Liebe Justizministerin Dr. Katarina Barley: #wegmit219a

Liebe Justizministerin Dr. Katarina Barley,

Wir Aktivist*innen, Bürger*innen, Jurist*innen, Mediziner*innen, Politiker*innen, wir, die sich für eine ersatzlose Streichung des § 219a aus dem Strafgesetzbuch vielfältig, kreativ und ausdauernd seit über einem Jahr einsetzen, schreiben als Justizministerin, die bis Herbst einen Kompromissvorschlag angekündigt hat, an. Wir sind die Vielen, die gerade auf Sie hoffnungsvoll schauen.

Wir können keinen Kompromiss akzeptieren, denn der Kompromiss wird auf dem Rücken unserer körperlichen Integrität und Selbstbestimmung ausgetragen!

Feministischer Gegenprotest gegen den antifeministischen und rechts-konservativen “Marsch für das Leben” in Berlin, 2018. Die Forderung: Nicht nur §219a muss weg, sondern auch §218!

Wir skandalisieren die Anklagen gegen die Ärztinnen, die angefeindet und angezeigt werden, weil ein einziges Wort auf ihren Homepages steht: SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH!

Wie oft sollen wir noch auf die Straße gehen, während Frauen und schwangere Personen gerade nach sachlichen Informationen im Internet suchen und auf nicht sachliche Informationen stoßen und schmerzhaft erkennen müssen, wie bevormundet und eingeschränkt sie dabei werden und feststellen müssen, dass sie sich in keiner für sie politisch gewollten Unterstützung wiederfinden?!

Wie laut sollen wir noch werden, während Ärztinnen, die nach § 219a StGB angezeigt oder bereits verurteilt wurden, die Arbeit der Regierung der Großen Koalition übernehmen und bereit sind den Weg auf eigene Kosten bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen, damit sich unsere Situation verbessert?!

Schwangerschaftsabbrüche gehören zu unserem Leben.

Wir wollen in einer Gesellschaft leben, die uns wie mündige Bürger*innen behandelt und uns unsere Menschenrechte nicht länger verwehrt. Wir wissen selbst, was gut für uns ist und unser Kampf um reproduktive Rechte, sexuelle Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit zeigt uns, dass wir immer noch abgewertet, diskriminiert und stigmatisiert werden.

Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen und sachlich informieren und schwangere Personen werden durch § 218, § 218a, § 218b, § 218c und § 219, § 219a sowie § 219b StGB – nach den Straftatbeständen Mord und Totschlag im Strafgesetzbuch verankert – immer noch bevormundet und in ihrer Informationsfreiheit eingeschränkt. Uns wird durch dieses Konstrukt immer noch abgesprochen, dass wir selbst über unsere Körper entscheiden können.

Wie lange wird uns der Mythos der Gleichberechtigung noch erzählt?

Wir wissen, dass Frauen und Queers rechtlich immer noch nicht gleichberechtigt sind und deshalb schauen wir auf Sie und wir vertrauen darauf, dass Sie uns im Winter nichts weniger als die ersatzlose Streichung des § 219a StGB verkünden werden!

in großer Zuversicht,

die Mädchenmannschaft

(Die Briefvorlage ist von Stephanie Mia Schwanz, die am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und zu § 219a StGB forscht.)

Du kannst die Vorlage sehr gerne ausdrucken, bei Bedarf verändern, den offenen Brief unterschreiben und diesen an das Bundesjustizministerium senden. Oder das Online-Kontaktformular nutzen. 

Die Postanschrift lautet:
Dr. Katarina Barley
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher*innenschutz
11015 Berlin


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