Von der Schwierigkeit nicht hetero zu sein und hetero zu kritisieren.

In feministischen Kreisen™ hierzulande tut sich eine Kritik sehr schwer: Die Kritik an Hetero-Praxen, am Performen von Heterosexualität. Zum einen, weil die Kritik sich nicht ausschließlich an das abstrakte Etwas Heteronormativität richtet, sondern auch an _die_ Heten selbst, die mit ihren heterosexuellen Selbstverständlichkeiten rumnerven (z.B. Vergewaltigungswitzchen, ständiger Boyfriend- und Beziehungstalk, #notallheteros, umschweifende Raumeinnahme durch Austausch von Körperflüssigkeiten im öffentlichen Nahverkehr *no pun intended* oder Beengung von Wegen und Sitzplätzen durch Bilden einer symbiotischen Körpereinheit, vehementes Einfordern von Typenprivilegien zuerst für sich selbst und danach für alle anderen, Studieren und Erforschen von LGBT-Lebensrealitäten zur eigenen Belustigung, zum Aufpeppen des eigenen Seins oder zum Geld verdienen).

Kritisiert werden Hetero-Praxen und Performances in der Regel, um darauf aufmerksam zu machen, dass es außer Heten auch noch andere Menschen gibt, die ein Recht darauf haben, ein gutes Leben zu führen ohne das Recht auf körperliche Unversehrtheit oder Nichtdiskriminierung in den Mülleimer zu werfen und dass dieses gute Leben eben auch davon abhängig ist, wer sich ständig als Normalität inszeniert ohne Rücksicht auf das Umfeld zu nehmen. Überraschenderweise wird von Heten, die Heteronormativität als Problem erkannt haben (und von sich selbst auch manchmal als Heten und nicht als Menschen sprechen können, z.B. weil sie überhaupt erst einmal wissen, dass sie Heten sind), in Fällen der Kritik an Konkretem meistens auf das Abstrakte verweisen: Strukturen. Da gibt es diesen bösen Staat, der macht, dass Schwule und Lesben nicht heiraten und nicht adoptieren dürfen (so eine Ungerechtigkeit!11!!1) und äääh ja Trans* und so diese Leute haben’s auch nicht einfach. Betroffenes Nicken.

Heten und ihr „LGBT*-Aktivismus“

Kritisiert wird von Heten oft nur das, was sie selbst für erstrebenswert erachten und anderen verwehrt wird: Heiraten und Kinder kriegen/großziehen/für sie sorgen/Familie haben, Vorstandsetagensessel, Ruhm. Insofern werden auch eifrig Gay Rights mitpropagiert, wird der Regenbogen gefeiert und manchmal empört getan, dass Lisa B. aus K. auf offener Straße zusammengeschlagen wurde, weil er_sie nicht ins Konzept passt von dem, was als Hetero gilt und damit in den Augen von passenden (im Sinne von: Passing/ durchgehen als…) Heten eine Gefahr darstellt. Wer sich als queere Person einreiht ins schöne Hetero-Leben mit den eigenen politischen Forderungen oder Betroffene_r von „wirklich schlimmer“ Diskriminierung ist, um ungefragt als Abziehbild ins Skandalös-Gutmensch-Hetero-Heftchen geklebt zu werden, hat vielleicht die Chance auf Solidarität. Alle anderen, die von Umverteilung (Geld, Zeit, Kapazitäten, politischen Prioritäten in aktivistischen Kämpfen) reden, naaaah…die müssma net anhörn. die tun wa extra. in dieses LGBT dings rein. und dafür hamm wa keene Zeit, weil wegen Vereinbarkeitsproblematik und so. Lieber noch ein bisschen rumjammern, dass das Thema feministische Mutterschaft immer so untergeht zwischen diesen kinderfeindlichen Queer_Feminist_innen, die alles dominieren. Und deshalb (jetzt erst recht!!!) als weiße, ableisierte, Mittelschichts-Hetera den 239. Blog einer weißen, ableisierten, Mittelschichts-Hetera lesen und verlinken, die von 50/50 (AS IF…) und rosa für Jungs plappert.

Kritik an Heteropraxen und Performances ist allerdings auch wegen einer anderen Sache nicht gern gesehene Gäst_in in hiesigen feministischen Debatten: In dieser Kritik würden auch Menschen mitgemeint werden, die sich nicht als Hetero definieren oder nicht als Hete gelesen werden, auch wenn sie sich so definieren. Damit würde die Hetero-Kritik Sexismus bzw. Bifeindlichkeit und Trans*diskriminierung reproduzieren. Um den Unmut über die Kritik zu äußern, die sich nicht an die eigene Person und die eigene Alltagspraxis zu richten haben darf, werden dann munter lesbenfeindliche, sexistische und derailende Behauptungen in die Diskussionsschale geworfen, die z.B. „Lesben sind Cis-Frauen, die auf Cis-Frauen stehen“, „Lesben hassen Menschen, die mit Männern(Sternchen) schlafen“, „Frauen(Sternchen) vorzuschreiben, wen sie lieben dürfen [AS IF… Anm. von mir], ist frauen(sternchen)feindlich“ oder kurz: „Wie kann man nur hassen, dass Menschen sich lieben?“ lauten.

Ein Label macht noch keine Diskriminierungserfahrung

Wahlweise wird der Kritik dann auch der argumentative Boden entzogen, in dem erst mal lang und breit über sexistische Ausschlüsse in queeren Kontexten elaboriert wird. Nicht, dass diese Kritik nicht fundamental wichtig wäre, ich finde lediglich, dass sie im Kontext von Hetero-Kritik als Strohmensch eingesetzt wird, um sich nicht weiter damit auseinander zu setzen, was eigentlich Begehren genau heißt und was und wen Hetero-Kritik eigentlich meint. Zumal und das soll hier auch nicht unerwähnt bleiben, der Unmut oft von jenen geäußert wird, die meinen, sich ein Label überzustreifen würde die entsprechende allumfassende Diskriminierungserfahrung nach sich ziehen (auch rückwirkend). Oder mit Kritik an sexistischen Ausschlüssen in queeren Kontexten mitunter gemeint ist, nicht angeflirtet oder nicht als potentielle_r Sexpartner_in wahrgenommen zu werden (Frage an das Publikum: Könnte diese Erwartungshaltung auch mit heterosexueller Sozialisation zu tun haben? Und warum werden queere Kontexte als ausschließlich sexualisierte/sexuelle/körperbegehrliche Kontexte wahrgenommen?) Und was machen die Heten in all diesem verkürzten Argumentationswust? Klatschen Beifall, weil sie sich auch ein bisschen ausgeschlossen fühlen (endlich sagt’s mal wer!!!)

Nachdem ich nun zynisch und polemisch den Kontext umrissen habe, in dem sich der nachfolgende Teil wiederfindet, möchte ich euch vorstellen, worum es mir geht: Begehren ist nicht ausschließlich etwas Sexualisiertes/Romantisches oder auf Sexualpraktiken Bezogenes. Wenn Hetero-Praxen kritisiert werden, geht es um die Kritik an einer selbstverständlichen Bezugnahme (durch Handlungen und Denkweisen) auf eine bestimmte Norm und dass weder die Norm noch die Bezugnahme kritisch befragt werden. Darauf, was das für andere bedeutet, für feministische Politiken und Bündnisse oder allgemeiner: Wie das Machtverhältnisse und Diskriminierungen fortschreibt. Wen und was ich begehrenswert finde, ist nicht einfach so da oder kann das ersetzen/überschreiben, was mir jeden Tag zugeschrieben wird und nach wie vor geformt durch Diskriminierung wird. (Wer dem nicht zustimmt, kann den Text wegklicken).

Wer wie begehrt, ist geprägt durch Diskriminierung

Es ist mir ein Leben lang eingetrichtert worden, mein Begehren als etwas ausschließlich sexuelles_körperliches zu begreifen, um es dann als natürlich/genetisch/biologisch/veerbt/unschuldig/politisch irrelevant/war schon immer so/kann sich halt auch ändern/who knows?/nicht kritisierbar zu definieren. Für mich gibt es aber keine Unterscheidung zwischen: mit wem tue ich körperliche/sexuelle/liebesromantische Dinge und mit wem freund_innenschaftliche/soziale/politische. Mein Punkt hier ist die Sichtbarmachung und Hinterfragung von Bezugnahme und Bereitstellung eigener emotionaler, physischer, mentaler und intellektueller Kapazitäten. Es kann demnach gar nicht um Denk/Handlungs/Sexverbote gehen, sondern um einen Vorschlag: Sich zu überlegen, was für eine_n selbst aus dieser Hinterfragung von Bezugnahme und Bereitstellung folgt an Handlungen. Also, alles ganz harmlos. Für mich. Aber nicht für andere. Vielleicht liegt darin auch das Sprengpotenzial. Zu erkennen, dass mein Handeln Auswirkungen auf die Handlungen/Möglichkeiten anderer Menschen hat.

Ich kritisiere Zwangsheterosexualität und Heteronormativität und bin dabei oft in die Falle getappt, Heten an sich zu kritisieren. Doch wer sind diese Heten? Und welche Heten meine ich eigentlich? Profitieren alle Heten gleichermaßen von einem heteronormativen System? Profitieren alle Menschen gleichermaßen von der Bezugaufnahme auf Typen? Und wen meine ich eigentlich mit Typen? Beziehungsstatus: Es ist kompliziert. Deshalb habe ich nun im folgenden Teil versucht, meine Gedanken zu Zwangsheterosexualität und Heternormativität zu formulieren. Mein Wunsch ist, dass sich die Kritik an Hetero-Performance/Praxen nicht nur an Heten richtet, sondern generell an alle, die in vielen Bereichen ihres Lebens von einer bestimmten Norm und der Bezugnahme darauf profitieren.

Zwangsheterosexualität und Heteronormativität sind für mich nicht nur das Aufeinander-Bezogen-Sein von dem, was als eindeutig/authentisch/über Zeit hinweg gleich als „Mann“ und was als „Frau“ gilt und die Reproduktion dieser Idee als gesellschaftliche Norm_alität und die Ausrichtung gesellschaftlicher Strukturen entlang dieser Norm_alität und das Verhalten von Individuen entlang dieser Norm_alität. Begehren wäre dieser Definition nach der Ausdruck eines körperlichen/romantischen/emotionalen/intellektuellen/sozialen/politischen Wollens und Strebens von mir als „Mann/Frau“ hin zum „jeweils anderen“ Gender mit der Motivation einer Verbundenheit oder Gleichheit/Angleichung. Wer sich dieser Definition nicht zuordnet, sei angeblich automatisch durch Zwangsheterosexualität/Heteronormativität diskriminiert.

Eine Kritik an Zwangsheterosexualität und Heteronormativität will oft „nur“, dass diese Form des Begehrens, des Aufeinander-Bezogen-Seins nicht mehr Norm ist, nicht mehr Zwang ist, sondern Option neben vielen anderen Möglichkeiten zu begehren und damit auch eine Veränderung eben jener privilegienbringender Strukturen für Heter@-L(i)ebende.

Hetero ohne die Berücksichtigung von Mehrfachdiskriminierung

Wen und wie wir begehren, nach „wem“ wir streben, „wen“ wir wollen und was wir in dieser Gesellschaft zu unserem Beziehungsziel erklären, ganz egal ob körperlich, romantisch, emotional, intellektuell, sozial, politisch, mit wem wir uns in Beziehung setzen, mit wem wir Verbindungen suchen, ist geprägt durch viele Machtverhältnisse und deren Diskriminierungsformen. Blick/Sprech/Bewegungs/Handlungs/Beziehungs/Begehrensweisen haben sich hier in der BRD in der Regel auf eine Norm auszurichten, die weiß-deutsch, cis-Typ (vermeintlich eindeutig „Mann“ nach einer zweigeschlechtlichen Idee), ableisiert (vermeintlich gesund/leistungsfähig/funktionierend – physisch/psychisch), dünn, christlich säkularisiert (das z.T. unbemerkt stattfindende Fortschreiben christlicher Werte und Vorstellungen in gesellschaftliche Strukturen nach dem Bedeutungsverlust der Religion) und mindestens Mittelschicht ist.

Heterosexualität meint also nicht einfach nur das Begehren von Typen, sondern das Begehren eines Archetypen. Das Begehren von und hin zu einer Verkörperung dieser Norm in Menschengestalt. Das Begehren von und hin zum Menschen an sich. Durch Zwangsheterosexualität und Heteronormativität werden Menschen immer wieder in Bezug zu dieser Norm gesetzt, erleben dieses Beziehen und Bezogenwerden als Normalität und profitieren unterschiedlich von der eigenen Nähe/Zuwendung zu dieser Norm, zu diesem Menschen an sich, je nach dem wie sie sozial positioniert sind. Demnach bin ich nicht einfach diskriminiert durch Zwangsheterosexualität/Heteronormativität, wenn ich mich nicht hetero definiere. Und umgekehrt profitieren auch nicht alle, die sich hetero definieren von ihrem Begehren (individuell und/oder strukturell).

Schauen wir uns nur an, wer die Heten sind, die in gesellschaftlichen Machtpositionen sind oder die sich als Paar oder als Einzelperson geschützt im öffentlichen Raum bewegen können, die andere definieren, bewerten, studieren, „entdecken“, kolonialisieren und diskriminieren können. Und schauen wir uns genauer an, welche Typen von Sexismus wie profitieren. Ich denke hier nicht in Kategorien von Schmerzensmann, Macho, Rockträger oder „Feminist“, sondern in sozialen Positionierungen. Also schauen wir uns an, wer die Typen sind, die in gesellschaftlichen Machtpositionen sind, die sich geschützt im öffentlichen Raum bewegen können, die andere definieren, bewerten, studieren, „entdecken“, kolonialisieren und diskriminieren können (sie sind weiß, able-isiert, hetero, cis, vermeintlich nicht-religiös, deutsch, usw). Und zuletzt schauen wir uns die an, die sich nicht hetero definieren und in gesellschaftlichen Machtpositionen sind, die sich (manchmal) geschützt im öffentlichen Raum bewegen können, die andere definieren, bewerten, studieren, „entdecken“, kolonialisieren und diskriminieren können. Schauen wir uns mich an:

Begehren als Streben hin zu einer Norm und der Widerstand dagegen

Ich und mein Leben haben auf die eben beschriebene Norm ausgerichtet und bezogen zu sein. Ich soll mich dabei mich in meinem Denken und Handeln auf den Archetypen beziehen und ihn körperlich begehren. Durch Norm und ihre Verkörperung wird mir die Welt erklärt oder vorgeschrieben, welche Perspektive ich an- und einzunehmen habe, wenn mein Denken und Handeln als „wahr“, „richtig“, „vernünftig“, „kompetent“, „logisch“, „erfolgreich“ gelten soll. Einfach: wenn ich als Mensch anerkannt werden will, und zwar nicht nur als „auch-Mensch“, sondern als der Mensch an sich. Ich bin mehr Mensch an sich als auch-Mensch, weil ich mich auf verkörperter und erlebter Ebene näher an der Norm befinde als andere und mich öfter auf diese Norm beziehe als andere. Dabei ist es egal, ob das durch eigenes Zutun, Geschichtlichkeit, Gewordenheit/Sozialisation, Zuschreibung von außen, Lebenswandel, „Zufall“ so ist. Es zählt, dass es ist und was daraus folgt. Darin liegt meine Verantwortung als handelnde, politische Person.

Manchmal bin ich trotzdem auch-Mensch, weil ich auf vielen Ebenen meines Handelns, Seins, Aussehens, Lebens, meiner Politiken, meines Alltags mich dem Begehren nach dieser Norm widersetze. Ich komme nicht mehr (so oft) in den Genuss bestimmter Privilegien auf Kosten von anderen. In Liebesfragen geht es mir etlichen Jahren leicht von der Hand (höhö) und die Frage nach dem Warum ist dabei völlig unerheblich. In anderen Bereichen meines Lebens musste ich mich zwingen, mich anders auszurichten. Die selbst/kritische Beschäftigung mit Machtverhältnissen, durch die ich diskriminiert und privilegiert positioniert werde, hat mich dabei unterstützt. Dass ich mich nicht mehr auf diese Norm beziehen muss, weil ich diese Anerkennung schlichtweg als ideologisch falsch und unmenschlich ablehne und ablehnen kann, hat auch mit meinen Privilegien zu tun und bringt mich gleichsam in eine verletzbare/angreifbare Situation, in eine Situation die voller Widersprüche steckt, durch die ich mich nun täglich hindurch manövriere und hindurch scheitere auf der Suche nach anderen Ideen/Menschen zum Beziehungen führen/mich in Beziehung setzen/Verbindungen aufsuchen.

Identität ist mehr als das bloße Wort

Es ist also zweitrangig, wie ich mich nenne, welches Label ich mir gebe, das für mich nur ein Marker / Erkennungszeichen für andere ist, mir Respekt und Anerkennung zu geben, selbst Anerkennung zu wollen, zu signalisieren, ich bin trotz auch-Mensch auch Mensch an sich. Es ist vordergründig, wen und wie ich begehre, nach „wem“ ich strebe, „wen“ ich will und was ich in dieser Gesellschaft zu meinem Beziehungsziel erkläre, ganz egal ob körperlich, romantisch, emotional, intellektuell, sozial, politisch, mit wem ich mich in Beziehung setze, mit wem ich Verbindungen suche, wem und welcher Sache ich meine körperlichen, mentalen, emotionalen und intellektuellen Kapazitäten zur Verfügung stelle. Was daraus folgt. Für mich und für andere.

Ich kann also überlegen, welche Vorteile mir mein Begehren gesellschaftlich bringt, von welchen Strukturen ich profitiere, ganz egal, wie ich mich selbst definiere. Diese Welt funktioniert aufgrund von machtvollen Konstruktionen und Zuschreibungen (anhand von Äußerlichkeiten) und nicht, weil Selbstbestimmung und Widerstand gegen Fremdbestimmung das höchste Gut sind. Das wäre schön. Aber so ist die Welt nicht. Sich in Begehrensfragen entscheiden zu können und meine Entscheidung nach außen hin verteidigen zu können, mich sichtbar machen zu können mit meinem Begehren, ohne Sanktionen und Gewalt fürchten zu müssen, ist ein krasses Privileg. Heterosexualität/Hetero-Praxis, die immer auch heißt, sich einer umfassend privilegierten Norm zuzuwenden, nicht als Zwang wahrzunehmen, sondern als Möglichkeit von vielen, ist ein krasses Privileg. Sich als „nicht (nur) hetero“ outen zu können im Erwachsenenalter mit Anbindung an wertschätzende, annehmende und respektierende Sozialkontakte, die eine Art safer space bilden können, ist ein krasses Privileg. Nicht schon über die meiste Zeit des eigenen Lebens Zwang und Diskriminierung aufgrund von Zuschreibungen und den damit verbundenen Erwartungshaltungen erfahren zu haben, ist ein krasses Privileg.

Wieso ist „privilegiert“ sein etwas, das ich partout von mir weisen will, statt die Chancen und (auch politischen) Möglichkeiten, die ich aufgrund dessen hatte und habe wertzuschätzen, zu nutzen für Veränderung? Warum sind Label wichtiger als Alltagspraxen und deren Veränderung, deren Politisierung und Nutzung für aktivistische Zwecke? Identitätspolitik heißt für mich Widerstand gegen Normen, gegen Zwang, Diskriminierung und Gewalt, angefangen bei mir selbst. Meine Erfahrungen, meine Praxis, mein Denken und Handeln formt meine Identität formt meine Erfahrungen, meine Praxis, mein Denken und Handeln. Und nicht das bloße Wort.

 

Ein Kommentar zu „Von der Schwierigkeit nicht hetero zu sein und hetero zu kritisieren.

  1. Hallo,

    danke für den Artikel und dem damit einhergehenden Versuch der Versprachlichung und Sichtbarmachung struktureller Komplexitäten, die sich oft gefühlt erahnen aber gedanklich weniger häufig einfangen und auslegen lassen.

    Dennoch habe ich einen Rückfrage zu folgendem Satz, der sich zwar aus der Fortfolge des Textes etwas verdeutlicht, aber ich möchte dennoch abtasten, ob meine Reflektion diese trifft:

    „Wie das Machtverhältnisse und Diskriminierungen fortschreibt. Wen und was ich begehrenswert finde, ist nicht einfach so da oder kann das ersetzen/überschreiben, was mir jeden Tag zugeschrieben wird und nach wie vor geformt durch Diskriminierung wird.“

    – Meint dies, dass Begehren über gesellschaftliche Konditionierungen von Gewohnheiten, Ansichten und Ansprüchen (Normen) dem Menschen eingelassen ist?
    Und, im Sinne der Fortführung des Textes, Mensch sich aber in Reflexion und kritischer Auseinandersetzung mit diesen biografischen Bedingungen als auch dem momentanen und daraus (mit-?)resultierenden Begehren entscheiden kann, wie mit diesem Begehren (in der Praxis) umzugehen sei, ergo ob ihm (normativ) nachgegangen wird oder eher nicht oder in non-normativer Art und Weise oder irgendwas dazwischen, bzw. einfach schon ohne Handlung bewusst werden kann, inwiefern dieses Begehren normativ konditionierte Ausschlüsse (re)produziert?

    Und, zum zweiten mir etwas undeutlichen: „…Punkt hier ist die Sichtbarmachung und Hinterfragung von Bezugnahme und Bereitstellung eigener emotionaler, physischer, mentaler und intellektueller Kapazitäten. Es kann demnach gar nicht um Denk/Handlungs/Sexverbote gehen, sondern um einen Vorschlag: Sich zu überlegen, was für eine_n selbst aus dieser Hinterfragung von Bezugnahme und Bereitstellung folgt an Handlungen. Also, alles ganz harmlos. Für mich. Aber nicht für andere. Vielleicht liegt darin auch das Sprengpotenzial. Zu erkennen, dass mein Handeln Auswirkungen auf die Handlungen/Möglichkeiten anderer Menschen hat.“

    – Dieses Begehren, sei es romantisch/sexuell … oder freundschaftlich, oder alles zusammen, über Anziehung und Sympathie sowie resultierend in Beziehung treten mit denen, gegenüber diese(s) „empfunden“ werden/werden, solche Ausschlüsse basierend auf „genormtem“ Begehren weiterführt, weil dann, der Matthäus-Spirale ähnlich, den den Normen entsprechenden/entsprechend begehrten Menschen mit eigenen Ressourcen (/Kapazitäten) innerhalb solcher entstehende Beziehungen beigekommen wird, während bei anderen durch den Ausschluss aus dem normativen Beziehungsbild solche „Unterstützungen“ weiter ausbleiben

    Danke im Voraus (und allgemein) für eure Zeit und Mühe.

    Die Inhalte dieses Blogs vermögen es sehr oft mein Denken zu bereichern.

    Grüße
    ceh

Kommentare sind geschlossen.

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