(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de
Eine schwangere Frau hört auf, sich selbst ganz allein zu gehören. Das ist zu einem Teil logisch und auch gut so. Das Wesen im Bauch beansprucht Raum, Energie und verursacht „Folgeschäden“, um die man sich kümmern muss (den Bauch viel cremen, eventuell spezielle Behandlungen gegen Rückenschmerzen, eine neue Ernährung wegen Übelkeit etc…). Ich möchte das nicht schönreden, aber ich muss sagen: So weit, so okay. Die andere Form des Eingriffs ist für mich hingegen nicht mehr okay und bisweilen mehr als nur nervig: Sie kommt von anderen Menschen. Diese wissen vor allem sehr viel und reden einem derart in den Alltag rein, dass es manchmal kaum auszuhalten ist. Z.B. die künftigen Omas. Sie meinen es ja immer nur gut. Aber wenn ich zum dritten Mal gefragt werde, ob ich wirklich IMMER NOCH Fahrrad fahre??? – dann ist irgendwo eine Grenze erreicht. „Mama! – ja. Und ich werde das auch weiterhin tun. Es gibt keinen Grund, es zu lassen.“ – „Aber du weißt doch, dass du damals zu früh auf die Welt kamst, weil ich noch Fahrrad gefahren bin!“ Die Zweite im Bunde ist die künftige Uroma: „Du darfst nicht mehr so viel arbeiten. Das ist doch nicht gut!“ – „Oma! Mir geht es prima. Mach dir mal keine Sorgen.“
Harmlos. Ich weiß. Anstrengender: völlig Fremde. In der Kantine beim Kauf einer Cola ermahnt zu werden: „Das ist aber nicht gut für das Baby!“ hat mir zunächst ein bisschen die Sprache verschlagen. Ich stammelte etwas von Müdigkeit und dass „die Mama“ das eben braucht – und kam mir ziemlich beknackt vor dabei. Aber in Sachen Ernährung gibt es für Schwangere nicht viel zu lachen. Ob gewollt oder unbewusst: Von allen Seiten gibt es Kontrolle. Schönstes und aber erschreckendes Beispiel: Eine Tabelle in der Zeitschrift Ökotest*, die genaue Angaben darüber enthält, wovon eine Schwangere wie viel pro Tag essen darf. Natürlich: Es ist wichtig, ein bisschen auf die Ernährung zu achten – denn der Bedarf ist einfach ein anderer. Aber muss ich mir wirklich vorschreiben lassen, wie viel Zucker ich am Tag zu mir nehmen darf? Bis aufs Gramm genau? Aber auch das: lässt sich ignorieren und als nervig, aber nicht wirklich übergriffig abtun.
Nein, die schlimmsten sind: Ärzte. Die letzten zwei Monate meiner Schwangerschaft habe ich sie boykottiert. Es hatte einfach gereicht. Nach etwa zehn Mal eine komplette Stunde im Wartezimmer sitzen müssen um von einer (in meinem Fall) völlig unkonzentrierten Ärztin binnen fünf Minuten grobuntersucht zu werden; nach zwei Mal aus der Praxis kommen, mit Rezepten für Medikamente in der Hand, die ich ausdrücklich aufgrund ihrer Nebenwirkungen nicht haben wollte; nach dreimal dafür mit bösem Blick gestraft werden, dass ich im Geburtshaus entbinden will („da haben Sie dann aber keine ärztliche Betreuung – das ist nicht sicher dort“); und nachdem ich einmal ganze zwei Stunden in der Praxis verbringen musste, weil unangekündigt plötzlich ein CTG (dauert eine halbe Stunde) geschrieben werden MUSSTE („können wir das nicht weglassen? ich habe nicht so viel Zeit…“ – „NEIN!“) habe ich die Vorsorge in die Hände meiner Hebamme gelegt. Sie fragt mich immer, egal, was sie macht. Sie kennt meinen Körper besser, als die Ärztin, denn sie nimmt sich Zeit, wenn ich da bin. Und ich kann sie alles fragen. Das wichtigste ist an ihr: Sie macht auch alle Tests und guckt sich Werte an – aber ohne mir permanent das Gefühl zu geben, eine wandelnde Zeitbombe zu sein. Ohne mich und meinen Zustand zu pathologisieren. Mir kommt es manchmal so vor: Wer schwanger wird, befindet sich in den Augen der Gesellschaft im Ausnahmezustand. Und irgendwann verinnerlichen die meisten Frauen diese Außenansicht. Sie können gar nicht genug Ultraschall-Untersuchungen bekommen, weil sie ständig mit der Angst leben, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte. Sie fressen Unmengen an Nahrungsergänzungsmitteln, die es für teures Geld allerorten extra für Schwangere zu kaufen gibt, damit Folsäure, Eisen und Magnesium ja nicht zuneige gehen. Am Ende lassen sie sich im Krankenhaus von Ärzten alle möglichen medizinischen Eingriffe aufschwatzen, weil sie glauben, dass es ohne nicht geht.
Ja, ich bin in diesen Dingen wirklich ziemlich radikal geworden. Es gibt einen Kampf zwischen Ärzten und Hebammen, der – wenn ich meiner Hebamme Glauben schenken darf – schon viele Jahrhunderte andauert. Zwei völlig verschiedene Philosophien, Menschenbilder und – fast schon – quasi-religiöse Ansichten über Schwangerschaft und Geburt prallen hier aufeinander. Die eine pathologisiert die schwangere Frau, die andere sieht in ihr nichts anderes, als das Natürlichste der Welt. Glaube an die Natur vs. Glaube an die Medizin und ihre Technik. (Und ja, ich stehe da eher bei den Hebammen.) Ein Kampf, der nicht selten auf den Rücken der schwangeren Frauen ausgetragen wird: Sei es, weil Ärzte ihre „Vormachtstellung“ durch immer größere technische Möglichkeiten unterstreichen wollen; sei es, weil eine Hebamme im Ärzte-Hass zu spät eine wirklich brenzlige Situation in die Hände eines Arztes übergibt. Gerade im Sinne der Frauen ist es höchste Zeit, dass dieser K(r)ampf ein Ende hat.
* in Ökotest SPEZIAL: Schwangerschaft und Geburt (2009)
absolut richtig! und der wahnsinn wird sich auch nach der geburt noch fortsetzen, mit ratgebern, besserwissern, etc.
mein verdacht ist, dass schulmediziner von all den schwersten erkrankungen, die sie im laufe ihres berufslebens sehen, derart verstört sind, dass sie „normal“ gesunde menschen ständig in panik versetzen, „es könnte ja sein, dass…“
hinzu kommt diese laienwissenschaftlich gebildete gesellschaft, die sich auf weisheiten aus zeitschriften und fernsehsendungen bezieht (wo das wirkliche ausmaß der dargestellten krankheiten kaum laiengerecht aufbereitet werden kann)…
alles gute jedenfalls!! und viel geduld weiterhin!
Lass dich nicht unterkriegen und mach was du denkst das es richtig für dich ist, denn wenn du glücklich und zufireden bist, ist es das Baby auch… und wenn es auch ab und zu mal ein Kaffee oder ein Cola sein muss, dann muss es die sein. Scheuklappen auf und durch und wie oben schon kommentiert, das wird nicht besser wenn das Kind da ist. Man muss dann entweder viel reden und erklären, wieso man es so macht und nicht anders oder man ignoriert es einfach und bedankt sich… Denn Kinder sind wieder soetwas wo jeder mitreden kann und Experte drin ist und vorallem die Vergleiche zwischen den Kindern… alles kommt anders als man denkt.
Geniesse die Zeit und ja Fahrradfahren geht bis kurz vorher, wenn Du dich sicher fühlst… bin damals auch ziemlich lange gefahren udn irgendwann merkt man es selber, das man nicht mehr mag.
Liebe Grüsse aus Berlin
In der Zeit war dazu gerade ein sehr interessantes Interview mit einer Hebamme:
http://www.zeit.de/2010/01/DOS-Interview-Hebamme
Und trotz all der Eingriffe steht kein Mensch auf, wenn eine hochschwangere Frau in eine volle Bahn einsteigt…
@Killerkitty: Da habe ich anderes erlebt… Sogar der Bus hat mal auf mich gewartet.
Ja, das ist mir auch so bekannt. Am schlimmsten fand ich einfach das Gefühl, dass mit Sichtbarkeit meiner Schwangerschaft auf einmal jeder anscheinend das Recht hat, sich in mein Leben einzumischen. Als ob mein Beitrag zur Erhaltung der Gesellschaft auch jedem bereits vorhandenen Mitglied ebendieser am Herzen liegt und so besorgt um das noch im werden begriffene Individuum ist.
Nachdem ich während meiner ersten Schwangerschaft noch sehr bedacht auf vieles geachtet habe und mich durch viele Bücher geackert hab, bin ich beim zweiten Mal sehr viel genuss-süchtiger und natürlich orientiert drangegangen: Ich habe einfach nur noch das gemacht, wodrauf ich Lust hatte und was mir schmeckte. Meinen Kindern hat beides nicht geschadet, aber mir hat das zweite Vorgehen sehr viel mehr Entspannung gebracht!
Inzwischen bin ich selbst sehr vorsichtig geworden, wenn ich Schwangere oder auch Baby-Eltern sehe, dass ich mich in Gedanken nicht auch zu Bevormundungen oder „gut gemeinten“ Ratschlägen hinreißen lasse. Was mir nicht immer leicht fällt. Wahrscheinlich ist das Verhalten ja auch eine sinnvolle Maßnahme, innerhalb von Gesellschaftsgruppen, um den noch heranwachsenden Nachwuchs bestmöglich zu unterstützen. Doch dabei darf im modernen Leben keinesfalls die Wahlmöglichkeit und individuelle Entscheidung der jeweiligen Mutter beschnitten werden. Wir müssten davon ausgehen, dass im Normalfall unseres alltäglichen Miteinanders kaum eine Mutter bewusst ernsthaft schädliche Entscheidungen für das Kind treffen wird. Daher ist es angebracht, allen Müttern mehr Ruhe und Freiraum zu gönnen, zudem ihnen auch zuzutrauen, dass vieles ihnen überlassen werden kann, ohne aus dem schwangeren Wesen einen medizinischen Überwachungsstaat zu machen.
Wie gehen eigentlich Männer mit werdenden Müttern um? In meiner Erinnerung waren jedenfalls meistens Frauen die wohlmeinenden Ratgeberinnen. Und ich kann mich nicht erinnern, wie mein Mann damals auf diese Ratschläge reagierte, bzw. ob sie überhaupt in seiner Gegenwart geäußert wurden.
@kawa
Ich finde das Interview ziemlich verklärt und eher auf blumige Sprache als auf Inhalte bedacht.
Das hab ich selbst komplett anders erlebt. Meine Frauenärztin und meine Hebamme arbeiten Hand in Hand, meine Frauenärztin bat mich oft bei kleineren Beschwerden mal zuerst die Hebamme zu fragen mit der Aussage, eine Schwangerschaft sei ja keine Krankheit und die Hebammen wüssten da oft guten Rat. Sie sagte mir auch schon sehr früh, dass ich mir aus genau dem Grund eine Hebamme suchen soll: weil die viel mehr praktische Erfahrungen hätten und sie selbst eher dafür da sei, wenn die Hebamme dann eben nicht mehr weiterkommt (z.B. weil sie halt kein Ultraschallgerät hat).
Nicht immer gleich von sich selbst auf alle anderen schließen!
„Nicht immer gleich von sich selbst auf alle anderen schließen!“
Guter Einwand. Aber warum dann das:
„Das hab ich selbst komplett anders erlebt.“
Wenn du das schließen vom Einzelfall auf die Allgemeinheit kritisierst, ist es ungünstig, selbst einen Einzelfall als Gegenargument anzubringen.
Man könnte auch sagen: Dass Rauchen schädlich ist, trifft zu, auch wenn Opa Meier als Kettenraucher 95 wurde.
Übrigens konnte ich im EP keine Aussage finden, die sich ausdrücklich auf ALLE bezieht.
@Emma
Zum Bevormunden gehören immer zwei. Eine/r bevormundet und eine/r lässt sich bevormunden.
Aber was anderes als einen Einzelfall soll ich sonst als Gegenargument bringen?
Gut, ich könnte noch die ganzen anderen Frauen aufzählen, die auch bei meiner Ärztin sind und wahrscheinlich das Gleiche sagen würden…
…aber eigentlich wollte ich bloß sagen, dass es überhaupt ein Gegenbeispiel gibt.
Stimmt schon, das „Sprüche klopfen“ a la „Nicht von sich auf andere schließen“ bringt auch wieder nix, dann kommt einer und sagt „Ausnahmen bestätigen die Regel“ etc.
Auch bei uns haben Ärztin, Krankenhaus und meine Hebamme zusammengearbeitet, bzw ich fand mich schließlich in einem etwas alternativen, sehr hebammendominierten Entbindungskrankenhaus wieder. Leider kam ich wegen schwerer Komplikationen seit der 14. Woche an der Schulmedizin nicht vorbei und habe das schlupp-schlupp-schlupp-Geräusch des CTGs wochenlang nicht aus den Ohren bekommen.
Viel schlimmer als den -mittlerweile vielerortens Gott sei Dank stark verwischten- Gegensatz zwischen Schulmedizin und Hebammenarbeit fand ich eine Umwelt, die auf der einen Seite mich nicht mehr wie eine vollwertige Erwachsene behandeln und auf der anderen Seite aber keinerlei Rücksichten nahm, wenn es ihre eigene Bequemlichkeit eingeschränkt hätte. Von der Busfahrt die ich abbrechen mußte, weil ich mich bei 34°C nicht hinsetzten durfte – wenn etwas frei wurde, sprinteten die anderen immer irgendwie schneller- bis zu Freunden, die mir auf einem Spaziergang, als ich geschwindigkeits- und kreislauftechnisch nicht mehrmitkam, fröhlich aus der größer werdenden Entfernung zuriefen, ich sei doch schwanger und nicht krank. Die eigene Befindlichkeit am besten einschätzen zu können, wird einem irgendwie nicht mehr zugetraut – ich kann noch, ich kann nicht mehr, es tut weh, es geht ohne Medis… Nee, nee. Auf der anderen Seite Erwachsene, die meinten meinen Bauch tätscheln zu müssen – würden die mich normalerweise auch so begrüßen ohne was anderes als eine Ohrfeige zu erwarten?- und die Mütterpolente, die mein mit Apfelschorle gefülltes Bierglas und mich im Café mit Blicken voll glühenden Hasses bedachten (was eigentlich schon wieder ganz lustig war und darum öfters wiederholt wurde – Lieblingscafé, Sonderabfüllung, umherprosten). Auf jeden Fall ein schöner Text.
Kantorka, hast du denn im Bus mal jemanden gefragt,
ob er oder sie dir den Platz freimacht? Ich warte oft auch,
bis ich gefragt werde, weil viele das mit dem Anbieten ein
bisschen peinlich finden. Ich habe auch schon diverse
Absagen bekommen, wenn ich mal von mir aus angeboten
habe. Aber mit nett fragen sollte man eigentlich immer
weiterkommen.
Würde ich heute auch machen, auf jeden Fall. Aber sagen wir mal so, auf den dafür vorgesehenen Plätzen saßen zwei Glatzen mit Bierdosen auf dem Weg zum Landgericht, die wollte ich nicht fragen. Und als dann was freiwurde ist der Sportler neben mir nach einem Seitenblick auf meine Melone und mein nassgeschwitzes Shirt an mir vorbeigesprintet wie’n Hecht und hat sich den Platz ergattert. Das mußte nu echt nicht sein. Heute wär ich sicher auch nicht mehr so zurückhaltend… ;)
PS: Wer immer für mich aufgestanden ist: Teenager. Ernsthaft. Dauernd, und teilweise regelrecht begeistert. Total süß. Erwachsene: weniger. Bin sogar mal aufgefordert worden, von den vorderen Plätzen aufzustehen.
Ich kann Dir nur zustimmen!
Und leider wird es nach der Geburt nicht besser ;))
denn dann wissen noch viel mehr Leute, was für Dein Baby gut ist.
Meine Tochter ist mittlerweile 15 Monate alt (3 Mon. zu früh geboren)
Ich wollte ursprünglich im Geburtshaus entbinden, leider ist von jetzt auf gleich alles anders geworden und ich durfte 12 Wochen im KH liegen und dennoch eine gesunde Tochter zur Welt bringen.
Ohne die moderne Medizin wäre das Ganze nicht glimpflich ausgegangen
ABER ich hoffe, beim nächsten Kind bleibt mir Frauenarzt samt Krankenhaus erspart. Ich habe einfach zuviel gesehen und das meiste war eher negativ.
Leider werden die Frauen oft vom med. Fachpersonal total verunsichert und „entmündigt“ …
Wenn man diesen Untersuchungsmarathon nicht mitmacht,
bekommt man das Gefühl, man würde die Gesundheit des Kindes aufs Spiel setzen …
In vielen Gesprächen mit anderen Frauen wird das oft bestätigt,
sicherlich gibt es auch Ausnahmen, aber ich denke,
oft wird viel zu viel untersucht und oft vielleicht auch unnötig eingegriffen.
In unserem persönlichem Fall war es nötig, aber in einer Schwangerschaft ohne Komplikationen sind die ganzen vielen Untersuchungen meiner Meinung nach oft unnötig – in der aktuellen Eltern Zeitschrift ist auch ein Bericht, der dieses „Dilemma“ beschreibt.
Hier auch ein ganz interessanter Bericht:
http://www.geburtskanal.de/index.html?mainFrame=http://www.geburtskanal.de/Wissen/G/Geburtshaus_vs_Klinik.php
Ich kann nur einen Tip geben, Du weisst am besten,
was Dir und Deinem Baby gut tut!
Höre auf Dich, auf Dein Bauchgefühl und auf Deine Hebamme …
Liebe Grüsse, Anna
Ähem. Dieser Artikel beschreibt kein Dilemma, sondern macht unverhohlen Werbung für Geburtshäuser. Und einige Behauptungen halte ich da ernsthaft für übertrieben.
Ich glaube nämlich nicht, dass Hebammen die Frauen nie verunsichern oder entmündigen.
Zitat: „Dazu muß man sagen, daß Frauen, die zur Geburt in ein Geburtshaus gehen, schon von vornherein eine sehr positive und selbstbewusste Einstellung zur Geburt haben.
Sie benötigen daher wenig oder gar keine Schmerzmittel.“
Wenn ich erzählt bekomme, dass ich keine Schmerzen habe, wenn ich nur entspannt und zuversichtlich genug bin, und dann doch starke Schmerzen habe, wäre ich doch schon verunsichert. Insbesondere durch diesen Unterton, dass ich meine Schmerzen selbst verursache.
Damit will ich nicht Hebammen oder Geburtshäuser schlechtmachen. Ich weise lediglich darauf hin, dass man nicht jeder Hebamme blind vertrauen sollte, genau wie man nicht jedem Arzt blind vertrauen sollte.
Also: „Hör auf Dich, Dein Bauchgefühl und wechsele Arzt oder Hebamme, wenn sie fundamental andere Ansichten haben als Du“
ok, eigentlich sollte nur der Satz mit den Schmerzmitteln fett sein. Sorry!
@Neeva: Hab ich nachbearbeitet.
Der Link bezog sich nicht auf das „Dilemma“ ;)
Klar, der Bericht polarisiert,
natürlich kann auch eine Hebamme „entmündigen“ …
aber meine persönliche Erfahrung (12 Wochen KH)
und meine Kleine lag auch noch 4 Monate in der Kinderklinik – das hat gereicht.
Ich hoffe, ich muss die nächsten Jahrzehnte nich hin.
Ich selbst hatte einen Kaiserschnitt, keine schöne Sache,
wenn ich dann Aussagen von anderen Frauen höre, die sich einen Kaiserschnitt wünschen, damit sie keine Schmerzen bei der Geburt haben,
da kann ich nur sagen, viel Spaß danach! Ich habe keinen Vergleich, ich habe bisher nur ein Kind, aber ganz erhlich – Schmerzen gehören so oder so dazu.
Sich vor zu machen, es wäre anders und schön und schmerzfrei – entschuldige, da muss ich schmunzeln ;))
Aber ich denke schon, dass wenn man sich nicht so versteift und sich und seinem Körper vertraut, dass es leichter zu ertragen ist.
Und in dem Bericht steht nichts davon, dass den Frauen suggeriert wird,
sie würden keine Schmerzen empfinden – es steht nur, dass weniger bis keine Schmerzmittel BENÖTIGT werden.
Die Aussage, dass Frauen, die im Geburtshaus entbinden, selbstbewusster sind, kann ich durch persönliche Gespräche bestätigen.
In meinem engsten Umfeld sind die meisten Frauen so verunsichert, dass sie niemals in ein Geburtshaus gehen würden … und genau die Frauen wissen jetzt schon, dass die PDA möchten, weil sie Agst vor Schmerzen haben.
Das ist ja auch in Ordnung – jede Frau muss es für sich selbst entscheiden.
Ich finde es nur schade, dass um Schwangerschaft und Geburt hier in Deutschland (ich komme aus Polen) so viel TamTam gemacht wird.
Es ist und bleibt das Natürlichste, wenn man es nicht immer so „modernisieren“ und „beschönigen“ und den Frauen durch die vielen tollen Bücher und Zeitschriften suggerieren würde: es ist toll, es ist schön und und und …
Manchmal kommt es halt anders als man denkt …
Ich war während meiner Schwangerschaft die meiste Zeit in der Schweiz und dementsprechend auch dort bei einer Frauenärztin. Auch wenn immer wieder betont wird, wie nachteilig es doch sei, dass man sich kantonsübergreifend nicht auf so was wie einen Mutterpass (Vorbild D) einigen kann, habe ich es im nachhinein als sehr entspannte Betreuung empfunden. Als ich dann in der 32. Woche ohne Mutterpass bei einer deutschen ärztin zur Vorsorgeuntersuchung gegangen bis, wurde ich behandelt, als käme ich aus einem Entwicklungsland. Und dass ich nicht wusste, was ein CTG war, hat die Sache nicht besser gemacht. Ich war ziemlich irritiert, als ich mich dann in D mit anderen Schwangeren unterhalten habe, wie schematisiert die Schwangerschaft in D abläuft. In der Schweiz wurden die Termine immer nach Gefühl der Ärztin gemacht, hatte ich den Eindruck. Immer mit dem Hinweis, dass ich natürlich jederzeit kommen könne, wenn es mir nicht gut ginge.
Oh, das kommt mir sehr bekannt vor. Aus denselben Gründen bin vor 2 Jahren (in der 30ten Schwangerschaftswoche) auch zu meiner Hebamme gewechselt und es war die beste Entscheidung. Mir ging dieses technische Pipapo entschieden zu weit, mein
Bauch sagte mir, dass alles ok sei, also, wozu dann diese Absicherung? Vielfach wurde ich überhaupt nicht über ärztliche Schritte und Untersuchungen informiert – vieles habe ich mir selber angelesen (pro und contra) oder später über meine Hebamme erfahren. Und sie hat mir meine Entscheidung immer frei gestellt (mich vorher über Vor- und Nachteile informiert). Das sind meine Erfahrungen und ich habe vergleichbares von vielen Schwangeren gehört. Meiner Meinung nach sollte es den Frauen frei gestellt sein, welche Untersuchungen sie machen möchten und welche nicht – bitte ohne Vorwürfe und bitte mit ausgewogener Einschätzung im Vorfeld. Meine Hebamme hat sich, im Gegensatz zu meiner Ärztin, mit mir unterhalten und nach meinem Befinden und meinen Gefühlen befragt. Und einiges ist einfach Quatsch – z.B: die Folsäure. Die hat nur einen positiven Effekt, wenn man sie schon vor der Schwangerschaft nimmt bzw. in den ersten Wochen, in denen die meisten Frauen noch nicht mal wissen, dass sie schwanger sind.
Alles, was ich sagen möchte, ist, man sollte eine Schwangerschaft nicht zu sehr technisieren, denn, meiner Meinung nach, schafft das oft Unsicherheit und Angespanntheit. Ebenso das Umfeld sollte einer schwangeren Frau vertrauen und sie nicht plötzlich wie ein Kind behandeln.
Ich danke dir vielmals für deinen Artikel, denn ich habe gemerkt: Ich bin nicht allein!
Ich habe unlängst selbst einen Vortrag über die Entmündigung einer Schwangeren von der Gesellschaft gehalten und ich bin es wirklich leid, dass sich auf einmal jeder ungefragt in mein Leben einmischen darf. Die Situation mit der Cola habe ich genau so erlebt und ich beobachte immer die brüskierten Blicke, wenn ich Kaffee trinke. (und das im 7. Monat – SKANDAL!!!) Ich würde die umstehenden Personen gerne mal fragen, ob es ihnen lieber wäre, wenn ich Medikamente nehmen würde, weil seit 2 Monaten mein Kreislauf einfach total instabil ist oder ob dann in ihren Augen ab und zu ein Kaffee doch okay ist.
Mit meinem Arzt habe ich aber total Glück gehabt, weil er nach eigenen Aussagen in seinem Leben genug Geld verdient hat und Patientinnen nur noch zum Spaß behandelt. Dieser Mann nimmt sich pro Patientin eine halbe Stunde Zeit – paradiesische Zustände…
Was mir aber mit steigendem Bauchumfang immer häufiger passiert und mich um den Verstand bringt, ist das ständige Fragen ob ich mich hinlegen (!!!) will. Ich bin durchaus in der Lage das zu artikulieren, wenn ich das wollte, aber was soll das??? Muss eine schwangere Frau ständig im Bett liegen und sich mit schöngeistiger Literatur vergnügen und sich selig auf ihre Mutterschaft einstellen?
Ich glaube, wir sollten alle viel offener darüber sprechen wie wir uns während der Schwangerschaft fühlen. Vielleicht fängt dann auch mal das Umfeld an zu denken.
@Anna
“ Es ist und bleibt das Natürlichste, wenn man es nicht immer so “modernisieren” und “beschönigen” und den Frauen durch die vielen tollen Bücher und Zeitschriften suggerieren würde: es ist toll, es ist schön und und und …“
Das widerspricht meinen Erfahrungen in diesem Bereich. In der westlichen Welt wird die Schwangerschaft keineswegs beschönigt, sondern als nicht enden wollender Höllentrip dargestellt dessen „Highlight“ dann die Geburtsphase darstellt in der todesqualen ausgestanden werden… Ich denke hauptsächlich deswegen haben die meisten ja derartige Angst vor den Schmerzen, weil das ganze so dramatisiert wird. Allein die Fernsehsendungen und Filme wo eine Geburt stattfindet, da wird dermassen herumgeschrien, meine Mutter lacht sich immer kaputt wenn sie das sieht wie dort übertrieben wird.
@ Udo
Deine Erfahrung kenne ich auch ;) meine Ma kann auch nur darüber lachen.
Ich habe viele Schwangerschaftsbücher und die ganzen Eltern Zeitschriften gelesen (tue ich nach wie vor) und mir ist aufgefallen, dass alles immer so perfekt und schön sein muss … diese hübsch retuschierten Schwangeren aus den Hochglanzzeitschriften gibt es aber leider selten in der Realität.
Meine Ma hat 3 Kinder, meine Oma hat 4 Töchter unter (würde man in Deutschland sagen) primitiven Verhältnissen zur Welt gebracht.
Aber die beiden wussten, was auf sie zukommen kann (nicht muss) …
Es wurden weder „Horrorgeschichten“, wie Du sie beschreibst, noch „es ist alles sooo schön“ erzählt – einfach nur wie es ist, mit den schönen aber auch nicht so schönen Erfahrungen. Und genau das fehlt meiner Meinung nach.
Und weil oft nur die schönen Seiten einer Schwangerschaft oder Geburt in den Hochglanzzeitschriften aufgezeigt werden, sind viele Frauen verunsichert und haben deshalb Angst …
Einerseits darf eine Schwangere keine Cola oder Kaffee trinken (auch ich kenne die bösen Blicke) andererseits soll sie sich nicht so anstellen, wenn es ihr mal schlecht geht …
Ich würde mir von unserer Gesellschaft wünschen,
die Schwangerschaft als einen natürlichen Akt und Erfahrung zu sehen,
keine Perfektion aber auch kein Horror draus zu machen.
Und viele Themen wie Fehlgeburt oder Behinderung sind leider immer noch ein grosses Tabuthema …
Ich bin da immer skeptisch wenn es um Ärzte oder Hebammen oder Plizisten oder Richter geht. Ich glaube nicht, dass es Ärzte oder Hebammen gibt. Ich glaube, es gibt Menschen, die Berufe ausüben – und zwar sehr menschlich. Es gibt Hebammen, die haben so ein Rad ab, dass man sie eigentlich wegsperren müsste und Ärzte, die mit allem was sie tun ganz laufe rufen: „Kann mir einer helfen, ich hab eigentlich überhaupt keine Ahnung“. Und natürlich auch das voll Gegenstück der genannten Fälle – und alle Grauschattierungen dazwischen.
Das Problem, aus meiner Sicht, liegt darin, dass viele Menschen schlicht nie gelernt oder verstanden haben, dass, egal zu wem sie gehen, die Verantwortung für sie selbst trotzdem in ihren Händen verbleibt. Menschen haben einen Neigung an Superhelden zu glauben – oder sich doch zu wünschen, dass es sie gäbe und grad vor ihnen steht, was es ihnen erlaubt, deren Entscheidungen als ihre eigene zu vertreten. Na ja, wenn’s denn funktioniert …
Ich persönliche glaube, dass es eine gute Sache ist, ein bisschen auf die innere Stimme zu hören – und ihr zu folgen. Manchmal ist man beim Frauenarzt und dann in der Klinik besser aufgehoben, manchmal sollte man zu Hause entbinden, mit Hilfe einer oder zwei Hebammen – und nie ist es so, dass es eine einzige Lösung für alle gibt.
Interessanterweise, so meine Erfahrung, wird diese innere Stimme leiser, je mehr man beginnt, sich über etwas zu ärgern oder von etwas zu sehr überzeugt ist …
rk-f