Was mir bleibt: die Definitionsmacht

Reden wir über Definitionsmacht. Ein Konzept, das von Feministinnen maßgeblich geprägt wurde. Es bedeutet, dass die Opfer und Betroffenen von sexualisierter, transphober, homophober, behindertenfeindlicher oder rassistischer Gewalt das Recht haben, die Gewalt als solche zu benennen. Es steht den ansonsten herrschenden Relativierungsversuchen und dem Rechtfertigungsdruck gegenüber.

Vor einiger Zeit geriet ich auf Twitter durch ein Missverständnis in einen mächtigen Shitstorm. Neben allgemeinen Vergewaltigungsandrohungen gegenüber Fe­mi­nis­tinnen wurden dabei ganz speziell auf mich bezogene Szenarien entworfen. Wie ich zu vergewaltigen sei und warum das gerechtfertigt sei. Daneben eine Reihe an Be­leidigungen, die sich schon fast harmlos gegenüber der sexualisierten Gewalt ausnehmen.

Diese Sprüche wurden von der Urheberin als total normal angesehen, von diversen Leuten wurde sie für ihren Humor verteidigt und die Provokation sogar gelobt.

Dabei finde ich ich die ganze Geschichte nicht witzig, mich ekelt die Verachtung an, die Respektlosigkeit gegenüber meinem Körper, meinem Recht auf Selbst­be­stimmung und körperlicher Unversehrtheit. Vermutlich waren die Aussagen sogar straf­bar (sie sind inzwischen gelöscht, aber an anderer Stelle dokumentiert.)

Und ich wehre mich gegen jeden Versuch, mir jetzt noch meine Meinung ab­zu­sprechen, mir eine andere vorschreiben zu wollen und mir als Betroffener die Definitions­macht wegzunehmen. Ich wehre mich gegen jeden Versuch, die Vorgänge zu relativieren und über Rechtfertigungen zu spekulieren. Ich wehre mich auch gegen Überlegungen, welche Auswirkungen solche Vor­gänge auf Ver­ge­wal­ti­gungs­opfer haben. Das alles ist völlig irrelevant!

Es ging um mich, meine Person, meinen Körper und ich sage: Sexualisierte Gewalt und Aufrufe dazu sind das Letzte und genau das ist passiert. Es sind Versuche mich einzuschüchtern und mich fremd zu bestimmen. Das zu benennen und mich dagegen zu wehren, ist meine Definitionsmacht. Wer sie nicht anerkennt, hält die perfiden Systeme von Unterdrückung, Einschüchterung und Verharmlosung von Gewalt am Leben.

Dieser Text erschien gestern abend zuerst auf Drop the thought.

2 Kommentare zu „Was mir bleibt: die Definitionsmacht

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