Charlott, Autorin von Afrika Wissen Schaft, ist auf einem Blogger_innen-Trip in Kenia, der vom International Reporting Project organisiert wird.
Sonntag: Ich sitze am Flughafen in Zürich. Es ist noch eine Stunde Zeit bis unser Flug nach Nairobi startet. Neben mir platziert sich eine Gruppe junger Frauen, vielleicht 18 bis 20 Jahre alt. US-Amerikanerinnen. Schnell bekomme ich mit, dass sie den gleichen Flieger nehmen werden, aber mit diesem noch weiter nach Dar es-Salam unterwegs sind. Bevor ich mich fragen kann, was sie dort vorhaben, kramt eine in ihrer Tasche und holt eine Hand voller kleiner Karten heraus. Bei näherer Betrachtung sehen diese fast aus wie Panini-Sammelbilder: Fotos von Gesichtern von Kindern und darunter die Namen. „Ich kann schon die Namen von all meinen Mädchen. Die sind soooo süß“, ruft eine der Frauen aus.
Im Flugzeug dann neben dieser Gruppe, viele, viele Menschen, die zu irgendwelchen christlichen Gruppen gehören, die zum „Helfen“ nach Afrika unterwegs sind. Einige der Personen sind gerade einmal Teenager. Mitten drin sitze ich mit meinem eng gestricktem Programm-Plan, der unter anderem Besuche in Kibera, einem der größten Slums Afrikas, und einer Geburtsklinik vorsieht. Ich schaue in die aufgeregten Gesichter um mich und höre zu, wie von zukünftigen guten Taten geschwärmt wird. Dabei beiße ich mir auf die Lippen, um nicht zynische Dinge plötzlich von mir zu geben. Denn warum ausgerechnet unausgebildete Teenies in Regionen mit großer Arbeitslosigkeit die Retter sein sollen, wird sich mir nie erschließen.
Aber was genau unterscheidet mich von ihnen? Erstmal nicht viel. Ich stehe auch im Slum und nehme Zeit und Informationen von Menschen in Anspruch. Das einzig Positive: Ich nehme niemanden einen potentiellen Job weg. Stattdessen eröffnen sich aber einige Chancen. So sitzen wir montags tatsächlich in Kibera und schauen über die schier unendliche Größe des Gebiets als einer meiner Mitreisenden zu mir sagt: „Es wäre so einfach, ein typisches ‚Afrika-Stück‘ nach so einem Besuch zu schreiben.“ Das Bewusstsein aber über jene „Möglichkeit“ und die implizite Ablehnung zwingen uns andere Geschichten zu suchen, mehr Informationen zu sammeln, tiefere Gespräche zu führen und damit die bestehende Afrika-Berichterstattung, welche Binyavanga Wainaina so passend kritisierte, zu ergänzen.
In meinem nächsten Text werde ich dafür aufzeigen, wie Kämpfe um reproduktive Rechte in den USA und in Kenia zusammen hängen.
Folgendes würde ich gerne wissen:
Was erhoffst du durch dein Engagement zu erreichen?
Welche Verbesserungen für die Menschen soll dein Besuch bewirken bzw. nach sich ziehen?
MFG Andi
@Vo: Das hat Charlott im ersten Teil erklärt: http://maedchenmannschaft.net/es-geht-nach-kenia/