Seit Tagen hält sie die Republik auf Trab: Marlies Krämer, 80 Jahre jung, Soziologin, Kommunalpolitikerin, Feministin, wollte vor dem Bundesgerichtshof erreichen, dass die Sparkasse nicht mehr allein das generische Maskulinum sondern auch eine weibliche Anrede verwendet – statt „Kontoinhaber“ wollte sie „Kontoinhaberin“, statt „Empfänger“ „Empfängerin“ sein.
Das wurde jetzt abgebügelt (die komplette Begründung des BGH könnt Ihr hier nachlesen), unter anderem vorher bereits im Februar vom Landgericht Saarbrücken, weil „die männliche Form“ schon „seit 2000 Jahren“ im allgemeinen Sprachgebrauch für Männer wie Frauen geläufig sei (lol). Klar: Natürlich ist ein binäres Ansprechsystem auch nicht das Maß aller Dinge, und die Einführung eines Femininums wischt nicht alle Sprach-Macht-Probleme vom Tisch, aber wir supporten wir Marlies Krämer und ihren Kampf natürlich – irgendwo muss ja mal angefangen werden.
Und deswegen gibt es heute: Fünf Dinge, die wir noch von Krämer lernen können, all day, everyday.
1. Beharrlich am Ball bleiben
Den Kampf, den Krämer führt, hat sie in Wahrheit schon ab Mitte der 1990er Jahre begonnen: Ihr haben wir es zu verdanken, dass seit 1996 auf dem Reisepass im Unterschriftfeld „Inhaber bzw. Inhaberin“ steht – da es sie störte, dass vorher nur die maskuline Form genutzt wurde, zog sie vor Gericht.
2. Mehr als eine Baustelle beackern
Wozu bei einer Baustelle bleiben wenn sich gleich mehrere anbieten? Ebenfalls im Jahr 1996 erreichte Marlies, dass Tiefdruckgebiete nicht mehr nur mit Frauennamen geklennzeichnet werden sollten. Seitdem erhalten Tiefdruckgebiete jährlich wechselnd weibliche und männliche Vornamen.
3. Manchmal ist es gut keine Facebook-Kommentare zu lesen
Dieser Tipp ist eigentlich selbsterklärend – solltet Ihr dennoch aus irgendwelchen Gründen lesenderweise in den Kommentarspalten der Berichterstattung über Marlies Krämer landen, vergesst niemals: Diese Lebenszeit gibt Euch niemand wieder. WHAT A WASTE OF LIFE! Krämer selbst ist ganz glücklich, dass sie kein Facebook und Co. hat – und deswegen nicht mitlesen kann, was dort über sie geschimpft wird.
4. Es ist nie zu spät anzufangen
Vor ihrem Soziologiestudium, das sie mit 50 Jahren begann, sei sie eine „gefügige Hausfrau“ gewesen, sagt Krämer, die allein ihre vier Kinder großzog. Jetzt, mit 80, ist sie immer noch nicht am Ende ihrer politisch-feministischen Aktivitäten.
5. Einmal in der Gegenkultur gelandet? Dann: Niemals aufhören!
Spät anfangen und dann einfach ohne Altersbegrenzung weitermachen: Wir tippen darauf, dass Krämer noch lange ihre Kämpfe ausfechten wird und wir auch noch in Zukunft einiges von ihr hören werden. Bis dahin soll Comradin Krämer noch alle Kraft und Ausdauer haben die wir ihr nur wünschen können!
Ode an #MarliesKraemer. ❤️ 80 Jahre. // Sprache ist der Schlüssel zur Gleichberechtigung //#vonwegenmitgemeint #gomarlies pic.twitter.com/GhxLNoezui
— karin lubenau (@KarinLubenau) March 13, 2018
"Frauen müssen in Formularen nicht in weiblicher Form angesprochen werden." Der Bundesgerichtshof weiß halt, wer sich wo mitgemeint (und gleichberechtigt!) zu fühlen hat. (Von der Notwendigkeit diverser Anredeformen mal ganz zu schweigen.)
— Charlott Schönwetter (@halfjill_2010) March 13, 2018
#Sprache hat etwas mit #Einbeziehung zu tun, daher für mich die falsche Entscheidung. Aber das eigentlich verrückte ist doch, dass #Unternehmen wie #Sparkassen nicht selbst das Bedürfnis haben auf maximale Einbeziehung zu setzen. #MarliesKrämer #Kundin #istdassoschwer? https://t.co/5hdcgBXC9J
— Paula Elsholz (@paulaelsholz) March 13, 2018
https://twitter.com/amina_you/status/973489132138893313
Meine Mutter schickt mir enthusiastische Sms über Marlies Krämer. Ich denke, dass war jetzt so rein image- und kundinnenbindungsmäßig ein echter Erfolg für die Sparkassen in DE. (Die regelmäßig Millionen-Budgets in Imagewerbung für mehr Coolnes bei jüngeren Leuten versenken.)
— Christina Dongowski (@TiniDo) March 13, 2018
Noch träume ich davon, dass das nicht das letzte Wort ist, sondern der Beginn von etwas Großem. Marlies Krämer ist jedenfalls fix schon einmal die Coolste.
— Julia Pühringer (@JuliaPuehringer) March 13, 2018
Irgendeine Nachrichtenagentur hat heute „weibliche Ansprache“ verbrochen und ich weiß immer noch nicht, was das sein soll. Marlies Krämer kämpft dafür, als Frau angesprochen zu werden.
— Helga Hansen (@hanhaiwen) March 13, 2018