Schwarzer und Schröder: Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft?

Sie hätten beide lachen müssen, berichtet Deutschlands bekannteste Feministin, EMMA-Herausgeberin Alice Schwarzer, in ihrem Blog von ihrem ersten Telefonat mit Bundesfamilienministerin Kristina Schröder.

Kein Wunder, schließlich verlief das Gespräch doch für beide Seiten außerordentlich positiv: Kristina Schröder sicherte der Publizistin zu, dass ihr Ministerium künftig den 1984 auf Schwarzers Initiative als Feministisches Archiv und Dokumentations­zentrum“ gegründeten FrauenMediaTurm in Köln fördern wird. Denn nachdem ausgerechnet die rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die bis­herigen Fördermittel von 210.000 Euro auf 70.000 Euro gekürzt hatte, fürchtete Alice Schwarzer öffentlich um den Fortbestand des Archivs. Diese Sorge ist sie nun los: CDU-Politikerin Schröder sagte eine Förderung zu, mit der die von Rot-Grün ver­ur­sachte Finanzierungslücke genau geschlossen werden kann: exakt 150.000 Euro, vier Jahre lang.

Im Gegenzug wird die Bundesministerin für Familie, Frauen, Senioren und Jugend endlich auch von höchster feministischer Instanz von dem Vorwurf freigesprochen, sich zu wenig für Frauenrechte und Gleichstellung einzusetzen. Mehr noch: Schwarzer, die der jungen Politikerin noch im Jahre 2010  jegliche Befähigung für ihr Amt abgesprochen hatte (hier Schwarzers offener Brief an die Ministerin), weil diese sich zuvor in einem SPIEGEL-Interview ziemlich abschätzig über den Feminismus geäußert hatte, betont in ihrem Blog ausdrücklich, dass Schröder es gewesen sei, die angerufen und Hilfe angeboten habe.

Das sollte doch Wiedergutmachung genug sein für das bisherige Desinteresse der dafür zuständigen Ministerin an der weiteren tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in dieser Gesellschaft, nicht wahr? Frauenquote in den Vorstandsetagen der großen Unternehmen? Brauchen wir nicht! Betreuungsgeld? Nicht so schlimm! Hauptsache, das Feministische Archiv ist gerettet!

Damit soll selbstverständlich nicht gesagt werden, dass Nordrhein-Westfalens grüne Frauenministerin Barbara Steffens richtig daran getan hat, die Mittel für den FrauenMediaTurm zu kürzen. Schwarzers Argument, dass ein Archiv nötig sei, um die „scheinbare Geschichtslosigkeit“ als „eines der größten Hindernisse für die Emanzipation“ zu beenden, bleibt ebenso traurig wie wahr.

Und doch hat das ganze Gezerre einen schalen Beigeschmack: Denn wer die Diskussion verfolgt hat, musste beinahe zwangsläufig das Gefühl bekommen, dass es viel weniger um das Archiv ging als um Parteitaktik und persönliche Animositäten. Leider trägt Alice Schwarzer selbst mit dazu bei, indem sie, etwa in ihrem Blog, ausführlich darauf hinweist, wie oft sie bereits trotz ihres links schlagenden Herzens bereits mit der SPD aneinander geraten ist – und dass die Grünen den schmucken, mittelalterlichen Turm am Rheinufer einst selbst gerne für sich gehabt hätten. Nur war da dummerweise schon das Feministische Archiv eingezogen.

Kann man es den Medien verdenken, dass sie daraus angesichts dieses Diskussionsniveaus in schönster Boulevard-Manier eine Art linken Familienstreit gemacht haben? Kristina Schröder jedenfalls muss man (zumindest) zugestehen, dass sie diese Mechanismen im Gegensatz zu ihrer grünen Amtskollegin der Landesregierung in Düsseldorf erkannt hat – und das Spiel mit medialen Images clever für sich nutzt, wie auch die prompt herausgegebene Pressemitteilung des Ministeriums zeigt.

Die zuständige grüne Landesministerin Barbara Steffens steht jetzt als nachtragende und knickerige Erbtante da, während sich Bundesministerin Schröder von der CDU als großmütige, entfernt lebende Angehörige inszeniert hat, die zwar nicht die Meinungen ihrer finanziell bedrängten Verwandten teilt, die aber den Geldbeutel zückt und aushilft, wenn es nötig ist. Doch das tut sie natürlich nur, weil sie so dem Rest der ungeliebten, rot-grünen Seite der Familie eins auswischen kann!

Übrigens scheint die Annäherung zwischen Schröder und Schwarzer weiter auf die CDU abzufärben:  Wie Focus online am Samstag meldete, wollen die Christ­demokratInnen Alice Schwarzer am 18. März zur Bundesversammlung entsenden, um dort für Joachim Gauck als neuen Bundespräsidenten zu stimmen.

5 Kommentare zu „Schwarzer und Schröder: Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft?

  1. Entschuldigung, aber Alice Schwarzer macht Werbung für die BILD, schreibt für die BILD und alles, was ich bei ihr heraushöre ist „Wir Frauen!“ – weder Rücksicht auf Männer* noch auf Intersexuelle oder Transgender, schon gar nicht „Wir Menschen“. Für mich steht Alice Schwarzer für einen Feminismus, der unserer Zeit weit hinterher hinkt (ohne Frage, in der Zeit, in der sie die EMMA gründete, war diese Art sicherlich angebracht) und sie selbst erscheint mir immer mehr wie ein Vorzeigepüppchen: „So sieht eine Feministin aus, liebe Kinder“. Es wir Zeit, dass sie mal überlegt, wie sie „ihren“ Feminismus mit den Ideen des 21. Jahrhunderts in Einklang bringt – oder ob es nicht vielleicht eine bessere Idee wäre, jüngeren Menschen das „Schlachtfeld“ zu überlassen.

  2. Erstaunlich, wen man alles kaufen kann. Wieder dazugelernt. Ich fand die Annahme der Nominierung für die Bundesversammlung schon schräg – aber Kumpanei mit Schröder, finde ich, geht gar nicht.

  3. Dass sich Alice Schwarzer selbst immernoch als links bezeichnet, ist auch so ein interessantes Selbstmissverständnis – und wer für BILD Werbung macht, hat als Feminstin ja eigentlich auch abgedankt.
    Ich kenne ein paar Frauen, die im FrauenMediaTurm oder bei EMMA gearbeitet haben: Die haben nix Gutes über Alice Schwarzer als Chef zu erzählen gehabt. Und die doch sehr spezielle Selbstwahrnehmung von Schwarzer scheint dabei das zentrale Problem zu sein.

Kommentare sind geschlossen.

Betrieben von WordPress | Theme: Baskerville 2 von Anders Noren.

Nach oben ↑