Ab morgen bis zum 25. Mai können Staatsbürger_innen der EU-Staaten das Europäische Parlament wählen. Insgesamt werden 751 Europa-Abgeordnete entsandt, die dann für die nächsten fünf Jahre im Parlament sitzen. Es ist die erste Europwahl nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon. In diesem wurde maßgeblich festgelegt, dass das Europäische Parlament mehr Einfluss innerhalb der EU bekommt. Auch wählt nun das Europäische Parlament den_die Präsident_in der Europäischen Kommission.
In der letzten Woche hatten wir über Facebook und Twitter gefragt, ob es Artikel und_oder Themen gibt hinsichtlich der Wahl, die ihr interessant findet bzw. Aspekte, die ihr als wichtig empfindet. Ganz so ergiebig war der Rücklauf nicht – aber ich muss auch selbst zugeben, ich habe bewusst in den letzten zwei Wochen die Augen offen gehalten, aber wenig Spannendes_Tiefgehendes_Feministisches entdeckt.
Offline empfehle ich das an.schläge-Magazin, dessen aktuelles Heft sich schwerpunktmäßig mit der EU auseinandersetzt. Brigitte Theißl macht sich dort auf die Suche nach Feminismus im Brüsseler Parlament. Ulrike Lunacek von den österreichischen Grünen wird zur parlamentarischen Arbeit interviewt, und Felicitas Schwartz verdeutlicht wie stark die Rolle des Anti-Feminismus in den europäischen rechten Parteien ist. Online nachzulesen ist Elisabeth Klatzers Plädoyer: „Ein anderes Europa ist möglich“.
Mehrere Artikel in der an.schläge beschäftigen sich mit dem Verhältnis EU und Asylsuchende, dabei wird auch darauf hingewiesen, dass in der (auch sonst auf vielen Ebenen kritisierbaren) EU-Asylgesetzgebung geschlechtsspezifische Bedürfnisse ignoriert werden und Frauen auch eine wichtige Rolle in der aktuellen Refugee-Bewegung einnehmen. Die tagesschau hat sich angeschaut, wie denn die größeren in Deutschland zur Wahl stehenden Parteien zu Fragen rund um Flucht und Asyl stehen.
Die taz (ja, jene Zeitung, die trotz der eigenen Inhalte eine Anzeige, der AfD abdrucken kann) hat noch vor zwei Wochen zum Thema Rechtspopulismus geschrieben: „Ihre Währung ist der Hass. Der Erfolg der Rechten hat seinen Grund aber in den Ressentiments der bürgerlichen Mitte in ganz Europa.„
Auf der anderen Seite gibt es aber auch spannende Parteien. So berichtet ebenfalls die taz von der feministischen schwedischen Partei „F!“, die sich gute Chancen bei der Wahl ausrechnet. Oder aber die französische Partei FPES (féministes pour une europe solidaire).
Was habt ihr noch gelesen? Oder was ist euch wichtig? Welche Gedanken habt ihr zur anstehenden Wahl?
Ergänzung: Der LSVD hat noch Wahlprüfsteine zu LGBT-Rechten veröffentlicht. Der Blog der Deutschen Aidshilfe sprach mit dem Geschäftsführer von Transgender Europe darüber, welche Themen bei der Europawahl eine Rolle spielen.
Danke für den Artikel, auch wenn er eher Aufruf zur Selbstreflexion ist – solche Anstöße kann es ja nicht genug geben!
Ich bin immer noch sehr hin- und hergerissen, ob ich überhaupt gültig wählen kann – für die EU! Denn irgendwie ist ja jede Stimme ein Anerkennen des Systems, eine Zustimmung zum Procedere. Gerade Europa kann und will ich aber nicht anerkennen oder zustimmen, insbesondere wegen der menschenverachtenden Asylpolitik aber auch wegen der sonstigen Macht- und Entscheidungsstrukturen, die ich für hochproblematisch weil zutiefst kapitalistisch halte.
Andererseits: die von Charlott auch angesprochene Haltung der Parteien zur Asylpolitik der EU könnte gerade ein Grund sein, eben doch zu wählen, nämlich eine Partei, die sich dazu sehr deutlich positioniert und von der zu hoffen ist, dass sie an diesem Punkt „Stress“ macht im Parlament.
Ich bin da persönlich mit meiner Entscheidungsfindung noch nicht am Ende und werde vielleicht auch erst ganz spontan in der Wahlkabine sehen, ob ich ein Kreuzchen in’s Kreischen mache oder ein „Festung Europa sprengen!“ auf’s Blatt male.
Laut Umfragen ist den meisten Deutschen die Europawahl 2014 egal. Mehr als die Hälfte, rund 60 Prozent der Wahlberechtigten interessieren sich wenig dafür oder wissen noch nicht einmal, wann genau die Europawahl 2014 stattfindet.
Meiner Meinung nach sind diesbezüglich die Medien schuld. Wichtige Themen wie TTIP wurden im Fernsehen oder in Nachrichtenportalen kaum angesprochen.