Die meisten Stellenanzeigen sind ja heute in irgendeiner Form gegendert, also sprachlich darauf ausgerichtet, dass sich sowohl Männer als auch Frauen angesprochen fühlen können sollen – auf alle anderen wird dabei in der Regel nicht geachtet, die müssen sehen, wo sie sprachlich, gedanklich und auch sonst bleiben. Oft beschränken sich diese Inkusionsversuche auf eine grammatische Anpassung der jeweiligen Berufsbezeichnung. Beim Überfliegen des Stellenmarkts im gestrigen Bremer Weser Kurier sind mir dabei verschiedene Varianten begegnet: pseudo-„generisches“ Maskulinum mit eingeklammertem Kürzel für „männlich/weiblich“ dahinter („Lehrer (m/w)“), beide Formen („Lehrer/Lehrerin“), geschlechtsneutrale Form („Fachkraft“), mittels Schrägstrich je nach Lesart abgetrennte bzw. angehängte weibliche Endung („Lehrer/in“) und in einigen wenigen Fälle war ganz aufs Gendern verzichtet worden und der Ausschreibungstext beinhaltete ausschließlich die weibliche oder die männliche Form. Was mir allerdings bisher quasi nie begegnet und daher sofort ins Auge gesprungen ist: die Form, welche diese Stiftung gewählt hat – sorry für die etwas unscharfen Schnappschüsse:
Ja, der eigentlich als erweiternd gedachte Zusatz schließt nach wie vor viele aus. Und sicher werden jetzt einige einwenden, das generische Femininum gehe möglicherweise leichter von der Hand, wenn kein_e Spezialist_in, sondern ein_e Assistent_in gesucht werde… Für mich fällt angesichts des herrschenden sprachlichen Malestreams dieses Beispiel dennoch in die Kategorie subversive Interventionen mit kleinem Freu-Potential. Übrigens auch das hier irgendwie, was ich auf derselben Doppelseite fand:
Da ich nicht vermute, dass eine Firma ihre eigene Stellenanzeige in erster Linie dazu nutzen würde, Bemühungen um geschlechtergerechte Sprache zu veralbern, unterstelle ich jetzt einfach mal: Hier war jemand beflissen, es „richtig“ zu machen, aber anscheinend hapert es noch ein wenig am Handwerkszeug… ;) Ich finde das zwar ganz hübsch und lustig. Was ich dabei allerdings bemerkenswert finde: Offenbar ist es dermaßen ungewohnt, die männliche Form einer „Spezialmaßnahme“ wie Anhängsel oder Schrägstrich zu unterziehen – so wie wir es von der weiblichen Form kaum anders kennen, wenn sie denn überhaupt vorkommt – dass eine äußerst unkonventionelle Konstruktion wie „Steuerfachangestellterin“ gedanklich näher zu liegen scheint als die Schreibweise „Steuerfachangestellte/r“. Von Interventionen wie gender gap/Unterstrich, Sternchen oder dergleichen ganz zu schweigen.
<3
Ist doch klar, im ersten Inserat wird eine Frau gesucht, aber der korrekten Note wegen noch (M/W) angehängt, selbiges im 2. Inserat, wo augenscheinlich ein Mann gesucht wird.
Müsste konsequenterweise dann aber eigentlich „Studienassistentin (w/m)“ heißen. ;-)
@claudio
War auch meine erste Vermutung.
@claudio und let: Mag sein, diese Vermutung trifft zu, aber das ist natürlich viel mehr spekulativ als „klar“ und augenscheinlich… Finde ich persönlich aber auch nur mittelrelevant. Spannender finde ich, welche sprachlichen Formationen uns geläufig sind, welche uns irritieren und warum eigentlich. Nicht mehr und nicht weniger wollte ich mit diesem kleinen Beispiel illustrieren.
Finde ich auch alles interessant. Claudios Vermutung liegt tatsächlich nahe. Aber in manchen Fällen versteckt sich hinter sowas keine Aussage darüber, wer mehr gewünscht ist. Ich bin Mitglied bei Amnesty International, wo das generische Femininum relativ üblich ist. Für das Amt der Vorstandssprecherin sind natürlich Frauen und Männer (und vermutlich alles dazwischen, wobei es das noch nicht gab) gleichermaßen willkommen, sich zu bewerben.
Ähnliches gibt es häufiger.
Wobei ich Vermeidungstaktik am gelungensten Finde. Eine Servicekraft oder Bedienung ist besser denn eine Empfangsdame(SIC!) oder ein Kellner.