Autonomie und Feedback

Dieser Text ist Teil 45 von 115 der Serie WWW Girls

In jeder Folge der WWW Girls stellen wir euch eine Bloggerin und ihr Weblog vor. Heute:

medialdigital.de

Wie heißt du?
Ulrike Langer

Seit wann bloggst du?
Seit dem 27. November 2008.

Drei Bloggerinnen mit weißen Laptops auf denen der Venusspiegel prangt, darum der Slogan - Feminists of the WWW: unite

(c) Frl. Zucker, fraeuleinzucker.blogspot.com

Warum hast du damit angefangen?
Fragt mich lieber: Warum hast Du nicht viel früher damit angefangen…? Ich blogge journalistisch, nicht privat. Ich hatte als Journalistin schon seit langem immer wieder Ideen für Themen und eigene Meinungen zu Themen, die ich bei meinen traditionellen Auftraggebern nicht losgeworden bin, also bei den Fachzeitschriften, für die ich schreibe, und davor bei den Tageszeitungen. Das Schöne beim Bloggen ist: Ich alleine entscheide, ob ein Thema es wert ist, darüber zu bloggen. Und ich entscheide auch alleine, wie ich es aufziehen möchte. Das war meine ursprüngliche Motivation und sie ist es auch noch immer. Aber was mir vorher nicht klar war: Es spornt unglaublich an, wenn oft sofort Feedback kommt. Wenn Blogsposts von mir in kürzester Zeit retweetet und verlinkt und kommentiert werden und dann bei Rivva landen, ist es ein erhebendes Gefühl, Teil einer Debattenkultur zu sein. Für klassische Medien schreiben ist für mich zwar wirtschaftlich notwendig. Und es hat auch noch andere Vorteile. Aber es ist ein wenig wie Texte in ein schwarzes Loch zu werfen. Von Fachzeitschriftenlesern kommt fast nie irgendeine Reaktion bei mir an, schon gar nicht in Echtzeit. Ich weiß erst seit dem Bloggen, was ich all Berufsjahre vorher vermisst habe: Feedback.

Worüber schreibst du?
Ich schreibe vor allem über den digitalen Medienwandel. Darüber, wie sich Medien und vor allem der Journalismus im Social Media Zeitalter rasant verändern. Das Ganze mit transatlantischem Blick, weil ich mich in der amerikanischen und englischen Medienlandschaft sehr gut auskenne und auch sehr oft drüben bin. Jetzt im Sommer bin ich beispielsweise wieder sechs Wochen in Berkeley und Seattle und werde auch von dort aus bloggen, vor allem in Form von Videointerviews. Ich gebe auch Seminare und halte Vorträge über Social Media. Die Vortragsfolien dazu stelle ich als Service meistens auch auf mein Blog. Ich werde oft gefragt, warum ich mein Wissen auf diese Weise verschenke. Aber das ist ganz einfach: Je mehr ich verschenke, desto mehr potenzielle Auftraggeber werden auf mich aufmerksam und ich werde für weitere Vorträge und Seminare angefragt. Das ist übrigens auch ein weiterer Grund, warum ich blogge: Journalisten können mit einem eigenen Blog auf ihre Fähigkeiten und Spezialgebiete hinweisen. Bloggen ist Selbstvermarktung.

Was dir ohne Internet nicht passiert wäre:
Vielleicht wäre ich ohne Internet schon längst nicht mehr Journalistin. Früher habe ich vor allem über das Fernsehen geschrieben, aber das hat mich zunehmend gelangweilt. Ich schaue auch fast gar kein Fernsehen mehr. Und seit das Internet mein Themenbereich ist, muss ich deswegen auch kein schlechtes Gewissen mehr haben. Beim Internet kann ich mir nicht vorstellen, dass es mich jemals langweilen könnte. Es ist mein Thema Nummer 1, mein Recherchetool Nummer 1, dort ist der größte Teil meiner Kontakte, sowohl beruflich als auch privat (und natürlich in der immer größer werdenden beruflich-privaten Grauzone). Eigentlich organisiert und definiert das Internet mittlerweile mein Leben.

Wovon braucht das Internet mehr:
Vor allem in Deutschland: Fürsprecher und Optimisten (veilleicht reichen auch schon Realisten!), die nicht in allen digitalen Entwicklungen immer nur die Risiken statt die Chancen sehen. Die deutsche Wahrnehmung von Google in der veröffentlichten Meinung ist rational nicht mehr vermittelbar. Außerdem braucht das Internet ein zeitgemäßes Urheberrecht mit zeitgemäßen und netzgerechten Möglichkeiten der Entlohnung von Kreativen im Netz. Leider bewegt sich auch hier dieses Land in die falsche Richtung: Die Presseverleger sind schon ziemlich weit fortgeschritten mit ihrem Ansinnen ein Leistungsschutzrecht einzuführen – eine Art GEZ für Verlagsangebote im Netz, das die Nutzung des Internets verteuern und die Kultur des Verlinkens stark einschränken würde.

Frauen im Web haben?
Eigentlich alle Möglichkeiten Freiheiten, die auch Männer im Web haben. Sie haben es aber bei gleicher Leistung schwerer als Männer in männlich dominierten Websphären wahrgenommen zu werden. Von den Scheuklappen nehme ich mich selbst nicht aus. Ich gehöre zum Vorbereitungsteam des Journalistenverbandes Freischreiber, das derzeit für einen Kongress im Herbst die Referenten und Moderatoren anfragt. Man muss sich richtiggehend zwingen, nochmal schärfer nachzudenken, ob man für ein bestimmtes Diskussionsthema nicht auch eine Frau als Expertin findet, bevor man schon wieder ein reines Männerpanel zusammengestellt hat.

Deine tägliche Web-Lektüre:
Tägliches Muss:

http://carta.info

http://netzwertig.com

www.netzpiloten.de

http://rivva.de

http://twittertim.es/mauisurfer25

www.bildblog.de

http://turi2.de

www.spiegel.de

www.faz.net

www.nytimes.com

http://mashable.com

http://paidcontent.org

www.niemanlab.org

http://mediagazer.com

http://emediavitals.com

www.businessinsider.com

Wöchentlich lese ich außerdem ungefähr  200 Blogs und Webseiten (oder ich scanne sie zumindest).

Tipps und Bewerbungen für die WWW Girls an post(at)maedchenmannschaft.net.

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