So ziemlich genau vor einem Jahr erschütterte eine Reihe von Selbstmorden unter Teenagern in den USA die US-amerikanische Gesellschaft. Rund zehn Jungen zwischen 13 und 19 Jahren nahmen sich innerhalb eines Monats das Leben, weil sie massiven homophoben Mobbings ausgesetzt waren. Die Kampagne „It gets better„, die LGBT-Jugendlichen Mut machen sollte, versprach, dass „alles besser werden würde“ (das Projekt selbst erntete neben einer Menge Lob auch Kritik, z.B. von der queeren Theoretikerin Jasbir Puar).
Vor einigen Wochen veröffentlichte die National Coalition of Anti-Violence Programs (NCAVP) nun ihren aktuellen Hate Violence-Report (PDF), in dem Gewaltverbrechen gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Queers (LGBT*Q) und HIV-Infizierte in den USA dokumentiert und als Hassverbrechen – so genannte hate crimes – sichtbar gemacht werden. Hate crimes sind (Gewalt-)Verbrechen an Menschen auf Grund ihrer zugeschriebenen oder selbstgewählten Identität.
Der Report zeigt auf, was viele bereits vermuteten: Im Vergleich zu 2009 wurden 2010 13% mehr Hassverbrechen gegen LGBT*Q und HIV-Infizierte gemeldet – insgesamt 2.503 Betroffene. Die Zahl der Morde stieg um 23% von 22 auf 27 an. Von hate crimes betroffen sind überdurchschnittlich oft Transgender und People of Color¹, insbesondere Transgender of Color. Die Täter_innen, meist zwischen 19 und 39 Jahre alt, setzen sich zu zwei Dritteln aus Männern und einem Drittel Frauen zusammen – nur eine einzige Tat wurde von einer Trans Person verübt. Zu den am häufigsten ausgeübten Übergriffen gehören verbale Belästigungen, Diskriminierung, Einschüchterungen und tätliche Angriffe (mit und ohne Waffen).
Die NCAVP betont jedoch, dass die Statistiken wohl nicht die Realität abbilden: Die genaue Anzahl der Verbrechen gegen LGBT* und HIV-Infizierte lässt sich kaum ermitteln. In Gefängnissen oder in (ländlichen) Gegenden, in denen es keine oder schwer erreichbare Anti-Gewalt Anlaufstellen gibt, können die Taten auch nicht aufgezeichnet werden – und landen somit nicht im Report.
via: an.riss international, „Hate Crimes“ (an.schläge.at, 9/11).
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¹ Die Bezeichnung People of Color (PoC) ist eine selbstbestimmte Bezeichnung von und für Menschen, die nicht weiß sind.