Heute vor drei Jahren: Erste Sprecherin des US-Repräsentantenhauses gewählt

Heute vor drei Jahren wurde Nancy Pelosi zur ersten Sprecherin des US-amerikanischen Repräsentantenhauses gewählt.

Die italo-amerikanische Demokratin aus Kalifornien bezeichnet sich zwar selbst als konservative Katholikin, kann aber ein fast durchgängig progressiv-liberales Abstimmungsverhalten vorweisen. So setzt sie sich für reproduktive Rechte und die Förderung von Verhütungsmitteln im Inland und im Ausland ein. Außerdem stimmte sie für Fördermaßnahmen zu Gunsten von AfroamerikanerInnen und setzte sich für die erhöhte Bestrafung von homophob motivierten Hassverbrechen (hate crime) ein. Pelosi ist darüber hinaus gegen die Todesstrafe und plädiert für die Ausweitung der Rechte von ImmigrantInnen.

Hier ein Video von ihrer Wahl am 4. Januar 2007 und Teile der Dankesrede:

14 Kommentare zu „Heute vor drei Jahren: Erste Sprecherin des US-Repräsentantenhauses gewählt

  1. Dabei darf man jedoch nicht aus den Augen verlieren, daß sie in fast allen anderen Fragen – Krieg, Folterungen, Gesundheitswesen, Bürgerrechte – genau so rechtsaußen ist wie es ihre anderen Kollegen (von nur ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) sind.

  2. Hmm, finde auch ihr Wahlverhalten bei Bürgerrechten und Gesundheitswesen zumindest für amerikanische Verhältnisse ziemlich progressiv (sie hat immerhin fast immer die besten Werte bei Evaluierungen von NAACP, NARAL oder ACLU), zum Thema Krieg: finde ich eher gemischt als eine klare konservative Linie.

  3. Ist es wichtig, ob man die Lügen von einem Mann oder einer Frau aufgetischt bekommt?
    Das erinnert schon stark an die unreflektierte Merkelverehrung, die mal in Mode war (und Teilweise noch ist).

  4. @Magda:

    Wenn wir unter „amerikanischen Verhältnissen“ das sehr enge Spektrum der politischen Klasse in den USA verstehen, stimmt das durchaus. Wenn wir aber die über Jahrzehnte hinweg mehr oder minder gleichgebliebenen Einstellungen der Bevölkerung zum Maßtab nehmen, ist sie in vielen Fragen noch ganz rechts der Mitte. Als die Demokraten 2006 eine eigene Mehrheit bekamen, waren 67% der Amerikaner dafür, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bush einzuleiten. ca. 51% hielten das sogar für eine Priorität. Dabei ist zu beachten, daß jeder gewählte Präsident der letzten 30 Jahre von nur ca. 30% der Wählerschaft unterstützt wird (die Pluralität – 40% – hiielt nichts von irgendeinem der Kandidaten). Nach der Wahl erklärte die Pelosi, daß eine Amtsenthebung „gar nicht in Frage“ komme.

    Ähnlich verhält es sich mit der Gesundheitspolitik. Die große Mehrheit (60 – 80% je nach Umfrage) ist schon seit den 80ern dafür, den parasitären Versicherungskonzernen das Handwerk zu legen und ein staatliches Gesundheitswesen einzurichten. Beide Parteien (auch die Pelosi) sind jedoch mehrheitlich dagegen.

    Die Mehrheit ist dafür, die Besatzung des Irak zu beenden. Pelosi hingegen ist dafür, den Krieg weiterzufinanzieren.

    @Marcie: Ich glaube, es macht sehr wohn einen Unterschied. Noch vor 20 Jahren wäre es undenkbar gewesen, so eine Position mit einer noch so establishmenttreuen Politikerin zu besetzen. Das Establishment hat sich also schon ein bißchen geändert – solange man die allgemeine Linie vertritt, kann man jetzt ruhig die früher zwingenden Kriterien „weiß“ und „männlich“ vermissen lassen.

  5. @ Élise Hendrick

    Auch wenn die starke Trennung zwischen Öffentlichkeit und politischer Arena oftmals etwas künstlich ist, ist es schon wichtig, da zu unterscheiden. Ich stimme absolut mit dir überein, dass die öffentliche Meinung oft – dennoch nicht immer! -progressiver als die PolitikerInnen sind. Dennoch ist Pelosi m.E. innerhalb der politischen Klasse Teil der Progressiven. Da interessiert mich mehr das Abstimmungsverhalten als das, was PolitikerInnen so von sich geben (oder von den Medien uminterpretiert). Eine allgemeine Kritik am amerikanischen System, welches besonders im Vergleich zu manchen europäischen Ländern konservativer ist, teile ich in der Tat. Alle Democrats und Republicans dennoch in einen konservativen Topf zu werfen fände ich etwas undifferenziert.

    Zu deiner Aussage:

    Die Mehrheit ist dafür, die Besatzung des Irak zu beenden. Pelosi hingegen ist dafür, den Krieg weiterzufinanzieren.

    Da würde ich Pelosis Einstellung zum Irak-Krieg etwas anders interpretieren. Hier ein Zitat von ihr

    We all know that the US cannot stay in Iraq indefinitely and continue to be viewed as an occupying force. Neither should we slip out the back door, falsely declaring victory but leaving chaos (siehe ontheissues.org).

    Es geht ihr hier m.E. nicht nur um die Finanzierung. Es geht auch darum, den IrakerInnen jetzt nicht den Rücken zu kehren und sie mit den zerstörten Strukturen allein zu lassen. Vielleicht ein rhetorischer Kniff…? Da müsste man ihr Abstimmungsverhalten genauer analysieren.

  6. In den USA (und in der BRD, nebenbei gemerkt) ist diese Trennung überhaupt nicht künstlich. Es besteht unter der Bevölkerung allgemeine Einigkeit in den wichtigsten Fragen. Bloß, daß die Bevölkerung genau das Gegenteil von dem für richtig hält, was Medien und Politik übereinstimmend vertreten.

    Pelosis Äußerung ist der bekannte Spagat der Demokraten. Einerseits dürfen sie sich nicht ganz offen für den Krieg äußern, denn gerade ihre Stammwähler sind dagegen. Andererseits vertritt sie die in den USA sehr beliebten Lügen, daß die USA im Irak dem Chaos entgegenwirke, obwohl die Spaltung der irakischen Zivilbevölkerung und das Schüren längst erledigter Konflikte von Anfang an zur Strategie der USA gehörten (und immer noch eine wichtige Komponente der Strategie sind), und daß die Besatzung nur als solche „wahrgenommen“ werde.

    Dabei sind sich 80% der Iraker laut Umfragen, die von der Besatzung durchgeführt wurden, darüber einig, daß der Abzug der USA einen positiven Beitrag zur Sicherheitslage darstelle, daß die Besatzungstruppen legitimes Angriffsziel seien (darin wissen sie sich mit dem Völkerrecht einig), und daß sich die ethnischen Konflikte lösen ließen, wenn die USA nicht dauernd genau diese Konflikte schüren würden.

    Es stimmt sehr wohl, daß die allgemeine Linie lautet, man dürfe den Irakern nicht den Rücken kehren. Das ist aber lediglich ein weiterer Beweis für den Zynismus der herrschenden Schichten. Es ist geradezu schamlos zu behaupten, daß ein Land, das bereits ca. 2 Mio Menschen umgebracht hat, das Land immer wieder in Schütt und Asche bombardiert, und sich (wie in der Provinz Ambar und bei der sog. „surge“) direkt an ethnischen Säuberungen beteiligt, und von dem die Zivilbevölkerung (deren Meinung maßgeblich ist) nur eins wünscht – den Abzug der Besatzungstruppen – „den Irakern nicht den Rücken kehren“ dürfe.

    Obwohl derartige Verzerrung auch aus der deutschen Geschichte durchaus bekannt sind.

  7. Es geht den USA viel eher darum, daß ein demokratischer Irak sofort enge Beziehungen zum Iran aufnehmen und der Shanghai-Organisation für Zusammenarbeit in Energiefragen beitreten würde. Das wäre ein sehr schwerer, wenn nicht gar vernichtender Schlag. Die Herrschaft der USA ist ohnehin schon am Zusammenbrechen. Die Herrschaft über die Ölreserven des Irak würde ein Vetorecht gerade über die langsam zu unabhängig werdende europäische Wirtschaftspolitik bedeuten.

    Nicht zuletzt deshalb hat die Pelosi mit ihren Kongreßkollegen gefordert, daß der Irak ein von den USA erstelltes Ölgesetz verabschieden soll, das es ausländischen Firmen ermöglicht, die vergesellschafteten Ölreserven des Irak aufzukaufen. Inzwischen ist das unter Irakern mehrheitlich verhaßte Gesetz verabschiedet worden, und v.a. US-Erdölkonzerne profitieren bei der Konzessionsvergabe.

  8. Dass bei Kriegen, besonders wenn es um Ressourcen wie Öl geht, die Freundschaft aufhört, ist leider nichts USA-spezifisches.. Gerade die Frage um Öl wird meines Erachtens aber ein wenig überbewertet. Da hat die USA doch wirklich naheliegendere Quellen im eigenen Land und bei den Nachbarn. Auch dass alles unter die Logik des auf dem Markt Verwertbaren gestellt wird, ist nicht überraschend und betrifft die meisten marktliberalen Staaten. Zum Krieg im Irak: Pelosi war von Anfang gegen den Krieg und votierte gegen die Erhöhung der Truppen.

    Und die Mehrheiten, die sich für die Gesundheitsreform aussprechen sind viel heterogener als man vermuten koennte – es kommt ja auch auf die Fragestellung der Umfragen an. Eine klare Mehrheit für die momentan debatierte Reform mit den aktuellen finanziellen Außnahmen (die zweifelsohne aus meiner und vieler anderer Sicht radikaler hätte ausfallen können) hat sicherlich keine 60-80% Mehrheit in der Bevölkerung und schon gar nicht unter PolitikerInnen. Die Progressivität des amerikanischen Volkes wird hier m.E. überbewertet.

    Der Vergleich muss im eigenen Land und politischen System geschehen – und da ist Pelosi zweifelsohne nicht am rechten Rand zu finden. Für mich persönlich ist sie sicherlich nicht radikal genug, aber nach mehr Radikalität muss man in den USA (und auch in der BRD) auch echt suchen.

  9. Der größte Fehler mancher Kriegsgegner besteht darin, daß sie glauben, die USA wollen die Ölquellen zur Befriedigung des Eigenbedarfs erobern. Das ist natürlich völliger Blödsinn – die USA versorgen sich öltechnisch größtenteils aus ganz anderen Quellen (v.a. Kanada und dem Atlantik).

    Es geht darum, daß die Herrschaft über die irakischen Ölquellen „ein mächtiges Erpressungsmittel“ darstellt, um Dick Cheney zu zitieren. Durch die Herrschaft über die Ölquellen des Nahen Ostens – das gehört schon seit 60 Jahren zur strategischen Grunddoktrin der USA – soll auch ein faktisches „Vetorecht“ in Bezug auf die Politik Asiens und (v.a.) Europas erworben werden. Durch das unter amerikanischen Drohungen verabschiedete „irakische“ Ölgesetz wird genau dieses Vetorecht gewährleistet. Und für alle Fälle ist eine permanente US-Militärinfrastruktur mitsamt der größten „Botschaft“ der Welt bereits eingerichtet worden. Durch den „Abzug“, von dem bei den Demokraten (darunter auch bei Pelosi) bisweilen die Rede ist, soll es keineswegs zur Demontage dieser Infrastruktur kommen.

    Ich habe auch nicht gesagt, daß Pelosi am rechten Rand sei. Die meisten ihrer Parteikollegen (darunter auch der Obama) sind weiter rechts. Aber insgesamt sind beide Parteien in sehr vielen Fragen weit rechts der Mitte der Gesellschaft.

    Was die Gesundheitspolitik anbelangt, sind die Meinungen in der Bevölkerung schon lange nicht mehr sonderlich heterogen. In allen seriösen Umfragen sprechen sich große Mehrheiten seit Jahrzehnten entweder für eine sog. „single-payer“-Lösung nach kanadischem Modell oder für eine Verstaatlichung des Gesundheitswesens aus. Natürlich muß auch auf die Formulierung der Fragen geachtet werden. Es gibt nämlich auch unseriöse „Push-Polls“, die aus lauter Suggestivfragen bestehen (z.B. „Sind Sie dafür, daß ein Angestellter des Staates darüber entscheidet, ob sie leben oder sterben?“).

    Die können wir aber außen vor lassen. Auf die Frage „Would you favour all Americans being insured through a government-administered health care plan (like Medicare)“ antwortet z.B. die überwältigende Mehrheit mit einem deutlichen JA. Das darf auch nicht wundern, denn Medicare ist allseitig beliebt. Medicare, die staatliche Krankenversicherung für Menschen ab 65, ist die einzige Krankenversicherung, mit der die Mehrheit der Versicherten zufrieden sind.

    Die Frage, ob sie bereit wären, dafür auch höhere Steuern zu zahlen, wird ebenfalls mehrheitlich bejaht. Je nach Jahr liegen die Ja-Stimmen zwischen 60% und 80%. Auf die Frage, ob die US-Versicherungsbranche ihr Vertrauen genieße, antworten hingegen 4% der Amerikaner mit JA (zum Vergleich: selbst die in den USA verhaßte Tabakbranche halten in den USA mehr Menschen für vertrauenswürdig).

    Selbstverständlich gibt es auch Schwankungen. Es gibt nämlich Jahre, da wird von der Gesundheitspolitik überhaupt nicht geredet, was ja eine entsprechende Abnahme der diesbezüglichen Propaganda zur Folge hat. Und in den Jahren, in denen die Propagandaoffensive Hochtouren läuft, ist ja zu erwarten, daß die Unterstützung der Vergesellschaftung des Gesundheitswesens (um ca. 5-10%) abnimmt.

    Hierbei geht es, wohlgemerkt, um eine Gesellschaft, in der die Medien die Einrichtung eines staatlichen Gesundheitswesens sofort mit Hitler, Stalin und Pol Pot in Verbindung bringen. In den Mainstream-Medien darf sich kein einziger Befürworter zu Wort melden. Natürlich hält sich die Wirksamkeit einer derartigen Kampagne in Grenzen in einem Land, in dem ein Großteil der Bevölkerung nur vom Fernsehen weiß, daß es Ärzte überhaupt gibt.

    Was die Umfragung zum sog. Gesundheitsreformpaket betrifft, ist m.E. größere Vorsicht geboten. Es geht nämlich um ein sehr konkretes und umfangreiches Maßnahmenpaket, und da hängt die Zuverlässigkeit der Umfragedaten natürlich vom Kenntnisstand der Bevölkerung ab.

    Es ist jedoch so, daß die Mehrheit der Bevölkerung vom Inhalt dieses Gesetzes nicht die geringste Ahnung hat. Aus den Medien wird man nicht schlau, und kaum jemand hat Zeit, den über 1000 Seiten umfassenden Gesetzesentwurf zu besorgen, geschweige denn zu lesen.

    Stattdessen hört man in den rechten Medien, das Paket sei „sozialistisch“. Und vom Rest der Mainstream-Medien wird man dazu verleitet, den Abschluß einer Versicherungspolice mit ärztlicher Versorgung zu verwechseln. Wer zu umfangreichen Recherchen nicht in der Lage ist, wird niemals erfahren, worum es bei dem Paket eigentlich geht (Subventionierung der Versicherungsbranche durch die Einführung einer mit Strafbestimmungen versehenen Pflicht, eine Versicherungspolice abzuschließen).

    Da kann man also nur fragen, was die Bevölkerung davon hielte, wenn es Zeitungen und Fernsehnachrichten gäbe, in denen sowas ernsthaft besprochen wird.

  10. @ Élise Hendrick

    Nur kurz zum Verständnis: ich widerspreche dir in den meisten Punkten gar nicht – ich sehe auch keinen Grund, auf Grund des Blogs eine Grundsatzdiskussion über die amerikanische Außenpolitik der letzten 50 Jahre zu führen. Auch dass die amerikanische politische Elite im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn rechter ist, ist bekannt und hat spezifisch amerikanische Gründe. Meine Verteidigung geschah auf Grund verschiedener Aussagen wie jener bspw:

    Dabei darf man jedoch nicht aus den Augen verlieren, daß sie in fast allen anderen Fragen – Krieg, Folterungen, Gesundheitswesen, Bürgerrechte – genau so rechtsaußen ist wie es ihre anderen Kollegen (von nur ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) sind.

    Diese Aussage fand ich inkorrekt und deshalb habe ich darauf reagiert. Ich verstehe die Aufregung nicht ganz; alles von dir geschilderte ist keine Neuigkeit und von mir auch nie als Ganzes widersprochen.

    Um dennoch auf ein paar Punkte einzugehen:

    Die Zustimmungsraten zur Gesundheitsreform mögen stimmen – die USA sind aber ein Land der Individualrechte und werden von der Kraft des Stärkeren/Lautesten getrieben. Und die Tea Party JüngerInnen sind momentan nun mal die Lauteren. Wir von dir bereits beschrieben, zählen Mehrheiten in den USA nicht zwangsläufig. Democracy American Style.

    Von dem Obama-Bashing, in den auch (wir) Linken gerne einstimmen, versuche ich mich pragmatisch zu distanzieren. Was erwarten wir denn? Er ist ja nicht der sozialistische Messiah, wie die rechten Medien so gerne propagieren. Er (wie auch Pelosi) ist nun auch Teil des politischen Mainstream und gewissen Restriktionen unterworfen – aber wenigstens kein McCain/Palin rechtskonservativer Haufen.

  11. @Élise:
    Klar in ich mir über die Signalwirkung bewußt, befürchte aber, das sie überbewertet wird und sogar kontraproduktiv für den Feminismus sein könnte.
    Pelosi kann man als weiteres Beispiel dafür sehen, daß Frauen eben nicht automatisch alles anders und/oder besser machen, sondern eher ein neues Aushängeschild für alte Inhalte (die zu erörtern oder zu bewerten hier den Rahmen sprengen würde).

  12. Diese Aussage fand ich inkorrekt und deshalb habe ich darauf reagiert. Ich verstehe die Aufregung nicht ganz; alles von dir geschilderte ist keine Neuigkeit und von mir auch nie als Ganzes widersprochen.

    Das war eigentlich keine Aufregung. Ich wollte nur klarmachen, daß es eine ziemlich Kluft zwischen ihrer medialen (Selbst-)darstellung und ihren politischen Präferenzen im Vergleich zu den gesamtgesellschaftlichen Einstellungen. Hier in den Staaten wird nämlich jeder Politiker, der gelegentlich mal weniger als 20 Grad rechts der Mitte ist, sofort von Medien wie Politik als „linksextrem“ eingeordnet (was im Verhältnis zum zulässigen Schmalband-Spektrum nicht ganz falsch ist). Letzten Endes ist sie durch und durch Mainstream-Politikerin – sonst wäre sie gar nicht zur Sprecherin gewählt worden.

    Von dem Obama-Bashing, in den auch (wir) Linken gerne einstimmen, versuche ich mich pragmatisch zu distanzieren. Was erwarten wir denn? Er ist ja nicht der sozialistische Messiah, wie die rechten Medien so gerne propagieren. Er (wie auch Pelosi) ist nun auch Teil des politischen Mainstream und gewissen Restriktionen unterworfen – aber wenigstens kein McCain/Palin rechtskonservativer Haufen.

    Hier in den Staaten wird so ziemlich jeder Versuch, inhaltlich über Obamas Politik zu diskutieren, zu „Obama-Bashing“ erklärt. Wer darauf hinweist, daß er schon im Landesparlament Illinois ein sehr lobbyistenfreundlicher Mainstreampolitiker gewesen ist, kommt danach gar nicht mehr zu Wort. Viele haben sich ein (mediengestütztes) Bild von Obama gemacht, über das er sich selber gerne lustig macht, und wollen auch angesichts der konsequenten Fortsetzung des größten Teils der Politik von Bush (2. Amtszeit) nicht davon abrücken. Darüber muß man diskutieren können.

    Ich habe schon während des Wahlkampfes darauf hingewiesen, daß es so kommt. Das war nicht nur an seinen Wahlkampfreden (die, die er vor den Geldgebern gemacht hat), sondern auch an seinem Team und seinem Lebenslauf eindeutig zu erkennen (in seinen Büchern sieht man auch so manches, was dieses Bild eigentlich zerstören müßte). Jetzt, wo ich und viele andere, die darauf aufmerksam machen wollten, auch recht behalten haben, will es keiner mehr wissen.

    Man muß einerseits berücksichtigen, daß er natürlich gewissen Systemzwängen unterliegt, aber andererseits darf man ihn nicht zum frustrierten progressiven Helden verklären, wie es leider in diesem Land sehr oft geschieht.

    Es gibt ganz gute Artikel zum Thema, v.a. von Paul Street, der die Entwicklungen seit dem Wahlkampf verfolgt und von Adolph Reed, der sich schon in den 1990ern mit Obamas Leben und Wirken (damals in Chicago) auseinandergesetzt hat. Sämtliche sind zu empfehlen.

    Das ganze hat zu einer Lähmung der ohnehin schwach organisierten linken Kräften in diesem Land geführt. Die Antikriegsbewegung kriegt kaum noch was auf die Reihe, und den anderen Teilen der Bewegung geht es auch nicht besser – alle haben entweder die sog. „Obamaitis“, oder sie haben Angst vor der Wut der Obama-Verklärer.

    http://www.zcommunications.org/znet/viewArticle/23556

    @Marcie: Gerade in den USA wird der Symbolismus permanent überbewertet. Was ja auch selbstverständlich ist, denn über Inhalte redet man nicht. Ich weiß noch, wie manche vermeintliche Feministinnen geschrieben haben, als Feministin müsse man die Clinton unterstützen, ganz egal, wie man ihre Politik finde. Auf diesem Niveau wird hier diskutiert.

  13. Ich weiß noch, wie manche vermeintliche Feministinnen geschrieben haben, als Feministin müsse man die Clinton unterstützen, ganz egal, wie man ihre Politik finde. Auf diesem Niveau wird hier diskutiert.

    Meinst du mit „hier“ in den USA oder in diesem Blog?

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