“Die Vision des Feminismus ist nicht eine ‘weibliche Zukunft’. Es ist eine menschliche Zukunft. Ohne Macht- und Gewaltverhältnisse, ohne Männerbündelei und Weiblichkeitswahn.” (Dohnal, 2004)
Die erste österreichische Frauenministerin der SPÖ ist am vergangenen Samstag im Alter von 71 Jahren in ihrem Haus in Niederösterreich verstorben. Johanna Dohnal, Leitfigur der österreichischen Frauenpolitik, wurde 1979 Staatssekretärin für Frauenangelegenheiten in der Regierung Kreisky und 1990 Bundesministerin für Frauenangelegenheiten. Neben ihrem Engagement in der Friedens-, der Bildungs- und der Entwicklungspolitik machte sie sich insbesondere für frauenpolitische Angelegenheiten stark, u.a. das gesetzliche Verbot von sexueller Belästigung oder das Durchsetzen von Quoten an Universitäten und in Ministerien. 1995 zog sie sich u.a. auch auf Grund von wachsenden konservativen Stimmungen im Land aus der Politik zurück, leistete aber weiterhin Arbeit in NGO’s, Frauenorganisationen und Gewerkschaften und veröffentlichte 2008 ihr Buch „Innenansichten österreichischer Frauenpolitiken“.
Auf ihrer Homepage heißt es in einem Nachruf
Sie machte deutlich, dass Frauenpolitik immer für alle Frauen da sein muss und nicht für einige Privilegierte. Sie wollte immer für die Frauen da sein, ob in den Fabriken, auf den Straßen, in den Büros, in den Geschäften, immer focht sie für unsere gemeinsamen Anliegen.
Wie dieStandard.at berichtete, war Dohnal keineswegs immer so beliebt, wie einige Nachrufe es vermuten lassen
Fast konnte man in den vergangenen Jahren vergessen, dass diesselbe Politikerin zu ihren amtierenden Zeiten eine der gehasstesten Personen im öffentlichen Leben war. Der Zorn auf Dohnal wurde dann später wie eine Sage aus längst vergangenen Zeiten reflektiert: In den 70er und 80er-Jahren sei es eben ein Tabu gewesen, kompromisslos für wahre Unabhängigkeit von Frauen einzutreten – mit dem Zusatz, dass zwischen den Geschlechtern damals ja wirklich noch einiges im Argen lag. (…) Die These liegt nah: „Mögen“ durfte man die „streitbare Dohnal“ vor allem ab dem Zeitpunkt, als sie keine aktive Politikerin mehr war und damit an Bedrohungspotential eingebußt hatte. „Respektiert“ wurde sie auch von ihren politischen Gegnern umso mehr, je länger ihre Amtszeit als Frauenministerin zurücklag.
Die denkwerkstatt hat einen wunderbaren Nachruf geschrieben, in dem auf die Schwierigkeiten hingewiesen wird, die trotz der enormen Fortschritte in der österreichischen Frauenpolitik noch existieren
Viele ihrer Forderungen konnten bis heute nicht verwirklicht werden: Die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern sind in Österreich nach wie vor eklatant, Quotenregelungen und Frauenpolitik unpopulär. Ihre Nachfolgerinnen haben einen diffusen Kampf zu führen: Rechtlich gleichgestellte Frauen sehen sich mit strukturellen Ungerechtigkeiten konfrontiert, deren Ursachen sich äußerst komplex darstellen.
Wie queernews.at berichtet, kann man heute Abend ab 18:15 der ORF-Hörfunksendung „Im Klartext“ mit dem Thema „Das Vermächtnis der Johanna D.“ im Radiokulturhaus, Argentinierstraße 30a, 1040 Wien lauschen (die Sendung wird ab 18:30 auf Ö1 übertragen).