Die Lage der amerikanischen Ureinwohner ist auch im Jahre 2010 vielerorts noch prekär. Besonders die Anzahl von Gewalttaten ist in vielen Reservaten überdurchschnittlich hoch. Jede dritte indigene Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben vergewaltigt, fast jede Betroffene erfährt dabei noch weitere Prügeleien und auch Waffen werden häufig eingesetzt. Diese Zahlen liegen deutlich höher als bei anderen Bevölkerungsgruppen. Da bis heute viele Ureinwohner_innen der Regierung misstrauen, fürchten Aktivist_innen, dass die Dunkelziffer noch schlimmer aussehen könnte.
Aufgrund der komplizierten Zuständigkeiten von Bundes- und Stammespolizei werden jedoch nur die wenigsten Fälle verfolgt. Während die Befugnisse der Stammespolizeien auf die indigenen Bewohner_innen der Reservate beschränkt sind, kommen 86 Prozent der Vergewaltiger von außerhalb und können nur von der Bundespolizei überprüft werden. Diese untersucht aber gerade einmal jeden zweiten Vorfall der in Stammesgebieten geschieht, bei Sexualstraftaten liegt die Quote noch einmal deutlich niedriger. Trotz rechtlicher Regelungen ergab sich so ein praktisches Schlupfloch, dass selbst im 21. Jahrhundert die amerikanischen Ureinwohner_innen verletzlich gegenüber Übergriffe machte.
Gestern nun unterzeichnete Präsident Barack Obama den Tribal Law and Order Act, der die Befugnisse der Stammespolizeien ausweitet. Sie können z.B. künftig alle, auch Nicht-Ureinwohner_innen, verhaften, die auf Ureinwohnergebieten eine Straftat begehen. Außerdem soll die Zusammenarbeit der Polizeien verbessert werden, sowie Polizist_innen und Mitarbeiter_innen von Reservatskliniken im Umgang mit Opfern und Indizien von Sexualstraftaten geschult werden. Auch die immer stärkere Ausbreitung von Drogenkartellen, die die prekäre rechtliche Lage in den Reservaten ausnutzen, soll eingedämmt werden.
Nach einem Bericht von Amnesty International, das die unhaltbaren Zustände öffentlich kritisierte, wurde an dem Gesetz seit drei Jahren gearbeitet und im Juni zunächst einstimmig vom Senat beschlossen. Mitte Juli passierte es auch das Repräsentantenhaus, wurde dort aber von 92 Republikaner_innen abgelehnt, die gerne einen zweiten Senatsbeschluss sehen wollten.