Rote Karte für Grabscher

Dieser Text ist Teil 39 von 41 der Serie Applaus für

Der Arbeitstag einer Kellnerin birgt oft unangenehme Überraschungen: anzügliches Schnalzen, Macker-Sprüche oder ungefragtes Anfassen. Bei Beschwerden winken die (oftmals männlichen) Vorgesetzten ab, verharmlosen den Vorfall oder glauben der Betroffenen erst gar nicht.

Als die Chefin eines kleinen Restaurants in Kalifornien (USA) vor drei Jahren eine Reihe von E-Mails erhielt, in denen Mitarbeiterinnen Belästigungen schilderten, war sie erst geschockt – und entwickelte dann gemeinsam mit den Kolleg*innen einen handfesten Plan. Applaus für Erin Wade – Köchin, Juristin und Mac’n’Cheese Restaurantbesitzerin – und ihr Team für diese einfache und sehr effektive Idee:

Das Team erarbeitete ein dreistufiges Alarmsystem, das die Süddeutsche so beschreibt:

»Stufe Gelb ist ein unangenehmes Gefühl oder ein Blick, der einen unwohl macht. Stufe Orange ist zum Beispiel ein anzüglicher Kommentar, der als Belästigung aufgefasst werden kann oder auch nicht, je nachdem wie er gesagt wurde, zum Beispiel ›Ich mag dein T-Shirt‹. Rot ist eine eindeutig sexuelle Bemerkung oder eine Berührung. (…) Bei Gelb bleibt es der Kellnerin überlassen, ob sie an dem Tisch weiter bedienen will oder ob ein Manager übernehmen soll. Sie muss nur sagen: »Gelb an Tisch drei, übernimmst du bitte?« Keine weitere Erklärung nötig. Bei Orange übernimmt der Manager sofort, bei Rot fordert der Manager den Gast auf, das Restaurant zu verlassen. «

Das System, das den Betroffenen vertraut und ihnen zumindest nach der Situation unbürokratisch Handlungsmacht verleiht, funktioniert reibungslos und wurde nach einiger Zeit auch auf rassistische Übergriffe ausgeweitet. Damit nicht genug: Da in den Diskussionen zum Alarmsystem immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass die Manager die Übergriffe in der Vergangenheit verharmlost hatten, ging Wade (vielleicht ein bisschen spät, aber immerhin) ein Licht auf und diversifizierte die Führungsebene, die vorher fast ausschließlich aus weißen Männern bestand.

Das Resultat? Heute muss Erin Wade richtig lange überlegen, bis sie sich daran erinnert, wann das letzte mal „Alarmstufe Rot“ war. So soll’s ja auch sein!

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