Don’t call me slut just because you meet me @ Slutwalk!

Dieser Text ist Teil 36 von 60 der Serie Meine Meinung

Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Hartnäckigkeit sich bestimmte Mythen darüber, was Slutwalk sei und worum es da gehe, in der medialen Darstellung halten. Dabei ist natürlich oftmals sehr durchsichtig, warum sich dort auf bestimmte Aspekte eingeschossen wird. Seitdem sich herumspricht, dass demnächst auch in Deutschland Slutwalks stattfinden werden, begegnet mir allerdings häufig Kritik an dieser Protestform, die in folgende Stoßrichtung geht: Das Anliegen, für welches da demonstriert werde, sei natürlich total legitim und wichtig und nachvollziehbar, aber die Form wäre ja doch sehr eigenartig – wahlweise auch zweifelhaft, sinnlos, kontraproduktiv oder gar komplett antifeministisch.

Inzwischen ist allerhand gedacht und geschrieben worden zum erklärten Ziel einiger Slutwalks, den Begriff Slut bzw. Schlampe zu „reclaimen“, also zurück zu fordern – einige halten viel von der Idee, andere gar nichts, für manche ist das gar nicht wichtig, und für alle diese Positionen gibt es oft gute Gründe. Ich bin allerdings der Auffassung, dass es gar nicht der springende Punkt ist, ob und unter welchen Umständen ein Begriffsreclaiming sinnvoll oder möglich ist – und (jedenfalls für viele von uns: Ich beziehe mich hier ausdrücklich nicht auf von Women of Color für den amerikanischen Raum dargelegte Positionen, an denen sich jegliche Anzweifelei aus einer weißen Perspektive heraus verbietet) auch kein Ausschlusskriterium bei der Entscheidung „Gehe ich zum Slutwalk oder nicht?“ sein sollte.

Zunächst einmal: Das allgemeine Werben für das Verwenden des Wortes „Schlampe“ steht gar nicht so weit oben auf der gemeinen Slutwalk-Agenda, wie manche Mediendarstellung glauben machen mag. Schon gar nicht geht es um ein obskures „Recht, Schlampe genannt werden zu dürfen“ – wenn überhaupt, dann darum, sich selbst so bezeichnen zu können, ohne dass daraus irgendeine Legitimation für respektloses, gewalttätiges oder herabwürdigendes Verhalten durch andere erwüchse. (Übrigens gibt es durchaus Zusammenhänge, in denen eine Aneignung des Wortes bereits praktiziert wird, z.B. polyamoröse Szenen in den USA oder die Riot Grrrl-Bewegung).

Zu selten wird beachtet, dass es einen massiven Unterschied macht, ob ich mich selbst mit einem bestimmten Wort bezeichne oder ob andere das tun – Sprecher_innenposition und Kontext sind absolut entscheidend, wenn es zu entscheiden gilt, ob eine Benennung angebracht ist oder nicht. Vielleicht mag ich es, wenn mein_e Freund_in mich „Süße“ nennt, aber das bedeutet noch lange nicht, dass jeder beliebige Mensch mich grundsätzlich so ansprechen darf.  Ob ich mich Schlampe nennen möchte und was das für mich bedeutet, soll meiner Deutungshoheit unterstehen.

Slutwalk Berlin

Außerdem lässt „Slutwalk“  sich nicht ausschließlich mit „Marsch der Schlampen“ übersetzen. Es kann genauso bedeuten „Aktion, die sich um das Konzept „Schlampe“ dreht, es nutzt, damit spielt“ – und kann damit genauso Plattform für Widerstand gegen diese Bezeichnung überhaupt sein wie für Reclaiming oder, wie Ur-Slutwalk Toronto betont, „Reapropriation„, also Wiederaneignung des Begriffs und Neudefinition –  oder aber auch, um „Schlampe“ als die leere Worthülse zu entlarven, die übrig bleibt, wenn der Begriff von seinen misogynen Inhalten befreit wird, indem die darin manifeste verzerrte Wahrnehmung von (vorwiegend) weiblicher Sexualität mit dem Ziel, diese zu kontrollieren und zu maßregeln, bloßgelegt und zurückgewiesen wird.

Entsprechend dieser Vielfalt an Möglichkeiten, das Konzept Slut/Schlampe im Rahmen des Walks zu verhandeln, enthalten auch die Slogans auf den Berliner Infoflyern den Begriff in ganz verschiedener Weise: Slut sisters of the world united take over, Being a slut is not a crime, Ich bin ’ne Schlampe, I am not a slut, Slut? So what?, Not your slut … – darüber hinaus gibt es eine Menge Slogans, die komplett ohne den Begriff auskommen und, stärker als das medienwirksame Label, die Inhalte des Protests betonen. Eine Organisatorin formuliert auf Facebook die Annäherung an „Slut“  folgendermaßen:

Letztlich sind wir uns bewusst, dass wir uns da auf einer Gratwanderung bewegen, zumindest empfinde ich das so, aber wenn wir diesen Begriff aus der männlichen Deutungshoheit rauslösen wollen, müssen wir ihn uns schon nehmen. Und die Debatte darum, ob das eine gute Bezeichnung ist oder nicht und falls nein warum nicht, ist für mich Teil des Prozesses, dessen Teil die Slutwalks sind. Work in Progress sozusagen.

Die Legende, nein, Propaganda von der angeblichen Abwehrfunktion „angemessener“ Kleidung gegen sexualisierte Gewalt ist kriminalstatistisch schon so oft ad absurdum geführt worden, dass mensch sich durchaus mal fragen sollte, warum sie eigentlich so persistent bleiben kann. Denn: Nach dieser Logik sind wir alle Schlampen.

As organizers of the march and other feminists point out regularly, women get raped in sweatpants and t-shirts, in burkas, in wedding dresses, and in every garment imaginable. Women get raped drunk and sober. Women get raped at a few days old and at over 90 years old. Women get raped in their homes, in their workplaces, and in every other location. There is no ’safe‘ place to be, garment to wear, or state to be in for a woman who encounters a rapist. The only common denominator of all rapes and sexual assaults is that there is a rapist present.

[zu deutsch: Wie die Organisator_innen des Marsches und andere Feminist_innen regelmäßig betonen, werden Frauen vergewaltigt in Jogginghosen und T-Shirts, in Burkas, in Hochzeitskleidern und in jedem vorstellbaren Kleidungsstück. Frauen werden betrunken und nüchtern vergewaltigt. Frauen werden vergewaltigt, ob sie ein paar Tage oder 90 Jahre alt sind. Frauen werden in ihrem Zuhause vergewaltigt, an ihrem Arbeitsplatz und an jedem anderen Ort. Es gibt keinen „sicheren“ Ort, keine „sichere Kleidung“ oder keinen „sicheren“ Zustand für eine Frau, die einem Vergwaltiger begegnet. Der einzige gemeinsame Nenner aller Vergwaltigungen und sexuellen Übegriffe ist, dass ein Vergewaltiger anwesend ist.]

Wenn es das Äußere ist, das Übergriffe „provoziert“, dann gilt für alle von uns, die jemals dumm und dreist angemacht, sexuell belästigt oder vergewaltigt wurden oder dies berechtigterweise fürchten: Wir gehören dazu. Deshalb geht es bei Slutwalk auch mindestens so sehr um Solidarität wie um individuelle optische Geschmacks- und Stylingfragen. Wenn diese dort eine Schlampe ist, weil sie in diesem Outfit belästigt wurde, dann bin ich, die sich vielleicht manchmal ähnlich kleidet, genauso gefährdet, dieses Label gegen meinen Willen aufgeklebt zu bekommen. Dagegen gilt es sich solidarisch zu wehren: gegen eine kollektive Stigmatisierung aufgrund fiktiver Ursachenzuschreibungen. Gegen das Ausspielen, ja geradezu Aufhetzen von Frauen gegeneinander, indem sie sich einteilen lassen in unterschiedlich „ehrenvolle“ Kategorien; in dem ihnen nahegelegt wird, sich doch bitte zugunsten ihrer vermeintlichen eigenen Integrität beharrlich abzugrenzen von „billigen Flittchen“, Sexarbeiterinnen, ja, von den Schlampen eben – ohne dass sie diese Abgrenzung tatsächlich aus dem Objektstatus befreien würde.

Am ärgerlichsten sind die selbsgerechten, bevormundenden Stimmen à la „Also, natürlich stehe ich hinter dem Anliegen, ganz klar – aber lasst euch von mir sagen: So geht es nicht, ihr müsst das anders machen.“ Wenn all diesen Leuten das Ende der Vergewaltigungskultur angeblich so am Herzen liegt: Warum gehen sie dann eigentlich jetzt nicht los und starten eine Bewegung, die ihnen zielführender erscheint? Wenn sie es so wichtig finden, dass gegen opferbeschuldigendes Verhalten angegangen wird, warum solidarisieren sie sich nicht zunächst einmal mit all denen, die dieses Anliegen teilen – und damit auch den vielen, die eben im Slutwalk eine Plattform für ihren Widerstand sehen?

Der Eindruck, der sich aufdrängt: Hier geht es viel mehr darum, allzu vorwitzige Frauen in ihre Schranken zu weisen (ich sehe darin auch eine Form von „slut-shaming„), als konstruktiv-solidarisch daran mitzuwirken, eine Protestform zu erfinden, mit der sich möglichst viele identifizieren können. Viele Menschen weltweit fühlen sich von der Slutwalk-Bewegung angesprochen, und zwar nicht von der Option, mit wenig an auf der Straße herumzuhopsen, sondern weil sie finden, dort ihr Unbehagen, ihre Wut artikulieren zu können – welche_r hat das Recht, all diesen Menschen vorzuhalten, dass sie angeblich „falsch“ protestieren und das noch nichtmal kapieren? Wie Kathleen Hanna sagte:

You don’t want to start setting up another rule book, like: „This is how you’re a feminist. And this is the way you dress. And this is the way you act. And this is the way you protest.“ It’s like, some people protest carrying signs. Some people protest by making activist radical music. Sometimes people try to just make it through a day and not kill themselves, and that’s their activism for right then, because that’s all they have… “

[Du willst doch nicht noch ein Regelwerk aufstellen, nach dem Motto:  „So und so bist du Feminist_in. Und so und so hast du dich anzuziehen. Und so und so hast dich zu verhalten. Und so und so musst du protestieren.“ Einige protestieren eben mit Schildern in der Hand. Andere protestieren, indem sie aktivistische radikale Musik machen. Manche Leute versuchen einfach, den Tag zu überstehen, ohne sich umzubringen, und das ist dann ihr Aktivismus, weil das alles ist, was sie haben…]

Jetzt ist Gelegenheit, dass wir mal aufhören, aneinander und unseren jeweiligen Formen der Widerständigkeit herumzumäkeln – warum nutzen wir diese Gelegenheit nicht einfach mal, um die Solidarität zu üben, die wir so dringend benötigen, um weiterzukommen auf dem Weg Richtung Selbstbestimmung?

53 Kommentare zu „Don’t call me slut just because you meet me @ Slutwalk!

  1. Am ärgerlichsten sind die selbsgerechten, bevormundenden Stimmen à la “Also, natürlich stehe ich hinter dem Anliegen, ganz klar – aber lasst euch von mir sagen: So geht es nicht, ihr müsst das anders machen.” Wenn all diesen Leuten das Ende der Vergewaltigungskultur angeblich so am Herzen liegt: Warum gehen sie dann eigentlich jetzt nicht los und starten eine Bewegung, die ihnen zielführender erscheint? Wenn sie es so wichtig finden, dass gegen opferbeschuldigendes Verhalten angegangen wird, warum solidarisieren sie sich nicht zunächst einmal mit all denen, die dieses Anliegen teilen – und damit auch den vielen, die eben im Slutwalk eine Plattform für ihren Widerstand sehen?

    Dieser Absatz hat mich jetzt doch glatt dazu gebracht, hier mein übliches glückliches Vorbeischauen als Leserin und Lurkerin vorübergehend zu beenden. Ich finde die Unterstellung, dass bestimmte Leute kein Ende von „rape culture“ und „victim-blaming“ wollen, weil sie sich beim „slutwalk“ unbehaglich fühlen, ein ziemlich starkes Stück. Vor allem, weil es gute Gründe dafür geben könnte, dass sie auch keine andere Aktion starten:

    Vielleicht wollen sie ja trotz allem nicht den Eindruck erwecken, als würden sie eine „bessere“ Gegenveranstalltung zum „slutwalk“ starten wollen. Vielleicht sind sie einfach gestresst und überarbeitet und haben keine Zeit, um selbst eine Protestwelle ins Leben loszutreten. Vielleicht haben sie keine Ahnung davon, wie sie so was aufziehen sollen, weil sie noch nie eine Demo ins Leben gerufen haben, nicht fester Teil eines politischen, feministischen… Zirkels sind etc etc.

    Und mal ganz ehrlich, würden die Kritikerinnen und Kritiker der „slutwalks“ sich jetzt daran machen würden, eine weitere Bewegung zu starten, wäre garantiert das Argument von der fehlenden Solidarität auch nicht weit.

    Und vielleicht darf ja auch jede(r) gute Gründe dafür haben, dem „slutwalk“ fernzubleiben. Ich weiß, dass das Minirock-Argument auf gut Deutsch einfach nur beleidigender Scheißdreck ist, womit sexuelle Übergriffe verharmlost werden sollen. Ich weiß, dass mein Schlabber-T-Shirt-Outfit keinen Vergewaltiger an irgendetwas hindern würde.

    Aber mir widerstrebt es zutiefst, mit/unter einem Banner zu laufen, auf dem „Schlampe“ steht. Niemand kann mich zwingen, irgendwas für mich zu „reclaimen“, das mir persönlich komplett gegen den Strich geht. Und das ist dann halt mein Aktivismus bzw. mein eklatanter Mangel daran.

    Aber ich finde es ironisch, dass hier aufgefordert wird, mit dem Mäkeln aufzuhören, indem an den Mäklern gemäkelt wird.

  2. auch mir drängt sich leider der eindruck auf, dass hier kritik erst einmal generell delegitimiert wird. es liest sich, überspitzt ausgedrückt, ein wenig wie „wenn du nicht zum slutwalk kommst, bist du gegen uns/das ende von rape culture/unsolidarisch/…“. sicherlich haben einige kritische stimmen und die meisten medienberichte einen arg begrenzten blickwinkel auf das thema, aber es argumentieren weder alle kritiker_innen, dass slutwalks „falsch“ seien noch kann man allen unterstellen, sie wollten „vorwitzige frauen in ihre schranken (…) weisen“, ein aus meiner sicht ärgerliches totschlagargument.

    ich wünsche den slutwalks jeden erdenklichen erfolg und finde es toll, dass so vielen menschen die bekämpfung von vergewaltigungsmythen und der rape culture wichtig ist. ich möchte mich aber deshalb nicht genötigt fühlen teilzunehmen, wenn mir name und art der proteste unbehagen bereiten.

  3. Ich gebe munditia absolut recht. Genau das ist es auch, was mich an dem Artikel und an der Sache stört.

    Ich finde auch der Vergleich des Reclaimings des Begriffs „woman of color“ und dem des Begriffs „Schlampe“ hinkt gewaltig: „woman of color“ ist ein ähnlich neutraler Begriff wie „Jeansträger“. Wie man ihn besetzt, hängt an jedem selber. „Schlampe“ dagegen ist per se schon abwertend und kann deshalb nicht positiv besetzt werden wie ein neutraler Begriff wie „woman of color“. Auch möchte ich mich lieber als selbstbestimmte lebende Frau bezeichnen denn als Schlampe. Denn was antwortet denn eine selbsternannte Schlampe auf die Frage, warum sie sich selbst als Schlampe bezeichnet: „Weil ich selbst über meine Sexualität bestimme(n möchte).“ Also.

    Gerade, wenn es klar ist, dass Frauen in jeder Kleidung vergewaltigt werden, ist es bescheuert, in Strapsen auf die Straße zu gehen, was wohl allen Beteuerungen, dass es nicht so sei, zum Trotz der Dresscode für den Slutwalk ist, denn seien wir mal ehrlich: Eine Frau, die nicht in Unterwäsche zu der Veranstaltung kommt, wird doch bestenfalls mitleidig angesehen von denen, die über ihren Schatten gesprungen sind und sich das Recht herausgenommen haben, in Unterwäsche zu erscheinen. Nach dieser Denke kann eine Frau, die zum Slutwalk vollständig bekleidet erscheint, nicht wirklich eine selbstbestimmte Sexualität leben, wenn sie nicht in der Lage ist, ihr jederzeit Ausdruck zu verleihen, durch Zeigen von Unterwäsche bspw.

    Ich glaube auch, dass die selbsternannten Schlampen der Erfüllung ihrer Ziele einen Bärendienst erweisen, weil sie in der Öffentlichkeit als lächerlich wahrgenommen werden. Es wäre wichtiger, Frauen von unten zu stärken, und wirksamer, wenn diese starken/gestärkten Frauen einem Mann im 1zu1-Kontakt ihre und seine Grenzen aufzeigen.

  4. Hallo Munditia,
    in dem Text habe ich nicht geschrieben, dass die Leute, die der Slutwalk-Bewegung ablehnend gegenüber stehen, generell kein Ende von rape culture wollen. Ich habe geschrieben, dass ich diejenigen, die sich beim nachdenken und reden über Slutwalk auf eine reinen Stilkritik beschränken und dabei oft auch noch ihre Unkenntnis bezüglich des Konzepts offenbaren, dazu auffordern möchte, die Veranstaltung einmal unter einem anderen Blickwinkel zu sehen – und sich ggf. auch nochmal ein bisschen besser zu informieren, bevor sie ein Urteil darüber fällen.
    Die Gründe, die du dagegen ins Feld führst, selbst aktiv zu werden (Zeit, Ressourcen, fehlende „Szeneanbindung“, fehlendes Know-How) treffen übrigens für die allermeisten Slutwalk-Organisator_innen auch zu: Sie machen das als D.I.Y-Projekt in ihrer Freizeit. Dass einer Alternativbewegung seitens der Slutwalker_innen mangelnde Solidarität unterstellt würde, ist jetzt erstmal eine reine Spekulation von dir.

  5. @ Hopey: Der Text richtet sich mitnichten an „alle Kritiker_innen“, sondern es geht, wie eingangs erwähnt, um eine bestimmte Art und vor allem auch Form der Kritik, die ich weder als konstruktiv noch als oftmals sonderlich fundiert empfinde. Zur Teilnahme „genötigt“ wird niemand, wie auch?

  6. Ich habe geschrieben, dass ich diejenigen, die sich beim Nachdenken und reden über Slutwalk auf eine reinen Stilkritik beschränken und dabei oft auch noch ihre Unkenntnis bezüglich des Konzepts offenbaren, dazu auffordern möchte, die Veranstaltung einmal unter einem anderen Blickwinkel zu sehen

    Na ja, so stand’s eben leider nicht im Text. Ich glaube dir ja gerne, dass du das so gemeint hast, aber rüber kam folgendes:

    Am ärgerlichsten sind die selbsgerechten, bevormundenden Stimmen à la “Also, natürlich stehe ich hinter dem Anliegen, ganz klar – aber lasst euch von mir sagen: So geht es nicht, ihr müsst das anders machen.” … Wenn all diesen Leuten das Ende der Vergewaltigungskultur angeblich so am Herzen liegt: …

    Mir (und einigen anderen kritischen Stimmen, mit denen ich die slutwalks mal im persönlichen Bekanntenkreis bequatscht habe) ist durchaus klar, wie das Konzept entstanden ist, in welchem Kontext der Name gewählt wurde und welches Anliegen dahintersteht. Aber dann kamen eben die Bedenken. Inwiefern das selbstgerecht und bevormundend sein soll, ist mir ja nicht so ganz klar.

    Und ja, auch die lokalen Slutwalk-Organisationsteams machen das in ihrer Freizeit. Dass hier niemand fürs Protestieren bezahlt wird und nur einen Haufen Aufwand damit hat, ist wie bei allen ehrenamtlichen Projekten ja leider sozusagen inbegriffen. Aber ein Konzept, das von allen möglichen großen 3rd-Wave-Feminism-Blogs verbreitet wird, leidet inzwischen wohl nicht mehr an „fehlender Szeneanbindung“.

    Dass einer Alternativbewegung seitens der Slutwalker_innen mangelnde Solidarität unterstellt würde, ist jetzt erstmal eine reine Spekulation von dir.

    Okay, ist es. Aber war auch eine Reaktion auf das Textzitat, dass Kritiker eben nicht „konstruktiv-solidarisch“ an der Protestbewegung mitwirken würden…

  7. @ Stepone: Wie kommst du darauf, in dem Text würden das „Reclaiming des Begriffs “woman of color” und [das] des Begriffs “Schlampe” verglichen? Da liegt eindeutig ein Missverständnis vor.

    „Eine Frau, die nicht in Unterwäsche zu der Veranstaltung kommt, wird doch bestenfalls mitleidig angesehen von denen, die über ihren Schatten gesprungen sind und sich das Recht herausgenommen haben, in Unterwäsche zu erscheinen.“

    Hast du das auf mehreren Slutwalks bereits so erlebt? Ansonsten ist das auch erstmal reine Spekulation.

    „Nach dieser Denke kann eine Frau, die zum Slutwalk vollständig bekleidet erscheint, nicht wirklich eine selbstbestimmte Sexualität leben, wenn sie nicht in der Lage ist, ihr jederzeit Ausdruck zu verleihen, durch Zeigen von Unterwäsche bspw.“

    An welcher Stelle des Slutwalk-Konzepts machst du eine solche „Denke“ aus?

  8. @Munditia: Warum beziehst du meine Kritik auf dich? Im Text steht definitv nicht, „dass Kritiker eben nicht “konstruktiv-solidarisch” an der Protestbewegung mitwirken würden“ – dort steht ziemlich genau, welche Art von Kritik mich stört, und nicht, dass es keine begründete und begründbare Kritik am Slutwalk gibt.

  9. @Nadine: Unter 3rd-Wave-Feminism-Blogs hätte ich jetzt mal viele neuere Feminismus-Blogs verstanden, die sich mit vielen Anliegen und Ansichten der 3. Feminismus-Welle identifizieren können. Das war wirklich nur beschreibend gemeint, weil ich überlegt habe, unter welchem Nenner ich Blogs wie z.B. maedchenmannschaft.net, feministing.org oder thefword.org.uk (alles Blogs, auf denen ausführlich über die Verbreitung von slutwalks an anderen Orten berichtet wurde) sonst zusammenfassen soll. War vielleicht etwas schwammig formuliert, aber ich sehe bei diesen Blogs mehr Gemeinsamkeiten untereinander als z.B. zwischen ihnen und der radikal-feministischen Blogosphäre. Ich hoffe, das ist jetzt ein bisschen klarer geworden. Sorry.

  10. (Argh, jetzt habe ich den Kommentar oben zu früh abgeschickt. Sorry, ich will hier ehrlich nicht alles zu spammen.)

    @Anne-Sarah:

    Na ja, wie oben gesagt, hatte ich den Eindruck, dass es aus der Argumentationsstruktur des Textes eben nicht so deutlich hervorgeht, welche Kritik du für begründet und angemessen und diskussionswürdig hältst und welche dich stört.

    Ich bin allerdings der Auffassung, dass es gar nicht der springende Punkt ist, ob und unter welchen Umständen ein Begriffsreclaiming sinnvoll oder möglich ist – und … für viele von uns … auch kein Ausschlusskriterium bei der Entscheidung “Gehe ich zum Slutwalk oder nicht?” sein sollte.

    Für mich ist der (un)Sinn eines Begriffsreclaiming aber genau der springende Punkt und letztendlich damit dasAusschlusskriterium, auch nach vielem Hin-und-Her-Überlegen – und das wird da für mich abgetan, und dann fühle ich mich halt in die Ecke der „unsachgemäßen“ Kritikerin gedrängt.

    Vielleicht bin ich dadurch ja laut dem Argument des Textes tatsächlich zur „falschen“ Art von Kritikerin geworden. *achselzuck*

    Ich hör jetzt besser auf, die Kommentarsektion zu fluten…

  11. @munditia

    Ich kann mit Wellenmodellen wenig anfangen, weil sie homogenisieren und bestimmten Aktivismus, Inhalte, Akteur_innen komplett unsichtbar machen. Die Mädchenmannschaft versteht sich nicht als Blog der Dritten Welle, unsere Autor_innen haben ganz unterschiedliche Verständnisse von Feminismus, die sich nicht unter einem Label zusammenfassen lassen geschweige denn immer die gleichen sind. Manchmal vertrete ich radikalfeministische Anliegen, machmal bin ich queertheoretisch unterwegs. Das passt in kein Wellenmodell. Es gibt einen guten Aufsatz von Ina Kerner dazu. Sie meint, dass das Wellenmodell lediglich in der Weise Sinn macht, als dass es neue aktivistische Formen mit sich brachte, jedoch keine neuen Inhalte. Außerdem ist sie der Ansicht, dass gerade die Third-Wave-Erzählung eine sehr US-amerikanische ist und sich daher nicht immer auf deutschsprachige Kontexte rüberstülpen lässt.
    http://web.fu-berlin.de/gpo/ina_kerner.htm

    Der Rest ließe sich vielleicht darüber erklären, dass neuere feministische Theorie zur Analyse und Ausarbeitung von Politiken herangezogen wird. Ich kann aber keine dominanten Erzählweisen ausmachen. Der Slutwalk arbeitet ganz klar an einem Anliegen, dass auch Radikalfeminist_innen so vertreten haben und noch immer tun. Er ist autonom organisiert, greift nicht auf institutionalisierte Strukturen zurück, teilweise sogar linksradikal. Als Protestform, die eben globalsolidarisch und viel über Vernetzung und Mobilisierung v.a. über das Internet funktioniert, gehört er definitiv zu neueren feministischen Aktionismusformen. Inhaltlich neu ist allerdings nichts davon. Der Reclaim-Gedanke (der, wie Anna-Sarah schreibt, beim Slutwalk nicht vordergründig ist) ist ebenfalls kein neuer.

  12. Guten Abend! Mich würde mal interessieren, wo man Informationen über dieses Phänomen der in Eurer Bewegung oft zitierten kriminalstatistisch belegbaren Irrelevanz des Outfits von Vergewaltigungsopfern findet. Könnt Ihr mir da weiterhelfen?

  13. @Anna-Sarah: ich schrieb „genötigt fühlen“ und wollte nicht unterstellen, dass slutwalk-organisator_innen irgendwen zum walk zerren würden oder ähnliches. falls das nicht ersichtlich war, sorry.

  14. @Nadine:

    Okay, dann tut es mir Leid, dass ich die Mädchenmannschaft mit dem Wellenmodell falsch kategorisiert habe, oder dass die Bezeichnung „third wave blogs“ allgemein missverständlich war, weil die Wirklickeit nun sehr viel komplexer ist als die ganzen Feminismus-Wellen-Theorien. In dem ursprünglichen Kontext wollte ich lediglich zum Ausdruck bringen, dass die „slutwalks“ – trotz der unabhängigen lokalen Organisation – durch die Berichterstattung in großen Teilen der feministischen Blogosphäre (egal ob man die nun kategorisiert oder nicht) eine solche Verbreitung erfahren haben, dass sie nun in gewisser Weise an eine aktivistische Szene angebunden sind.

    Das war der Hauptpunkt an dem usprünglichen Satz, der wiederum eine Antwort auf Anna-Sarahs Kommentar auf meine 1. Replik auf ihren Post war… (Oh je, jetzt wird’s verwirrend.)

  15. @Anna-Sarah: Bereits im zweiten Absatz deines Artikels ist von den „women of color“ die Rede, die den Begriff für sich „reclaimt“ haben.

    Ansonsten: Ich kenne genug Frauen, um zu wissen, worauf ich meine Vermutungen stützen kann. Mehr noch: Was mit der Slut-Frage einhergeht, ist das zwanghafte Sexy-Sein-Müssen, weil/dass Sexy-Sein gleichgesetzt wird mit Selbstbewusst-Sein. (Habe gerade heute hier auf Mädchenmannschaft.net eine Werbung gesehen: „Jung, sexy, stolz, lesbisch.“ Muss das sein? In keinem männlichen Zusammenhang ist etwas vergleichbares denkbar, und das hier gerade in feministisch-emanzipatorischen Zusammenhängen!) Und wer sich eben, aus welchen Gründen auch immer, nicht sexy zeigen kann, kann auch nicht selbstbewusst sein. Und wer nicht selbstbewusst ist, kann sowieso nicht toll gefunden werden.

    Bevor hier gleich wieder der Einwand kommt, das wäre eine Unterstellung und komme doch sowieso nicht vor: Machen wir uns nichts vor. An der Funktion biologischer Programme kann letztlich keinerlei Political Correctness etwas ändern. Die Weibchen konkurrieren untereinander um die Männchen, und weil die Männchen das Weibchen, das am hübschesten, sprich: am sexysten ist, am meisten begehrt, führt das Leugnen einer Konkurrenz in bspw. einem Slutwalk dazu, dass gerade dort, wo der Intention nach so etwas am wenigsten vorkommen sollte, gerade vorkommt, wenn Frauen, die über Körper verfügen, die gemeinhin als schön gelten, in Unterwäsche daherkommen.

    Und wenn wir noch so laut schreien: „Ich will das aber nicht, dass so ein scheiß archaisches Programm meinen feministischen Anspruch torpediert!“ – Programm ist Programm.

  16. Aaalso, ich bin nach welchen Maßstäben auch immer nicht komplett unattraktiv.
    Und ich habe vor, zum Slutwalk zu gehen. In normalen Klamotten, auch wenn ich mich „sexy“ anziehen könnte, ohne dass ich mich unwohl fühle. Ich gehe hin, weil ich das Anliegen toll finde.
    Klar zu machen, dass keine Frau belästigt werden darf, egal wie sie aussieht, was sie anhat etc.
    Und genau wie Schwarze den Begriff „Nigger“ für sich beansprucht haben und damit jenen die Macht genommen haben / nehmen wollten, die sie ursprünglich so bezeichnet haben, geht es auch darum, dem Wort Schlampe die Macht zu nehmen.
    Und die besteht darin, Frauen ein bestimmtes Verhalten zuzuweisen, das vor allem darin besteht, ihre Sexualität einzuschränken bzw. die männlichen Möglichkeiten von Sexualität auszuweiten.

  17. @stepstone:

    Bereits im zweiten Absatz deines Artikels ist von den “women of color” die Rede, die den Begriff für sich “reclaimt” haben.

    Das stimmt nicht, da hast du dich verlesen: Da steht, dass sich mein Text ausdrücklich nicht gegen spezifische Kritikpunkte richtet, die WoC zum Slutwalk formuliert haben.

    Machen wir uns nichts vor. An der Funktion biologischer Programme kann letztlich keinerlei Political Correctness etwas ändern. Die Weibchen konkurrieren untereinander um die Männchen

    Abgesehen davon, dass diese Aussage heterosexistisch ist, ist dir sicher schon aufgefallen, dass biologistische Sichtweisen auf Geschlechterfragen und biologistische Erklärungsversuche hier in der Regel auf Widerstand stoßen – zur Erinnerung: siehe auch Punkt 6 der Netiquette.

  18. Ich komme! Und: Ich komme in meinem normalen Outfit, finde es unwichtig, wie die Veranstaltung heißt und freue mich euch dort zu sehen, da wir gemeinsam für ein wichtiges Thema AUF DIE STRAßE GEHEN.

  19. Wieso bekomme ich keine Antwort? Mann=Troll?

    Zum Thema: Das Wort Nigger hat nur eine negative Besetzung, keinen negativen Ursprung. Das Wort schlampig bezeichnet die Missachtung oder die Unfähigkeit, Ordnung zu halten. So sehr ich ein Fan vom Chaos bin, ist Ordnung Voraussetzung zum Leben. Eine gewisse Ordnung ist auch im (neuzeitlichen) Sexualleben wichtig, sowohl für den Geist, als auch für den Körper. Es erscheint unglücklich, dass diese Bewegung sich anscheinend auf Basis bock_zickiger Trotzreaktion auf die Aussage dieses Officers nach einer Beleidigung benannt hat, die Menschen diffamieren soll, die ihre Sexualität nicht im Griff haben, statt einen Namen zu wählen, der darauf hinweist, dass Menschenrechte mit Füßen getreten werden, und die Gesellschaft wegsieht. Was die Leute von Euch mitkriegen ist, dass Ihr so sexy rumlaufen wollt, wie möglich(wird Frauen nicht nur gestattet, sondern seit mehreren Jahren leider schon von ihnen erwartet) und Schwule nicht diskriminiert werden wollen(?). Da sollte ein Dialog und eine Konzentration auf das Ziel stattfinden und dann ein bisschen was an der Außendarstellung verändert werden. Und Ihr streitet Euch jetzt darum, ob man die Fixierung auf das Schlampenrecht überhaupt kritisieren darf, ohne illoyal zu sein. Wenn ich mir ein Vergewaltigungsopfer vorstelle, das sich auf den Slutwalk freut, weil es sich viel davon verspricht, und sich dann zwischen Menschen in Unterwäsche wiederfindet, die Rechte auf frei ausgelebte Sexualität einfordern, dann ist das nicht gerade arm an schwarzem Humor.

  20. @wirtshausfeminist:

    Wieso bekomme ich keine Antwort? Mann=Troll?

    Hm, vielleicht, weil das hier nicht dein persönliches Auskunftsbüro ist und wir auch noch andere Dinge zu tun haben als persönliche Leserfragen zu beantworten? Die von dir gestellte Frage lässt sich leicht im Netz und anderswo erforschen. Und dass du ein Mann bist, weiß hier keine, die dich nicht persönlich kennt.

    Zum Thema: Das Wort Nigger hat nur eine negative Besetzung, keinen negativen Ursprung.

    Das ist falsch – das N-Wort ist aus einem rassifizierenden und rassistischen Kontext heraus erfunden und als Fremdzuschreibung schon immer so verwendet worden. (Deshalb müssen wir es auch nicht andauernd wiederholen, auch nicht aus vermeintlich rein deskriptiven Gründen.)

    Dein Kommentar wirft für mich vor allem Gegenfragen auf – wobei vor allem der vorletzte Satz darauf hindeutet, dass du einiges in dem Text (und über Slutwalks allgemein) entweder nicht gelesen oder missverstanden hast. Zum Beispiel: Wer hat seine Sexualität angeblich nicht im Griff? Warum sollte sich ein Vergewaltigungsopfer zwischen „Menschen in Unterwäsche“ automatisch unwohl fühlen? Was hat das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Gewaltfreiheit mit schwarzem Humor zu tun?

  21. @Anna-Sarah:

    Ich schreibe als heterosexuelle Cis-Frau. Deshalb kann ich auch nur für den Teil sprechen, in dem ich meine, mich auszukennen, weil ich dort jahrzehntelange Erfahrungen gemacht habe. Ich maße mir nicht an, zu äußern, wie verschiedene Mechanismen und Programme zwischen Lesben ablaufen, weil ich mich damit schlicht nicht auskenne und keine Erfahrung habe, weil ich keine Lesbe bin.

    Es geht doch beim Slutwalk darum, _Männern_ klarzumachen, dass _Frauen_ nicht für _Männer_ verfügbar sind, also um das Verhältnis zwischen _Männern_ und _Frauen_. Mir daraus den Vorwurf des Heterosexismus zu machen, wo ich doch nur wiedergebe, ist schon fast dreist.

    Es geht mir auch nicht um unabänderliche Gottgegebenheit der Geschlechterverhältnisse, wie sie im Punkt 6 der Netiquette steht, ich meine nur, dass es bei allen gesellschaftlichen Wünschen, Bestrebungen und Veränderungen biologische Konstanten oder Fakten gibt, die es zu berücksichtigen gilt. Damit meine ich, dass die Hormonhaushalte von Männern und Frauen unterschiedlich funktionieren. Unterschiedlich, ohne (Be)Wertung. Das ist ein Fakt, auf dem alle Bestrebungen aufbauen müssen. Beziehungsweise es muss eine Annäherung der Geschlechter aneinander stattfinden, wo jedes das andere als andersartig und in Ordnung akzeptiert, ohne sich selbst als besonders supertoll darzustellen, was ich ein wenig als Gefahr bei solchen Aktionen wie dem Slutwalk sehe und auch generell. Frauen sind nicht toller als Männer, Männer sind nicht toller als Frauen, Lesben sind nicht toller als Heteras, Heteros sind nicht toller als Schwule, Trans* sind genausowenig toller als Cis* wie umgekehrt. Alle sind gleichtoll.

    stepone, nicht stepstone.

  22. @Isa:

    An dem von dir genannten Beispiel zeigt sich doch, dass das vermeintliche Begriffsreclaiming nicht so funktioniert wie beabsichtigt. Das Ziel sollte doch sein, dass der Begriff durch das Reclaiming wieder in aller Munde sein kann, ohne verletzend zu wirken. Trotzdem dürfen sich nur „Nigger“ untereinander „Nigger“ nennen, wenn sie von einem „Nicht-Nigger“ „Nigger“ genannt werden würden, wäre es wieder eine Beleidigung. Dasselbe gilt für den Begriff „Schlampe“. Nur, weil sich Frauen selbst und untereinander „Schlampe“ nennen, bleibt es immer noch eine Beleidigung, wenn es ein Mann sagt. Also, wo ist da mein vermeintlicher Denkfehler?

  23. @ stepone – Erstmal: sorry für meine Vertipper bei deinem Nick.
    Zum Begriffsreclaiming: Reclaiming bedeutet *nicht*, dass ein Begriff unbedingt „in aller Munde“ sein muss – es geht hier um das Infragestellen von Definitionsmacht. Sprecher_innenpostion und Kontext sind beim Verwenden von Bezeichnungen unbedingt zu berücksichtigen, wie ich in dem Text ja auch ausführlich geschrieben habe. Insofern ist der von @Isa vertretene Reclaiming-Ansatz (der NICHT uniform für alle Slutwalker_innen gilt und gelten muss) absolut legitim und steht in guter emanzipatorischer Tradition.

  24. @ Nadine:

    Wie bitte? Ich zitiere lediglich und verwende die Begriffe auf einer Meta-Ebene. Soll deiner Meinung nach hier nur noch vom N-Wort und vom S-Wort die Rede sein? An dieser Absurdität zeigt sich doch, dass das mit dem Begriffsreclaiming nicht funktionieren _kann_, wenn mensch sich nicht mal theoretisch darüber äußern kann. Oder, Nadine, mach mal einen Vorschlag, wie ich meinen Beitrag formuliert haben könnte, dass er dir nicht bitter aufstößt. Mit Platzhaltern, bei denen niemand weiß, was sie bedeuten?

  25. Ergänzung zu meinem Kommentar von 12.36 Uhr:

    Generell sehe ich es natürlich so, dass sich nur diejenigen Individuen einer Gruppe gegenseitig mit einem Begriff (N-Wort, S-Wort, ein A-Wort ist mir auch noch eingefallen) benennen dürfen, die sich auch selbst damit bezeichnen würden. Eine Person, die sich nie mit dem N-Wort oder dem S-Wort selbstbezeichnen würde, wird sich auch verbitten, von einem Mitglied dieser Gruppe als N, S oder A bezeichnet zu werden, wenn das Mitglied dieser Gruppe die Person irrtümlich für ebenfalls ein Mitglied der Gruppe gehalten hat.

    Durch die Unterlassung der konkreten Begriffe in dieser abstrakten Schilderung fällt es _mir_ schon schwer, zu verstehen, was ich da geschrieben habe. Es wundert mich nicht, wenn ihr das noch weniger versteht. So ist das mit einem Maulkorb.

  26. @ stepone: Deine Kommentare (inkl. Abwehrreflexe gegen Selbstbezeichnungsrechte – zum Ausdruck gebracht durch wie „Absurdität“ oder Kritik an „Platzhaltern“, die angeblich „niemand“ verstünde) zeigen sehr deutlich, warum es so wichtig ist, immer wieder auf die nötige Reflexion der Sprecher_innenposition hinzuweisen. Das, was du als „Meta-Ebene“ bezeichnest, ist keine neutrale Position, sondern eine, die sich selbst die alleinige Deutungshoheit über bestimmte Diskurse zugesteht. Was du „Maulkorb“ nennst, nenne ich Selbstreflexion und sprachliche Sensibilität. Die von dir gewünschten Vorschläge für nichtrassistischen Sprachgebrauch findest übrigens, wenn du Nadines Link folgst.

  27. Nun, das wird aber komisch, denn es ist eine völlig andere Aussage, wenn ich sage, dass sich Schwarze gegenseitig als Schwarze bezeichnen, und das eine Beleidigung für einen Schwarzen wäre, wenn ein Nicht-Schwarzer einen Schwarzen eben einen Schwarzen nennt. *weird* Das ist ähnlich komisch (nicht lustig, wohlgemerkt), wie wenn jemand sagen würde, man dürfe einen Autofahrer nicht Autofahrer nennen.

    Puh, ich weiß gar nicht, wie ich mich verständlich machen soll, mir dreht sich der Kopf.

    Um durch das Dilemma mit dem N-Wort einigermaßen durchzulavieren, habe ich es in dem Beispiel auch in Anführungszeichen gesetzt, um klarzumachen, dass ich mich davon distanziere und diesen Begriff auch nicht verwenden würde, denn ich gehöre dieser Gruppe nicht an, die ein Recht auf die Verwendung dieses Begriffs hat.

    Was denn „Abwehrreflexe“? Ich gestehe jedem zu, sich selbst nennen zu können, wie ersiees will. Ich selbst möchte mich aber nicht Schlampe nennen müssen, weil ich eine Frau bin, genauso kann ich es mir vorstellen, dass es Schwarze gibt, die sich nicht mit dem N-Wort bezeichnen wollen und auch von anderen nicht so genannt werden wollen.

    Das, was ich als Meta-Ebene bezeichne und du, Anna-Sarah, als „eine, die sich selbst die alleinige Deutungshoheit über bestimmte Diskurse zugesteht“ ist eigentlich nur das wiedergegeben, wie ich die Diskussion wahrnehme. Und ich versuche, zu verstehen. Ich sehe mich nicht an der Diskussion beteiligt; ich sehe die Diskussion geführt von Menschen, die total in der Thematik drin sind und Leuten wie mir, die sich eben (noch) nicht so damit auskennen und keine Zeit, Lust, Energie, Muße haben, sich erst durch die Standardwerke zum Thema zu wälzen, nur ihre geistigen Fehlleistungen zurückzugeben.

    Mein Beitrag um 12.36 Uhr war sozusagen laut gedacht mit der offenen Frage am Ende, die da lautet: „Habe ich das richtig verstanden?“

    Ich möchte nicht wie ein dummes Kind gemaßregelt werden. Ich habe auch ein paar Tricks auf Lager, von denen ihr vielleicht keine Ahnung habt. Wenn ihr Auskennbertas euch also Verstärkung wünscht (schlimm, dass ich das hier so schreiben muss, denn tatsächlich halte ich mich für eine Feministin mit selbstredend emanzipatorischem Anspruch, muss mich hier aber rechtfertigen, als wüsste ich nicht mal, wie das Wort Emanzipation geschrieben wird), dann gebt bitte wohlwollend Hilfestellung. Es kann nicht jede_r ständig alles wissen.

  28. @stepone

    Lies‘ bitte richtig. Es geht nicht um die Begriffe Schwarz und Autofahrer, sondern um rassistische. Diese nicht zu benutzen, heißt in erster Linie Rassismus nicht weiter zu reproduzieren und zu stützen. Das ist kein Dilemma, sondern Anerkennung und Respekt vor Selbstbezeichnungen. Abwehrreflexe zeigen sich daran, dass genau das missachtet und auf das Recht verwiesen wird, sich vermeintlich objektiv, neutral oder auf einer Meta-Ebene zu bewegen.

    Und ja, wenn wir verstehen wollen, warum Dinge so sind wie sie sind und nicht ausgrenzen und Kackscheiße reproduzieren wollen, dann müssen wir wohl ein paar Minuten unserer wertvollen Zeit investieren und uns belesen oder die Hilfestellungen, die u.a. hier gegeben werden, annehmen. Auch das gehört zu einem emanzipatorischen Anspruch dazu. Keine_r hat dir gegenteilige Motive unterstellt oder dich gemaßregelt, sondern dich auf etwas hingewiesen.

    Deinen Ton kannst du im Übrigen mäßigen. Siehe auch Netiquette

    Es wäre schön, wenn wir nun zum eigentlichen Thema, den Slutwalks, zurückfinden könnten.

  29. So, dann komm ich mal wieder zum Thema zurück.
    @munditia:
    „dass sie nun in gewisser Weise an eine aktivistische Szene angebunden sind. „ -> je ne comprend ca. (und kann auch kein französisch) Weiß auch nicht was das heißen soll, klingt als sei’s kritisch bis abwertend gemeint?
    Anyway.
    @munditia & all:
    „Aber mir widerstrebt es zutiefst, mit/unter einem Banner zu laufen, auf dem “Schlampe” steht.“ & „Ich glaube, ich bevorzuge eben die Logik, dass niemand -keine Frau – eine Schlampe ist.“
    Dieses reclaiming ist doch nicht so schwer nachzuvollziehen. Du kannst auch da hin gehen und ein Schild mit dir tragen wo ‚Ich bin keine Schlampe‘ drauf steht. Da nackt oder in Unterwäsche aufzutreten ist eine Art Kampfansage und kein ‚Recht auf Sexyness‘ o.ä. Genauso funktioniert das Wort dabei auch. Normal angezogen da hin gehen werden viele, ‚Schlampen‘ sind sie dadurch ja allemal noch. D.h. sie könenn in jeder Sekunde so klassifiziert werden, -wenn andere das wollen. Also machen sie es gleich selbst. Unter dem Banner oder mit ihrem Outfit.

  30. @TOHUWABOHU:

    Ich verstehe unter munditias Formulierung „aktivistischer Szene“ Kreise, die sich mehr oder weniger regelmäßig treffen, um Aktionen zu planen und durchzuführen, mit denen sie ihren Gesinnungszielen näher kommen. Ich verstehe munditias Formulierung nicht kritisch und abwertend.

    @Nadine:

    Mein Ton ist angemessen.

    „wenn wir verstehen wollen, warum Dinge so sind wie sie sind und nicht ausgrenzen und Kackscheiße reproduzieren wollen, dann müssen wir wohl ein paar Minuten unserer wertvollen Zeit investieren und uns belesen oder die Hilfestellungen, die u.a. hier gegeben werden, annehmen.“

    Das ist eine Äußerung aus der Mitte der Szene. (Achtung, Nadine, jetzt kann es passieren, dass mein Ton tatsächlich unmäßig wird, denn ich werde ärgerlich:) Eine solche Formulierung kann wirklich nur jemand von sich geben, der sich den Luxus leisten kann, sich im Elfenbeinturm der Genderstudies im Kreis zu drehen.

    Noch mal: Nicht jede_r weiß alles und nicht jede_r kann die Zeit erübrigen, sich die Theorie anzueignen, weil ersiees kaum Zeit für sich selbst findet. Ich finde es arrogant, sich auf dem eigenen Wissen auszuruhen und anderen zu sagen, na, lies doch selber, üch (sic!) habe das auch alles selbst gelesen, anstatt sich in „xyz für Dummies“-Manier mal verständlich zu äußern.

    Nein, wenn ihr, die ihr euch so wunderbar damit auskennt, lieber unter euch bleiben wollt, dann macht nur weiter so. Ich wende mich dann wieder meinem Haushalt und meinem Kind zu. So, und jetzt kann euer Kopfkino anfangen zu laufen.

  31. Hallo,
    zurück von der Arbeit muss ich feststellen – hätte ich das Beispiel mit dem N-Wort doch nie gebracht…
    Also, nochmal, aus meiner Sicht: Schlampen werden vor allem solche Frauen genannt (so wie ich es kenne), die ihre Sexualität ziemlich frei ausleben (dazu gehört auch das Betonen ihrer Reize).
    Und das ist bei Frauen meistens immer noch sehr viel negativer besetzt als bei Männern, das „gehört“ sich nicht, so ein Ausdruck wie ich es eher vom Land kenne.
    Denn Frauen sollen gefälligst brav und eher angepasst sein. Außerdem denke ich, dass eine Frau, die ihre Sexualität ganz offensichtlich frei auslebt, eine Stärke zeigt, die geradezu bedrohlich erscheint. Gegenteilige Meinungen könnt ihr gerne äußern.
    So, dass heißt natürlich wiederum nicht, dass jede Frau nach irgendeinem Muster leben soll, sondern genau so, wie sie es möchte.
    Und das soll nun mal einfach akzeptiert werden. Ohne Verächtlichmachung, ohne Herabsetzung, ohne versteckte oder offene Bedrohung, ohne Belästigungen.
    Und Mädchen und Frauen sollen lernen, dass nicht sie schuld sind, wenn sie belästigt oder bedroht werden, sondern derjenige, der dies tut.
    Da mich das Thema interessiert, habe ich in letzter Zeit in diversen Foren gelesen.
    Männer führen bei diesem Thema häufig an, dass sie sich geradezu optisch belästigt fühlen von Frauen, die viel Haut zeigen, sich sexy kleiden etc. Und dass es für Männer durchaus schwer ist bzw. sein kann, damit umzugehen.
    Wobei – auch das die Meinung von Kommentatoren – dies keine Rechtfertigung für Belästigung ist.
    Dazu muss ich sagen, dass mich ein Mann, auch attraktiv, auch im engen T-Shirt ehrlich gesagt nicht länger als zwei Sekunden von irgendwas ablenken kann.
    Gerne würde ich dazu noch mal Meinungen von Männern hören.
    Ich weiß nicht, ob das hier im Forum gerne gehört bzw. gelesen wird, aber nach dem Lesen diverser Einträge kam tatsächlich so etwas wie Mitleid bei mir auf.
    Ich wünsche allen Teilnehmer/innen einen tollen Slutwalk!

  32. Hallo,

    da hier bislang verschiedentlich Vermutungen darüber geäußert wurden, wie es auf Slutwalks so zugeht, wer da wie angezogen hingeht und wie diejenigen dann von anderen Teilnehmerinnen wahrgenommen würden und so weiter, dachte ich, ich steuer einfach mal einen Erfahrungsbericht bei. Ich war nämlich auf dem Slutwalk in Edinburgh und ich kann die dort gewonnenen Eindrücke nicht so recht mit den hier teilweise geäußerten Vorstellungen, wie es auf einem Slutwalk so zugeht, überein bringen. Vielleicht nimmt das ja auch ein wenig die Aversionen und Befürchtungen, die einige gegenüber dem medial (auch in dem verlinkten TAZ-Artikel) nunmal recht einseitig wiedergegebenen Konzept inzwischen haben.

    Zum ersten (es wurde schon diverse male betont und ich kann es – jedenfalls für den Slutwalk Edinburgh – auch nur noch einmal bestätigen): Es ist VÖLLIG irrelevant wer sich wie kleidet und wie sie oder er dabei aussieht! Ein großer Anteil der Teilnehmenden kamen dort in total normalen Klamotten, was auch immer der- oder diejenige als normal empfindet. Ich und meine Begleiterinnen hatten unsere normale Urlaubsgarderobe (Jeans, Pulli, Anorak) an, hinter uns liefen zwei glitzergeschminkte und nonnenkostümierte Menschen, es gab Grufti-Frauen, Hot-Pants-Männer, 50jährige nach Erdkundelehrer aussehende Männer in Regenjacke und Cordhose (mit dem schönen Schild „this is what a feminist looks like“), Frauen die aussahen wie aus einer RTLII-Reeperbahn-Reportage, Mädels in Manga-Outfits, Punks in zerfetzten Blümchenkleidern, eine Omi im beigen Mantel, Dicke in Latex, Dünne in Anzug, Halbnackte, Verhüllte, Alte, Junge und und und…. Und die Hauptsache: Niemand hat Niemanden komisch angeguckt, ausgegrenzt, hat die Cellulite der Nebenfrau oder die Krampfadern des Nebenmannes beargwohnt, oder sich sonstwie mit lästiger Bewerterei und Augenbrauenhochzieherei aufgehalten, weil irgendwer die Brüste geschwungen hat oder eben gerade auch nicht. Sondern da hat einfach ein extrem heterogener Haufen Menschen solidarisch und lautstark demonstriert. Unter Bannern wie „It’s never the Survivor’s Fault“, „Sexual Assault Prevention Tip #1: Don’t Rape People“, „Batman wouldn’t blame victims“ und dem Klassiker „Whatever I wear, wherever I go – Yes means yes and NO MEANS NO“….. Nach meinem Verständnis und meiner Wahrnehmung dort ist das doch gerade der Witz am Slutwalk-Konzept: Dass eben jede/jeder/jedes in Ausdruck ihrer selbst dort eine Marke gegen Rape Culture setzen kann und niemand sich normieren, stigmatisieren, ausgrenzen, bewerten oder in irgendwelche Schubladen stecken lassen muss – eben als Gegenmarke zu unserer ständig erlebten Alltags-Kultur.

    All das sieht man übrigens auch auf den zahlreichen im Internet verfügbaren Fotos von den verschiedenen Slutwalks. Wenn man mal von den sehr wenigen Pressebildern absieht, sondern sich eher auf die Fotos von den Veranstaltenden konzentriert, dann sieht man diese Diversität eben sehr schön. Da wird auch durchaus deutlich, dass sehr viele Demonstrierende in ganz normalen Alltags-Klamotten da auftauchen und eben nicht nur junge, hübsche Frauen in Dessous da rumlaufen – im Gegenteil, diese waren dort zumindestens klar in der Minderheit!

    Nun noch eine kurze Bemerkung zu den von „Wirtshausfeminist“ geäußerten Spekulationen dazu, wie sich wohl Vergewaltigungsopfer auf einem Slutwalk fühlen. Abgesehen davon, dass ich es sehr sehr problematisch finde, solche Vermutungen aufzustellen, da das individuelle Innenleben von Opfern sich generell sicherlich einer pauschalen Prognostizierbarkeit entzieht, hier noch eine kurze Anmerkung aus den Erfahrungen in Edinburgh: GERADE dort war es verschiedenen Survivors möglich, sich zu zeigen, zu sprechen, Schilder hochzuhalten und ihre Perpektive deutlich zu machen. So hat zum Beispiel eine vergewaltigte Frau bei der Schlusskundgebung geredet, die in ihrem Beitrag die Betonung darauf gelegt hat, sexuell stigmatisierende Begriffe wie „Slut“, „Bitch“ oder „Whore“ grundsätzlich nicht mehr zu verwenden, um sexuelle Übergrifflichkeit auf so angeredete Frauen auch sprachlich zu delegitimisieren. EinE andereR RednerIn hat den Schwerpunkt auf die spezifische Sichtweise von transsexuellen Menschen gelegt, eine Sprecherin eines Opferverbandes hat über – auch rechtliche – Stigmatisierungsmechanismen gesprochen, ein Mann hat seine Perspektive beigesteuert, etc etc. Auch hier ging es wieder mal um Diversität, Diskurs, unterschiedliche Sichtweisen, aber eben auch um Solidarität und gemeinsames Zeichensetzen. Deswegen, auch an die, die gegen das vielzitierte Begriffs-Reclaiming sind oder finden, dass das alles viel zu Hetera-lastig ist: Komnmt doch einfach und diskutiert mit!!

    Und noch einmal: Es liegt glaub ich ein großes Missverständnis vor, wenn Du, *Wirtshausfeminist*, schreibst, es ginge auf dem Slutwalk um ein (was auch immer das sein soll) Schlampenrecht, das Recht sexy rumzurennen oder um das (natürlich bestehende!) Recht auf frei ausgelebte Sexualität der angeblich dort massenweise in Unterwäsche Herumhopsenden. Es geht in allererster Linie um Victim Blaming, Rape Culture und Solidarität. Und noch eine letzte Bemerkung: Ich finde Deinen letzten Satz

    „Wenn ich mir ein Vergewaltigungsopfer vorstelle, das sich auf den Slutwalk freut, weil es sich viel davon verspricht, und sich dann zwischen Menschen in Unterwäsche wiederfindet, die Rechte auf frei ausgelebte Sexualität einfordern, dann ist das nicht gerade arm an schwarzem Humor.“

    ECHT schwierig: Was soll daran schwarzer Humor sein, wenn ein Vergewaltigungsopfer sich „auf einer Demo wiederfindet“ (als ob nicht jedeR dort Hingehende vorher ein bißchen was über das Konzept Slutwalk mitgekriegt hätte) – selbst WENN es dort primär um das Recht auf frei ausgelebte Sexualität ginge und selbst WENN da alle in Unterwäsche rumliefen?! Haben Vergewaltigungsopfer per se und für immer ein Problem mit Sexualität (oder gar Unterwäsche) zu haben?! Ist das „Recht auf frei ausgelebte Sexualität“ irgendwie ein Gegensatz zu „Vergewaltigungsopfer“?! Inwiefern soll das Thema „sexuelle Freiheit“ überhaupt mit dem Thema „Rape Culture“ und „Vergewaltigung“ in Verbindung stehen?!?

    Und, *stepone*, kurz zu Deinem letzten Kommentar: Wenn ich die Selbstportraits der Mädchenmannschaft richtig gedeutet hab, haben weder alle von denen Genderstudies studiert oder arbeiten in dem von Dir unterstellten Elfenbeinturm. Einige von denen haben außerdem übrigens auch Kinder und ich nehme an, auch Haushalte irgendwie… Ähm, also, vielleicht doch irgendwie sachlich bleiben vielleicht?!

    Viele Grüße,
    Betti.

  33. Um Verwechslungen vorzubeugen – Mitleid kam bei mir auf, als ich in anderen Foren gelesen habe, wie Männer schildern, wie schwer es ihnen z. T. fällt, mit der Wirkung von Frauen auf sie umzugehen.

  34. @stepone: mag ja sein, ich hab das nur nicht richtig verstanden. Aber der Hauptaspekt meines Posts vorhin war auch ein anderer, auf den du leider nicht eingegangen bist. Denn du schreibst ja auch, dass du ein Problem mit dem ‚Schlampen‘-Begriff hast und so nicht betitelt werden möchtest und hast das Gefühl, es gäbe ein Sexy-„Dresscode für den Slutwalk“. Ich habe versucht rüberzubringen, dass ich nicht glaube, dass a) dieser ‚Schlampenlook‘ vorgeschrieben ist und b) auch nicht so verstanden werden sollte, dass nur so sexuelle Selbstbestimmung ausgedrückt werden kann bei den Slutwalks. Ich habe generell auch ein Problem damit Sexyness als Selbstbestimmung zu klassifizieren, kann dein biologistisches Programm-Verständnis von Sexyness aber auch nicht teilen. Aber darüber möchte ich jetzt gar nicht diskutieren, sondern meine Sicht darüber in dem Zusammenhang klar machen:

    Denn die Strategie ist ja nicht ’nur wer wenig an hat, ist sexy und damit sexuell selbstbestimmt‘, sondern ‚ich KANN wenig anhaben (und auch sonst wie sexy sein wollen) und bin nicht eine Schlampe‘. Eine ‚Schlampe‘ kann eine Frau sein (so genannt werden, als solche klassifiziert werden) einfach weil sie eine Frau ist. Der Begriff bedeutet verfügbar sein, keinen Respekt verdienen, ein Objekt sein, vlt. sogar auch zwangsläufig selbst daran schuld zu sein. Indem wir diesen Begriff selbst annehmen (sich selbst tatsächlich so betiteln ist dabei nicht zwangsläufig notwendig ebensowenig wie eine als ‚aufreizend‘ deklarierte Aufmachung) bekommen wir das Definitionsrecht zurück und wie stark man das tut, ist jedem selbst überlassen. Agressiv und kämpferisch (kostümiert als das wie ‚Schlampe‘ definiert ist), persönlich konnotiert (so sexy wie ich sein will) oder zurückhaltend ebenso kämpferisch (auf die Straße mit einem großen ‚ich bin nicht eure Schlampe!) So, das denke ich.

    Ich finde es schade, dass du offensichtlich verletzt bist. Ich glaube nicht, dass jemand den Eindruck vermitteln wollte von oben herab zu argumentieren. Ich auch nicht, ich will nur, dass man da hin geht. (Und das obwohl ich den Slutwalks anfänglich ebenfalls skeptisch gegenüber war, dann aber das so sah wie z.B. die Autorin Anna-Sarah hier.)

  35. @ Betti: Dein Beitrag fand ich gerad echt klasse und bereichernd.
    Allein die Vorstellung von den „50jährige[n] nach Erdkundelehrer aussehende[n] Männer[n] in Regenjacke und Cordhose (mit dem schönen Schild “this is what a feminist looks like”)“ hat mich gerad sehr beglückt! Freu mich schon jetzt darauf, so viele tolle Menschen zu erleben!

  36. @Isa: Ich habe nicht geschrieben, dass alle der Mädchenmannschaft Gender Studies studiert hätten, sondern ich bezog mich auf die Kommentare und zum obigen Artikel und ihre Autorinnen. Dass diejenigen, die in der Mädchenmannschaft aktiv sind und sich zum Thema äußern, sich in Sachen Gender Studies & Co. auskennen, liegt auf der Hand. Da macht es für mich keinen Unterschied, ob sie nun Gender Studies an einer Hochschule oder zu Hause studiert haben, da sie so oder so mehr darüber wissen als ich.

    Ja, dass einige von den Mädchenmannschafterinnen auch Kinder haben, habe ich gesehen, Haushalte auch, klar. Nur vermutlich haben sie eben auch Kapazitäten, die ich nicht habe: eine persönliche Verfassung und ein Umfeld, die ihnen ermöglichen, sich mit diesem Thema so intensiv zu befassen. Wie war das doch gleich? Don’t blame the victim, hier: der Umstände. Danke.

  37. @stepone

    ich verweise jetzt ein letztes Mal auf die Netiquette mit der zusätzlichen Bitte zum Thema zurückzukehren, denn hier geht es nicht um persönliche Befindlichkeiten, sondern um den Slutwalk und die Kritik daran. Wenn du damit ein Problem hast, dass andere dich auf ungünstige und Kackscheißende reproduzierende Äußerungen hinweisen mit Literaturverweisen (ergo Hilfestellungen), dann ist das in erster Linie dein Problem. In einem völlig unangemessenen Ton aufzutreten und die Kritik reflexartig von dir zu weisen, indem du die Autorinnen hier beleidigst, ist inakzeptabel und wird fortan nicht weiter geduldet.

    @Betti

    Wow, vielen Dank für deine Eindrücke. Herzerfrischend und interessant.

  38. @TOHUWABOHU:

    Sorry, hab deinen letzten Beitrag eben erst gesehen. Danke jedenfalls dafür. Ich bin jetzt nicht mehr so ganz aufnahmefähig und weiß auch nicht, ob ich in den nächsten Tagen noch mal dazu komme, mich auf deine neuerliche Erläuterung einzulassen, obwohl sie, wie ich zumindest meine auf den ersten Blick erkannt zu haben, doch sehr detailliert und alles andere als oberflächlich ist. Nur: ich kann gerade nicht mehr (aufnehmen).

    Was mir zum Begriff „Schlampe“ heute noch so in den Sinn gekommen ist, und da stellt sich mir auch wieder die Frage, wie weit sexuelle Selbstbestimmung der Frau gehen darf:

    Was ist, wenn eine Frau ihre Sexualität auslebt, ohne Rücksicht auf die Gefühle derer zu nehmen, mit denen sie ihre Sexualität auslebt? Wenn sie die Personen, mit denen sie ihre Sexualität auslebt, auf ihre Sexualität oder ihre sexuelle Funktion reduziert?

    Sagt mir bitte, warum eine solche Frau nicht mit dem S-Wort bezeichnet werden dürfte. (Das ist keine rhetorische Frage. Ich versuche auf diese Weise, Lücken in meinem Denksystem zu schließen. Danke.)

    Dann ist mir noch etwas eingefallen: Ich konnte für mich klären, warum ich ein Problem mit Frauen in Unterwäsche in der Öffentlichkeit habe. Zu sexueller Selbstbestimmung gehört nicht nur, dass ich überall dort, wo ich Sex haben möchte, Sex haben wollen darf UND dass ich überall dort, wo ich KEINEN Sex haben möchte, auch keinen Sex haben muss, richtig? So, und wenn jetzt in meiner Nähe in der Öffentlichkeit Menschen reizvoll agieren, dann sehe ich mich auf Grund der Arbeit meiner Spiegelneuronen gezwungen, Sex zu haben (wenn auch nur im Kopf), obwohl ich das eigentlich in dem Moment gar nicht möchte.

    Jaaa, mag sein, dass jetzt manche_r denkt, na, wenn die weiter keine Probleme hat… oder das lustig findet – ich finde es nicht lustig. An dieser Stelle hat der Mann mein Mitgefühl, der in einem unpassenden Moment eine Erektion hat (Gottseidank kann ich meine besser verstecken.).

  39. @stepone: Dann nimm dir doch einfach mal zwischendurch Zeit und versuch das nachzuvollziehen, ich glaube, dann erklären sich deine weiteren Fragen auch von selbst.
    Nur kurz: Der Begriff ‚Schlampe‘ ist in dem SlutWalk-Zusammenhang eher so konnotiert (glaube ich), wie ich versucht habe, kurz zu erläutern. Was du ansprichst, ist das Schimpfwort für einen respektlosen Menschen. Das hat auch nichts mit dem Erlangen von sexueller Selbstbestimmung zu tun, sondern ein Überschreiten von Grenzen anderer Menschen. Lass uns doch einfach den Begriff ‚Schlampe‘ weglassen, weil er zu oft allzu leicht auf alle Frauen angewendet wird, und so einen Menschen als ‚respektloses Weibsbild‘ betiteln ;). Vorausgesetzt du meinst, das sowas nicht im gegenseitigen Einvernehmen passiert, wenn doch nennt man das einfach: unverbindlichen Sex.

  40. @stepone: Ach, und was du mit „reizvollem Agieren“ meinst, solltest du auch noch mal überdenken. Doch nicht etwa einen leichtbekleideten Menschen, der einfach nur an dir vorübergeht? Der sagt nämlich eben nicht aus ‚Ich bin für dich verfügbar‘. Und das zu verstehen, darum geht’s (auch).

  41. @ stepone

    …um die arme Isa mal eben in Schutz zu nehmen: Der Kommentar, auf den Du Dich eben bezogen hast, kam von mir, deswegen möchte ich auch kurz noch einmal antworten, auch wenns ein wenig off-topic ist:

    Was ich damit zum Ausdruck bringen wollte, war halt, dass ich es etwas unfair finde, gerade den hiesigen Autorinnen vorzuwerfen, sie würde von vom Standpunkt der Beleseneren herab auf andere hier runterblicken und -argumentieren. Im Gegenteil, es wird hier nach meinem bislang gewonnenen Eindruck ja immer wieder versucht, durch Verlinkungen, Antworten und Klarstellungen deutlich zu machen worum es geht und wo vielleicht auch mal Missverständnisse auftreten oder auch mal „no gos“ berührt sind (ich mein, die gesamte Homepage hier macht doch eigentlich nichts anderes, als „Bildungs-“ und Denkangebote zu liefern, inklusive Weiterleitung an Hintergrundinfos, Diskussionsmöglichkeiten etc etc…).

    Und es stimmt ja nunmal leider auch, was Nadine sagt: Viele Sachen sind halt auch nicht mal eben so in drei Sätzen und ohne Kontextualisierung und – manchmal eben auch etwas aufwendigere – historische/ kulturelle/ wissenschaftliche Einbettung dargelegt, da muss eben jede selber gucken, wie weit man sich da reinmuddelt. Aber manchmal hat man (ich selbst steck auch nicht gerade knietief im groooooooßen Gender- oder Rassismusdiskurs und beschäftige mich in Beruf und Alltag primär mit komplett anderen Themen) dann eben auch weniger Ahnung von bestimmten Dingen oder Begriffsgeschichten oder sonstwas und ich bin dann eigentlich immer ganz dankbar, wenn mich jemand drauf hinweist, wie man das was ich da grad gesagt hab, vielleicht auch noch sehen könnte oder was daran vielleicht problematisch sein könnte…

    Naja, und ganz ehrlich, also das mit den Kindern, Haushalten und persönlichen Umständen wissen wir alle voneinander doch einfach mal überhaupt gar nicht, weswegen es schade wäre, aufgrunddessen gegenseitig jetzt zu mutmaßen wer wann wie viel Zeit für Gender Studies hat oder auch nicht.

  42. Weil mir in Diskussionen und Foren zum Thema „Slutwalk und Drumrum“ auch schon das ein oder andere mal Anmerkungen der oben von Isa zur Diskussion gestellten Art über den Weg gelaufen sind, wollte ich nochmal einen Gedanken dazu äußern.

    Zitat von oben:

    „Männer führen bei diesem Thema häufig an, dass sie sich geradezu optisch belästigt fühlen von Frauen, die viel Haut zeigen, sich sexy kleiden etc. Und dass es für Männer durchaus schwer ist bzw. sein kann, damit umzugehen.

    Wobei – auch das die Meinung von Kommentatoren – dies keine Rechtfertigung für Belästigung ist.“

    Was mir daran auffällt, ist der, ich nenns mal: Zweischritt der hier wiedergegebenen „Argumentation“ (wobei es bei näherem Hinsehen eigentlich kein Argument für oder gegen irgendwas ist): Erst wird die Behauptung A aufgestellt. Dann wird aber betont, dass diese nicht zur Rechtfertigung von Folge B dient. Meine Frage ist so ein bißchen: Wofür ist die Äußerung der Behauptung A im Kontext B dann gut und wieso wird sie in diesem Kontext so häufig wiederholt, wenn sie doch schon nach den Sprechern nicht als Erklärung oder Rechtfertigung dienen darf?

    Ich will darauf hinaus, dass es mich – wenn wir uns denn tatsächlich alle einig sind, dass ein wie auch immer geartetes Unwohlsein von Männern beim Anblick von, tja, was eigentlich……hübschen, sexy gekleideten, sommerlich angezogenen, in Lack und Leder gehenden……, also den „Sexualtrieb“ des jeweiligen Mannes ansprechenden Frauen im Zusammenhang mit sexueller Übergrifflichkeit irrelevant ist – dieses Unwohlsein nur sehr marginal interessiert. Dies gilt auf jeden Fall auf der gesellschaftspolitischen Ebene. Natürlich tut mein lieber Freund XY mir sehr leid, wenn er sagt, dass er vielleicht das 120kg-Mädchen in Trainingsjacke und Jeans am Nebentisch so heiß findet und es ihn ganz furchtbar frustriert, dass sie nicht mit ihm schlafen will (ich finde es im Übrigen nämlich auch bemerkenswert, dass die so Sprechenden alle irgendwie genau zu wissen scheinen, was „alle“ Männer immer so sexuell stimulierend finden) – aber das ist für den Diskurs, wie ich gesellschaftlich mit sexueller Gewalt umgegangen haben möchte, total irrelevant.

    Ich meine, wenn ich jetzt mal anfangen würde, aufzuzählen, was ich so alles „geradezu optisch belästigend“ empfinde, wo ich „nur schwer damit umgehen kann“ und was man in irgendeinen gesellschaftspolitischen Kontext einstellen könnte, das würde aber eine Liste von hier bis nach Meppen geben. Nur würde das der jeweiligen Diskussion eben nicht helfen, insbesondere nicht, wenn ich selbst dann sofort immer betonen würde, dass das ja aber eigentlich auch keine Rechtfertigung für irgendwas sein soll.

    Außerdem fehlt mir da immer so ein wenig der folgende Punkt, den auch Frauen meiner Wahrnehmung nach oft nicht so richtig gerne ansprechen: Also, und ich sprech jetzt mal für mich und die Freundinnen und Verwandten mit denen ich über sowas rede: Auch Frauen können massiv sexuell frustriert sein, aber holla. Und das durchaus auch ausgelöst durch optische Reize, das Gefühl von unzureichender Beischlafversorgung und die Erteilung von Körben durch Männer (passiert uns sexuell frustrierten Emanzen doch übrigens eh angeblich ständig, nach Adam Riese müssten wir dann ja eigentlich die Ober-Sexualstraftäterinnen sein und ständig Männern in Bars und auf der Straße und so ungefragt zwischen die Beine greifen…). Irgendwie hält sich aber hartnäckig das sowohl von Männern als auch von Frauen mehr oder wenig ausdrücklich reproduzierte Gerücht, Frauen könnten ja quasi gar nicht sexuell unterversorgt sein, weil sie sich ja nur an irgendne Ecke stellen müssen und sofort GV-willige Männer zu hauf einsammeln könnten. Ist aber ja natürlich totaler Quatsch. Auch Frauen, die ziemlich eindeutig „wanna fuck“-Signale senden, gehen oft genug allein nach hause, weil Männer dann eben doch primär mal Menschen sind und dann eben (ich zitiere eine Freundin: manchmal leider) doch keine Bums-Maschinen. Manchmal klappts halt, manchmal nicht, und manchmal hat man guten Sex und manchmal eben nicht oder zu wenig oder was auch immer – da sind wir doch eigentlich alle nicht sooo wahnsinnig weit auseinander, ob nun Mann oder Frau oder sonstwas. Aber was soll daraus nun folgen für die Frage, wie wir uns zur Rape Culture positionieren wollen?

    Dass die ständige Wiederholung und vor allen Dingen die Einseitigkeit der Betonung dieses Phänomens („blue balls syndrome“ hmja, schon gut, gähn, aber wie wärs denn mal mit einem „itchy pussy syndrome“…?!) im Kontext „SlutWalk/ Kleidungsvorlieben/ Rape Culture“ dann aber wirklich rein gar nichts damit zu tun haben soll und dass damit nicht unterm Tisch dann doch irgendwie Verständnis für Übergriffigkeiten geweckt werden soll, scheint mir nicht wirklich glaubwürdig. Zumindestens halte ich sie dann für überflüssig.

    Dass damit mal wieder total stereotype Bilder männlicher Sexualität reproduziert werden, lass ich mal beiseite. Ich kenn auf jeden Fall auch genug Jungs, die keinen Steifen kriegen, wenn sie eine wooooow-Frau sehen, Mario Barth zum Trotz.

    Und wie gesagt: Klar kann Sexualität auch immer mal wieder und für manche sicher mehr als für andere eine UNGLAUBLICH frustrierende, nervtötende, hasserfüllende, stressige, traurige, einsammachende Angelegenheit sein, aber hier zitiere ich mal die oben angesprochenen Diskussionsbeiträge: Das ist auf einer konkret-emotionalen oder beziehungstechnischen Ebene total wichtig und interessant – im gesellschaftspolitischen Diskurs über sexuelle Gewalt ist das alles ziemlich irrelevant.

    PS: Nur, dass hier keine Missverständnisse aufkommen, Isa, das wäre jetzt quasi meine Antwort auf einen Mann, der sowas in einer Diskussion vertritt, kein gegen Dich gerichtetes Dissing. Mir tut auch jede und jeder leid, der sexuell frustriert ist oder der mit der Wirkung anderer Menschen auf sich generell nicht umgehen kann.

  43. @ Betti, TOHUWABOHU und alle, die hier konstruktiv und produktiv mitdiskutieren: Vielen Dank!

    Aus gegebenem Anlass und falls sich vielleicht Kommentator_innen fragen, warum ihr Beitrag hier nicht erscheint, möchte ich nochmal an folgendes erinnern: In diesem Thread wird NICHT diskutiert, ob (die Forderung nach) sexuelle(r) Selbstbestimmung als solche gut, schlecht oder überflüssig ist, und auch nicht, auf welchem Wege diejenigen von uns, die über knappe Ressourcen verfügen, zu dem für die von ihnen angestrebte antidiskriminatorische Haltung erforderlichen Basiswissen gelangen können und wie sie sich dabei fühlen. Weiterhin geht es nicht darum, dass alle alles an Slutwalk toll finden müssen und wie wir alle uns dabei fühlen, wenn der Slutwalk oder unsere eigenen Äußerungen zu was-auch-immer kritisch beleuchtet werden. Hier soll nicht alles diskutiert werden, was uns persönlich gerade so auf dem Herzen liegt, sondern der jeweils den Thread einleitende Artikel – also in diesem Fall z.B. die Auffassung, dass Slutwalk auch und gerade für diejenigen, die sich nicht als Schlampe bezeichnen wollen, eine geeignete Protestform sein kann sowie die These, dass in bestimmten Formen der Slutwalk-Kritik eher Uninformiertheit, Selbstgerechtigkeit und Dominanzgebaren zum Ausdruck kommen als das gebetsmühlenartig vorgebrachte angebliche ganz wichtige Anliegen, was gegen rape culture und victim blaming tun zu wollen.

    Und jetzt gerne weitermachen! :-)

  44. @TOHUWABOHU:

    “dass sie nun in gewisser Weise an eine aktivistische Szene angebunden sind. “ Weiß auch nicht was das heißen soll, klingt als sei’s kritisch bis abwertend gemeint?

    Nö, war rein deskriptiv gemeint. Ich wollte damit nur sagen, dass die Organisation von „slutwalks“ u.a. durch die Verbereitung des Konzepts in der Blogosphäre erleichtert wurde. Wenn eine viel gelesene Webseite über einen „slutwalk“ in Toronto berichtet, sehen das z.B. Leute in NYC, die schon Erfahrung mit der Organisation von Protestaktionen haben und greifen es auf etc. Auch wenn es dafür keine feste Infrastruktur gibt, müssen also lokale Aktivistinnen und Aktivisten das nicht komplett aus dem Boden stampfen. –> Ich wollte damit keine Abwertung implizieren.

    Dieses reclaiming ist doch nicht so schwer nachzuvollziehen.

    Ich weiß durchaus, was „reclaiming“ ist und wie das funktionieren soll. Ich will bestimmte Begriffe aber nicht reclaimen. Punkt. (Und, wohlgemerkt, das gilt für mich persönlich. Ich will keiner Person das Recht dazu streitig machen. Ich will nur auf meinem individuellen Recht herumreiten, bei manchen Formen des „reclaiming“ Widerwillen zu verspüren, mich da anzuschließen.)

    @Betti:

    Danke für Deine persönlichen Eindrücke vom „slutwalk“ in Edinburgh. Wahr- scheinlich geht da gerade mein persönlicher Geek mit mir durch, aber ich wäre vermutlich hinter dem „Batman wouldn’t blame victims“-Schild hergerannt :D – obwohl “Whatever I wear, wherever I go – Yes means yes and NO MEANS NO“ meine persönliche Philosophie am besten zusammenfasst.

    Und was die Reaktionen von Missbrauch- und Vergewaltigungsopfern auf das „slutwalk“-Konzept angeht, habe ich da auch eine ziemliche Bandbreite von Ablehnung bis enthusiastischer Zustimmung gesehen. So Pauschalisierungen wie von „wirtshausfeminist“ finde ich also ebenfalls daneben.

  45. ich teile voll und ganz die haltung des braunen mob zum thema n-word und habe hier auch noch keine kritik daran gelesen. umso unverständlicher, dass genau diese haltung durch die ständige verwendung von schlampe (keine anführungszeichen, erst recht kein s-wort) konterkariert wird. beides sind beleidigende begriffe, bei denen es claiming-versuche* gibt. und n-word ist für mich das paradebeispiel dafür, dass diese vorstellung von „taking the sting out of it“ eben nicht funktioniert.

    *kann man noch hundert mal reclaiming nennen, ist trotzdem keins.

  46. @munditia: Ah, ok. Dann hatte ich das echt nur nicht richtig verstanden beim lesen.
    Zu „Ich will bestimmte Begriffe aber nicht reclaimen.“: heißt das denn auch, dass du deshalb nicht an nem SlutWalk teilnehmen willst?

  47. @Tohuwabohu: Vermutlich? Ich bin da noch etwas am Hadern mit mir selbst, aber wie gesagt fühle ich mich unter dem „Schlampenbanner“ ziemlich unbehaglich. Die tatsächliche Beschreibung des „slutwalk“ in Edinburgh, wie betti sie hier gepostet hat, hat mir aber wiederum in die andere Richtung zu denken gegeben… Ob ich nun gehe oder nicht, bleibt aber letzten Endes meine Entscheidung und heißt nicht, dass ich „rape culture“ goutiere.

  48. Pingback: kopfwehstattrausch
  49. @Anna-Sarah:

    Ja, in der Tat soll(te) hier der einleitende Artikel diskutiert werden. Die Frage, die darin diskutiert wird, lässt sich jedoch nicht klären, ohne andere sie tangierende Sachverhalte zu berücksichtigen, die ich an der jeweiligen Stelle jedoch nur erwähnt haben will, ohne sie vertiefen zu wollen.

    @Nadine:

    Du verwendest das Wort „Kackscheiße“ und wirfst mir vor, ich würde beleidigen. Aha. Gut. Ich nehme das zur Kenntnis und bitte dich darum, mir mitzuteilen, an welcher Stelle du meine Formulierung beleidigend findest und ich überlege, wie ich sie umformulieren kann, damit sie bei dir nicht als Beleidigung ankommt. Deal?

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