness zu erzeugen – oder läßt es ganz sein, wo neben dem künstlerischen Anspruch keine awareness in Bezug auf ein so schlimmes, traumatisierendes (den trigger-link zur Warnung fand ich sehr gut!) Thema wie vorhanden zu sein scheint!

    Schade, daß das nicht mal euch (!) von der Mädchenmannschaft aufgefallen ist; von einem männlich-sozialisierten WEsen erwarte ich zwar auch awareness was SExismus angeht, bei euch (eurem Selbstverständnis und Anspruch nach) erwarte ich das aber auf jeden Fall! Schade.

    Sonst teile ich die Kritik. Die Aktion ist SEXISTISCH und RASSISTISCH!

  5. ahhhhhhhhhhhhhhhh!!! Jetzt hab ich mir noch das Video der Aktion angesehen (tut das bitte NICHT, wenn ihr nicht absolut sicher seid, daß ihr nicht triggerbar seid beim Thema Verstümmelung) – das ist so XXXX, mir fehlen die Worte!

    Das mit Männerstimme auch noch sehr unechte, schlecht gespielte „verzweifelte“ Geheule, während scharfe Messer in einen KUchenunterleib schneiden(!), das ist nicht nur einfach irgendwie sexistisch-diskriminierend, sondern extrem Menschen(leid)-verachtend!

    shitstorm!!

  6. Zu der schwedischen Kulturministerin will ich gar nicht viel sagen, die Aktion ist so widerlich.

    Aer mal was positives, Tavi <3. Tavi ist einfach so toll, jedes Mal wenn ich einen ihrer Blogeinträge lese werde ich optimistischer und sie gehört definitiv zu meiner überschaubaren Reihe von Vorbildern :)

  7. @notamused

    Bei der Mädchenmannschaft analysieren nicht nur die Autor_innen, sondern auch die Kommentator_innen – deshalb Danke für deinen Beitrag.

    Gerne weise ich aber noch einmal darauf hin, dass wir alle ehrenamtlich arbeiten und uns bei der Vielzahl der Links, Hinweise etc., die wir jeden Tag bearbeiten, auch mal etwas entgehen kann bzw. wir keine Kapazitäten haben, alles zu kommentieren oder im Detail zu beschreiben. Ich bitte das zu beachten, wenn du hier deinem Ärger Luft machst.

  8. TRIGGERWARNUNG

    @notamused

    Ich finde es äußerst problematisch, der Mädchenmannschaft und Kommentaror_innen zu unterstellen, ihnen sei der – über die Maßen gehende – sexistische (und selbst das reicht nicht aus, um zu beschreiben, was das alles beinhaltet) Gehalt der schwedischen Aktion nicht „aufgefallen“.

    Also mal aus ganz klassisch menschlich, weil getriggerter Sicht (unabhängig und/oder zusätzlich zum rassistischen Gehalt – as you like):

    Ich habe beim Anblick des Videos gekotzt. In echt. Ich konnte heute meine Arbeit nicht richtig machen, weil ich permanent diese von dir wiedergebende jammernde Stimme aus einem männlichen Mund im Ohr hatte + Bild mit allen lächelnden und lachenden Menschen drumherum, die einen Kuchen aus einer blutenden Vagina verzehren.

    Ich habe mich um einen sachlichen Kommentar bemüht und mich dabei auf etwas Findbares berufen. Das ist nicht besonders viel.

    Aber ich danke dir dennoch: ich werde einen Kommentar zukünfitg erst dann abgeben, wenn ich denke, nicht mehr zwischen Fäkalsprache und Sprachlosigkeit gefangen zu sein.

    Und dir möchte ich – bei allem Verständnis für deine Kritik – mitgeben, dass dieses Portal von ehrenamtlicher Arbeit lebt, die weiß Gott, nicht alles und immer en detail vermitteln kann. Aber auch ein Stück weit darauf vertraut, dass sich ihre Leser_innen einen durchaus vielschichtigen und globalen Blick selbst verschaffen.

  9. *Kinnlade aufheb*
    Die Sache in Schweden geht garnicht!!!

    Zum Teil möcht ich notamused zustimmen- es ist auch sehr sexistisch.

    Dass der Mann jetzt nicht mitangehörig ist, was FMC angeht, möcht ich zwar nicht beurteilen, aber als Mann hätt er in einer recht patriachalen Welt ganz leicht und viele Möglichkeiten, diese Thematik anders aufzubereiten.

  10. Rassist und Sexist ist ein harter Vorwurf. Es wäre vielleicht angebracht für all jene, die die Person hinter dem Kunstwerk so nennen, zuerst ein wenig zu recherchieren anstatt alleine aus einem kontextlosen Youtube-Video (über dessen Inhalt und Ausschnitt weder die kunstschaffende Person noch die Beteiligten irgendeine Kontrolle hatten!) Urteile zu fällen, die meiner bescheidenen Meinung nach zu Recht einen gesellschaftlichen Paria-Status zur Folge haben.

    Makode Linde, im übrigen eine Person mit langjährigen Engagement (künstlerisch und sonst) im Kampf gegen Diskriminierung von People of Colour und von LGBT-Menschen, zwei Klassifizierungen die auch Makode von der Gesellschaft auferlegt bekommt, hat auf seiner Facebook-Seite ohne grossen Kommentar einen interessanten Link gepostet:

    http://fty.sagepub.com/content/5/3/281.abstract

    Der Text kann auch hier kostenlos runtergeladen werden: (http://www.box.com/shared/xb4f2mthio). Leute die es sich leisten können, sollten sich jedoch überlegen den Artikel zu kaufen.

    Der Kontext der Perfomance ist daher gerade nicht FMC sondern die kritische Auseinandersetzung mit dem FMC-Diskurs. Mir persönlich hat das sehr zu denken gegeben und Anlass meine eigene Stereotypisierung zu hinterfragen.

    Damit soll keineswegs heruntergespielt werden, dass Menschen durch Makodes Werk verletzt werden. Das scheint mir aber vorallem an der kruden, kontextlosen Erfahrung des Kunstwerkes, welche ohne Möglichkeit der Vorbereitung noch der Verarbeitung/Auseinandersetzung mit der kunstschaffenden Person geschieht, zu liegen. Für die Form des Konsums müssen wir aber schon uns selbst verantwortlich machen, das Video wurde uns nicht aufgedrängt, wir wollten es so sehen.

    Makode selbst hat in einer grossen Schwedischen Zeitung Stellung zu den Anwürfen genommen:

    http://www.aftonbladet.se/debatt/article14700358.ab

    Es ist in schwedisch, aber mit einer Auto-Übersetzung gut lesbar.

    Zu guter letzt will ich noch auf einen Gedanken von Nuclear Grrl hinweisen:

    http://nucleargrrl.com/2012/04/18/calling-art-racism-doesnt-make-you-a-better-person/

  11. @ Fairfis

    Rassist und Sexist ist ein harter Vorwurf.

    Der Vorwurf lautet: „Rassistischer Totalausfall“. Es geht nicht darum, individuelle Menschen als Rassist_innen abzustempeln, sondern darum, Praxen, Sprache, Bilder etc., die in einer rassistischen Tradition stehen, deutlich als diese zu benennen. Interessant finde ich immer gleich den Reflex, dass als einen harten „Vorwurf“ zu deklarieren. Rassistisch diskriminiert zu werden ist auch hart, nur sprechen darüber die wenigsten Menschen. Das ist und bleibt dann Problem der von Rassismus betroffenen.

    Ich gehe da gedanklich anders ran: In einer sexistisch und rassistisch strukturierten Gesellschaft ist es wahnsinnig schwer, sich von Sexismen und Rassismen zu befreien (das geht uns allen so!), der „Vorwurf“ ist also weniger „Vorwurf“, sondern eher leider stetige Praxis – deshalb ist eine stetige Reflexion der eigenen Handlung und der Sprechposition (wer äußert sich zu welchem Thema wie und warum?) wichtig, um sich auch mit eigenen -ismen auseinanderzusetzen.

    Die Darstellung der schwarzen Frau gehört zu einer rassistischen Darstellungspraxis sowie die Tatsache, dass sich in diesem Raum ausnahmslos weiße Menschen befanden (die von den Schreien übrigens keinesfalls angewidert waren, sondern es wahnsinnig lustig fanden, in einen Bauch reinzuschneiden). Du sagst, dass die Intention zwar eine andere war:

    Der Kontext der Perfomance ist daher gerade nicht FMC sondern die kritische Auseinandersetzung mit dem FMC-Diskurs. Mir persönlich hat das sehr zu denken gegeben und Anlass meine eigene Stereotypisierung zu hinterfragen.

    Ich gebe zu bedenken: Intention und Wirkung sind nicht das gleiche. Die Tatsache, dass nicht eine Betroffene selbst vor Ort war, dass ein Künstler (nicht z.B. eine Künstlerin) gebeten wurde, diese Aktion zu planen, dass diese Aktion in einen ausnahmslos weißen Raum stattfand und weder von den Medien anscheinend „richtig verstanden“ noch von POC-Organisationen in Schweden (oder z.B. in Deutschland) positiv aufgefasst wurden, sollte doch zeigen: Intention hin oder her, anstatt rassistische Stereotype aufzubrechen, stehen lachende Weiße um eine hochschwangere Figur (mit klassisch rassistischen Merkmalen ausgestattet) herum – da wird mit nichts gebrochen. Die Reaktionen bisher waren ja nicht, dass es danach Interviews mit Weißen gab, die sagten, dass diese rassistische Darstellung verstörend war und nun Summen an Geld in anti-Rassismus oder FMC-Aufklärungsprojekte fließen sollten. Es gibt genügend Organisationen, die zum Thema FMC arbeiten, die kritisch die Diskurse beäugen, die mit Betroffenen in Kontakt stehen. Wo sind diese Stimmen? Und findest du, dass Aufklärungsprojekte mit krassen Rassismen arbeiten müssen, um wachzurütteln? Wer glaubst du, wird durch die rassistischen Darstellungen verletzt und wer kann weiter lustig lachend im Raum stehen und Fotos machen? Das sind doch Fragen, die ich mir als Künstlerin stellen muss.

    PS: Du beginnst jetzt nicht die alte Debatte, dass Kunst keine Rassismen oder Sexismen reproduzieren kann, oder? Selbstverständlich kann sie das. Kunst wird nicht im luftleeren Raum produziert. Siehe oben.

  12. @Fairfis: Nein, rassistische oder sexistische Aktionen kann jede_r machen und dieser „Kuchen“ bleibt beides, egal wie viel Kontext es gibt.

    Und: „Es gibt aber auch Leute die das gut finden“ ist doch kein Argument. Einer der Kommentatoren merkt auch an, dass es bei dem Event keine kritische Auseinandersetzung mit sich, sondern nur Abgefeiere für sein eigenes Engagement gab. Hier dagegen einige Women Of Color, die die Aktion ganz anders beurteilen: http://medienelite.de/2012/04/20/schmeckts-noch/

  13. @Helga

    Ich glaube es gibt einen Unterschied, ob Menschen eine aktion als rassistisch und/oder sexistisch wahrnehmen, oder ob diese rassistisch oder sexistisch ist. Für eine sexistische oder rassistische Handlung braucht es meiner Meinung nach nämlich einen Vorsatz, zumindest eine rassistische oder sexistische Grundhaltung. Die ist hier absolut nicht gegeben.

    @Magda

    Hast Du den Text von Wairimũ Ngaruiya Njambi gelesen? Sie geht da im besonderen darauf ein, dass Menschen wie Du und ich offensichtlich ganz genau wissen, wie und in welchem Kontext man über FMC spricht und wie nicht (Stichwort „White Savior Industrial Complex“) und das Menschen wie Du und ich Menschen wie Makode vorschreiben, wie Sie über ihre eigene kulturelle Geschichte zu kommunizieren haben. Bizarr finde ich, dass Du Makode Linde, einen Afro-Swedische Künstlerische Person für das Verhalten von der Elite angehörenden weissen Menschen an einer Kunstaustellung verantwortlich machst.

    Macht es Dich nicht im geringsten stutzig, dass Makode sich länger kritisch mit Rassismus und Ausgrenzung aufgrund sexueller Identität auseinandergesetzt hat als wir zwei? Das neben der Performance auch ein deutlicher theorethischer Hintergrund vorhanden ist, der auf aktuelle feministische Debatten beruht?

    Linde arbeitet seit über 10 Jahren mit den Bildern und Stereotypen welche die Aufklärung vom „schwarzen Kontinent“ und seinen Menschen gezeichnet hat. Sie ergeben einen klassischen Double Bind für all jene, die von dort kommen oder als „afrikanisch“ identifziert werden und kritisch sein wollen. Kritisieren Sie gesellschaftliche Verhältnisse, so verstärken sie die Stereotypen der aufgeklärten westlichen Welt über die „barbarischen Zustände“ und machen sich zum/r outsider, verzichten sie auf Kritik, so werden sie als Teil der barbarischen Zustände angesehen (insider) oder müssen stilles Opfer sein. Dieser double Bind kommt doch bekannt vor oder? Und er verdoppelt sich eben gerade beim FMC-Diskurs.

    Der Text, auf den Linde verweist ist von einer amerikanischen Gender-Hochschulprofessorin geschrieben, welche in ihrer Jugend selbst eine Beschneidung erlebt, ja aktiv gewollt hat. Sie kritisiert in ihrem Text ausdrücklich, dass das Verhalten westlicher Gutmenschen (also unser Verhalten), insbesondere auch von ihren mit-feministischen KollegInnen von Arroganz geprägt ist und die FMC ohne weiteres mit rassistischen Stereotypen (Barbarisch, primitiv usw.) verknüpft wird. Der Anti-FMC-Diskurs ist ihrer Meinung nach von eben jener moralischen Entrüstung geprägt, die das Markenzeichen der christlichen Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents ist. Es schockiert mich ehrlich gesagt, dass hier zero, null, nada Reflektion darüber betrieben wird, obwohl man eine POC, sich selbst als genderneutral-definierende und von aussen als gay klassifzierte Person massiv angreift. Und dann noch schreiben “ deshalb ist eine stetige Reflexion der eigenen Handlung und der Sprechposition (wer äußert sich zu welchem Thema wie und warum?) wichtig“. Wo genau stehst Du denn in diesem Diskurs? Ist die Position der verurteilenden Richterin tatsächlich angemessen?

    Und wegen der Rezeption, die angeblich gerade von betroffenen Gruppen nur negativ war:

    Nina Smart, die Gründerin von dem hier http://www.swfinternational.org/about.html

    Hat gestern folgendes auf dem Facebook-Profil von Makode Linde gepostet:

    „You are very bold to share this art with the world. You made me deeply question the approach I take in speaking about Female Genital Mutilation. I am an anti-FGM activist.“

    Aber wahrscheinlich hat Sie einfach auch nicht begriffen, dass Makode Linde schlicht ein rassistisches und sexistisches Kunstwerk gemacht hat, welches Sie nicht verstanden hat.

  14. @Fairfis

    Ich glaube, du missverstehst. Ich rede nicht vom Diskurs über FMC – klar ist der von Rassismen geprägt, wie du auch beschreibst. Ich rede von Reproduktion von rassistischer Darstellungspraxis. Ja, es spielt eine Rolle, wer darstellt – wäre die Aktion von einem Weißen durchgeführt worden, kämen da noch andere Analysen dazu. Ich befasse mich aber mit der Wirkung der Aktion und denke: Da wird mit nichts gebrochen, kein weißer Mensch mit eigenen Rassismen konfrontiert, sondern herzlich gelacht und Fotos gemacht!

    Ich rede davon, dass ein Schwarzer Künstler (der übrigens auch nicht physisch von FMC betroffen ist) in einem weiß-dominierten Raum bestimmte Bilder reproduziert, die von den meisten Menschen nicht im Sinne von anti-rassistischer Arbeit oder Aufklärung zu Diskursen über FMC decodiert werden können – und darüber haben sich Tausende an PoC aufgeregt – auch, weil es eine Instrumentalisierung ihrer Arbeit darstellt. Ich frage noch einmal: Was hat denn diese Performance bewirkt? Werden Betroffene bestärkt? Fließt jetzt Geld in Fördertöpfe zum Thema? Werden Aktivist_innen und Akademiker_innen, die zu dem Thema arbeiten und publizieren, unterstützt, interviewt? Werden Weiße irgendwo vor’n Kopf gestoßen? Fakt ist doch, dass politische Botschaften in unterschiedlichen Räumen verschieden rezipiert werden. Diese Situation (die ich oben ausführlich beschrieben habe), kann im schlimmstenfalls re-traumatisierend für Betroffene rassistischer Diskriminierung wirken.

    Interessant, dass du das ignorierst, mir aber Ignoranz vorwirfst. Ich äußere mich nämlich gar nicht zum Thema FMC selbst, weil ich nicht betroffen bin und ich die unterschiedlichen Stimmen wenig kennen. Du scheinst aber Experte™ sowohl in anti-rassistischer Arbeit sowohl was Diskurse zu FMC angeht zu sein. Interessant!

  15. @Magda „Ich befasse mich aber mit der Wirkung der Aktion und denke: Da wird mit nichts gebrochen, kein weißer Mensch mit eigenen Rassismen konfrontiert, sondern herzlich gelacht und Fotos gemacht!“

    das und vieles mehr hat mich auch/beschäftigt bzw. extrem wütend und nach-denklich gemacht.
    ich will und kann mich als (u.a. sog. priviligierte, weisse, nicht-blogga etc.) nicht weiter zu dem sog. golliwog-tag-der-kunst-in-Schweden hier oder anderswo „meine meinung dazu“ äussern.
    ausserdem mE thema: „gender tops race ?!“ oder „was WoC über patriachat/kyriarchy sowieso auch/selbst wissen“

    lediglich 2 „fundstücke im webz“/ gedanken von Women of Colour (WoC) möchte ich hier, mit eurer erlaubnis, reflektieren/zum nachdenken anregen (iSv „my feminism is either inclusive or …) :

    1. (…) „Here’s an idea for truly provocative art.
    No more male artists, black or white, speaking for
    African women. No more ever-more-graphic ever-more-voyeuristic art on the suffering of African women.
    Stop using the female African body as raw material to be worked – unless you happen to live in one.
    Then, notice that African women are making their own work about their lives and struggles.
    Look. Listen. Learn. “

    http://www.criticalwitness.com/post/21388960103/the-missing-ingredient-in-swedens-racist-misogynist

    2. “Within commodity culture, ethnicity becomes spice, seasoning that can liven up the dull dish that is mainstream white culture.”

    bell hooks 1992 – essay „Eating the Other“
    (essay ist in ihrem buch „Black Looks: Race and Representation“ by bell hooks)
    http://www.scribd.com/doc/88488691/3/Eating-the-Other

  16. @Magda:
    >>Gerne weise ich aber noch einmal darauf hin, dass wir alle ehrenamtlich arbeiten und uns bei der Vielzahl der Links, Hinweise etc., die wir jeden Tag bearbeiten, auch mal etwas entgehen kann bzw. wir keine Kapazitäten haben, alles zu kommentieren oder im Detail zu beschreiben. Ich bitte das zu beachten, wenn du hier deinem Ärger Luft machst.<<

    Schon klar, daß ihr nicht alles komplett durchlesen und aufbereiten sollt, das erwartete weder ich noch sonst jemand. Aber die Links, die ihr einstellt, werdet ihr wohl grob über-lesen haben, und ich ging nur davon aus, aufgrund euerer feministischen Selbstverortung, daß ihr grob wisst (bzw. die eine, die´s eingestellt hat) warum sie das einstellt und was dahinter steckt, und da finde ich eben angebracht, neben der kurzen Anmerkung "rassistischer Totalausfall" auch das Ganze als sexistisch, bzw. ich finde eigentlich noch mehr: frauenverachtend, zu übertiteln. Denn es ist eben beides. Das war die Kritik(! es ging mir nicht darum, meinem "Ärger Luft" zu machen. Ich finde nur, man sollte problematische Vorfälle als ALLES das labeln, was es ist.

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