Am Mittwoch habe ich in der DRadio Wissen Redaktionskonferenz eine Sendung zum Thema „Muslimische Feministinnen“ gehört. Nachdem ich meine Gedanken dazu aufgeschrieben hatte, fiel mir noch etwas auf.
Im Ausblick auf die Redaktionskonferenz heißt es:
Sie tragen Kopftuch und nennen sich Feministinnen.
Den Trend, (auch nicht-muslimischen) Feminist_innen die Selbstbezeichnung als solche vorzuhalten, habe ich nun schon öfter gesehen und gehört, verstehen tue ich es nicht.
Ist Feminismus wie Emanze heute ein Schimpfwort und es kaum verständlich, warum sich Menschen selbst beschimpfen sollten? Oder verbirgt sich dahinter der Wunsch, selbst zu urteilen, zuzuschreiben und erstmal schauen zu wollen, ob diese Personen der eigenen Definition von Feminismus entsprechen? Sind nur männerhassende, lila Latzhosen-tragende Lesben, die ihren BH verbrannt haben, echte Feministinnen, die sich so nennen dürfen?
Wenn ihr Vorschläge für Grundsatzfragen habt, dann mailt sie an post(at)maedchenmannschaft.net
Ich glaube, das wurde gesagt, weil Kopftuch und Feminismus nach westlichem Verständnis erstmal nicht zusammen geht. Schon gar nicht nach Schwarzer ;-)
Trotzdem bleibt die Kritik bestehen, dass es sich hier um ganz umsägliche Zuschreibungen und latenten Rassismus handelt. Und klar, treffen auch zwei Phänomene aufeinander, denen viele mit Abneigung und Distanzierung begegnen. Kopftuch und Feminismus sorgen nicht gerade für Jubelschreie und freudige Inklusion. Dass Menschen denken, Feminismus wäre Männer degradieren zu wollen, ist nicht neu. Frage mich, wann das endlich mal aufhört.
In diesem Fall kommt das Kopftuch noch hinzu, ist aber wie gesagt nicht das erste Mal, dass es mir aufgefallen ist. Gerne auch mal in kritischen Retweets zu unseren Artikeln. Ob wir uns deswegen beleidigt fühlen sollen?
Was meinst du mit Retweets? Dass wir die ollen Kopftücher unterstützen und dass OBWOHL wir Feministinnen sind? ;)
Beleidigt fühlen wohl nicht, eher mit einem Lächeln zur Kenntnis nehmen, dass Einwände der nicht-weißen, nicht-westlichen Feminist_innen nach mehr als 20 Jahren es endlich bis in den Alltag von XY geschafft haben und dort für Verwirrung sorgen.
auf der anderen seite gelten Frauen wie Charlotte Roche und Paris Hilton als neue Vertreterinnen eines neuen Feminismus. Juhu.
Wer überall Feinde sieht, verliert die Fähigkeit, zu unterscheiden. Das ist für die Mobilisierung der peer group ganz gut, geht aber auf Kosten vernünftiger Auseinandersetzungsformen.
Ich glaube, die kontextualisierende Bemerkung von Nadine hilft schon ein wenig, das spezifische Zitat einzuordnen. Darauf mit gefühlter Empirie zu reagieren, macht es schwer, noch was zum Thema zu sagen.
diese Diskussion ist in Teilen vermutlich so alt wie der Feminismus selbst.
neu ist, dass Feminismus als vollkommen überholt gilt: ich finde Angela McRobbie hat – wenn auch bisweilen etwas wirr – in Top Girls ganz gut geschildert, wie Gleichberechtigung soetwas wie „common sense“ bzw. Teil des „gesunden Menschenverstandes“ geworden ist, weshalb der Feminismus nun überflüssig wirkt und somit eine neue Angriffsfläche bietet.
selbst in der ZEIT fand sich letztens ein Artikel, der den Feminismus als konservativ darstellte.
in diesem Sinne, kommt zu der Vorstellung von Feministinnen als männerhassend, als lila-Latzhosen-tragende Lesben, die ihre BHs verbrannt haben, nun noch die Vorstellung von rückwärtsgewandt, reaktionär, nicht in der Gegenwart angekommen und konservativ dazu (was Alice Schwarzer nun ja auch nährt).
Als Fremdbeschreibung ist „Feministin“ meist pejorativ.
Als Selbstbeschreibung kann man die „Feministin“ oder „Emanze“ zwar emanzipatorisch (!) wählen, muss aber damit leben, dass aufgrund der Konnotationen eben all das geschilderte unmittelbar zugeschrieben wird. Nicht zu vergessen übrigens noch „frigide“, „unbefriedigt“ und „ungefickt“ (was vielleicht aber für manche schon in der Lesbe steckt).
@irka: wenn alle, die laut „ficken“ schreien, feminist_innen wären, hätten wir ja endlich die weltrevolution, von der immer so viele fantasieren ;) aber ja, full ack *ächz*
@kathy: der „common sense“ der gleichberechtigung, also der fortschreitenden nicht-thematisierung von geschlecht (weil ist ja alles gleichberechtigt mittlerweile), führt noch zu ganz anderen unschönen nebeneffekten: einem wiederaufbau von reaktionären geschlechterbildern, einer erneuten rehierarchisierung von männern und frauen. und einer nicht-thematisierung von anderen gender-roles, geschlechtern. und damit einer fortführung des alten geschlechterregime, dass mensch doch eigentlich abschaffen wollte. dazu gibt es viel literatur mittlerweile. tove soiland ist eine vertreterin dieser these und ich stimme vollkommen mit ihr überein. genau dieser vermeintliche common sense macht feminismen so unsympathisch.
Retweets eher, wenn es z.B. um sexistische Werbung ging, also etwa „selbst-ernannte Feministinnen sehen wieder Sexismus wo keiner ist“. Als ob wir noch ein seal of approval bedürften, echte Feministinnen zu sein. Oder die einzige Echte ist Alice Schwarzer. Oder was auch immer.
Leider reicht rivva da nicht lang genug zurück, schon die 2. Seite wird für die Mädchenmannschaft nicht mehr angezeigt…
Ach, die meisten Leute verstehen nur nicht, dass Feminismus keine Sache von „ich hasse Männer und schneide mir jetzt die Haare ab“ ist, sondern eine innere Sache, komplett individuell. Es gibt mindestens so vile Feminismen wie Feministinnen auf der Welt :-)
Aber dieses „Ach, du auch?“ kenne ich nur zu gut. Klar, einer Frau im Lackmini glaubt nicht gleich jeder, dass sie tatsächlich denken kann… Passt ja auch nicht so gut auf die ungebumste verbitterte Lesbe :-)
Das ist absolut ein Problem bei mir: einerseits finde ich es wichtig, dass alle sich die Bezeichnung geben können, die sie wollen – z.B. Bisexuell, heteroflexibel, genderqueer oder was auch immer.
Andererseits, wenn jemand wie Sarah Palin oder Christine O’Donnell sagen, sie seien Feministinnen, dann denke ich schon: Nein, seid ihr nicht. Nicht nach irgendeiner Definition dieses Wortes. Sondern das Gegenteil.
Aber wo liegt die Grenze?
@Patrick
stimmt, das ist eine schwierige angelegenheit. palin und o’donnell gehen wahrscheinlich von einer extrem simplifizierten definition von feminismus aus; dass feministinnen sich für die rechte von frauen einsetzen und punkt. für o’donnell ist es eben das recht der frau, dass ihr mann sich nie einen runterholen darf (obwohl ich nicht sicher bin, ob sich o’donnell je als feministin bezeichnet hat). also alles definitionssache oder was? ich hoffe nicht. es gibt ja schon bestimmte grundpfeiler in sämtlichen -ismen und daher ist meiner meinung nach palin genausowenig feministin, wie sarrazin ein sozialdemokrat ist.
ich stelle mir dieselbe frage wie patrick: wo ist die grenze?
lange habe ich es so gehalten, dass ich diese und jene handlung als feministisch ansah und nicht den handelnden menschen als feministIn. man kann dann zwar immer noch über die definition von feminismus streiten, aber man macht das nicht mehr an einzelnen menschen fest. letzten endes geht es ja nicht darum ‚titel zu verleihen‘ – und wer kann schon von sich sagen, dass sie/er niemals sexistisch ist und 100% feministisch handelt?
mittlerweile bin ich mir aber wirklich nicht mehr so sicher, ob ich dem begriff ‚feminismus‘ überhaupt nocht etwas abgewinnen kann.
wenn eine frauenbewegung allein dadurch, dass es eine frauenbewegung ist und diese für die ‚rechte der frauen‘ kämpft -ganz gleich, was das für rechte sein sollen- feministisch ist, dann kann ich das definitiv nicht mehr.
was mich außerdem irritiert: wenn bei der mädchenmannschaft kommentare abgegeben werden nach dem schema „well i know another person from your group who disagrees!“
( http://www.derailingfordummies.com/#backup ) wie etwa:
‚das sehen nicht alle frauen so‘, ‚manche frauen finden das selbst lustig‘, ‚es gibt viele frauen, die feminismus auch scheiße finden‘ etc. etc., dann wird zumeist darauf hingewiesen, dass es eben auch frauen gibt, die sexistisch und unreflektiert sind und stereotype reproduzieren. es herrscht also konsens darüber, dass es auch frauen gibt, die sich über etwas -hier sexismus- (noch) nicht bewusst sind und aufklärung benötigen.
sehe ich das soweit richtig?
denn jetzt komme ich zu dem punkt der mir kopfzerbrechen bereitet: ich habe den eindruck, dass dieser konsens, sobald es um muslimische frauen geht, nicht mehr existiert, bzw sich ins gegenteil verkehrt. kritik oder der versuch eine antwort auf die frage zu finden, was unter feminismus und emanzipation nun ‚wirklich‘ zu verstehen ist, wird in diesem zusammenhang zur „anmaßung“.
interessant ist aber auch, dass der konsens bei evangelikalen wie palin und o’donnell wieder da ist.
es ist doch kein zufall, dass dieser artikel nach einer diskussion über religion entstanden ist. kann man da nicht mal klar fragen, ob religion mit emanzipation bzw feminismus zusammengeht?
was gibt es denn eigentlich noch für punkte, bei denen angezweifelt wird, ob jemand feministIn ist oder nicht? spontan fallen mir da nur die sprüche „du schaust porno, dann bist du keinE feministIn!“ und „bdsm und feminismus? passt nicht!“ ein.
vll wäre es ganz sinnvoll mal eine zusammenstellung solcher thesen zu machen und sie dann zu besprechen? fände ich ganz interessant.
@red riding hood
klar, kann mensch sich all diese fragen stellen, wird aber zu keiner konsensfähigen antwort kommen. die welt ist komplex, feminismen sind es auch, genauso wie diejenigen, die sich diesen begriff auf ihre fahnen schreiben. ich denke, mensch muss es schaffen, diese unregelmäßigkeiten, vermeintliche paradoxien und innere widerstände auszuhalten und ggf. kritisch zu würdigen/zu reflektieren. bisher haben feminismen und feministische theorie das ganz gut hinbekommen.
Ich glaube diese „Selbstbezeichnung Feministin falsch“ Debatte rührt eher von einem Solidaritäts-/Gruppengedanken, der komische Auswüchse hat. Natürlich dienen Selbstbezeichnungen auch dazu Gemeinsamkeiten mit anderen, die die gleiche Selbstbezeichnung führen, kundzutun. Gemeinsamkeiten sind jedoch nicht zwangläufig da.
Wenn ich mich also als Raucherin bezeichne, kann dies Verschiedenes heißen, z.B. dass ich ab und zu rauche oder regelmäßig. In der Regel würde bei der Selbstbezeichnug „Raucherin“ regelmäßiger Konsum erwartet, jedoch ist Gelegenheitsrauchen mit dieser Selbstbezeichnung ebenso möglich.
Die Härte der Debatte um die Selbstbezeichnung Feministin erscheint eher etwas damit zu tun haben, dass das sich in Bezug zur anderen Person setzen häufig positiver ausfällt, wenn die andere Person sich als Feministin bezeichnet (aus solidarischen oder peer group Gründen) – dies aber natürlich in verschiedenen politischen Kontexten (öko-/anarcha-/muslimische etc. Feministin) nicht zwangsläufig mit der eigenen Position zusammenfällt. Die Abgrenzung müsste also differenzierter ausfallen, was jedoch bei ebenso emotional besetzten Gebieten (und politische Auffassung zählen da definitiv dazu) schwer fällt.
P.S.: Ich hab es sein gelassen, „Feministin“ zu gendern, weil sonst noch eine andere Debatte mit reinfällt, die erstmal nix damit zu tun hat.
@Nadine:
du bleibst sehr allgemein und brichst das ganze darauf runter, dass es nunmal verschiedene meinungen gibt (klar), was man letztendlich zu akzeptieren hat (jein). dann frag ich mich was dieser beitrag soll, der zum diskutieren anregt, wenn es doch eigentlich nichts zu diskutieren gibt und man „wiederstände auszuhalten“ hat? klar muss ich mit solchen dingen leben, aber es ist doch gerade sinn dieses blogs und dieses beitrags solche fragen zu stellen und zu diskutieren, oder nicht? warum du gerade hier darauf hinweist, dass man da nicht zu einer „konsensfähigen antwort“ kommen könne – wo man das bei fast jedem hier besprochenen thema sagen könnte – ist mir nicht ganz klar.
Tja, die Selbstdefinition sollte Vorrang haben.
Eine Feministin ist eine Frau, die für Frauen eintritt.
Wenn die Selbstdefinition der Fremddefinition untergeordnet wird, ist Schluss mit Frauenbewegung. Sowas ist für mich totalitär.
Wenn andere bestimmen, wer was ist, sind Frauen selbst unter Feministinnen nicht frei.
Mir graute es vor Jahrzehnten, wenn weiße gebildete Mittelschicht-Feministinnen andere als Nicht-Feministin ausgrenzten, respektlos waren, weil sie nicht den politischen Klischees und „feministischen“ wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprachen. Was leider heute immer noch zu oft passiert.
Wenn Frauenbewegung und Feminismus nicht ein paar angeblich Abweichende aushält, ist es eine schwache Bewegung.
Wo ist das Problem, wenn sich manche Frauen als Feministin bezeichnen? Was passiert denn dann? Wird der Begriff aufgeweicht? Stürzt die Frauenbewegung zusammen?
Hat Frauenbewegung nicht dafür gekämpft, dass Frauen sich selbst definieren dürfen? Habe ich soviel missverstanden über die Jahre?
Frau sollte sich nicht vorschreiben lassen, wann und ob sie feministisch ist. Es darf kein Feministisches Reinheitsgebot geben.
Mieser Umgang unter frauenbewegten Frauen hat auch den Begriff Feministin arg in Verruf gebracht, dazu brauchte es keine Männergesellschaft, die das Wort negativ besetzte.
Ich tue mich schwer, mich als Feministin zu bezeichnen, obwohl ich feministisch denke, weil es zu viele eingeengte Vorstellungen selbst in der Frauenbewegung gibt, wann und warum frau eine Feministin ist.
Ich wollte keine Feministin mehr sein, weil mir das verkopfte, autoritäre Gehabe und Zugeschreibe (auf Grund feministischen Wissens und Denkens) einfach zu viel wurde und mir Luft, Lebenslust und Raum nahm.
Ich bin gynozentrisch, wohlmöglich auch radikal, mit dem Versuch eines gesellschaftlichen-politischen Anspruchs der Veränderung.
Vielleicht bin ich immer noch Feministin, ohne mich einen nennen zu müssen. Oder auch nicht. ;)
@ Red Riding Hood
Mit ist schon oft aufgefallen, dass in diesem Blog muslimisch automatisch mit Fundamentalismus gleichgesetzt wird und da liegt schon der Denkfehler. Ich glaube kaum, dass auch nur eine von uns etwas dem muslimischen Fundamentalismus abgewinnen kann und wir nicht nur einmal kritisch über Gewalt ausgehend von muslimisch-religiösen Hardliner_innen berichtet haben. Genauso gilt: Christlicher Fundamentalismus ist nicht mit dem Christentum gleichzusetzen. Meine christlichen Freund_innen mögen an für mich nicht nachvollziehbare Dinge glauben, solange sie mir aber nichts aufdrängen und wir in einem offenen Dialog bleiben, freue ich mich, dass sie etwas für sich interessantes gefunden haben.
Und ja, die Grenze ist schmal: Was ist konservativ, archaisch, „unaufgeklärt“ und was stellt einfach nur eine andere Idee von Geschlechtergerechtigkeit dar? Wann werden Ideen gefährlich, wann grenzen sie Lebensentwürfe ein? Das kann ich beim christlichen sowie beim islamischen Fundamentalismus erkennen. Fundamentalismus hat immer etwas mit bibel- bzw. korannaher Auslegung zu tun und betont Hierarchisierungen (Gott/Mensch, Mann/Frau, Herr/Sklave…). Da sind wir bei einem Weltbild, dass mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner des Feminismus nicht vereinbar ist: die Forderung für Gleichberechtigung von unterschiedlichen sozialen Gruppen. Und ja: es gibt unterschiedliche Modelle von Gleichberechtigung, das muessen wir Menschen schon zugestehen.
Und es geht gerade nicht darum, anderen Aufklärung aufdrängen zu wollen, sondern zu diskutieren, warum Politik, die Frauen ganz eindeutig schadet, unter dem Deckmantel von Feminismus getragen werden (siehe Palin -und hier rede ich von Gesetzen und Verboten). Ich will und muss Frau Palin nichts erklären. Genauso wie ich einer fundamentalistischen Muslimin nichts vorschreiben kann. Nur in den Dialog kann ich mir ihr treten. Wenn diese z.B. einen Kopftuchzwang iniitieren würde, würde ich mich auch beschweren. Ich kann mich aber auch nicht erinnern, dass wir eine Zwangsaufklärung von allen Frauen gemäß feministischer Prinzipien fordern, sondern gehen davon aus, dass Menschen Sexismen (wie Rassismen und homophoben Äußerungen) unterschiedlich sensibel wahrnehmen.
Ich habe das auch schon mal unter einem anderen Thread gesagt, aber hier noch mal: Es geht nicht um Vorschriften, sondern darum, die Wahlfreiheit zu haben. Wird versucht, diese einzuschränken, dann sollte man drüber diskutieren. Und du hast recht, Religionen leben von Regelwerken und die kann Einschraenkung bedeuten, aber so lange mir diese Religion nicht aufgedraengt wird: Live long and prosper.
@red riding hood
ich habe nicht behauptet, es gäbe nichts zu diskutieren und alles sei klar. im gegenteil: die diskussion ist das, was feminismus anstößt, produktiv und progressiv macht. ich halte es da mit @gwendragon, dass ich mich gegen eine fremddefinition und normativen ausschluss verwehre. ich habe den eindruck, dass es dir darum geht, eine allgemein gültige antwort auf „wer darf sich feministin nennen“ geht, dies es nun aber mal zum glück nicht gibt. schon gar niemals darf religionen feminismus verwehrt bleiben, das haben schon frauen der vermeintlich dritten welt vor mehr als 20 jahren angeprangert, was dazu geführt hat, dass feminismus inklusiver und bereichert wurde durch z.b. postkoloniale ansätze.
mir geht es darum, deutlich zu machen, dass feminismus kein exklusivverein für diese und jene weltsicht ist. feminismus normativ zu begreifen führt meines erachtens nach zu stillstand und verweigert sich feministischer theorie, die schon immer mit dem problem inklusion/exklusion (mehr oder weniger) produktiv gearbeitet hat. nehmen wir als beispiel palin. sie darf sich gerne feministin nennen. von mir aus kann es auch konservativen feminismus geben, der gegen abtreibung wettert und frauenpolitik darin begreift, mehr frauen in führungspositionen zu bringen und reproduktive arbeit an migrantische frauen zu verteilen (ich habe jetzt übertrieben). klar. aber sobald eine frau/mann/whatever sich feminist_in nennt, muss sie sich an den erkenntnissen feministischer theorie und gängigen feminismen messen lassen. evtl. kann sie/er/whatever neue impulse in die theorie- und praxisdiskussion der feminismen einbringen, wenn sie konstruktiv sind. ich nehme stark an, dass palin hier durchfallen würde. feminismen und feministische theorie regulieren sich selbst, wenn sie pluralistisch und inklusiv sind und widerstände/widersprüche aushalten und diskutieren. bisher hat es immerhin noch kein regressiver vorschlag ernsthaft in feministische theoreme geschafft.
HD: O’Donnell hat gesagt, sie sei feministin, und als Englischstudentin wisse sie, dass das bedeute, das sie Frauen mag (nicht so, pfui!). Sie ist eine Freundin der Frauen und daher Feministin.
GwenDragon:
ja, die Selbstdefinition sollte Vorrang haben.
Eine Feministin ist eine Frau, die für Frauen eintritt.
Und wenn eine Frau, die nicht für Frauen eintritt, sich als Feministin bezeichnet? Worte haben eine Bedeutung, und das ist wichtig, damit wir kommunizieren und uns verorten können. „Ich wusste gar nicht, dass es ein Wort dafür gibt“ und das Gefühl, mit seinen persönlichen Gefühlen alleine da zu stehen, sind durchaus keine Seltenheit.
Wenn nun Frauenorganisationen oder selbstbezeichnete Feministinnen dafür eintreten, dass die Frau wieder ihre Rolle im Haushalt einnehmen darf und sich dem Manne unterordnet, wie es die Bibel will – dann soll ihr m.W. unbenommen sein, sich Feministin zu nennen, aber man muss doch gleichzeitig darauf hinweisen dürfen, dass das absurd ist. Ich sehe schon die Gefahr, dass dann Begriffe aufweichen und ihre Bedeutung verlieren, und halte das für ein Problem.
Denn wie organisiert man sich, wenn man keinen Begriff für die Gemeinsamkeit hat? Wie erkennt man sich? Wenn wir alle eine rosa Schleife tragen, und dann kommt jemand mit einem blauen Dreieck und sagt, das sei eine rosa Schleife – ist das okay?
@patrick
tja, damit wären wir dann wohl beim dilemma von identitätspolitiken. feminismus ist ja nicht einzig und allein das eintreten für frauenrechte, sondern auch das eintreten gegen strukturen, die eine ungleichheitsachse „geschlecht“ produzieren. ich denke, mensch kommt dem dilemma „ich hab hier frauen drin, die regressiv denken“ entgegen, wenn mensch sich einfach gegen identitäre zuschreibungen und gemeinmachungen wehrt und lieber auf strukturen und machtverhältnisse rekurrieren, in denen geschlecht eingeschrieben ist.
palin&co. geht es nämlich nicht darum, bestehende geschlechtersegregierende verhältnisse umzustürzen, sondern sich in diesen zu bewegen und frauen unter ihre fittiche zu nehmen. das subjekt frau im feminismus wird immer bestehen bleiben, aber es gibt mittlerweile andere ansätze und theorien, denen sich feminismus in der vergangenheit gestellt hat, ohne die eigene diskussionsgrundlage zu verlieren.
Ich bin mir nicht ganz sicher, Nadine, ob ich
wenn mensch sich einfach gegen identitäre zuschreibungen und gemeinmachungen wehrt
richtig verstanden habe. Geht das gegen alle Formen von Identitätsschaffung mit Worten?
Ich würde mich ja auch nicht als Feminist bezeichnen, weil ich für Frauenrechte bin. Sondern weil ich Humanist bin und allen Menschen die gleichen persönlichen Freiheiten und Chancen geben möchte, und Frauen nun mal eine Teilgruppe der Menschen sind, die unter Benachteiligung leiden.
@Madga: ich sehe das mit fundamentalismus zwar wie du – nicht jeder religiöse muss fundamentalistisch sein -, denke dennoch, dass religion (nicht glaube) an sich dogmatisch ist, was meinem verständnis von emanzipation zuwiderläuft. da religion nunmal nicht nur etwas ist, das menschen für sich entdecken können (oder wie du schriebst: „ich freue ich mich, dass sie etwas für sich interessantes gefunden haben.“), sondern meist etwas, mit dem menschen aufwachsen, die sich nicht frei dafür entscheiden konnten, finde ich, dass beim thema religion schon mehr gesagt werden kann als ‚jeder nach seiner facon“.
es gibt unterschiedliche modelle von gleichberechtigung, dem will ich auch nicht widersprechen. aber die entscheidungsfreiheit muss doch vorab gegeben sein. wenn ich aber mit denkverboten aufwachse ist das nicht – oder sehr selten – der fall.
es geht nicht um ein aufdrängen von aufklärung, sondern um diskussion, genau. von zwangsaufklärung von frauen habe ich auch nicht geredet. ist mir schon klar, dass das weder geht noch akzeptabel wäre.
„Und du hast recht, Religionen leben von Regelwerken und die kann Einschraenkung bedeuten, aber so lange mir diese Religion nicht aufgedraengt wird: Live long and prosper.“
genau hier ist ja der knackpunkt: kann es mir egal sein dass anderen menschen -kindern- eine religion aufgedrängt wird, solange sie mir nicht aufgedrängt wird?
@Nadine:
„die diskussion ist das, was feminismus anstößt, produktiv und progressiv macht.“
okay, aber man fragt ja um eine antwort zu erhalten und nicht des fragens willen. ich will damit nicht behaupten, dass es die eine unumstößliche wahrheit gibt -schon gar nicht, dass ich sie habe -, aber fortschritt lässt sich doch nur erzielen wenn man entscheidungen trifft. ob die rückblickend betrachtet immer als richtig angesehen werden ist ja erstmal zweitrangig, aber man muss einen weg einschlagen um zu sehen ob es eine sackgasse ist oder nicht. man muss also auch position beziehen. tut hier ja auch jeder. wäre schließlich keine diskussion wenn wir bei allem gleicher meinung wären oder lediglich sagen würden „ich sehe das anderes“ ohne gründe zu nennen.
„ich habe den eindruck, dass es dir darum geht, eine allgemein gültige antwort auf “wer darf sich feministin nennen” geht, dies es nun aber mal zum glück nicht gibt.“
ich weiß nicht ganz ob ich dich richtig verstehe. meinst du, dass es ein glück ist, dass es diese antwort ‚jetzt‘ nicht gibt oder bist du der meinung, dass es diese antwort nie geben soll? wie gesagt, ich weiß auch nicht ob es so etwas wie die letzte antwort gibt (egal auf welche frage), aber der sinn wissenschaftlicher arbeit ist es doch ihr zumindest nahe zu kommen. um nichts anderes geht es mir. und mir scheint das der eingangspost doch auch eine antwort wünscht.
zum rest: das ist eigentlich genau meine position.
„aber sobald eine frau/mann/whatever sich feminist_in nennt, muss sie sich an den erkenntnissen feministischer theorie und gängigen feminismen messen lassen. evtl. kann sie/er/whatever neue impulse in die theorie- und praxisdiskussion der feminismen einbringen, wenn sie konstruktiv sind. ich nehme stark an, dass palin hier durchfallen würde.“
du siehst also auch, dass es erkenntnisse gibt, die man zu messzwecken benutzen kann. demnach gibt es also schon eine art feste definition. für den moment. aber darum geht es ja.
@patrick
nicht nur mit worten, sondern auch mit politiken, in denen speziell bestimmte gruppen adressiert und fokussiert werden.
@Patrick
Und wenn eine Frau sich nur bedingt für Frauen einsetzt, andere ausgrenzt, ist sie dann Feministin?
Ich erkenne eine Feministin nicht an ihrer Bezeichnung, ihren Denken, sondern an ihrem Handeln.
Ja, klar darf darauf hingewiesen werden, dass sowas absurd ist.
Ich verwehre mich nur dagegen, dass die Bestimmung wer Feminist_in ist, als sprachliche und soziale Waffe verwendet wird.
Dann müssen wir die Begriffe in Gießharz konservieren, dann bleiben sie frisch und unabgenutzt. Das führt dann dazu dass Feminismus sich an feministischen Ikonen und anderen Paraphernalien orientiert.
Hmmm.
Keine Ahnung, ich bin mit dem Begriff Feminismus aufgewachsen.
Da kannte frau eben ein Frauenzentrum, das nicht Feministisches Zentrum hieß. Frau lief frau an der Uni/FH über den weg beim Frauenreferat, beim Asta.
Daraus ergaben sich Aktionen und Handlungen, weil es politisch war.
Wie man sich heute feministisch organisiert? Weiß ich nicht. Über Facebook und Twitter?
Ich verwechsel vielleicht wohl doch Feminismus und Frauenbewegung, kommt mir gerade.
Es braucht keine Femisterne für Frauenbewegte.
Lesben erkennen sich auch ohne lila Schleife.
Braucht es Geheimzeichen? Reicht nicht eine Unterhaltung mit der Frau?
@red riding hood
für mich gibt es keine (und wird es auch nie) feste definition von feminismus und auch keine prinzipiellen aus-/einschlüsse. ich diskutiere gerne alle möglichkeiten und orientiere mich dabei an erkenntnissen feministischer/gendertheorie (die sich aus allen wissenschaftszweigen bedienen darf) und meinem bauchgefühl. das ist meine antwort auf deine frage :)
@ Red Riding Hood
Naja, aber wir sind doch alle bestimmten Zwängen unterworfen und beeinflußt von unserem sozialen Umfeld. Das fängt bei Religion nicht erst an, wird bloß als eine der besonders „gefährlichen“ Einflüsse angesehen. Dieser „…aber die armen Kinder!!“ Gedanke ist zwar menschlich, aber kann auch zu paternalistischen Schnellschüssen führen. Das heisst übrigens nicht, dass Handeln nicht wichtig sei und dass es nicht auch gewährleistet sein sollte, dass Kinder in Strukturen leben, in denen sie über alle Religionen lernen, übrigens auch, dass nicht alle an Gott glauben. Genauso wie sie ein warmes Essen und genügend Schulhefte haben sollten. Und da sind wir wieder bei ungenügenden Kitaplätzen u.s.w. … Will man Menschen vor Menschenfeindlichkeit und Ausgrenzung schützen, muss das soziale und kulturelle Angebot vielfältig, preiswert bis umsonst und für alle zugänglich sein. Der Umkehrschluß – dass man das einfach nicht gewährleisten kann/will, darf aber kein Verbot von privaten Aktivitäten sein, die wir als „gefährlich“ einstufen, Religion eingeschloßen.
@Nadine
Genau daran krankt es meiner Meinung nach im Feminismus. Dass Theorien und gängige Feminismen (anderen nennen das herrschende Meinung!) bestimmen, wer dazugehören darf. Wer ausgegrenzt wird, kann keinen neuen Impulse geben. Wie denn? Denn dann ist diejenige Person draußen.
Das Ausgrenzen von Frauen auf Grund bestimmter (auch beliebig von Mancher eingesetzten) Theorien ist strukturelle Gewalt.
Und Messpunkte. Wird Frau vermessen?
Tut mir leid, als Krüppelfrau wurde schon zu viel an mir rumtheoretisiert und körperlich gemessen.
Mir graut vor dem Maßstab Frau durch Theorien, egal von wem.
Es ist jedenfalls einfacher über die eigene Vergewaltigung zu reden als über die Ausgrenzung durch Feministinnen. Letzteres ist ein Tabu.
Meine Erfahrung und Sichtweise, du hast was anderes erlebt. Andere Zeiten, andere Systeme?
Ich möchte mich entschuldigen, wenn ich was Persönliches reinbringe. Passt wohl nicht rein.
GwenDragon:
Oh ja, guter Punkt. „Du bist keine richtige Feministin“ usw., gibts ja überall, die klassische „No True Scotsman“-Fallacy.
Ha! Nun ja, ich hoffe auf einen Mittelweg zwischen Unbeweglichkeit und Beliebigkeit. Aber auch hier: gut gesprochen.
@Nadine:
„für mich gibt es keine (und wird es auch nie) feste definition von feminismus und auch keine prinzipiellen aus-/einschlüsse. ich diskutiere gerne alle möglichkeiten und orientiere mich dabei an erkenntnissen feministischer/gendertheorie (die sich aus allen wissenschaftszweigen bedienen darf) und meinem bauchgefühl. das ist meine antwort auf deine frage :)“
man kann sich aber nur an etwas festem orientieren. das heißt natürlich nicht, dass sich dieser fixpunkt nicht irgendwann auch ändern kann. aber im moment setzt du an allem die maßstäbe an, die du bisher gefunden hast. was passt wird eingefügt -wodurch sich der fixpunkt verändert – , was nicht passt, verworfen. also hast du sehr wohl eine definition, auch wenn du ihr keine allgemeingültigkeit bescheiningst und bereit bist, diese zu erneuern, sobald dich neue argumente überzeugen können. aber man ist doch kein fähnchen im wind, das sich heute so, morgen so, und übermorgen wieder wie vorgestern dreht.
@Magda:
stimmt, das fängt nicht erst bei religionen an. aber obwohl die folgen von denkverboten, konditionierung und heilslehere hier am deutlichsten werden, wird dieses thema mit dem verweis auf religionsfreiheit fortgewischt, als wäre das der weisheits letzter schluss. geht mir nicht in den kopf. dass religion ein reine rein private aktivität ist erschließt sich mir auch nicht ganz.
von verboten rede ich im übrigen überhaupt nicht. finde ich auch sinnlos.
ansonsten stimme ich dir zu, was die vermeidung von ausgrenzung angeht.
@Patrick:
„Wenn nun Frauenorganisationen oder selbstbezeichnete Feministinnen dafür eintreten, dass die Frau wieder ihre Rolle im Haushalt einnehmen darf und sich dem Manne unterordnet, wie es die Bibel will – dann soll ihr m.W. unbenommen sein, sich Feministin zu nennen, aber man muss doch gleichzeitig darauf hinweisen dürfen, dass das absurd ist. Ich sehe schon die Gefahr, dass dann Begriffe aufweichen und ihre Bedeutung verlieren, und halte das für ein Problem.“
sehe ich genauso. das heißt ja nicht, dass sich begriffe nicht weiterentwickeln können. aber man muss sich doch fragen, ob es irgendwann noch sinn macht denselben begriff weiterhin zu verwenden oder lieber neue zu erschaffen.
ich denke da zum beispiel an den begriff vegetarismus, der eigentlich einmal für eine rein pflanzliche ernährung stand, inzwischen aber umgangssprachlich viele tierliche produkte wie milch, eier, honig einschließt, zum teil auch fisch und geflügel. der begriff wurde für diejenigen, die sich weiterhin rein pflanzlich ernährten unbrauchbar, also erschuf man das wort veganismus.
ich bin schon der meinung dass es wichtig für die kommunikation ist sich möglichst genau auszudrücken und begriffe zu verwenden, die eindeutig sind.
@gwendragon
ich glaube du missverstehst mich. hier geht es doch gar nicht um ausgrenzung, sondern um einschlüsse. ich erkenne im großteil feministischer und gender-theorie übrigens nichts exklusives. da reden wir wohl von zwei verschiedenen dingen.
@red riding hood
tut mir leid, aber du argumentierst zu normativ und normalisierend für meine auffassung. was du als fähnchen im wind diskreditierst, sehe ich als prinzipielle offenheit neuen ansichten gegenüber, mit denen ich mich nicht gemein machen muss, aber sie sehe und für diskussionswürdig befinde. mit mir wirst du dich bei dieser diskussion weiter im kreis drehen, sorry. ich weiß nicht, was deine intention ist bzw. was du mit einer ausschließlichen definition von feminismus bezwecken willst. mir ist sowas jedoch völlig zuwider.
Bei dem amerikanischen Philosoph John Rawls findet sich eine begriffliche Unterscheidung die hier vielleicht hilfreich ist, nämlich die zwischen „Concept“ (Begriff) und „Conception“ (Konzeption): Ein Concept gibt auf einer abstrakten Ebene an, auf welchen Gegenstandsbereich sich ein Begriff bezieht. Ein solch abstrakter Begriff kann wiederum eine Vielzahl konkreter Konzeptionen umfassen, die jeweils eine spezifische Ausgestaltung und Interpretation des Begriffs darstellen.
Rawls selber nutzt diese Unterscheidung für den Gerechtigkeitsbegriff. Gerechtigkeit, so Rawls, lässt sich auf der Ebene des Concepts relativ einfach definieren als „angemessener Ausgleich zwischen konkurrierenden Ansprüchen“, obwohl auf der Ebene der Konzeptionen strittig ist, welche Ansprüche in diesen Ausgleich einzubeziehen sind, wann sie miteinander konkurrieren und anhand welcher Kriterien sie gegeneinander gewichtet werden können.
Ich denke etwas ähnliches lässt sich auch für den FeministIn-Begriff machen. Ganz grob formuliert, Feministinnen und Feministen sind Personen, die von der Gleichwertigkeit der (zugeschriebenen) Geschlechter überzeugt sind. Jetzt kann es aber sehr viele, sehr unterschiedliche Interpretationen dieser Überzeugung geben. Z.b. sind einige FeministInnen der Ansicht, das Frauen und Männer verschieden sind und deswegen eine gleichwertige Behandlung (eine Behandlung als Gleiche) zu de facto ungleichen Behandlungen führen muss, um unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Andere wiederum treten für strikte Gleichbehandlung ein.
Über solch unterschiedliche Konzeptionen lässt sich dann diskutieren. Auf der übergeordneten Ebene des Concepts ist allerdings meiner Meinung nach der Spielraum für unterschiedliche Auffassungen geringer. Derjenige etwa, der Feminismus als die Gleichwertigkeit von Menschen und Außerirdischen definiert, verwendet den Begriff in der deutschen Sprache falsch. Gleiches gilt meiner Ansicht nach für diejenige, die unter Feminismus verstehen, das Männer mehr wert sind als Frauen. Begriffe sind innerhalb einer Sprache nicht beliebig verwendbar. So wie eine Hand kein Fuß ist, ist ein Sexist kein Feminist
@cord
Danke für deine Ausführungen, mit denen ich übereinstimme und noch ergänzen möchte, dass es nicht nur um die Überzeugung der Gleichwertigkeit der (zugeschriebenen) Geschlechter geht, sondern auch um die Verteilung von Chancengerechtigkeit unter ihnen und die Inblicknahme der (Re)produktion von Geschlechterverhältnissen mit der Option auf Abschaffung eben dieser.
hm ich bestimme für mich, ob und dass ich sog. Feministin bin.
Es geht mir um Menschenrechte für Frauen und da ich Frau bin setzte ich mich dafür ein.
Auf die Symbolik/Missbrauch von Kleidung möchte ich lieber nicht eingehen.
Wenn der Bauko-Prof mich mundtot macht, indem er mich als „Emanze“ abkanzelt, dann ist das nicht nur „pfui“.
Aus der angewandten Psychologie weiss ich u.a. „Labeling is diabeling“ (Etiketten gehören auf Dosen, nicht auf Menschen) – indem ich mir oder anderen einen „Sticker“ verpasse/schubladisiere verhindere ich Weiter-/Entwicklung, ist also kontraproduktiv.
Und ich vermisse nach wie vor die umfassende Frauensolidarität i.d. Frauenbewegung i.S.v. „leben und leben lassen – gemeinsame Ziele/Gemeinsamkeiten der Inhalte nicht aus den Augen verlieren“.
Hier habe ich mal was zum Weiter-/Lesen gefunden :
http://tomatonation.com/culture-and-criticism/yes-you-are/
http://jezebel.com/5650364/print-this-out-and-give-it-to-every-boy-you-know
http://antjeschrupp.com/2010/05/25/funfzehn-thesen-zu-feminismus-und-post-gender/
cord: danke, unterschreibe ich so.
@Nadine:
verstehe dich wirklich nicht. oder du mich nicht.
genau über diese offenheit schrieb ich doch. aber du änderst sicherlich nicht stündlich deine meinung – schon gar nicht radikal – sondern nach einer bedenkphase. und während dieser phase hast du natürlich einen bestimmten wissensstand. was daran „normalisierend“ und „normativ“ sein soll kann ich nicht nachvollziehen.
im grunde sagst du das gleiche wie ich, nämlich, dass es erkenntnisse gibt, thesen die sich bestätigen lassen, solche die sich widerlegen lassen und solche, die noch auf dem prüfstand stehen.
Wie soll ich denn beurteilen, ob einer anderen Frau etwas aufgedrängt wird? Und wie soll ich ihr dann helfen, ohne weiteren Druck auszuüben? Ich kann doch nur meine Hilfe anbieten und muss dann akzeptieren, ob sie angenommen wird oder nicht. Bei wirklich schweren Sachen (Vergewaltigungen, Kindesmisshandlung etc) muss bei uns der Staat handeln, ob die Betroffenen es wollen oder nicht. Wenn wir weitere Dinge darein aufnehmen, kommen wir doch zu unverhältnismäßigen Eingriffen in die Lebensführung.
@Helga: mir ist schon klar, dass man das bei einem erwachsenen menschen nicht beurteilen kann wenn es einem nicht von diesem mitgeteilt wird. gerade deswegen bin ich ja dafür, dass man einem menschen von geburt an so viel wahlmöglichkeit und denkfreiheit wie nur möglich lässt.
@Angelika
So sehe ich das auch. Gelebte Frauensolidarität. Leben und leben lassen, jeder Platz und Raum geben. Ziele miteinander weiter verfolgen.
Miteinander – das bedeutet aber auch Empathie, Respekt, Anerkennung – affidamento, lange bekannt und wie es Antje Schrupp beschrieb. Das muss für mich aus dem Bauch kommen, nicht aus dem Kopf mit feministischen Theorien.
Ich habe sowas selten in vielen feministischen Zusammenhängen erlebt. Aber ich gebe nicht auf.
Macht nur ein bisschen mürrisch, wenn eine nicht mehr so feministisch Dauerdenken kann. ;)
@Angelika
hmmm… den Text von Tomato-Nation finde ich jetzt teilsweise etwas irreführend.
Die Dictionary-Definition des Feminismus ist ja schön und gut aber dabei wird ja leicht vergessen das es einem Unterschied zwischen dem theoretischen Ideal und der praktischen Umsetzung im Alltag geben kann.
Dieses Thema:
http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2010/apr/10/white-feminism-black-woman-womanism
würde wohl mit in dieses Problemfeld passen.
Und die umfassende Frauensolidarität … da weiß ich nicht wie die konkret aussehen soll.
Wenn sich eine Abreibungsbefüworterin (wie ich z.B.) und eine strenge Abtreibungsgegnerin treffen, gibt es da glaub ich einen großen Themenkomplex bei dem wir gerade nicht soidarisch zueinander sind. ;)
Was das Thema „Wer bestimmt wer ein guter Feminist ist“ angeht, fahre ich moment die gleiche Schiene, wie Red Riding Hood sie schon angesprochen. D.h. ich würde für mich bestimmt Aktionen eines Menschen als unfeministisch empfinden, aber nicht über den Menschen an sich urteilen.
hm es geht ja m.E. um „Komplexität und Vielfalt“ gerade/auch i.d. Frauenbewegung/Feminismus. Dogmen, auch politische, empfinde ich da als kontraproduktiv für „die Sache“. Und sowas per Getippe zu erörtern finde ich auch etwas schwierig weil potenziell missverständlich.
@GwenDragon : ja, dieses „affidamento“ und auch Antje Schrupp schätze ich sehr.
Lesen, Denken i.S.v. Selbst-/Reflektion, innere Standortbestimmung usw. finde ich nach wie vor wichtig. Ich mache es, wenn es anhand von aktuellen Themen „im Leben“ ist.
Kommt drauf an, wie frau leben möchte ?
Gerade auch dieses Dogmenhafte, Ausgrenzung anhand von Äusserlichkeiten habe ich ja z.B. viele Jahre selbst erleben müssen, als Aktive – und bin da vielleicht einfach „sensibilisierter“, aufmerksamer.
Hat das was mit „Deutschsein“ zu tun ? frage ich mich.
Mir fehlt im Frau-einander (in Dld.) oft eine „unbeschwerte Lebensfreude“ – ich engagiere mich lieber „für“ Inhalte statt „dagegen“. hm.
@Cassandra : das sehe ich durchaus auch so und die Links waren einfach mal zum Lesen/Reflektion gedacht.
Und muss ich als Frau mit „allen Frauen“ pauschal solidarisch sein, weil sie frau ist ?
Auch mit einer „Fundamentalistin“ werde ich z.B. genauso wenig diskutieren wie mit einem „Maskulinisten“.