Da gibt es einen Menschen, dessen Fußspitzen in meinem Leben sind. Der meint es gut, wenn er sagt: “Für mich bist du nicht behindert. Ich behandle dich wie alle anderen.”. Der denkt, das sei Inklusion und schließlich sei genau das ja das, was alle™ immer™ wollen.
Ich frage mich, was „anders behandelt werden“ ist und, ob es das ist, was er tut, wenn er meine Behinderungen aus seinem Blick auf mich unterschlägt und mich anspricht, wie alle Menschen, die er kennt. Und ich nicht. Weil wir nicht im gleichen Umfeld leben.
Was meint “anders behandeln” für ihn?
Er sagt, es ginge um Samthandschuhe, extra viel Rücksicht und spezielle Sprachen. Er sagt, es ginge darum über Dinge nachzudenken, die mich im Besonderen fokussieren.
Er wird nicht konkreter und lässt mich damit in der Luft hängen.
Ich weiß nicht, in welchen Aspekten unseres Miteinanders ich ihn nun um Rücksicht bitten kann bis er meint, der Punkt von “extra viel Rücksicht” sei erreicht. Seine Sprache ist für mich schon immer eine spezielle Sprache.
Ich behandle ihn immer anders, weil er nicht auf die gleiche Art begrenzt ist wie ich.
Mein Standard ihm gegenüber in Ansprache und Miteinander ist für mich von Anfang an ganz klar ein spezieller gewesen, nicht ausschließlich, aber doch schon, weil er ein Mensch ist, der anders ist als ich. Wie alle anderen Menschen auch.
Am Ende ist es eine Frage des Bewusstseins um diese Unterschiedlichkeit, die alles verändert und vor der er sich sträubt, weil er Unterschiede anzunehmen für einen falschen Akt hält und das Gegenteil einer subjektiv wahrgenommenen Massenbewegung von ihm generell als richtiger eingestuft wird.
Das heißt, dass ich vor ihm und seinen über Sprache für mich unklar ausgesprochenen Grenzen in der Luft hängen bleibe ist okay, weil mir über konkretere Sprache und darüber extra freigesetzte Rücksicht geholfen werden würde, was ich, laut seinen Annahmen über die Dinge, die “die Behinderten” so fordern, ja gar nicht wollen kann, weil ich ja selbst und eigenständig klarkommen will.
Was wiederum in seinem Leben bedeuten würde, sich ganz selbstverständlich einzufordern, eine konkrete Ansage zu bekommen – in seinem Urteil über meine Forderungen hingegen etwas anderes ist. Weil ich ja die Behinderte bin und „Behinderte ja immer irgendwas fordern, was man aber nicht zu hundert Prozent geben darf, weil eigentlich…“.
Der Mensch meint es gut, weil er mich gut findet. Vielleicht auch, weil meine Performance und mein Körper eigentlich gar nicht behindert wirkt [whatever that means?!]. Weil ich ja trotzdem ganz viel schaffe. Wobei er die Dinge, trotz derer ich Dinge schaffe, noch nie mit- und/oder selbst erlebt hat.
Und während ich mich in ihn und seinen Blick auf mich hineinversetze und mit Samthandschuhen, extra viel Rücksicht, ob seiner Defizite in der Perspektive auf mich und Behinderte allgemein, eine spezielle Sprache benutze, um mit ihm einen halbwegs respektvollen Umgang zu leben, labelt er seine bewusste und gezielte Ignoranz als Akt der Inklusion.
Und da fragt er sich in einem späteren Moment, warum es ein Ding für mich ist, als Behinderte in Kontakt zu treten mit denen, die sich als Nichtbehindert sehen …
long story short:
Inklusion ist nicht, wenn es egal ist, ob man mit einer Behinderung lebt [insert also: gender, ‘race’, class, age, religious beliefs, bodyform, habitus, status and all I’ve missed here], sondern, wenn die Unterschiedlichkeiten eines jeden Menschen keinen Unterschied in Bezug auf die volle Gewährung und Erfüllung von Menschenrechten macht.
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