Das Patriarchat frisst seine Söhne

Auch Männer leiden unter Stereotypen – nichts Neues für die Leserinnen und Leser dieses Blogs. Eine wirklich absurde Geschichte erlebte nun aber der US-Amerikaner Ryan Pacifico:

„You don’t even eat steak, dude. At what point in time did you realize you were gay?“ the suit quotes beef-loving boss Robert Catalanello as saying.

Heißt: Der Mann wurde von seinem Boss als schwul beschimpft, weil der es unmännlich findet, kein Fleisch zu essen. Pacifico, verheiratet und Triathlet habe mit seinem Chef nie ein Problem gehabt, bis dieser merkte, dass sein Angestellter Vegetarier ist. Er wird weiter zitiert mit den Worten:

„I’m only ordering burgers. If you don’t eat meat, too bad. I don’t care.“ (…) The boss chose a steakhouse as a site for a team building dinner, and another broker suggested they go someplace else because Pacifico was a vegetarian. „He was like, ‚What’s wrong with you? We’re going anyway,‘ “ Pacifico recalled. When a coworker asked what Pacifico would eat, Catalanello said, „Who the f- – – cares? It’s his fault for being a vegetarian homo.“

Der Fall ist nun vor Gericht gelandet. Nicht nur, weil Pacifico von seinem Vorgesetzten übel beschimpft wurde, sondern auch, weil er anschließend wegen einer Kleinigkeit entlassen wurde.

Über lorenc@Feministing

17 Kommentare zu „Das Patriarchat frisst seine Söhne

  1. Hmm, da kann ich der Liste meiner ‚weiblichen‘ Eigenschaften gleich was hinzufügen: Vegetarismus… :)

  2. Bullies gibt’s überall, wie wir gerade am Selbermachsonntag festgestellt haben, auch bei lesbischen Feministinnen, und Stereotype sind ein Problem für alle, die sie nicht erfüllen. Aber warum das bei feministing unter „patriarchy hurts men too“ steht kann ich nicht ganz nachvollziehen, trotz der Burger King Werbung. Als ob es keine männlichen Vegetarier gäbe (ich kenne allerdings nur männliche Vegetarier, die da aus Beziehungsdruck hineingeraten sind ;)) Wenn es nicht „Vegetarier==schwul“ gewesen wäre, hätte der Typ etwas anderes gefunden, das hat für mich mit Mobbing zu tun und nicht mit struktureller Ungerechtigkeit.

    Interessanterweise werden „schwul“ und „homo“ leider durchaus als Bezeichnung für von der Gruppennorm abweichendes Verhalten genommen. Offenbar auch von Homosexuellen – ich war völlig perplex also ich habe mal einen Schwulen sagen hörte „oh ne, laß das, das ist so schwul!).

  3. Ich weiß nicht genau, was mich mehr empört..
    gegen das gedankenlose „that’s so gay“ gibt es sogar eine Kampagne:
    http://www.thinkb4youspeak.com/

    Doch selbst Homos haben leider häufig genug Vorurteile gegenüber Vegetariern/Veganern (btw:was würde denn das „Schimpfwort“-Equivalent zum Veganer sein…?)

  4. jj:

    „ich war völlig perplex also ich habe mal einen Schwulen sagen hörte “oh ne, laß das, das ist so schwul!“ “

    Konntest du dich nicht zurückhalten und hast bei „Mama Mia!“ mitgesungen? ;-)

  5. Sieht man von Mädchen in der Pubertät ab, gibt es unter Erwachsenen nicht mehr männliche als weibliche Vegetarier? Habe in meinem Bekanntenkreis diese Erfahrung gemacht. Vegetarismus als weiblich/schwul zu bezeichnen ist mir ganz neu. Naja, leben vielleicht in der falschen Gegend. Eher gibt es dann Gerüchte, ob so einer Buddhist ist.

  6. Da ich eher das Gegenteil kennengelernt habe, kurz gegogelt:
    http://www.vegetarier.net/modules.php?name=Sections&op=viewarticle&artid=7

    „…Die bereits genannte Erhebung von FORSA aus dem Januar 2001 zeigt die geschlechtsspezifischen Unterschiede auf: 13 % weiblichen Vegetarierinnen stehen 3 % männliche Vegetarier gegenüber. Nach Aussage des Robert Koch-Institutes leben sogar 16 % der 18-24-jährigen Frauen ausschließlich oder teilweise vegetarisch („Was essen wir heute?” Robert Koch-Institut, 2002)….“

  7. Unglaublicher Vorfall! Kann Mann nur hoffen, dass er seinen Boss juristisch an den A*sch kriegt.

    Ich esse auch relativ wenig Fleisch und habe auf der letzten Weihnachtsfeier ein vegetarisches Menu gewählt. Und, weil ich noch fahren musste, keinen Alkohol zu mir genommen. Ganz ehrlich, mein Chef meinte etwas in der Art wie „du trinkst auch nie was, oder?“ und „vegetarisch? Ist ja komisch …“

    Tsss …

    Kleine Kritik am Rande: Es müsste doch eigentlich heißen „Leser und Leserinnen“, oder? Das wäre souveräner. Die Eselin nennt sich immer zuerst …

  8. Wäre der Mensch von Natur aus Vegetarier, hätte der Mensch keine Reißzähne, einen anderen Magenaufbau und einen längeren Darm.

  9. Ach herrje, jetzt kommt sowas schon wieder…
    gut, dass der Mensch sich seit „von Natur aus“ etwas verändert hat, oder jagst du noch zusammen mit anderen für deine Höhlen-WG?

    Der Mensch ist auch perse kein Carnivore, sonst hätte er richtige Reißzähne (und nicht diese verkümmerten Stumpen) und einen weitaus kürzeren Darm (ist es nicht beachtlich, wie lang der menschliche Darm ist!)…außerdem hat „der Mensch“ in unserem Kulturkreis meist die Möglichkeit sich seine Nahrung auszusuchen…

  10. So ein Murks. Egal, was die Menschen ‚von Natur aus‘ sind, sie haben die Fähigkeit zur ethischen Reflexion…

  11. Das Beispiel ist ein typisches in einer besonderen Variante.

    Ein Getriebe hält sich in einer langen Kette und gelebter identitätsstiftender Wertesysteme immer irgendwie selbst am Leben. Wie immer füllen die Menschen im Alltag jedes System mit Fleisch.

    Ich habe mal irgendwo gehört daß ein Manager der Entscheidungsprozesse sachlich und kritisch diskutieren wollte auf einer Versammlung von seinem Oberen gesagt bekam „Wenn Sie das nicht nachvollziehen können dann sind sie möglicherweise nicht ….“. Danach laufen Denkprozesse ab – Existenz, Identität, gesellschaftlicher Status und Anerkennung u.s.w. Also fügen sich die Leute in einer Druckkulisse in das Getriebe ein. So bestehen sie den Loyalitätstest haben sich die Standpunkte der Oberen in opportuner Weise zu Eigen gemacht und glauben Lügen teilweise selbst, weil der Anpassungsprozess identitätsstiftend ist.

    Immer wieder wiederholt sich dasselbe Spiel in neuer Variation.

    Im Kleinen funktioniert das wie im Großen. Wer sich nicht anpasst fliegt aus dem Goldfischteich. Es ist teilweise nicht viel anders als vor 500 Jahren in monarchischen Systemen. Nach Außen wirkts wie eine einvernehmliche Männerrunde, in Realität greifen hier m.E. Identifikationsschematas mit Anteilen des Stockholm-Syndroms und mit Härte klar festgelegter Hierarchien.

    Männlich? Ist dies das berühmte „Patriarchat“, wovon man immer wieder liest?

    „Industriepsychopathen“ die eigenes Unzulänglichkeitserleben mit Karrierismus kompensieren (habe auch weibliche Beispiele die sich scheinbar am „Normgeschlecht“ orientiert haben leider schon beobachten müssen) neigen am ehesten dazu diese Strukturen zu verfestigen und erwarten kompromisslose Anpassung an deren Standpunkte.

    Frauen können/wollen regelmäßig scheinbar weniger diese Selbstverleugnung leben, nicht weil sie egoistischer sind oder was sonst irgendeine primitive Diffamierungskampagne daraus machen könnte sondern weil unser Kulturverständnis Mädchen eine andere selbst-emphatischere Sozialisation gestattet als Jungen, sie also früher aus dem selbstzerstörenden Hamsterrad springen weil sie spüren daß es ihnen schadet. Frauen brechen ab, Männer bleiben in diesen Systemen, weil man es ihnen so anerzogen hat und sie besser die Selbstverleugnung leben können. Bei der traditionellen Männlichkeit hat als Versorger Status und Einkommen Priorität und es wird von Außen mit Belohnungseffekten bestätigt.

    Neue Axiome, neue Möglichkeiten, neue Chancen?

    Es gibt genug Männer die nicht nur glücklich in diesen selbstgebauten patriarchalen Gefängnissen sind. Was ist wenn man die anspricht und neue Freiheiten ermöglicht? Neue Loyalitäten? Womöglich Synergien?

    Zitate :
    „Erst seit kurzem ist uns bewusst, daß Männer nicht von Natur aus Gewinner sind und daß es nur sehr wenige glückliche Männer gibt. Männer und Frauen sind beide Opfer einer Art zu leben und Beziehungen zu führen, die dringend der Korrektur bedarf“. S. 23.
    „Zu oft waren Männer nichts als ein unbedeutendes Rädchen im Getriebe riesiger Industriekonzerne und hatten weder Freude an ihrer Arbeit noch beflügelte diese ihr Selbstwertgefühl“. S. 39.
    „Kurz : Eine Grundannahme des Feminismus war, daß die Männer sich hervorragend fühlten. Das aber war eine grenzenlose, um nicht zu sagen sträfliche Vereinfachung des Sachverhalts“. S. 39.
    „In privaten Beziehungen zeichnet Macht immer den Verlierer aus – denjenigen, der nicht in der Lage war, die Liebe und den Respekt des Partners zu gewinnen“. S. 40.
    „Die Männerbewegung ist keine Gegenreaktion auf die Frauenbewegung. Sie ist vielmehr die notwendige Ergänzung zur Frauenbewegung“. S. 41.

    (Quelle : Steven Biddulph, Männer auf der Suche)

    Möglichkeiten für ein besseres Leben für ALLE Menschen, wie es der liberale Feminismus definiert?

    Wäre das ggf. der „weibliche“ Feminismus?

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