Doing it on Sunday

Sepiabild eines kleinen Mädchens beim Spielen
Girls, Boys, Girlboys, Boygirls, Boyboys und Girlgirls – was treibt ihr an diesem Sonntag, also so feministisch gesehen? Was trieb euch um die Woche, was habt ihr im Internet gelesen und geschrieben, worüber seid ihr wütend oder froh gewesen? Und wie immer – zeigt uns eure Blogs. Wir zeigen euch ja auch unseres, gell?

26 Kommentare zu „Doing it on Sunday

  1. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder fällt der Frauenbewegung in den Rücken – mit Argumenten aus der Mottenkiste.

    Die Familien- und FRAUENministerin Deutschlands im 21. Jahrhundert, man glaubt es kaum, hier ein paar Highlights ihrer Äußerungen:

    In Kristina Schröders Augen besteht die Frauenbewegung aus männerhassenden Lesben, die Heterosexualität verdammen:

    „Etliche ihrer Thesen seien zu radikal, sagte Schröder: „Zum Beispiel, dass der heterosexuelle Geschlechtsverkehr kaum möglich sei ohne die Unterwerfung der Frau. Da kann ich nur sagen: Sorry, das ist falsch.“ Sie fügte hinzu: „Es ist absurd, wenn etwas, das für die Menschheit und deren Fortbestand grundlegend ist, per se als Unterwerfung definiert wird. Das würde bedeuten, dass die Gesellschaft ohne die Unterwerfung der Frau nicht fortbestehen könnte.“

    (Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,727648,00.html#ref=top)

    Kennt ihr irgendeine Feministin, die derartiges behauptet? Also ich nicht.. Ja, hat die denn gar nichts mitbekommen? In welcher Zeit lebt sie? Warum fällt ihr nichts besseres ein, als sich an etwas abzuarbeiten, was Alice Schwarzer vielleicht (vielleicht aber auch nicht, ich habs nicht überprüft) mal vor 40 Jahren gesagt hat?

    Sehr krass auch, wie die Gute das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern begründet:

    „Gleichzeitig wies sie den Frauen eine Mitschuld daran zu, dass sie oft weniger verdienen als Männer. „Die Wahrheit sieht doch so aus: Viele Frauen studieren gern Germanistik und Geisteswissenschaften, Männer dagegen Elektrotechnik – und das hat eben auch Konsequenzen beim Gehalt. Wir können den Unternehmen nicht verbieten, Elektrotechniker besser zu bezahlen als Germanisten.““

    (Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,727648,00.html#ref=top)

    Keine Rede davon, dass die Kritik am Lohngefälle darin besteht, dass Frauen und Männer selbst dann ungleich bezahlt werden, wenn sie im gleichen Beruf die gleiche Leistung erbringen. Stattdessen vergleicht Schröder hier Äpfel mit Birnen – und beweist wieder einmal ihre komplette Ahnungslosigkeit. Von allem, wie mir scheint.

    Genug geärgert, wenn ihr mal lachen wollt, schaut euch hier Kristina Schröders Gestammel zur angeblichen Deutschenfeindlichkeit an – blöder gehts nicht: http://www.youtube.com/watch?v=qmabodrWpn0&feature=related

    Schönen Sonntag noch!

  2. Danke, diesen Beitrag wollte ich auch posten. Ich habe mich auch sehr über Frau Schröders Äußerungen zum Feminismus geärgert! Sie scheint völlig desinformiert. Ich frage mich, auf welchen Grundannahmen ihre Behauptungen beruhen und ob sie überhaupt kompetente Berater_Innen hat? Ich finde ihre Einstellung sehr bedenklich.

  3. Ja, unserer Familienministerin scheint sich zur Aufregerin der Woche zu entwickeln.
    Normalerweise hört man solche Vorstellungen nur aus der Maskulistenecke. Es ist wirklich noch viel zu tun … auch in den Köpfen von Frauen.
    Ich finde es auch unglaublich, wie fix man sich um die angebliche Unterdrückung von Jungs kümmert … dieses Engagement hätte ich mir bei der jahrtausendealten aktiven Unterdrückung von Mädchen und Frauen gewünscht. Um die Leistungen der Jungs (und weniger Mädchen) zu verbessern, reicht meistens schon das Abschalten der Computer und Nintendos. Der negative Zusammenhang von Computerspielen/Fernsehen und Schulleistung ist, im Gegensatz zu obskuren Vorwürfen wie „Feminisierung der Schule“, bewiesen.

  4. Ein Portal für gute Nachrichten:
    Zum 10. Jahrestag der UN-Resolution 1325 (zu Frauen, Frieden und Sicherheit) ging am 31. Oktober 2010 die Seite visionews online mit Visionen, Erfolgsgeschichten und guten Nachrichten. Ein Projekt von „OWEN – Mobile Akademie für Geschlechterdemokratie und Friedensförderung“, unterstützt u.a. von „1000 Frauen für den Frieden“ und dem „FrauenSicherheitsRat“.

    Im Büro für besondere Maßnahmen habe ich an Allerheiligen kurz dargelegt, warum ich als Frau nicht an den sogenannten lieben Gott glauben und keine Christin sein mag.

  5. Ich kann an Schröders Aussagen nichts Verwerfliches finden.
    Sie kritisiert nicht den Feminismus an sich, sondern nur die radikalen Thesen von Alice Schwarzer, die heterosexuellen Sex für etwas Schlechtes hält. Kein Wunder, denn als kinderlose Lesbe kennt AS nicht die Lebenswirklichkeit von heterosexuellen Frauen.

    Und dass Frauen im Durchschnitt weniger verdienen, weil sie lieber geisteswissenschaftliche Fächer studieren und bevorzugt Teilzeit arbeiten, um mehr Zeit für die Familie zu haben, kann ich nachvollziehen.
    Ich verdiene jedenfalls nicht weniger als meine männlichen Kollegen. Allen meinen Freundinnen geht das genauso. Wenn das wäre, würden wir uns zu wehren wissen…

  6. @Julia: Nur ein Gedanke kleiner Gedanke: Warum verdient man eigentlich schlechter, wenn man Geisteswissenschaften studiert? Wie wurden denn die Wertigkeiten festgelegt? Diese sind jedenfalls auch kein natürliches Konstrukt. Darüber hinaus freue ich mich natürlich für dich und deine Freundinnen, dass die Realität für die Mehrheit der Frauen aber anders aussieht, zeigen viele wissenschaftlich fundierte Studien.

    Ich wollte eigentlich nur kurz meinen eigenen Blog einwerfen ;) Ich habe meinen zweiten Teil des Rückblicks auf den Genderkongress fertig. Es geht überings um Frauen in den Führungsetagen ;) : http://afrikawissenschaft.wordpress.com/2010/11/07/ruckblick-genderkongress-teil-2/

  7. An der Uni Mainz findet jetzt im Wintersemester eine Ring-VL zum Thema „Gender, Queer und Fetisch- Konstruktion von Identität und Begehren“ statt.

    bin vor kurzem darauf aufmerksam geworden und dachte, das wäre vllt. interessant

    hier die Themen der einzelnen Sitzungen: http://bit.ly/bfwTzc

  8. Offenbar hat Frau Schröder einen wunden Punkt getroffen, denn nur getroffene Hunde bellen. Was Julia sagt, dürfte der Realität m. E. am allernächsten kommen.

  9. liebe Julia,

    der Ton macht ganz häufig die Musik.
    wie Halfjill schon angesprochen hat, gibt es keine „naturgegebene“ Begründung, warum Geisteswissenschaften beispielsweise schlechter bezahlt sind.
    Zudem finde ich es schwierig, wenn Alice Schwarzer immer als „kinderlose Lesbe“ benannt wird. denn darum geht es nicht. Nicht nur Alice Schwarzer hat den heterosexuellen Akt, den wir uns stets bis heute als Penetration vorstellen und der – wie auf mädchenmannschaft beschrieben mit „seinem“ Orgasmus endet – kritisiert, sondern auch zahlreiche andere, wie beispielsweise auch Pierre Bourdieu (der übrigens keine kinderlose Lesbe ist, by the way). gerade diese Vorstellung führt übrigens auch dazu, dass sich Frauen zunehmend die Vagina „verjüngen“, d.h. verengen lassen.

    auch zieht nicht jeder die gleichen Schlüsse aus dieser Kritik: manch eine_r entscheidet sich für Homosexualität – von der es schön wäre, wenn sie nicht immer noch pejorativ benannt würde in derartigen Kontexten (letzter Verweis auf „die Lesbe“), manch eine_r sucht nach anderen Formen der Sexualität. warum auch nicht? auch Männer sind vielleicht nicht (!) davon begeistert immer den stets-geilen-allzeit-bereiten-Fick-Hengst spielen zu müssen.

    Es spricht leider nicht für Frau Schröder, wenn sie den Feminismus mit Alice Schwarzer und Lesben gleichsetzt. gerade die erste Frauenbewegung war eine, die überwiegend aus heterosexuellen Frauen mit Kindern, bestand. Auch der Second Wave Feminismus und vor allem der heutige Feminismus setzt sich für Arbeitszeitmodelle, Vereinbarkeit von Familie und Beruf etc. ein. das zielt doch gerade auf Frauen ab, die Kinder haben (übrigens können auch Lesben ganz toll Mütter sein!).

    Und zum Abschluss: Nicht, dass ich von Frau Schröder unbedingt Demut erwarten würde. Aber zumindest eine Portion Respekt vor den Feministinnen, die dafür gekämpft haben, dass Frauen wie Frau Schröder auch Ministerämter bekleiden können (und beispielsweise nicht gesetzlich Familie und Mann für Frauen über den Beruf gestellt sind), das würde ich erwarten. Und dazu gehört es, nicht ganz so opportunistisch die implizite und vor allem geschichtsvergessene Antifeminismuskeule zu schwingen, den Feminismus wieder negativ zu konnotieren und sämtliche Feministinnen inklusive Quote zu desavouieren.
    oder um es mit Angela McRobbie zu sagen:
    ‎“Die antifeministische Bestärkung weiblicher Individualisierung wird besonders typisch durch die Figur der ehrgeizigen Fernsehblondine verkörpert“!

    Dank des Feminismus haben wir viel Gleichstellung erreicht. das sollte so weiter gehen (gerne auch für Jungs und Männer – auch diese wollen und brauchen alternative Rollenmodelle). Warum es aber nach wie vor en vogue ist die eigene „Fortschrittlichkeit“ durch Ablehnung feministischer Kämpfe zu inszenieren, und das auch von Frauen praktiziert wird, das wundert mich.

    denn ich erfreue mich daran, dass der folgende Paragraph der Vergangenheit angehört:
    §1354: Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.

    und der §1356 nicht mehr lautet:
    Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.

    wenn wir uns daran erfreuen, dass das der Vergangenheit angehört, warum müssen wir dann diejenigen, die sich dafür eingesetzt haben, immer so negativ darstellen?

  10. @all

    Bitte formuliert eure Kommentare sachlich und vermeidet Reaktionen auf offensichtliche Provokationen. Danke!

    Schönes Restwochenende!

  11. Was für eine Woche, erst die Schröder und jetzt auch noch das Statistische Bundesamt:

    Am 25. Oktober 2010 veröffentlichte das Statistische Bundesamt erstmalig eine Studie, in der eine Vielzahl von objektiven Faktoren berücksichtigt wurde, die eine Gehaltsdifferenz zwischen Männern und Frauen sachlich begründen. Das Ergebnis: Der Verdienstunterschied reduzierte sich auf durchschnittlich 8 Prozent. Das ist auch noch viel, aber weit weg von der 23-Prozent-Legende.

    Bemerkenswert und dem Amt hoch anzurechnen ist, dass in der Pressemitteilung (eigentlich) unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass diese 8 Prozent noch nicht das Ende der Fahnenstange sind. Wörtlich ist da zu lesen, Zitat:

    Bezogen auf den für 2006 veröffentlichten Gender Pay Gap lag der um den Einfluss dieser Merkmale statistisch bereinigte Verdienstunterschied bei rund 8%. Dies bedeutet, dass Frauen auch bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit je Stunde durchschnittlich 8% weniger als Männer verdienten. Dieser Wert stellt insofern eine Obergrenze dar, als einige weitere Faktoren, die zur Erklärung des Verdienstunterschieds beitragen könnten, in der Analyse nicht berücksichtigt werden konnten, da die entsprechenden Angaben nicht vorlagen.

    Bemerkenswert ist an dieser Stelle eine kleine, aber bedeutende Ungenauigkeit, die vielen Menschen unterläuft: Es handelt sich bei der Berechnung nicht um gleiche Tätigkeiten unter gleichen Voraussetzungen in einer Firma (also gleiche Arbeit im eigentlichen Sinn), sondern lediglich um sogenannte „gleichwertige“ Arbeit, da der Vergleich Tätigkeiten in unterschiedlichen Firmen (mit gewisser Größe und Lage [Ost/West, Ballungsraum/kein Ballungsraum]) betrifft und die Arbeit selbst recht grob über sogenannte Leistungsgruppen verglichen wird.

    Weitere Faktoren verringern den Abstand

    Zu den Faktoren, die nicht berücksichtigt werden können, weil die Daten beim Statistischen Bundesamt nicht vorhanden sind, nicht im Einflussbereich des Amtes liegen oder schlicht nur schwer quantifiziert werden können, die aber allesamt die Differenz weiter verringern würden, gehören beispielsweise folgende:

    – Es wurden keine unbezahlten Überstunden einbezogen, da diese nicht erhoben werden. Unbezahlte Überstunden sind jedoch häufig ein starkes Argument, wenn über Lohnerhöhungen verhandelt wird, Arbeitgeber sehen sie als besonderes Engagement an, das bei Beförderungen ausschlaggebend sein kann, oder sie schlagen sich anderweitig nieder. Männer leisten bei den vom Statistischen Bundesamt erhobenen, bezahlten Überstunden deutlich mehr als Frauen. Es ist sicherlich richtig anzunehmen, dass es sich bei den unbezahlten Überstunden ähnlich verhält.

    – Verhandlungsgeschick, jüngst erst in einem „Spiegel“-Artikel ausführlich behandelt, ist ein wesentliches Kriterium für das Gehalt insbesondere in der freien Wirtschaft, und dies nicht nur beim Einstieg in Beruf bzw. Firma. Die im Durchschnitt geringeren Forderungen, die Frauen beim Gehalt stellen, können nicht nachträglich zu einer Frauendiskriminierung umgedeutet werden. Im Gegenteil: Die geringeren Lohnforderungen von Frauen führen langfristig zu einer Verringerung des Lohnniveaus für alle Beschäftigten, was ein Nachteil sowohl für Männer als auch für Frauen darstellt und eine wesentliche Ursache dafür sein dürfte, dass in Branchen mit hohem Frauenanteil tendenziell niedrigere Gehälter gezahlt werden.

    – Die Berufserfahrung, in der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes als „potenzielle Berufserfahrung“ bezeichnet, wird bei Frauen deutlich zu hoch angesetzt, da nur ein Schätzwert verwendet wird, der eine ununterbrochene Erwerbsbiographie voraussetzt (Studienseite 7 (pdf: Seite 14), Fußnote 16).

    – Bei den Arbeitnehmern wurden folgende Bereiche nicht mit berücksichtigt: Land-und Forstwirtschaft, Fischerei- und Fischzucht sowie „öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung“. Gerade die Nennung der letzten Gruppe ist bemerkenswert. Wird doch genau der Bereich, in dem seit Jahrzehnten mit Hilfe bewusster Diskriminierung von Männern Frauen massenhaft in Führungsebenen getragen werden, gezielt ausgeschlossen. Ebenfalls zum Nachteil der Männer ist der Ausschluss des Bereiches Verteidigung, denn für die Bezahlung der Zwangsdienstleistenden ist selbst der Begriff „Lohndiskriminierung“ Schönfärberei. Die Einbeziehung dieser Branchen würde – wie auch in der Studie zu lesen – zu einer Verringerung der Differenz führen. Das Statistische Bundesamt ist an der Regelung unschuldig: Der Ausschluss dieser Branchen erfolgt per Gesetz!

  12. @Halfjill: es gibt so viele interessante geisteswissenschaftliche Fächer, die ich für wichtig halte, damit wir in einer humanistisch und nicht rein technokratisch geprägten Welt leben können. Was ich nicht nachvollziehen kann, ist, warum so häufig der moralische mit dem materialistischen Wert verwechselt wird. Jedenfalls habe ich genug volkswirtschaftliches Verständnis um anzuerkennen, dass die wenigen Leute, die ein schwieriges naturwissenschaftliches oder technisches Fach studieren (wie mein Freund), und damit später all die komplexen Dinge entwickeln, die uns umgeben und die gut exportiert werden können, auch dafür besser bezahlt werden.
    Wenn ich aus Leidenschaft ein geisteswissenschaftliches Fach studiere, brauche ich mich dafür nicht zu schämen. Das zu tun, was zu mir passt und zu dem ich dem stehe, ist mir mehr Wert als nur das Geld.
    zur Bezahlung: Ich würde gerne solche Frauen kennenlernen um sie dann zu fragen, warum sie die rechtlichen Mittel nicht ausschöpfen.

    @kathy: bei allem Respekt für das, was A. Schwarzer getan hat, muss doch auch Kritik an einigen ihrer Ansichten möglich sein? Ich finde es schade,
    dass sie IMO von den Medien gerne als die Repräsentantin aller Frauen dargestellt wird.
    Mir gefällt, dass Frau Schröder selbstbewusst und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen auch mal gegen den Mainstream redet. Dazu gehört eben auch selbstkritisch mit dem Feminismus umzugehen und im hier und jetzt angekommen zu sein. Ich glaube nur so können wir wirklich funktionierende Lösungen finden. Nirgendwo kann ich erkennen, dass sie gegen den Feminismus wäre. Wer das aus dem Artikel herausliest, lässt sich doch nur vom Spiegel instrumentieren, um mehr Klicks zu erhalten.

  13. liebe_r Banana:

    1. das eine ist Polemik, das andere Statistik (wobei Statistik bekanntermaßen zumindest politisch ist) –> dennoch: eine Trennung macht sich gut!
    2. es ist bereits längst bekannt und anerkannt, dass die Lohnunterschiede bei gleich(wertig)er Arbeit deutlich unter 23% liegen. nichts desto trotz liegen sie immer noch darunter. der Gestus des „Tabubrechens“ ist unangebracht an dieser Stelle.
    3. unbezahlte Überstunden kommen keinem zugute, wäre schön, wenn das auch so dargestellt würde! zugleich kommen hier einige Drittvariablen zum Tragen, die sich weniger gut statistisch erfassen lassen. z.B. warum Frauen weniger Überstunden leisten können, da wäre man wieder bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
    aber: unwichtig, denn schön wäre ja eben ein Modell, das keinem unbezahlte (!) Überstunden abverlangte. ganz geschlechtsunspezifisch!
    4. Verhandlungsgeschick beruht auch darauf, dass es bereits Studien gibt, die belegen, dass Frauen seltener eingestellt werden, wenn sie über ihr Gehalt verhandeln bzw. ihren Lohn nach oben verhandeln wollen. das gilt nämlich als unsympathisch, während Männer in der gleichen Situation als durchsetzungsstark eingeschätzt werden.
    5. es liegt nicht einfach am Verhandlungsgeschick, sondern interessanterweise auch daran, dass Berufe, die zunehmend von Frauen ausgeübt wurden, an Ansehen verloren haben und dadurch die Löhne gesunken sind.
    6. zu den angeblich massenhaften Frauen in Führungsetagen: es gibt umfangreiche Studien, die belegen, dass Frauen in eben jenen Führungsetagen (beispielsweise in Ministerien) immer noch deutlich unterrepräsentiert sind. vielleicht fällt der Bereich ja heraus, weil die Verwaltung dann zugeben müsste, dass sie hinter die eigenen Forderungen zurückfällt?
    7. die Quote diskriminiert nicht Männer, sondern beinhaltet die kleine, aber wichtige Anmerkung „bei gleicher Qualifikation“.. jaja..

    8. es ist eine Errungenschaft, dass die Gehälter sich angleichen! interessant ist der negative Unterton, mit dem auch hier wieder auf eine Errungenschaft hingewiesen wird.
    dennoch stoßen Frauen – im Gegensatz zu Männern – aufgrund ihres Geschlechts bisweilen an Grenzen im Aufstieg. unter anderem wegen der Erwerbsbiographie-Brüche oder weil gleiches Verhalten anders bewertet wird. Wenn wir auch dieses Problem im Griff haben, sollten wir das ebenso feiern, wie die sinkenden Lohnunterschiede oder wenn wir dafür sorgen, dass sich weniger Männer in prekären Arbeitsverhältnissen befinden.

  14. liebe Julia,

    natürlich! Kritik! unbedingt! gerne auch an Alice Schwarzer. das habe ich ja zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt.
    Und was mich stört ist eben genau jene Verkürzung des Feminismus auf eine (noch dazu extrem umstrittene) Person.

    aber a) setzt Frau Schröder in ihren Antworten den Feminismus mal wieder selbst mit Alice Schwarzer gleich, was zu all dem führt, was ich oben beschrieben habe.
    und b) amüsiert mich, dass auch Frau Schröder nun schon als Tabubrecherin angesehen wird. Ähnlich wie Sarrazin, Westerwelle und all die anderen „gegen-den-Mainstream-Reder“ spricht sie dem (antifeministischen) Mainstream 1a nach dem Mund. von dagegen reden kann gar keine Rede sein. sie produziert Sätze die absolut anschlussfähig sind.

    warum können wir uns nicht daran erfreuen, was feministisch geleistet wurde und dann weiter denken, anstatt immer mit Sätzen abzurechnen, die Alice Schwarzer vor 40 Jahren gesagt hat?
    natürlich weiterdenken!! ich plädiere lediglich für einen anderen Umgang mit der Vergangenheit!

  15. Naja, sooo schwer sind technisch/naturwissenschaftliche Fächer jetzt auch nicht.

    Außerdem bekommt man, geldtechnisch, als Entwickler/in jetzt auch nicht so viel, wenn ich das jetzt mit Jurist/Innen, BWLer/Innen und den Marketingleuten vergleiche.

  16. Silvia,

    Ihr regt Euch über Frau Schröder auf, während die Grünen eine radikalfeministische Verfassungsrichterin nominieren, deren Berufung selbst laut FAZ wohl recht problemlos durchgehen wird? Alice Schwarzer wird vor Freude über die Äußerungen Schröders und das damit verbundene Konflikt- und Aufmerksamkeitspotential wohl in die Luft gesprungen sein.

    „Kennt ihr irgendeine Feministin, die derartiges behauptet? Also ich nicht.. Ja, hat die denn gar nichts mitbekommen? In welcher Zeit lebt sie? Warum fällt ihr nichts besseres ein, als sich an etwas abzuarbeiten, was Alice Schwarzer vielleicht (vielleicht aber auch nicht, ich habs nicht überprüft) mal vor 40 Jahren gesagt hat? “

    Und bei allem guten Willen und allen Versuchen, sich anders als die second-wavelerinnen zu definieren – abgesehen von ein bißchen US-inspiriertem (PC kategorisiertem) Intersektionalismus (Stichwort ageism, speciesm… seriously) hat sich seit Judith Butler doch nichts an der Theoriebasis geändert. Der von den Älteren geprägte Begriff Wellness-Feminismus geht doch genau darauf zurück: Verwendung der alten Konzepte und Ideologie ohne die intellektuelle und persönliche Konsequenz, die sich aus einer stringenten Anwendung ergibt. Man kann Schwarzer alles mögliche vorwerfen, und ich tue das immer wieder gerne, aber nur selten, daß sie der eigenen Axiomatik untreu würde. Und weil Feminismus (im Gegensatz zu Gleichberechtigung) sich eben vor allem über die Axiomatik definiert, und die dritte Welle dazu eben außer Butler (und die wird ja zu Teil von Feministen dafür gehasst) nichts gesagt hat, vielleicht nichts mehr sagen kann, wird Feminismus eben immer noch mit der axiomatischen Welt der Radikalfeministinnen identifiziert.

    Damit muß halt jeder Leben, der sich als Feminist/in bezeichnet.

  17. Kleiner Hinweis am Rande:
    Es wird noch einen eigenen Text zu Frau Schröder geben. Das soll diese Diskussion jetzt nicht abschneiden, aber nicht, dass ihr euch dann veralbert vorkommt, weil ihr ja hier schon alles geschrieben habt…

  18. Auf jeden Fall kommt jetzt Leben in die Debatte! jj’s Auführungen, wie gewohnt klar und rethorisch geschickt formuliert, kann ich mich vollumfänglich anschliessen: An der ursprünglichen Axiomatik hat sich bis heute nicht viel verändert, im Kern haben wir es immer noch mit einem weitgehend gleichen Weltbild zu tun, wie schon zu Zeiten Judith Butlers. Wie der Feminimus wirkt, und v. a. wie er von der Öffentlichkeit heruntergebrochen bis auf das einzelne Individuum wahrgenommen wird, liegt tatsächlich im Auge des Betrachters. Interessant ist auf jeden Fall, dass auch der junge, meinetwegen Third Wave genannte Feminismus immer und immer wieder auf sein radikales Erbe zurückgeführt wird. Die Bilder von früher haben sich offenbar viel tiefer ins Bewusstein eingebrannt, als alle Beteuerungen seitens junger Feministinnen, wie zum Beispiel der Mädchenmannschaft, eben mit diesen alten Haltungen und Traditionen- zumindest vordergründig- aufzuräumen.

  19. Ministerin Schröder und ihr Feminismus war in der Tat auch mein Aufreger des Wochenendes. Um schnelle Aufmerksamkeit zu erhalten ist mittlerweile anscheinend jedes Mittel erlaubt.
    Damit habe ich mich auch in meinem Blog beschäftigt: http://tinyurl.com/2g2bjob

  20. @kathy

    „…dass es bereits Studien gibt, die belegen, dass Frauen seltener eingestellt werden, wenn sie über ihr Gehalt verhandeln bzw. ihren Lohn nach oben verhandeln wollen. das gilt nämlich als unsympathisch, während Männer in der gleichen Situation als durchsetzungsstark eingeschätzt werden.“

    Das interessiert mich, was sind das fuer Studien?

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