Offener Brief: Kristina Schröder? Nicht meine Ministerin!

Den folgenden Offenen Brief an Kristina Schröder hat die Mädchenmannschaft mitunterzeichnet – unter nichtmeineministerin.de könnt Ihr das ebenfalls tun. Mehr auch unter #nichtmeineministerin und facebook.com/nichtmeineministerin.

Wir sind Menschen, die aus unterschiedlichen politischen Positionen sprechen, die mit Kindern leben oder ohne, die sich Karrieren wünschen, sie bereits machen oder auch nicht, die sich als Feministinnen und Feministen sehen oder auch nicht und wir haben etwas gemeinsam:

Wir fühlen uns von der für Frauen- und Familienpolitik zuständigen Ministerin Kristina Schröder nicht vertreten!

Kristina Schröder lässt uns mit unseren strukturellen Problemen alleine – neuerdings müssen wir uns in ihrem gerade erschienenen Buch „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ sogar sagen lassen, es handle sich bei diesen nicht etwa um problematische Rahmenbedingungen, sondern schlicht um individuelle Probleme und Aushandlungsprozesse.

Liebe Frau Dr. Schröder,

unser Problem sind nicht überkommene Rollenbilder, diktiert von „Feministinnen“, sondern weniger Lohn für gleiche Arbeit, fehlende Kitaplätze, gläserne Decken, die Gefahr von weiblicher Altersarmut aufgrund von Teilzeitarbeit, Niedriglohnsektor und geringfügiger Beschäftigung!

Wir haben großen Respekt vor individuellen Entscheidungen, gerade auch für ein Leben mit Kindern. Aber wir leben in einer Welt, in der Wahlfreiheit noch lange nicht hergestellt ist und in der meistens ein Einkommen nicht reicht, um eine Familie zu ernähren. Wir leben auch in einer Welt, in der Frauen mit Kindern nicht als vollwertige Arbeitnehmerinnen gelten. Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Schröder, halten wir die Lösung dieser Probleme aber nicht für eine private Frage des individuellen Verhandlungsgeschicks, sondern schlicht für strukturelle Diskriminierung, der politisch etwas entgegengesetzt werden kann und muss.

Wir fordern Sie auf: Tun Sie endlich, wofür Sie bezahlt werden – von unseren Steuergeldern! Machen Sie Politik für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf! Schaffen Sie Rahmenbedingungen, die echte Wahlfreiheit ermöglichen! Machen Sie den Weg frei für die Quote in Vorständen und Aufsichtsräten, denn ja: Auch angeblich symbolische Politik hilft uns als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern tatsächlich weiter! Setzen Sie sich für eine bessere Verteilung von Arbeit und Chancen zwischen den Geschlechtern ein und kämpfen Sie gegen die skandalöse Lohnlücke von 23 Prozent!

Anders als Sie sind wir nicht „vor allem von Feministinnen“ enttäuscht, sondern von Ihnen.

Wenn Sie gemäß Ihrer individuellen Überzeugung weiterhin vorhaben, die Bedeutung von struktureller Ungleichheit für die aktuelle Lage der Frauen in unserem Land zu leugnen, bitten wir Sie von ganzem Herzen: Machen Sie den Weg frei für eine Ministerin, die unsere Interessen endlich vertritt!

Erstunterzeichner_innen:

Claudia Roth, MdB
Renate Künast, MdB
Mädchenmannschaft e.V.
Terre des Femmes e.V.
Antje Schrupp
Kegelklub/ Die Piraten
Bettina Jarasch
Daniel Wesener
Monika Lazar MdB
Lisa Paus MdB
Wolfgang Wieland, MdB
Sven-Christian Kindler, MdB
Astrid Rothe-Beinlich MdL Thüringen
Simon Kowalewski, MdA Berlin
Anja Kofbinger, MdA Berlin
Dr. Susanna Kahlefeld, MdA Berlin
Clara Hermann MdA Berlin
Katrin Schmidberger MdA Berlin
Marianne Burkert-Eulitz MdA Berlin
Malte Spitz
Julia Schramm
Lena Rohrbach
Martina Flasch
Andreas Pittrich
Lotte Steenbrink
Daniel Schweighöfer
Birgitta Brockmann
Franziska Sauerwein
Stephan Urbach
Alina Friedrichsen
Laura Dornheim
Dr. Audrey Podann
Friederike Schwebler
Christoph R. Alms
Yvonne Weber
Carola Wesbuer
Dr. Melanie Kröger
Julia Brumm
Tilo Fuchs
Laura Törkel
Carola Scheibe-Köster
Annette Heppel
Nina Blinten
Paula Riester
Christian Honnens
Anne Körner
Brigitta Brockmann
Meike Berg
Claudia Schlenker
Stefan Lange
Sebastian Walter
Marion Böker
Karoline Killat

44 Kommentare zu „Offener Brief: Kristina Schröder? Nicht meine Ministerin!

  1. Eine gute Sache, insbesondere nach den neusten Schreckensmeldungen um das Buch von Kristina Schröder.
    Jedoch möchte ich anmerken, dass ich es schade finde, dass aus der Unerzeichner_innen-Liste so ein starker Grüne-Marker hervorgeht.

  2. Nachdem ich mich gestern so unglaublich (und mal wieder) über Frau Schröders Thesen aufgeregt habe, bin ich froh, dass es jetzt diesen Brief gibt.

  3. meine, egal welcher Marker. Hauptsache der Inhalt stimmt . Kann ich auch unterschreiben ? Wenn ja, wie ?

  4. Ich danke Frau Schröder für das Auslösen dieser klärenden Diskussion. Sie hat damit mehr erreicht als alles andere in der letzten Zeit. Gerne würde ich hier mitunterschreiben, wie es oben angekündigt ist.

  5. Vielleicht bewegt sich jetzt etwas in diesem Land, in dem so viel gemault, gejammert und weiter gemacht wurde.

    Viele Frauen nehmen das Betreuungsgeld als Affront war und die private Veröffentlichung des Ministerinnen-Buches als einen oben drauf. Vielleicht ist es jetzt genug und es wird gehandelt, der Druck erhöht und endlich Bedingungen geschaffen.

    Ich würde es uns allen wünschen

    Vielen Dank an die Initiative und auch an das weiter beharren trotz ständiger Widerstände.

  6. Könnte es sein, dass das Buch von Frau Schröder einfach nur von den heftigeren Problemen und Aktionen dieser schwarz-geld Regierung ablenken soll? Schon mal darüber nachgedacht?

  7. @Stefan Sperling: Dass diese Regierung noch andere Probleme hat, das wissen wir auch (danke, wir sind nicht blöd). Was trotzdem nichts daran ändert, dass diese Ministerin wirklich gar nichts sinnvolles gemacht hat und als Frauenministerin jetzt noch Frauen verhöhnt, indem sie ihre Probleme zur Privatsache und sich selbst als nicht zuständig erklärt. Von all den anderen Problemen, angefangen von der Extremismusklausel, bis hin zu rassistischen Ausfällen, hier noch nicht mal gesprochen.

  8. Auch wenn ich sonst keine große Freundin von Netz-Aktionen gegen bestimmte Personen (erinnert ein wenig an den Pranger) bin, hier habe ich unterschrieben. Als bald dreifache berufstätige Mutter reicht es mir, als Schmarotzerin staatlicher Subventionen dargestellt zu werden, weil ich meine Kinder in die KITA schicke. Ich bezahle schließlich für diese Leistung nicht unerhebliche Beträge und finanziere nebenbei auch unser Sozialsystem durch Steuern und Abgaben. Geld, das ja auch den Müttern/Vätern zu Gute kommt, die durch ihr Zuhause-Bleiben erstmal mit dem Finanzieren des Systems, von dem sie im Bereich Gesundheit und Alter ja auch profitieren, pausieren. Ich halte das auch durchaus für gerecht. Aber nun zu behaupten es gäbe durch das Betreuungsgeld nun endlich eine gerechte Anerkennung für Eltern, die Zuhause bleiben oder gar eine echte Wahlfreiheit – das ist schlichtweg zuviel von Seiten des Familienministeriums. Die FRauen hat Frau Dr. Schröder wohl schon ganz gestrichen…Danke an die Mädchenmannschaft für die rasche Reaktion und die Verbreitung. Grüße Hannah

  9. Es gibt noch diese Aktion der Bayern-SPD für mehr Kinderbetreuung statt Betreuungsgeld: https://petition.bayernspd.de/

    Der Aufruf der Grünen tut so, als sei es in erster Linie an Frau Schröder, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen:

    Machen Sie Politik für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf! Schaffen Sie Rahmenbedingungen, die echte Wahlfreiheit ermöglichen!

    Für Arbeits- und Sozialrecht, zum Beispiel für eine Abschaffung der 400-Euro-Jobs, wäre aber in erster Linie Ursula von der Leyen zuständig. Und in Sachen Ehegattensplitting hat Finanzminister Schäuble womöglich mehr Einfluss als Kristina Schröder.

    Die aktuelle Kombination aus 400-Euro-Jobs, Ehegattensplitting und kostenloser Mitversicherung von Hausfrauen ist fatal, aber daran würden Quoten kaum etwas ändern.

  10. genau – denn auch nicht-politik ist politik !

    ich habe mich sowieso gefragt, wieso ausgerechnet frau S. (so wohl ihr name seit der heirat) auf den posten dieses ministeriums „gehievt“ wurde – divide et impera,
    Frau Merkel ?!
    und ich frage mich auch täglich, was in dld. noch passieren muss (ausser Fukishima; Gundremmingen ist ja in dld.), damit wir* wieder u.a. für sog. gleichberechtigung auf die strasse gehen und protestieren, damit …

    vielleicht war/ist dieses buch von frau S. einfach/hoffentlich der sprichwörtliche tropfen, der das sprichwörtliche fass zum überlaufen gebracht hat.

    unbedingt : mitmachen und oponieren/protestieren ;)

    @ dT – ich wünsche dir viel spass/viel erfolg beim versteigern ;)

  11. ich habe mich sowieso gefragt, wieso ausgerechnet frau S. (so wohl ihr name seit der heirat) auf den posten dieses ministeriums “gehievt” wurde

    Proporz.

    Hessen und der rechte Flügel müssen ja irgendwie im Kabinett präsent sein.

  12. @Irene – danke für den hinweis ;)
    (öhm, ich kann/will das nicht beurteilen, weil … ich u.a. zu-/viele jahre in ausländern gelebt habe und z.B. dieses/solch ein proporz-pseudo-deutsches-politik-gerangel wenn dann nur meta-mässig versuche, so nebenbei, zu beobachten geschweige denn für mich metal „einzusortieren“)

  13. “ rassistischen Ausfällen, hier noch nicht mal gesprochen“

    @ Helga

    Wo hat sie denn rassistische Äußerungen getätigt?

    Man kann ja viel und auch zurecht an ihr kritisieren, aber einen solchen schwerwiegenden Vorwurf sollte man schon belegen. Sonst grenzt es schon an rufschädigung.

  14. @Marianne: Ich erinnere an ihre kruden Versuche, einen „reverse racism“ (oder wie sie es nannte: Deutschenfeindlichkeit) zu etablieren. Da zeigte sich leider, dass sie nicht mal verstanden hat, wie Diskriminierung funktioniert, nämlich durch Macht. Sie hat dabei immer wieder deutlich gemacht, dass Deutsche mit Migrationshintergrund, also ohne „deutsche Wurzeln“, irgendwie doch keine Deutschen sind und niemals sein können. Und das ist leider ziemlich rassistisch.

  15. @ Helga

    Nunja, in Schulen wo der Migrantenanteil hoch ist, ist diese Tendenz leider zu beobachten.

    „Schweinfleischfresser, Deutsche Nutten, Ungläubige Tiere usw“

    Neulich wurde ein deutsches Kind in Berlin verprügelt, weil es ein Deutschland Trikot anhatte,

    Das hat doch nichts mit Rassismus zu tun das anzusprechen.

    Selbst Linke in Kreuzberg haben davon die Nase voll. Sie sagen natürlich nicht, dass sie ihre Kinder ungern in Schulen mit vielen Migranten schicken wollen.

    Sie sagen: Die soziale Zusammensetzung gefällt uns nicht.

    So kann man es auch sagen.

  16. @Marianne: Nein. Auch wenn es Frau Schröder in den Duden befördert hat, gibt es keine empirische Basis für dieses „Problem“. Aus einzelnen Vorfällen ein Symptom zu zimmern, schafft also nicht nur die New York Times, sondern auch der Tagesspiegel. Gratulation. Dass sowas noch lange nicht stimmt, zeigte zuletzt das „Latte Macchiato-Mütter“-Phänomen, das Andrej Holm dann zerlegte.

    Was wir haben, sind jahrzehntelange Diskriminierung von Migrant_innen, wie zuletzt die Studie zu anonymen Bewerbungen zeigte – ausgerechnet von Schröders Ministerium. Was wir haben, sind unzählige Tote durch rechte Gewalt, aber Blindheit gegenüber Gruppen wie der NSU. Und wenn dann eine Person einmal „Scheiß-Deutscher“ sagt, soll es reversen Rassismus geben. Äh was? Und dass allzu homogene „soziale Zusammensetzung“ immer nur dann nicht gut sein soll, wenn in Klassen „zuviele Ausländer“ sind, aber nicht, wenn es um männliche Aufsichtsräte, Vorstände oder komplett „deutsche, weiße“ Klassen geht … da fehlen mir dann die Worte.

  17. Nachdem ich mich schon Freitag voller Inbrunst über dieses Buch aufgeregt habe, unterzeichne ich diesen Brief mit Freude!

    Gerade als (arbeitswillige) Mutter, stehe ich jeden Tag mit strukturellen Problemen im Konflikt. Und das soll, laut Fr. Schröder, mein privates Problem sein? Da qualmen mir die Ohren vor Wut.

  18. @marianne und alle die sich an ihrem kommentar aufhängen

    ist die frage, ob gesellschaftliche macht-/hierarchiestrukturen, die institutionen/verhalten/denken durchdringen, nicht situativ mal umgekehrt werden können. aus rache wegen eigener diskriminierungserfahrung z.B.

    ansonsten würde ich nicht verstehen, wieso es hier auf der mädchenmannschaft mal einen artikel zu umgekehrtem sexismus gegeben hat (lob eines abwaschenden lebensgefährten als „gut erzogen“ usw.)

  19. Ich finde die totale Ablehnung eines Betreuungsgeldes sehr kurzsichtig und realitätsfremd, wie viele Frauen, die mehr als ein Kind haben arbeiten noch..und die armen Kinder, die in schlechten Betreuungsstätten untergebracht werden….
    Das hat nichts mit veraltetem Frauenbild zu tun, davon distanziere ich mich…Das eigentliche Problem ist der Verfall der Löhne….Frau hat nicht mehr die Wahl sondern muss eigentlich arbeiten gehen….Von der SPD und den Grünen distanziere ich mich auch….Familienpolitk heißt in diesem Land nur noch Betreuungsplätze schaffen…
    Kinderarmut wird verleugnet…und falsche Fakten verbreitet…
    Ganz zu schweigen davon dass eine Frau mit einem Halbtagsjob dann für ein bisschen mehr als die Kosten der Betreuungsstätten arbeiten geht….
    Leute wacht auf, es müsste Geld genug gezahlt werden für Arbeit damit ein Lohn reicht was lange der Fall war und dann muss der Wiedereinstieg für die Frau gefördert werden….Wisst ihr eigentlich wie viele Kinder heute schon psychisch krank sind? Meinetwegen bleibt auch der Mann zu Hause…
    Und nicht Besserverdiener sollten vom Erziehungsgeld und vom Kindergeld profitieren sondern Familien mit Kindern die es wirklich brauchen….
    Unsere Politiker kennen die Realität nur als Theorie…

  20. Die Sache mit dem Betreuungsgeld wird nun schon seit längerer Zeit durch die öffentliche / veröffentlichte Meinung gezogen – ein Koalitionspartner tut dem anderen einen Gefallen (wegen seiner Klientel) und der dritte ist wieder gegen diesen Gefallen, dann wird ein Kompromiss gesucht, bis mama merkel ihr Machtwort spricht – kann mal jemand kompetent zur Sache reden ??
    Ich glaube, Daniela Jurcevic (23.4., 8:56 h) hat recht, was die Arbeits- und Zeit-Belastung von Frauen (und auch Männern!), die Kinder erziehen, betrifft. Und, fast noch wichtiger: Wie steht’s eigentlich mit der frühkindlichen Entwicklung, was das Alter 1 – 3 Jahre angeht? Dass ständig wechselnde Bezugspersonen nicht gut sind, ist aus der Kinder-Psychologie bekannt – aber es muss auch nicht unbedinbgt die leibliche Mutter sein …
    Wer garantiert, dass in KiTa’s für jede „Generation“ zu betreuender Kinder qualifizierte, gut bezahlte Erzieherinnen arbeiten, die auch in ihren Gruppen bleiben (können – oft wollen die’s ja, aber können/dürfen nicht!), bis die Kinder mindestens 3 Jahre alt sind?
    Ich finde, das wäre mal eine Aufgabe für eine Familienministerin! Ich glaube allerdings, die wird nicht Schröder heissen … PS: Ich hab auch unterschrieben …

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