Fünf-Minuten-Coaching

Gestern war Equal Pay Day und ich habe mich ins Frauengetümmel im Hamburger Museum der Arbeit gestürzt. Dort fand der Weltrekordversuch im High-Speed-Coaching statt: 56 Coaches machen 1000 Frauen in 12 Stunden für Gehaltsverhandlungen fit. Und das sah so aus:

Auf den ersten Blick sehe ich jede Menge Kameras, ein paar Männer und viele, viele Frauen. Als ich mich um 12.30 Uhr in die Liste eintrage, bin ich Nummer 238. 1000 Frauen sollen es bis 19 Uhr werden. Obwohl ganz schön viel los ist, bin ich nicht sicher, ob sie das schaffen. Ich schlendere ein bisschen umher, schaue mir Prospekte an Infoständen an, werfe einen Blick auf einen Stand mit roten Taschen und stelle mich schließlich in die Coachingreihe. Ziemlich schnell spricht mich eine Frau an, stellt sich als Barbara Graber vor und führt mich an einen kleinen Tisch.

Vorab sollte ich mir eine Frage überlegt haben, denn mehr als fünf Minuten Zeit bleiben bei High-Speed nicht. Trotzdem habe ich nicht den Eindruck, dass hier die Zeit drängt und ich möglichst schnell abgefertigt werden soll. Ich will wissen, wie ich mich als freie Journalistin auf dem Honorarmarkt nicht unter Wert verkaufe. Barbara Graber fragt mich nach Themen, auf die ich spezialisiert bin und was ich außerdem für Fähigkeiten und Eigenschaften zu bieten habe. Zuverlässigkeit und Ideen abseits des Mainstreams fallen mir ein. Sie notiert sich ein paar Punkte und rät mir, mich bei Gehaltsverhandlungen auf diese Vorteile als Argumente für ein entsprechendes Honorar zu stützen. Wir entwerfen noch grob eine Szene, in der ich ein Gehalt verhandele und dann gibt sie mir außerdem die Emailadresse einer anderen freiberuflichen Journalistin mit. Mit der könnte ich mich austauschen, sagt Graber.

Wirklich neu sind Grabers Tipps für mich nicht. Sich über die eigenen Stärken klar zu werden, scheint nun mal die Coaching-Strategie schlechthin zu sein. Worauf es hier beim Equal Pay Day – neben der Schaffung eines Bewusstseins für Lohnungleichheit – viel mehr anzukommen scheint, ist das Netzwerken. Das betont auch Sabine Asgodom, neben den Business and Professional Women (BPW), Initiatorin der Veranstaltung und bestsellernde Coaching-Autorin. „Für die heutige Veranstaltung habe ich nur zwölf Adressen angeschrieben und siehe da, 56 Coaches aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind heute nach Hamburg gekommen“, sagt Asgodom. Kontakte knüpfen zu Menschen, die die gleichen Interessen, das gleiche Anliegen, ähnliche Ziele verfolgen – so lassen sich Fragen beantworten, Unsicherheiten überwinden und schließlich auch ganz allgemein Dinge verändern – vielleicht sogar bis zur gerechten Lohnverteilung.

Also stecke ich die Emailadresse, die mir „mein“ Coach in die Hand gedrückt hat, in meine rote Tasche. Ich bin zwar nicht unbedingt klüger was Gehaltsverhandlungen angeht, aber womöglich um einen spannenden Kontakt reicher.

Übrigens, ein Interview mit einer der Organisatorinnen des Equal Pay Days, könnt ihr bei jetzt.de lesen. Tipps für die eigene Gehaltsverhandlung gibt es bei karriere.de. Und Tarifverträge könnt ihr euch bei der Hans-Böckler-Stiftung anschauen.

5 Kommentare zu „Fünf-Minuten-Coaching

  1. Die zentrale Frage, die ich mir immer wieder stelle: wie trete ich in Gehaltsverhandungen auf? Ich denke, da liegt das Hauptproblem für uns Frauen. Sagen wir gerade heraus, was wir wollen, gelten wir als zu ehrgeizig und rücksichtslos. Bitten wir freundlich um mehr Gehalt, nimmt uns keiner ernst.

  2. @ Patricia: Deswegen ist wohl der wichtigste Tipp, dem man einer Frau mit in die Gehaltsverhandlung geben kann: „Es muss dir schnurzepiepe sein, was die anderen über dich denken. Und verlange so viel, wie ein Mann verlangen würde.“

  3. “Es muss dir schnurzepiepe sein, was die anderen über dich denken.“
    Erster Fehler. Immer.

    „Und verlange so viel, wie ein Mann verlangen würde.”
    Zweiter Fehler. Wieviel würde denn ein Mann verlangen?

    Mädchen, das läuft schon etwas anders. Könnt Ihr einem Mann glauben.

    Pokerface, z.B., ist das A und O.

  4. @Patricia:

    Als allererstes sollten Frauen sich dieses unsägliche Klein-Mädchen-Grinsen verkneifen. Ist nicht bös gemeint, aber Frauen (z.B. Kolleginnen) machen das oft so.

    Mal davon abgesehen, dass es irgendwann einfach nervt, weil man das Gefühl hat, man hätte es mit einem Kind zu tun, impliziert es Opferstatus und eine „Mit-mir-kann-man-alles-machen“-und-„Ich-lass-mich-hier-so-mitschleifen-„Mentalität.

    Mit „alles machen“ meine ich: sich z.B. auch in Gehaltsverhandlungen klein machen und abwatschn lassen.

    Ich denke tatsächlich, dass es auf Verhandlungsgeschick ankommt, aber insbesondere auch darauf, dass du auch wirklich beste Arbeit leistest und nicht etwa mit einer „Ach-ich-probiers-jetzt-mal“-Laune in die Verhandlung gehst.

    Du selbst musst felsenfest davon überzeugt sein, dass deine Arbeit deutlich mehr wert ist – ganz egal, ob du schon mehr als gut verdienst.

    Ich z.B. beginne die meisten Verhandlungen mit der Eingangsfrage danach, ob mein Vorgesetzter zufrieden mit meiner Arbeit ist. Da er es ist – ich weiß das – kann ich ihm nach seiner wohlwollenden Zustimmung eröffnen, dass wir aber natürlich künftig noch besser sein müssen (woraufhin ich ihm dies mit Zahlen, Fakten, Ist-Soll, Perspektiven und möglichst aktuellen Marktzahlen belege, auf die die genannten Punkte aufbauen).

    Das stellt ihm in Aussicht, was er von mir für mehr Patte erwarten kann, ist aber auch gleichzeitig eben Message an ihn: „Wenn du das willst, kostet dich das was. Gute Arbeit kostet Geld. Viel bessere Arbeit kostet viel Geld. Wenn du dich das nichts kosten lassen willst – auch gut. Dann mache auch ich weiter wie bisher, bzw. schaue mich nach was Neuem um, wenn mir mein Posten nicht mehr schmeckt.“ Noch bin ich jung genug, um mir diese Arroganz raus zu nehmen.

    Zum Habitus:
    Ich lächle eigentlich meist gar nicht, selbst bei einem seiner „lustigen Sprüche“ (mit denen er dich schon mal vorab auf die „private kumpelhafte Ebene“ ziehen will) ziehe ich nur leicht einen Mundwinkel zur Bestätigung für sein Ego hoch. Egal, wie der sich bei dir einschleimt – das ist keine Grillparty. Morgen , wenn ich wieder am Schreibtisch sitze, ist seine „Grillparty“ vorbei und Pustekuchen ist’s mit „Kumpelstimmung“.

    Klar bin ich nervös und angespannt, wenn ich da sitze, aber jede Wette: Der merkt nichts davon, ich bin die Ruhe selbst. Ich weiß nicht, ob man das „üben“ kann, denke aber, dass diese Art von Souveränität dich äußerlich schon mal von einem Newbie oder Youngster unterscheidet.

    Ach ja: Ich bin fest der Meinung, dass Frauen (aber auch Männer mit höherer Stimme) versuchen sollten, die Stimmlage etwas runter zu drücken. Natürlich nicht so, dass du klingst, wie ’ne chinesische Schwimmathletin ;-) – außerdem muss jede selbst wissen, ob sie das „Stück Frausein“ dafür „hergibt“.

    Was soll ich sagen – bisher bin ich immmer mit Erfolg, breitem Grinsen und tieeefer Stimme rausgegangen.

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