„Obama hat mit feministischen Themen gewonnen“ – Interview zur Wahl mit Irin Carmon

Irin Carmon ist eine us-amerikanische, feministische Journalistin. Sie schrieb früher für Jezebel und ist heute festangestellt bei Salon.com. Das Forbes Magazin benannte sie als eine der „30 unter 30 im Journalismus“ und das New York Magazine stellte sie als eines der „neuen Gesichter des Feminismus“ vor. Charlott sprach mit ihr über die Wahlnacht, Obama und PolitikerINNEN.

Wie hast du den Tag und die Nacht der Wahl verbracht? Was waren die bemerkenswertesten Sachen, die dir passiert sind?

Den ersten Teil des Wahltages habe ich damit verbracht zu versuchen in meinem Viertel in Brooklyn wählen zu gehen. Das hat 1,5 Stunden gedauert, zum Teil wegen der Auswirkungen von Hurricane Sandy. Dann bin ich in ein Flugzeug nach Washington D.C. geflogen, um dort bei Al Jazeera English am Abend über reproduktive Rechte zu sprechen. Ich hatte das Glück die reinkommenden Ergebnisse der Wahl gemeinsam mit EMILY’s List angucken zu können. Das ist eine Organisation, die Gelder akquiriert für Frauen, die antreten. Für die wurde es eine richtig erfolgreiche Nacht, fast alle ihre Kanidatinnen konnten sich in einem historischen Verhältnis durchsetzten. Nachdem ich dann in meinem Hotelzimmer bewunderend beobachtete wie Fox News in sich zusammenbrach, schrieb ich um 4 Uhr morgens einen Text über die Auswirkungen (der Wahl) für Frauen.

Was bedeutet Obamas Sieg für dich aus einer feministischen Perspektive?

Obama hat gewonnen, weil er Frauen und allies (Verbündete) mit explizit feministischen Themen angesprochen hat: Reproduktive Rechte, gleiche Bezahlung und der Formulierung „Vergewaltigung ist Vergewaltigung.“. Einiges davon war opportunistisch. Die Republikaner waren bei feministischen Themen so unglaublich schlecht, das hat es einfach gemacht. Aber der Fakt, dass die Botschaften bei der Mehrheit der Amerikaner_innen Anklang fanden, bedeutet den Leuten, die sich um diese Dinge sorgen, sehr viel.

Obama ist natürlich auch nicht perfekt. Was waren die wichtigsten Dinge, die sich in den letzten vier Jahren geändert haben und was änderte sich nicht?

Obama hat bei reproduktiven Rechten größtenteils den Status Quo beibehalten als Teil seiner Strategie einen „Kulturenstreit“ zu verhindern. Es gab aber zwei Ausnahmen: Seine Regierung lehnte die Empfehlung von Wissenschaftler_innen ab, Notfallverhütung („Pille-danach“) frei verkäuflich für alle zugängig zu machen. Eine rein politische Entscheidung. Und er hielt dem Druck von der Rechten stand, so dass volle Kostenübernahme für Verhütung Teil von Obamacare blieb.

Allgemein ist wahrscheinlich die Krankenkassenreform die größte Veränderung in den letzten vier Jahren, auch wenn sie nicht so weit ging, wie sich viele erhofft hatten. Sie ist vor allem auch bedeutend für Frauen. (Und natürlich hat er die Global Gag Rule außer Kraft gesetzt.)

Während des Wahlkampfs entwickelten sich reproduktive Rechte zu einem wichtigen Thema Thema. Welchen Einfluss hatte das?

Ich glaube, viele Menschen reagierten negativ darauf, dass sie dort die vollen Ausmaße der Anti-Choice-Agenda sahen, inklusive der Ablehnung von Verhütungsmitteln, dem Wunsch Planned Parenthood aus dem Markt zu drängen und dem ultimativen Ziel Abtreibungen für alle zu verbieten. Es bleibt viel Arbeit, aber es war ein großer Verlust für die Anti-Choice-Seite und deren Allianzen in der republikanischen Partei.

Du hast bei Salon.com einen Artikel mit dem Titel “Another year of the women” veröffentlicht, in dem du einige angetretene Politikerinnen vorstellst. Welche war deine liebste, die gewonnen hat?

Tammy Baldwin, die ersten offen lesbische Senatorin, ist unglaublich progressiv und sie hat bereits ihrem männlichen Kollegen Ron Johnson ordentlich Kontra gegegben, welcher herablassend bemerkt hatte, er müsste ihr wohl einiges zum Thema  Budget beibringen. Ich feuere sie an.

Viele, vor allem auch außerhalb der USA, ist es eher unbekannt, dass neben den Demokraten und Republikanern auch andere Parteien antreten. Einige sogar mit Kanidatinnen. Kannst du dazu was sagen?

Die Grünen hatten als Präsidentschaftskanidatin Jill Stein, aber es hatte keinen nationalen Einfluss. Die USA sind immer noch allgemein dominiert von dem Zwei-Parteien-System und ich bezweifle sehr, dass sich das ändern wird.

Was sind deine Hoffnungen für die nächsten vier Jahre? Was deine Befürchtungen?

Ich hoffe, das als Ergebnis dieser Wahl das Fundament für progressive Politiken das Eintreten für Pro-Choice gelegt wurde. Ich hoffe, wir bekommen ein paar liberale Richter_innen für den Supreme Court! Meine Befürchtung ist, dass die Rechte weiterhin sehr effektiv darin sein wird Frauen den Zugang zu reproduktiver Versorgung in den einzelnen Bundesstaaten zu verwehren.

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