Rassistische Übergriffe und Widerstand in Berlin und Duisburg

In zwei Tagen jähren sich zum 21. Mal die Gewalttaten gegen Asylsuchende in Rostock Lichtenhagen. Während auf ZDFneo Flucht nachgespielt wird, Gauck sich bestimmt an seine letztjährige Eichen-Pflanz-Aktion anlässlich des Jahrestages erinnert und Angela Merkel mehr Zivilcourage gegen Rechtsextremismus fordert (ohne natürlich Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem und auch Teil der aktuellen politischen Entscheidungen zu benennen):

Übergriffe auf neue Unterkunft für Asylsuchende in Berlin

Bereits seit Wochen wurde gegen eine neue Unterkunft für Asylsuchende in Marzahn-Hellersdorf Stimmung gemacht und mit rassistischen Parolen gehetzt. Einen „Höhepunkt“ fand dies bei einer Bürgerversammlung (sic), organisiert durch den Bezirk, am 9. Juli. Ziel der Veranstaltung war es gewesen, Anwohner_innen über die Planungen zu informieren und Fragen zu beantworten. Stattdessen kamen Nazis wie Maria Fank vom Ring nationaler Frauen an das Mikro.

Gestern bezogen nun die ersten Flüchtenden die neu eingerichtete Unterkunft und wurden direkt mit Hitler-Gruß von AnwohnerInnen begrüßt, es wurden Parolen gebrüllt und weitere Drohgebärden aufgefahren. Auf Facebook wurde über Brandanschläge auf die Unterkunft fantasiert. Erste Refugees haben der Unterkunft aufgrund der aktuellen Lage den Rücken zugekehrt. Unterstützende Demonstrant_innen waren den ganzen Tag aber auch vor Ort. Heute Nacht haben 15 von ihnen eine Mahnwache abgehalten. Bei Storify gibt es eine Übersicht der gestrigen Ereignisse. Unterstützung vor Ort ist immer noch wichtig (FB Link). Heute Abend soll eine NPD-Kundgebung ab 18 Uhr gegenüber der Unterkunft stattfinden.

Mehr Informationen und u.a. eine Artikelsammlung findet ihr bei linksunten.indymedia. Auf Twitter könnt ihr den Hashtag #MaHe und insbesondere dem Account @AntiRa_Info_MH folgen.

Übergriff gegen Roma in Duisburg

In Duisburg spitzen sich derweil die Gewaltandrohungen und tatsächlichen Übergriffe auf die Bewohner_innen zweier Wohnblöcke (In den Peschen 3 und 5) zu. Die Anwohner_innen sind zu einem großen Teil Roma. Auch hier wird Facebook zum gemeinsamen Hetzen genutzt. Dort wird immer wieder zum Anzünden der Häuser aufgerufen (TW für den Link). Aber auch die Mainstreampresse wie die WAZ oder der WDR unterstützt die Stimmungsmache mit rassistischen_antiromanistischen Artikeln und Beiträgen, in denen vor allem den GegnerInnen mit ihren rassistischen Annahmen Raum gegeben wird (und ergänzt wird, dass es natürlich wirklich Probleme mit Roma in Duisburg gäbe).

Solidarische Aktivist_innen halten seit zwei Tagen Nachtwachen bei den Gebäuden. Auch hier wird Unterstützung gebraucht!
Heute um 17 Uhr soll es ein Treffen von Unterstützer_innen im Asta Keller der Uni Duisburg geben.

Auf Twitter könnt ihr dem Hashtag #indenpeschen folgen um auf dem Laufenden zu bleiben. Seit heute gibt es auch einen Blog: In den Peschen und einen Twitteraccount @IndenPeschen.

Für beide Orte gilt: Wenn ihr weitere, aktuellere Informationen oder gute, informierende Artikel habt, postet sie bitte in die Kommentare.

13 Kommentare zu „Rassistische Übergriffe und Widerstand in Berlin und Duisburg

  1. @califax: Ich finde, dass der Artikel zwar einiges zusammenfasst, aber in der Analyse teils auch problematisch ist. (Z.B. „Trotz der von Antifas befürchteten und von den Nazis beschworenen Parallelität zu der Pogromstimmung zu Beginn der 1990er Jahre liegt ein wesentlicher Unterschied darin, dass das politische Establishment aktuell kein Interesse an einer gewaltförmigen rassistischen Mobilisierung hat.“ oder der allgemeinen Abgrenzung zwischen „Mob“ und „Elite“, wobei das rassistische Handeln letzterer relativiert wird.)

  2. @Charlott: Natürlich kann über beide Punkte diskutiert werden. Aber den ersten („Parallelität zur Progromstimmung in 90gern“) sehe ich als wichtig für die Analyse von MaHe heute. Ich denke schon das für die gewollte Abschaffung das Grundrechts auf Asyl vor 20 Jahren eine besondere Situation bestand, die heute so nicht gegeben ist.
    Unabhängig davon glaube ich, dass gerade die im Artikel gezeigte Rolle als Präzedenzfall für den anstehenden Wahlkampf die besondere Bedeutung von MaHe deutlich macht. Kurz: Auch wenn wir keine Situation ala Lichtenhagen erwarten müssen, ist jetzt antirasischtische Intervention unbedingt notwengig.

  3. @califax: Ob wir Situationen wie in Lichtenhagen, Hoyerswerda o.a. erwarten müssen, wird sich noch zeigen. Ich hoffe sehr, dass du Recht hast. Wenn die Situation nicht dermaßen eskaliert, würde ich persönlich die Ursache dafür aber glaube ich in erster Linie nicht in einer veränderten innenpolitischen Lage vermuten (auch wenn ich da nichts 1:1 gleichsetzen will oder auch nur kann, schon allein weil mir da das Wissen fehlt), sondern eher in Interventionen die auch etwas mit medialer/informationeller Begleitung zu tun haben – internationale Aufmerksamkeit sowie die Mobilisierung von Gegenwehr vor Ort gehen ja mittels Internet viel beschleunigter und umfänglicher vonstatten als vor über 20 Jahren.

  4. @Anna-Sarah: Mit den verbesserten Möglichkeiten medialer Begleitung hasst du natürlich Recht, auch wenn es diese – mit den Mitteln der Zeit und auch international – zb. bei Lichtenhagen auch gab. Es gab auch direkte Intervention vor Ort. Eine gute Aufarbeitung hierzu ist der Film „The Truth lies in Rostock“ (http://www.youtube.com/watch?v=4gboC2bsv8w).
    Ich will damit nicht sagen, dass ohne Repression Lichtenhagen damals hätte verhindert werden können, aber dass das Progrom damals gewollt war, während es heute eben diesen Schulterschluss in den politischen Mainstream eben nicht gibt.

  5. Auch diesbezüglich m.E. sehr lesenswert

    [http://library.fes.de/pdf-files/do/07504-20120321.pdf]

  6. Hier noch zwei weitere Links zum Themenkomplex:

    „Die Amadeu Antonio Stiftung hat ihren neuen Report „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“ veröffentlicht. Das Fazit: die Verharmlosung durch die Behörden macht es den Rechtsextremen allzu leicht. […]“

    -> [http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/aktuelles/staatsversagen/]

    und ein Flyer zur bevorstehenden Wahl:

    -> [http://www.zentrum-für-demokratie.de/images/downloads/13-07-18%20folder_wahl_07-18.pdf]

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