Was hat sich Erykah Badu da bloß gedacht?

Erykah Badu hat eine neue Single („Window Seat”) und ein Video dazu herausgebracht. In diesem läuft sie durch die Straßen und zieht sich dabei immer mehr aus. Allerdings nicht „sexy” oder besonders aufreizend, sondern wie mensch sich eben beim Laufen auszieht. Schließlich hat sie, nackt, noch eine unerwartete Wendung und Botschaft parat.

Erykah Badu – Window Seat (Official Video) She Gets Butt Naked In The Video!

In der (feministischen) Blogosphäre hat sie damit natürlich für einiges Aufsehen gesorgt, so auch bei Feministing. Ihr Ziel ist, gegen Gruppenzwang in unserer Gesellschaft protestieren und Individualität hochzuhalten (s.a. ihren Twitter-Account). Dennoch begann die Diskussion wieder mit „OMG sie macht sich nackig!!1!”. Was meint ihr, hat sie ihr Ziel erreicht oder lenkt Nacktheit doch zu sehr ab, auch wenn man sie „unsexy” zeigt und schließlich drastisch beendet?

17 Kommentare zu „Was hat sich Erykah Badu da bloß gedacht?

  1. Matt & Kim werden ja am Anfang erwähnt. Abgesehen davon errinert mich das an ein Video von einem French Electro Act, indem drei Frauen nackt durch Paris laufen. Ging vor längerer Zeit mal durch die Blogsphäre.

  2. Ich finde, die „owned“ die Nacktheit und sehe da nix Schlimmes. Vielmehr glaube ich, dass durch diesen Trick viele Leute, die sich sonst kein Video von ihr ansehen, das Video gucken und mit der Message konfrontiert werden. Für mich also eine gute Idee.

  3. das video ist großartig. die meisten kommentare unter feministing auch. muss mir noch ein paar gedanken machen. sich über nacktheit als zu offensive zu beschweren oder effekthascherei fürs neue album zu unterstellen, greift mEn zu kurz. ob man jetzt damit die von ihr selbst benannte message des videos nicht auch hätte anders inszenieren können, ist als fragestellung okay, aber eben gerade dieses video drückt zum einen das aus und offenbart noch sooo vielmehr >> stichworte: schwarze frauen, körper, objekt, rassismus.

    aber, ich muss noch etwas denken :)

  4. Tut mir leid, ich verstehs nicht. Kann mir jemand kurz sagen, wer Matt und Kim sind? Wurden die für Nackrumlaufen erschossen, oder was genau ist die „Message“? Oder zumindest die ironisch gemeinte Aussage des Videos?
    Wer sich auszieht, macht sich angreifbar (und das verdeutlicht das Video)? Afroamerikaner /oder Frauen werden erschossen, wenn sie sich weigern, Objekt zu sein?

    Ich muss aber auch sagen, dass ich das Wort nicht lesen kann, das da in blauer Farbe auf den Bordstein fließt. Vielleicht beantwortet das meine Frage… (Steht da GAPX, und wenn ja, was bedeutet das?).
    Danke für Erläuterungen.

  5. PS: Grundsätzlich halte ich Erykah Badu für eine der intelligentesten und spannendsten Musikerinnen, gerade im R’n’B (obwohl die nicht meine“Lieblingsmusikerin“ ist und die Musik und die Texte anderer Sängerinnen mir an sich mehr zusagen, z.B. Ursula Rucker)

  6. ijb: Die Message ist, wenn ich das richtig verstanden habe, dass man Neues und Non-Konformes nicht fürchten oder hassen soll.

    „(They who) play it safe are quick to assassinate what they do not understand. They move in packs, ingesting more and more fear with every act of hate on one another. They feel most comfortable in groups – less guilt to swallow. They are us. This is what we have become: afraid to respect the individual.“

    Siehe Tea Party?

  7. @Patrick: Wo in dem Video ist denn das Neue oder Nonkonforme (auf das sich der Hass richtet)? Das kann ja nicht eine nackte Sängerin sein. Ich sehe in dem Video nichts, was einem Zuschauer das Gefühl gäbe, hier sei etwas Neues/Nonkonformes zu sehen, und wiederum sehe ich auch niemanden, der hier irgendwas fürchten würde. (Es sei denn, gemeint ist, eine weltberühmte und anerkannte Sängerin provoziert Hass bei irgendeiner (nicht-sichtbaren) Person, die ja weiß, schwarz, Mann oder Frau oder irgendwer sein könnte.., aber das scheint mir angesichts des Videos recht weit hergeholt. Und die Nacktheit hat damit ja ohnehin nichts zu tun. Es sei denn wiederum, das „Neue“ wäre eine nackte erwachsene Frau)

    ???
    (bin ich ein bisschen kurzsichtig oder wo habe ich was wesentliches übersehen?)

  8. Ich glaube, zu siehst das zu direkt. Ich denke mir, dass die Sängerin z.B. deshalb in Dallas drehte, weil das dort erschossene „Neue“ JFK war.

    Ich sehe die nackte Frau eher als Metapher für geistiges Entblößen. Zu sich selbst stehen, individuell sein, seine eigenen Normen aufstellen und den eigenen Wünschen folgen. Sie zieht sich ja zwar aus, aber das ist weder ein erregender Striptease noch wirkt die Nacktheit als Provokation. Nonkonform ist es in dem Maße nur, wie auf der Straße eben keine Nackten rumlaufen. Es hätte auch eine Vielzahl anderer Metaphern gegeben, aber mit Nacktheit gibt es gleichzeitig mehr Aufmerksamkeit und Sehbereitschaft als mit dem Töpfern von Früchten.

  9. OK. Ich kann der Argumentation folgen. Aber auch wenn ich das alles andere als offensichtlich in dem Video finde, muss ich dann wiederum einwenden, dass das ziemlich allgemein und fast beliebig gedacht und umgesetzt ist – die „Metapher“ (ein großes Wort in diesem simplen Kontext) „Sich auf der Straße ausziehen“ für Neues / Nonkonfrormes Verhalten zu benutzen (egal ob das nun aufreizend oder nicht passiert; provokantes Ausziehen (wie immer das auch aussähe) hätte die Aussage zwar deutlicher gemacht, aber nicht unbedingt besser/geistreicher). Sich auszuziehen ist heute doch nun wirklich keine Metapher für gesitiges Entblößen oder für „Eigene Normen aufstellen“, und auch nicht, wenn es in einer texanischen Großstadt passiert.

    Also klar, für eine solche Banaltät wie sich auszuziehen auf offener Straße von einem Heckenschützen(!!) erschossen zu werden, hat schon wieder ein gewisse Aussage (= es ist im Grunde beliebig/austauschbar, auf wen sich Hass und Ablehnung richtet), aber es ist auch rcht bemüht (und wie gesagt sehr allgemein) als politisches Statement. Zudem spielt eben auf jeden Fall mit hinein, dass das „Opfer“ eine berühmte Person ist, insofern ist die Aussage „wer (in USA / Texas) berühmt ist, wird mit Hass und Ablehnung konfrontiert“ sehr viel deutlicher als „das Individuell-Sein und EIgene-Normen-Aufstellen wird mit Ablehnung behandelt“

    Zum Vergleich: Inwiefern würde sich diese Aussage des Videos ändern, wenn an ihrer Stelle Denzel Washington sich ausziehen würde – oder Will Smith – oder Madonna – oder Marilyn Manson, Eminem, Kaki King, Beth Ditto… – oder ein kleiner unbekannter Mann mit einem Anarchie-Symbol auf der Brust..?

  10. @ijb:
    Das Wort in Blau auf dem Gehweg soll „GROUPTHINK“ heissen und darum geht es Badu auch – um Gruppendenken und Individualität.
    Das Nackte steht hier, wenn ich das richtig verstanden habe, für die Verletzlichkeit einer individuellen Person in einer homogenen Gruppe.
    Ich denke, Eryka Badu will auf die Gefahr hinweisen, dass in einer medialisierten und gleichgeschalteten Welt (Facebook, SchülerVZ etc.) das Individum durch Anpassung stirbt und/oder mund-tot gemacht wird.
    Auch der Schauplatz und die Eingangsszene in Anlehnung an das JFK-Attentat stehen für die Tötung des individuellen „anderen“ Weges, der der damals von Kennedy beschritten wurde. „i would never disrespect JFK . his revolutionary thinking is my inspiration. “ (Badu)

    Was in dem Video nicht so gut rüberkommt, sind die Anfeindungen bzw. die angestrengte Ignorierung der umstehenden Menge – dazu kommentiert Badu in ihren Twitter-Einträgen: „they were yelling , THIS IS A PUBLIC PLACE : YOU OUGHTA BE ASHAMED : PUT YOUR CLOTHES ON : DAMN GIRL! etc…“

    Eryka Badu sieht die Auseinandersetzung über ihr Video anscheinend als Experiment zu Gruppendenken : „Groupthink experiment #1 ,Day: 5 The people begin 2 form 2 groups of opinion.For and Against . Media twists facts to lure the undecided .“
    interessanter Aspekt :)

    Alle Zitate finden sich in ihrem Twitter-Acount. Hier ist ein schöne Übersicht zu sehen: Twitter

  11. @1: das franzoesische video ist Baby Baby Baby von Make The Girl Dance:
    http://www.youtube.com/watch?v=W0Mgabs4E9g
    Allerdings wurden die Laeuferinnen extra gecastet und haben nichts mit der Band zu tun. Aber der kreative Einsatz von Zensurbalken hat was, noch mehr in Toe Jam von Brighton Port Authority: http://www.youtube.com/watch?v=9iCFSY_8s6E

    Finde ziemlich faszinierend dass, obwohl es doch im Video gerade um die Nacktheit geht, die intimen Stellen verpixelt werden — aber nicht die Gesichter der Passanten, die das negativ kommentierten (die haben doch bestimmt kein Release Form unterschrieben, wo das Video doch die Seelen ihrer Kinder angreift? Daher unterstelle ich mal, dass die Passanten nicht „echt“ sind)

Kommentare sind geschlossen.

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