Aus der MacLife, Ausgabe 10/2011, haben wir ein Schmankerl zugeschickt bekommen, dass das abstrakte Konzept der „Privilegien“ schön illustriert. In der Zeitschrift wurden unter anderem die, im Internet bereits heiß diskutierten, Einstellungen des neuen Dienstes Google+ vorgestellt.
Hm, was also könnte „Other“ bedeuten? Außer der Möglichkeit, sich der Zwangseinordnung in unserer Zweigeschlechtlichkeit zu entziehen? Wer über den Tellerrand seines eigenen Landes blickt (Journalist_innen würden es auch recherchieren nennen), stellt etwa fest, dass nicht jedes Land nur zwei Geschlechter anerkennt. In Indien und Pakistan etwa ist „Other“ tatsächlich die Bezeichnung für ein drittes Geschlecht. Auch Australien hat jetzt eine dritte Kategorie eingeführt, „X“ genannt – der Kampf von Norrie im letzten Jahr scheint also etwas bewirkt zu haben.
Wer, wie hier anscheinend die Redaktion, über etwas ihm oder ihr unbekanntes stolpert, hat zwei Möglichkeiten. Zum Einen das Unbekannte in Google (die Suchmaschine) einzugeben oder sich z.B. in einer Bibliothek in der Genderliteratur zu informieren. Zum Anderen das einfach zu ignorieren und dann noch der ganzen Welt völlig selbstverständlich diese Ignoranz zu präsentieren. Ganz nach dem Motto: „passiert schon nichts, sind ja nur wenige von betroffen und ich gehöre nicht dazu“. So stellt man sein Privileg zur Schau.
Finde das Privilegien-Konzept irgendwie redundant da ein Privileg der einen Gruppe immer auch die Diskriminierung einer anderen beinhaltet. Insofern würde ich hier Klartext sprechen und sagen was eigentlich vorliegt: Strukturelle Diskriminierung im allgemeinen, im speziellen Fall Diskriminierung der „Others“ durch die Redaktion. Die Gendertheorien sind so schon schwierig genug zu erfassen, da muss man nicht auchnoch ständig neue Sachen einwerfen die schon bezeichnet sind, ansonsten wirds irgendwann zu wolkigen Gedankenspielereien wo kein Mensch mehr durchsteigt, denn in dem Fall würde ich es allen nachsehen wenn sie keinen Bock drauf haben sich zu informieren.
@Nandoo Den Begriff oder das Konzept Privileg wegzunehmen und sich nur auf „Diskriminierung“ zu beziehen hieße, eben nur den abweichenden Zustand zu benennen (eine sehr priviligierte Idee). Damit wäre der „Normalzustand“ aber nicht mehr fassbar und könnte nicht verändert werden. So als ob es nur Menschen und Homosexuelle gäbe. Oder Menschen und Frauen. Oder Menschen und Schwarze. Zum Rest des Kommentars: ?
Ich zitiere dich mal:“Wer, wie hier anscheinend die Redaktion, über etwas ihm oder ihr unbekanntes stolpert, hat zwei Möglichkeiten. Zum Einen das Unbekannte in Google (die Suchmaschine) einzugeben oder sich z.B. in einer Bibliothek in der Genderliteratur zu informieren.“
Warum machst du das also nicht und quitierst „den Rest“ mit einem Fragezeichen? Ganz offensichtlich habe ich das bewährte Sparsamkeitsprinzip angewendet das sich „Ockhams Rasiermesser“ nennt. Privilegierung beinhaltet immer Diskriminierung, also kann ich genausogut nur zweiteres bezeichnen, da ich ja auf die Beseitigung dieser abziele, was dann ersteres einschließt. Da nichts davon isoliert gedacht werden kann, müsste es streng genommen „privilegisierend-diskriminierend“ heißen um dann beide Seiten zu bezeichnen, aber das verwirrt nur unnötig und wirft Fragen auf, an einem Punkt wo der Begriff „Diskriminierung“ allgemein bekannt ist. Eigentlich klammerst du den „Normalzustand“ nur mutwillig aus dem Begriff aus, was ich als völlig sinnlos erachte, und das genau bezeichnet meinen letzten Punkt: Wieso sollte sich irgendjemand die Mühe machen wollen sich über Privilegien zu informieren, wenn diese implizit bereits mit dem Wissen über Diskriminierungen vorhanden sind? Die reinste Zeitverschwendung wenn du mich fragst.
@nandoo
dein kommentar macht jetzt irgendwie keinen sinn. der vergleich würde passen, wenn du „ockhams rasiermesser“ als begriff im kommentar verwendet hättest und wer auch immer auf deinen kommentar antwortet sich nicht die mühe gemacht hätte, diesen begriff zu googeln und mit „was auch immer das sein soll“ quittiert hätte, du hast ihn aber nicht verwendet.
den begriff kann ich googeln, deinen kommentar googeln, dass ich dann auf diesen begriff stoße, erscheint mir schwierig. googel ich übrigens „other“ krieg ich schon beim dritten suchergebnis etwas brauchbares:)
„Insofern würde ich hier Klartext sprechen und sagen was eigentlich vorliegt: Strukturelle Diskriminierung im allgemeinen, im speziellen Fall Diskriminierung der “Others” durch die Redaktion.“
und warum kommt es dazu? weil sich einige ihrer privilegien nicht bewusst sind. ist ja nicht so, dass jeder diskriminierung gleich vorurteile oder aggressionen zu grunde liegen würden, es ist auch oft einfach nur unwissenheit und fehlendes bewusstsein.
das privilegienkonzept ist praktischer, da muss der privilegierte nicht alle diskriminierungen auswendig lernen, sondern hat quasi ein tool und eine art zu denken mitbekommen, die für diskriminierungen sensibilisiert: du kannst jetzt natürlich versuchen eine vollständige liste von „other“ zu erstellen. ich persönlich halte es für leichter, bewusstsein dafür zu schaffen, dass man privilegiert ist, wenn man sich in „mann“ oder „frau“ einordnen kann.
@Nandoo Bereits dein erster Kommentar klang nach „Ich will mich nicht mit meinen (eigenen) Privilegien auseinandersetzen und mich informieren, aber das versteck ich dahinter, dass ich (allgemeine) Diskriminierung anerkenne.“ Das hattest Du in einem sehr langen und verschachteltem Satz gemacht, bei dem ich mir einfach nicht sicher war, wie der gemeint war. Jetzt hast Du meine Befürchtung bestätigt.
Privileg als Konzept bedeutet auch, sich selbst anzugucken und sein eigenes Handeln unabhängig von strukturellen Gegebenheiten zu überdenken. Ansonsten: Was alex schreibt.
Ockhams Rasiermesser kann beim Verfassen eigener Theorien und Texte hilfreich sein, ich würde aber dringend davon abraten, es auf einen feministischen bzw geschlechtsbezogenen Gesamtdiskurs anzuwenden und dementsprechend terminologische Einheitlichkeit einzufordern. Alternative Sichtweisen und Begriffsbildungen würden so ausgegrenzt, was nicht nur die Freiheit politischen und wissenschaftlichen Denkens einschränkt, sondern auch effektiv jeden Fortschritt verhindert.
Bei Begriffen wie Diskriminierung, oder auch Sexismus und Rassismus gibt es keinesfalls ein etabliertes Verständnis, auf das sich alle berufen würden, die den Begriff verwenden. Die Konfliktlinie verläuft hier meistens zwischen (tendentiell eher linken) makrosoziologischen Begriffen und (tendentiell eher rechten) psychologisch-mikrosoziologischen Begriffen. Die genannten Begriffe können eine (etablierte) Gesellschaftsstruktur beschreiben oder die (unmoralische) Handlung einer Einzelperson.
„Klartext“ zu reden sollte man den Möllemanns und Sarrazins überlassen, die abweichende Meinungen nur als dumm oder feindlich wahrnehmen können, weil sie ja schon im Voraus wissen, dass ihre Meinung die richtige ist.