„Frauen arbeiten halt öfter Teilzeit, wollen gar nicht Karriere machen und haben eh das Falsche studiert.“ Wenn es um das Gender Pay Gap geht, kommen derartige Erklärungen schneller als das Amen in der Kirche. Diesen Annahmen gehen seit einiger Zeit Nancy M. Carter und Christine Silva auf den Grund und zerlegen eine nach der anderen.
Im letzten Jahr zeigten sie auf, dass Frauen bereits ab dem ersten Tag im Job weniger Geld verdienen als Männer – bei gleichen Karriereambitionen. Auch die oft zitierte Erziehungsauszeit spielte da noch keine Rolle. Eine damals in den Kommentaren aufgeworfene Frage beantworten Carter und Silva in einer neuen Studie. Verhalten sich Frauen vielleicht anders? Nein, so die Autor_innen. Selbst „alles richtig zu machen“ helfe Frauen einfach nicht so viel wie ihren männlichen Kollegen.
Dieses Mal untersuchten sie die Verhaltensstrategien von über 3.000 MBA-Absolvent_innen, die nach ihrem Abschluss durchgängig Vollzeit gearbeitet hatten. Als mögliche Karrierestrategien zählen sie z.B. das Sichtbarmachen der eigenen Erfolge, das Übernehmen möglichst vielfältiger Aufgaben oder Ausschau zu halten nach besseren Stellen im eigenen Unternehmen und außerhalb.
Die größten Karrieresprünge schafften Männer, die eine Vielzahl an Strategien verwendeten. Für Frauen sah das Bild leider düsterer aus: „Alles richtig zu machen“ zahlte sich nicht aus, sondern bedeutete die gleiche Entwicklung wie „etwas zu machen“. Und wieder einmal schnitten sie, gemessen an den gleichen Strategien, durchweg schlechter ab als ihre Kollegen.
Die Strategien, die am meisten halfen, spiegeln oberflächlich betrachtet alte Klischees wieder. Frauen müssen mehr auf ihre Erfolge aufmerksam machen, während Männer ihre Arbeit mit nach Hause nehmen oder in eine andere Firma wechseln – eine Strategie, die bei Frauen sogar vergleichsweise Einkommenseinbußen bedeutete. Aber: Die befragten Frauen gaben sogar häufiger als Männer an, auf ihre Erfolge zu verweisen. Bescheiden waren sie auch nicht, wenn es um Gehaltsverhandlungen ging. Es zahlte sich nur nicht in Gehaltserhöhungen aus.
Wichtig seien die Ergebnisse vor allem für Firmen und Organisationen so Carter und Silva. Sie müssten kritischer schauen, dass (unbeabsichtigte) Vorurteile nicht die Einstellungsprozesse beeinflußen. Außerdem müssten neue Wege gefunden werden, um Stereotype nicht in Personalentscheidungen einfließen zu lassen. Wann das tatsächlich Frauen mit Karriereambitionen hilft, bleibt abzuwarten.
Kleiner Rechtschreibfehler in der 3. Zeile:
Frauen haben nicht Flaschen, sondern das Falsche studiert :)
(also nach dem Spruch jetzt, nicht nach mir)
Endlich hab ich jetzt ne Studie, auf die ich bei diesen nervtötenden Diskussionen verweisen kann. Danke für den Link und den Artikel!
@Khaos.Kind: Ja, danke, ist verbessert. Ich Flasche :D
Es is halt das alte Problem: Ein Unternehmen wird immer alle so gering wie irgend möglich bezahlen, Frauen verhandeln niedriger weil sie eher auf Zurückhaltung sozialisiert sind, entsprechend kommen diese Statistiken zustande. Bei den Firmen anzusetzen ist glaube ich der falsche Weg weil diese ja entgegen eigener Prinzipien handeln müssten. Das Dilemma ist echt schwierig, so gute Ratschläge wie „Sie müssten kritischer schauen“ sind doch eher wertlos weil kein wirtschaftlich agierndes Unternehmen nach der Prämisse „Gleichberechtigung“ handelt sondern Profitmaximierung im Sinn hat.
@Nandoo:
„Frauen verhandeln niedriger weil sie eher auf Zurückhaltung sozialisiert sind, entsprechend kommen diese Statistiken zustande“
dachte ich auch, aber im text steht doch:
„Bescheiden waren sie auch nicht, wenn es um Gehaltsverhandlungen ging. Es zahlte sich nur nicht in Gehaltserhöhungen aus.“
Die Frage, wie genau die Gehaltsverhandlungen aussahen, wird hier leider nicht geklärt (vielleicht dann ja in der nächsten Studie). Tatsächlich gibt es auch ein „Negotiation Gap“, also Unterschiede in den Verhandlungen und Frauen verlangen weniger – aber nicht nur, weil sie auf Zurückhaltung sozialisiert sind, sondern auch, weil sich für mangelnde Zurückhaltung wiederum bestraft werden vgl. http://www.salon.com/2007/07/30/negotiation_gap/
@Helga – so hatte ich das u.a. auch verstanden. also ne „ganz tolle“ sog. catch22-situation („damned if they do, damned if they don’t“)
1. @Nandoo „…weil kein wirtschaftlich agierndes Unternehmen nach der Prämisse “Gleichberechtigung” handelt sondern Profitmaximierung im Sinn hat.“ Aber auch wirtschaftliche Aspekte sollten für eine gerechte Vergütung sprechen – wenn Die weiblichen Bewerber genau so gut, aber billiger sind, sollte ich mehr davon einstellen, wodurch sie teurer würden usw. Dieser Markt funktioniert anscheinend nicht, da es für Chefs oft nicht nur um „Gewinnmaximierung“ geht, sondern anscheind auch um anderes, vielleicht unbewusst auch um „soziale“ Aspekte wie „er muss die Familie ernähren und braucht daher mehr Geld“.
2. Obwohl ich dem Artikel voll zustimme, studieren Frauen natürlich oft „das Falsche“ -bezogen auf Gehaltserwartungen. Es macht mich richtig wütend, wenn ich Mädchen höre, die gerne „was mit Menschen“ machen wollen und Jungs, die „was mit Computern“ machen wollen, da das das 10 Jahre später gerne 40000 brutto Unterschied sind, aber eine Änderung ist hier leider kaum in Sicht.