Ich bin ja immer noch der Meinung, dass aus mir genauso gut eine Person hätte werden können, die was mit Mathe anfangen kann. Wenn da nicht eine riesige Wand aus Angst (Mathelehrerin: „Du bist ein hoffnungsloser Fall“ oder auch „Kapierst du das immer noch nicht?!“) zwischen mir und den Naturwissenschaften aufgebaut worden wäre. So wie die Dinge stehen, high-five ich mich schon innerlich dafür, die binomischen Formeln nach ca. einer halben Stunde und drei abgekauten Fingernägeln erinnern zu können. Für mehr reicht es trotz 13 Jahren Schule nicht. Mit Sicherheit habe ich ein gewisses Talentproblem, aber, in der Kollegstufe auch erlebt, dass mit der richtigen Förderung doch einiges gehen kann, selbst wenn Mathegene eher nicht vorhanden sind.
Mathematisch-technisch begabte Mädchen haben hingegen an den Unis vor allem das Problem, dass ihnen kaum jemand ihre Existenz abnimmt. In Deutschland ist MatheNaturwissenschaft traditionell ein unwirtliches Terrain, wenn man weiblich ist. Die wenigen Frauen meiner Bekanntschaft, die in diesem Bereich weiter gemacht haben, mussten und müssen ständig um Akzeptanz der reinen Tatsache, dass sie Mathe können, kämpfen.
Wusstet ihr, dass man diesen unheimlichen Komplex aus Mathe-Naturwissenschaft-Technik auch MINT abkürzt? Finde ich gut, klingt nämlich gleich viel handlicher und erfrischend dazu.
Damit künftig weniger junge Frauen Angst, Abweisung oder Unsicherheit erleben, wenn es um MINT-Fächer geht, gibt es eine neue CyberMentor-Initiative des Nationalen Pakts für Frauen in MINT-Berufen. Gesucht werden 1000 Frauen, die Schülerinnen und Studentinnen in diesen Programmen per E-Mentoring unterstützen. Diana Schminke vom CyberMentor-Programm schreibt:
Anliegen von CyberMentor ist es, mehr Mädchen für MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu begeistern. Für den Programmstart im April haben sich bereits über 1000 Mädchen beworben. Um möglichst vielen Mädchen eine Teilnahme zu ermöglichen, werden dringend weitere Mentorinnen gesucht (aktueller Anmeldestand der Mentorinnen: 650).
Die Anmeldefrist für den Mentoring-Start im April 2009 ist der 20. März 2009. (Auch spätere Anmeldungen sind möglich. Falls ein Einstieg in die kommende Runde nicht mehr klappen sollte, garantieren wir einen Platz in der nächsten Runde.)
Im Mittelpunkt des Projekts steht der E-Mail-Austausch zwischen einer Schülerin und einer Mentorin. Darüber hinaus erwartet die Teilnehmerinnen eine Internet-Community, persönliche Treffen und Schulungen. So soll ein Netzwerk von MINT-interessierten Schülerinnen und MINT-Frauen entstehen, von dem beide Seiten profitieren werden.
Scheinbar ist die Anfrage riesengroß und dementsprechend dringend gesucht werden Mentorinnen. Mehr dazu auf der Website von CyberMentor.
ich war acht Jahre lang Mathe-Nachhilfelehrerin. Ich hatte nur weibliche Schülerinnen. Und jede einzelne von ihnen war besser, als sie selbst von sich glaubte. Meistens lag es wirklich an pädagogisch sehr miserablen LehrerInnen. Das Selbstbild in Bezug auf Mathe war dementsprechend traurig. Es hat jeweils mindestens ein Jahr gedauert, mit wöchentlicher Arbeit daran zu feilen. Es waren aber tatsächlich meist weniger die „Begabung“, oder das „Talent“, oder das „Mathe-Verständnis“, an dem gearbeitet werden musste, sondern vielmehr das Selbstbewusstsein.
Ich bin letztes Jahr Mentorin bei CyberMentor gewesen und kann das Programm empfehlen! Neben dem netten Kontakt mit einer Mentee gibt es für die Mentorinnen z.B. auch die Möglichkeit, anderen Frauen im MINT-Bereich kennenzulernen.
Danke fuer den Tipp, schon als Mentorin gemeldet….
Na, das schaue ich mir doch auch mal an ;-)
Hmm … Katrin war Mathenachhilfelehrerin und ich kann ihre Gedanken nachvollziehen. Meredith kann mit Mathe nichts anfangen, und ich kann ihre Gedankengänge eher nicht nachvollziehen …
Mehr Matheförderung für angehende Feministinnen!
@Kathrin die gleichen Erfahrungen habe ich als Nachhilfelehrerin uebrigens auch gemacht.
Eine meiner Nachhilfeschuelerin hat mal allen Ernstes von ihrer Lehrerin gesagt bekommen: „Ein Maedchen wie du muss auch kein Mathe koennen.“
Ich persoenlich hatte immer das Glueck, zumindest in Mathe mir sehr wohlgesonnene Lehrer (und es waren wirklich vor allem die Maennlichen Lehrer) zu haben, die mich viel gefoedert haben und mich immer angehalten haben, meine „Begabung“ zu nutzen… es macht sehr viel aus, ein positives Feedback zu bekommen.
Aber die Erfahrung, dass ein Lehrer einem das Selbstbewusstsein und damit gute Matheleistungen versauen kann, machen auch Jungs. Mein Exfreund war so ein Fall, der dachte jahrelang, er wäre ein Matheversager, bis er die richtige Mathelehrerin bekam. Die dachte übrigens, ich sei der Grund für seine plötzlich guten Noten (von einem schwachen „ausreichend“ zu einem soliden „gut“ innerhalb eines Quartals), was aber Quatsch war, ich eigne mich nicht als Nachhilfelehrerin…
Im Matheunterricht hatte ich nie das Gefühl, dass die Mädchen da eher als Jungen eingeredet bekommen haben, sie können das nicht, Physik war schon eher so ein Fach, wo das passiert ist, wobei es da meiner Meinung nach mehr am Verhalten der Mitschüler denn am Verhalten der LehrerIn lag.
Oh, oh. Das kenne ich auch alles zur genüge.
Mathe- und Physik-LK und Nachhilfestunden für (Mit-/jüngere)Schülerinnen.
Und entsprechend im Studium und im Job später immer ungläubiges Nachfragen, wie ich das denn nur könnte, und dass das ja bestimmt totaaaaal trockener Stoff wäre.
Beim Physik LK waren wir 2 Mädchen auf ca. 18 Jungs.
Und die Standardfrage, wenn sich keiner melden wollte, war: „Na, was sagen denn unsere Damen dazu?“
Alleine das wir separat nochmal angesprochen wurden, nervte mich schon…
Das positive Feedback (was mir durchaus was brachte!) hab ich weniger von LehrerInnen als von den Nachhilfe-/Mitschülerinnen bekommen.
Dieser Effekt, wenn man den Groschen förmlich fallen hörte, und wenn der Stolz über das erreichte zu sehen war… :-)
Ich werde mir das Programm auf jeden Fall mal näher anschauen, hört sich gut an.
Ich habe da mal eine Frage an die Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen hier.
Im Artikel schreibt Meredith, die ja weder Ingenieurin noch Naturwissenschaftlerin ist:
Ich selbst bin Ingenieur in einem Fach, was nach meiner Beobachtung eines der Ingenieurfächer mit dem höchsten Frauenanteil ist. Das Phänomen, dass die Ingenierufächer ein unwirtliches Terrain für Frauen sind, habe ich weder in meinem Studum noch in meinem Berufsleben beobachtet. Liegt vielleicht daran, dass ich als Mann einfach nicht die richtige Perspektive habe, um das wahrzunehmen. Gelegentlich liest man ja von Tipps für Frauen, wie sie sich am besten in die Psyche und das Hierarchiedenken der männlichen Halbprimaten hineindenken und in Sitzungen mit Männern erfolgreich sind. Diese Tipps scheinen mir so vollkommen abwegig, weil das männliche Verhalten, was dort beschrieben wird, überhaupt nicht dem entspricht, was ich so beobachte.
Deshalb meine Frage: Wie äußert sich die Unwirtlichkeit der Ingenieurfächer für die Frauen? Worauf muss ich da achten? Mein Problem ist eben, dass ich diese Aussage als impliziten Vorwurf an mich und meine männlichen Kollegen sehe, dass wir verantwortlich sind für diese Unwirtlichkeit. Ich frage mich also, was ich an meinem Verhalten ändern sollte, um die Ingenieurfächer für Frauen angenehmer zu machen. Ich würde sehr gerne dazu beitragen, das Image der Ingenieurfächer da aufzubessern.
Hat da jemand einen Tipp für mich?
@ Johannes: Ich glaube, dass du dich und deine Geschlechtsgenossen vor allem nicht angegriffen fühlen solltest. Das macht nur einen Geschlechtergraben auf, den es in dieser Hinsicht kaum geben dürfte. Denn diese Unwirtlichkeit wird zu einem nicht geringen Teil von Frauen selbst hervorgerufen. Mir jedenfalls ist es nur sehr selten passiert, dass es ein Junge oder Mann komisch fand, dass ich als Kind auf Mathe-Olympiaden unterwegs war und in der Schach-AG saß und später in Physik Abitur gemacht habe. Von Mädchen und Frauen kamen da schon viel eher blöde Kommentare bzw. Koketterie à la: „Also, Mathe ist ja überhaupt nichts für mich. Ist mir viel zu trocken.“
Vor solcher Klischeehuberei sollten sich Weiblein und Männlein schützen, dann verbessert sich auch das Klima rapide. Man sollte sich einfach für nichts rechtfertigen müssen, das einem selbst als absolut normal erscheint.
@ Johannes:
Ich bin Ingenieurin und kann das von Meredith geschriebene leider bestätigen. Dabei ist es wohl weniger das direkte Verhalten der männlichen Kollegen als vielmehr dieses ständige „um Akzeptanz kämpfen“, dass man sich „kein typisches Frauenfach“ ausgesucht hat. Man muss sich also ständig rechtfertigen dafür, dass man Ingenieurin ist. Musstest du dich schonmal dafür rechtfertigen, Ingenieur zu sein?
Im Berufsleben selber empfinde ich es als einigermaßen erträglich, aber eine Kollegin von mir, die als Naturwissenschaftlerin aus einem Fachgebiet mit schätzungsweise 50% Frauenanteil kommt, hat sehr mit der Spezies „Ingenieur“ zu kämpfen. Die dummen Sprüche, teilweise unterstes Machogehabe, dieses „sich ständig beweisen“ müssen,… macht ihr ziemlich zu schaffen. Ich scheine mir da schon während des Studiums ein dickeres Fell zugelegt zu haben, denn ich kann ihre Klagen nachvollziehen, nehme diese Dinge aber viel eher mit einem „so sind sie halt, die Ingenieure“ hin. Wenn man einen männlichen Kollegen darauf anspricht, dann kann der oft gar nicht verstehen, was genau er falsch gemacht hat.
Ohne dich persönlich angreifen zu wollen, ich hab einfach manchmal das Gefühl, dass die Kollegen ein anderes Verständnis von respektvollem Miteinander haben als die Kolleginnen. Interessanterweise sind Naturwissenschaftler da anders drauf, die scheinen mir sehr viel empathischer ihren Kolleginnen gegenüber.
Was du tun kannst? Vielleicht beim Mittagessen, wenn ein Kollege einen Machospruch loslässt (neulich erst gehört, als es um das Auffrischen des Milchvorrates in der Kaffeküche ging:“Warum willst du die Milchpakete nicht schleppen, da bist du doch biologisch prädistiniert für?“) einfach mal der Kollegin beispringen und darauf hinweisen, dass das überflüssig war. Dafür muss man(n) natürlich selbst erst mal kapieren, dass das ein sexistischer Spruch war…
@Miriam: sexistische Sprüche unter Kollegen habe ich zuletzt vor rund zehn Jahren im Vordiplomsstudium miterlebt. Das war dann aber auch etwas, wo die Frauen mitgelacht haben. Ich meistens nicht. Hingegen habe ich dann und wann sexsistische Sprüche von Frauen erlebt. Da tun die beiden Geschlechter einander nicht viel, finde ich.
Vielleicht kapiere ich als dummer Mann ja auch nicht, was ein sexistischer Spruch ist. Kommt halt auch immer drauf an, wie man das definiert. Sowas wie der Spruch mit dem Milchpakete schleppen, überhaupt etwas, was in die Richtung „du als Frau“ oder „biologisch“ geht, ist mir im Berufsleben noch nie untergekommen. Umgekehrt durchaus. Wirklich, ich kann mich beim besten Willen an keinen solchen Spruch erinnern. Vielleicht der ein- zweimal ein von einem Prof kurz vor der Rente.
„Darf“ ein Mann eigentlich einen sexistischen Spruch einer Frau schlagfertig mit einem sexistischen Spruch kontern?
Vielleicht ist es wirklich so, wie Susanne sagt, dass ich mich einfach weniger angegriffen fühlen sollte. Ich weiß nicht, ob ich es hier schonmal erzählt habe. Ich hatte einmal eine Diskussion, an der fünf Frauen unterschiedlichen Alters und ich als einziger Mann beteiligt waren. Alle diskutierenden Personen bis auf eine waren der Auffassung, dass Frauen generell mathematisch naturwissenschaftlich und technisch weniger begabt seien als Männer. Jetzt dürft Ihr dreimal raten, wer die eine Person mit anderer Meinung war.
Oh weh, hast Du es wirklich nötig, dich als dummen Mann abzuqualifizieren? Wenn es dir nicht bewußt ist, wo Sexismus erlebt wird, dann wahrscheinlich daher, dass er sich ja nicht gegen dich richtet. Ich weiß ja auch nicht, wie die Herrentoilette bei McDonalds aussieht, wenn ich nie dort war. Außerdem musst du uns nun wirklich nicht erzählen, dass Frauen die größten Feinde anderer Frauen sein können.
Die unwirtliche Umgebung kann alles mögliche sein. Von einer einzigen Toilette im Gebäude, weil bei einem Ingenieurbüro nur die Sekretärin weiblich sein wird. Auf der einen Seite das Extra-Austesten, ob wir auch *wirklich* was drauf haben, auf der anderen Seite ungefragte Hilfe, weil wir ja Probleme mit dem Rechnen haben könnten.… Es ist aber auch überall anders, deswegen empfehle ich, einfach mal die Kolleginnen zu fragen, was genau denen schon passiert ist.
Im Prinzip kann ich SoE nur zustimmen, allerdings möchte ich noch mal betonen, was ich oben schonmal angedeutet hab: Es scheint schon ein besonders raues Klima unter den Ingenieuren zu herrschen, bei Naturwissenschaftlern, bei denen es häufig auch niedrige Frauenquoten gibt, scheint es weniger rau zuzugehen.
Johannes, die Frauen lachen meist über die dummen Sprüche, weil sie im Laufe ihrer Karriere gelernt haben, dass sie so die Anerkennung ihrer Kollegen bekommen können, so nach dem Motto „Cooler Mann, die Frau“.
SoE: Das mit dem „dummer Mann“ war die Antwort auf Miriams Satz:
Ok, war blöd, sollte man nicht machen sondern einfach überlesen. Sorry. Versuche ich in Zukunft zu vermeiden.
Und wie kommst du darauf, dass sich Sexismus nicht gegen mich richtet? Sexismus habe ich ja durchaus schon erlebt, in beiden Richtungen. Aber eben gerade im Ingenieurumfeld besonders wenig. Deswegen wundert es mich ja gerade, dass es hier heißt, dass gerade dort der Sexismus besonders schwerwiegend sei.
Ich habe durchaus Kolleginnen schonmal gefragt. Die meinten, dass dieser Rechtfertigungsdruck mehr außerhalb des Berufslebens bestünde bei Freunden und Verwandten. Mag natürlich sein, dass die mir etwas verschwiegen haben, aus welchem Grund auch immer.
Eine meinte mal, sie sei mit einem Mitarbeiter zu einem Kooperationspartner gegangen, der sie für die Mitarbeiterin und den Mitarbeiter für den Chef gehalten hat. Aber ist das denn so ingenieurspezifisch? Macht so was den Ingenieurberuf zu einem unwirtlichen Beruf für Frauen im Gegensatz zu dem eines … Anwalts? Natürlich sind das Dinge, die ich versuche zu vermeiden. Ich denke aber nicht, dass man mir den Vorwurf machen kann, dass ich Frauen weniger ernst nehme als Männer.
@Miriam: Vielleicht gibt es auch Unterschiede zwischen den einzelnen Ingenieurfächern. Das Klima ist bei uns Werkstoffwissenschaftlern überhaupt nicht rau. Aus welchem Ingenieurfach bist du denn?